1375/AB XXII. GP

Eingelangt am 26.03.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1342/J-NR/2004 betreffend Verkehrslärm, die die
Abgeordneten Steier und GenossInnen am 28. Jänner 2004 an mich gerichtet haben, beehre ich mich
wie folgt zu beantworten:

Im Allgemeinen:

Die bisherigen Tätigkeiten der Umsetzung der EU-Richtlinie 2002/49/EG über die Bekämpfung von
Umgebungslärm wurden vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was-
serwirtschaft wahrgenommen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass im Zuge
der Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie vom Bundesministerium für Land- und Forstwirt-
schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf Einladung am 25. Februar 2004 eine 1. Koordinierungs-
sitzung für die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie abgehalten wurde.

Fragen 1, 2, 3 und 4:

Wie ist der aktuelle Stand der Arbeiten zur Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie (RL
2002/49/EG vom 25.6.2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm)?

Bereits Mitte 2001 (AB 2189/AB, XXI. GP) wurden vorbereitende Expertengespräche zur
Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie in Aussicht gestellt. Welche Expertinnen wurden
seitens Ihres Ressorts dazu herangezogen? Weiches Umsetzungskonzept wurde von den
ExpertInnen befürwortet?

Wie ist der aktuelle Stand der Gespräche mit den Ländern zur Umsetzung der
EU-Umgebungslärmrichtlinie? Wo besteht bereits Einvernehmen und worüber wird noch konkret
verhandelt?

Wie ist der aktuelle Stand der Gespräche zur Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie
zwischen den zuständigen Ministerien? Wo besteht Konsens und worüber wird noch konkret ver-
handelt?


Antwort:

Die Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie (RL 2002/49/EG vom 25. 6. 2002 über die
Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm) wird federführend durch das
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft behandelt.

Frage 5:

Bundesminister Pröll hat im Rahmen der Sitzung des Umweltausschusses vom 20.1.2004 eine
Initiative zur Bündelung der kompetenzrechtlichen Zersplitterung der Aufgaben des Lärmschutzes
zwischen Bund und Ländern angekündigt. Befürworten Sie diese Idee? Werden Sie sich für die
Erarbeitung eines bundeseinheitlichen Lärmschutzgesetzes einsetzen, das gesetzliche und daher
auch einklagbare Grenzwerte für den Lärmschutz vorsieht?

Antwort:

Eine vorgesehene Bündelung und Koordinierung der Lärmschutzstrategien erscheint sinnvoll und
zweckmäßig, um unabhängig von unterschiedlichen Zuständigkeiten gleichartige Schutzziele zu
erreichen. Der Vollzug sollte jedoch jeweils durch die für die einzelnen Verkehrsträger zuständigen
Behörden in den Genehmigungsverfahren erfolgen, wobei dabei auch wirtschaftliche Aspekte mit
zu berücksichtigen sein werden.

Fragen 6 und 7:

Besteht zwischen den betroffenen Ministerien Einvernehmen darüber, dass eine Zuständigkeit des
Umweltressorts für alle Verkehrs-Lärmschutzagenden geschaffen wird? Wenn ja, wie ist der
aktuelle Stand der Verhandlungen?

Wurden bereits diesbezügliche Verhandlungen mit den Ländern begonnen? Wenn ja, was sind die
aktuellen Resultate?

Antwort:

Nach der Koordinationsbesprechung am 25.2.2004 im Umweltministerium wurde ich darüber
informiert, dass aus der Sicht des BMLFUW die Umsetzung in die innerstaatliche Rechtsordnung
im Sinne einer Annexmaterie bei den für die jeweiligen Materiengesetze zuständigen Ressorts
sowie Gebietskörperschaften (Länder, Gemeinden) zu erfolgen hätte, wurde zwischen den
Vertretern des Umwelt- und Verkehrsressorts eine kurzfristig anzuberaumende bundesinterne Ab-
stimmungsbesprechung über die kompetenzrechtliche Situation und die daraus abzuleitenden
Aufgaben sowie Kostentragungen unter Beiziehung des Bundesministeriums für Finanzen verein-
bart.

Frage 8:

Die EU-Umgebungslärmrichtlinie sieht die Ermittlung der Belastung durch Umgebungslärm an
Hand von strategischen Lärmkarten vor die bis zum 30.06.2007 für sämtliche Ballungsräume mit
mehr als 250.000 Einwohnern, für sämtliche Hauptverkehrsstraßen mit einem Verkehrsaufkommen
von über 6 Mio Kraftfahrzeugen, für Haupteisenbahnstrecken mit einem Verkehrsaufkommen von
über 60.000 Zügen und für Großflughäfen auszuarbeiten und vorzulegen sind. Verfügt Ihr Ressort
über aktuelle Daten zur objektiven Lärmbelastung durch Verkehrslärm sowie zur Anzahl der vom
Verkehrslärm betroffenen Personen in Österreich, die als Basis dieser strategischen Lärmkarten
dienen könnten und wenn ja, welche?


Antwort:

Bereits im Jahre 1993 wurden die Schienenverkehrslärmkataster für Österreich als Grundlage für
die schalltechnische Sanierung der Eisenbahn-Bestandsstrecken erarbeitet. Diese Kataster wer-
den im Zuge der Realisierung von Lärmschutzmaßnahmen aktualisiert und jeweils den ver-
änderten Gegebenheiten neu angepasst.

Im Bundesstraßenbereich hat die ASFINAG als Vorleistung für die in der Richtlinie vorgesehenen
Aktionspläne eine Prioritätenreihung der Lärmschutzmaßnahmen ausarbeiten lassen und in ein-
zelnen Testabschnitten Überlegungen zur praktischen Abwicklung bei der Erstellung von Lärm-
karten angestellt.

Die Daten der Großflughäfen sind meinem Ressort nicht bekannt.

Frage 9:

Im Jahr 2001 ist mangels eines entsprechenden Auftrages keine Erhebung zu "den Umweltbedin-
gungen des Wohnens" durch das ÖSTAT erfolgt. Werden Sie im Jahr 2004 eine Erhebung zu "den
Umweltbedingungen des Wohnens" (einschließlich einer Erhebung der Lärmbelastung) bei der
Statistik Austria beauftragen?

Antwort:

Ich bin nicht ressortverantwortlich eine derartige Studie in Auftrag zu geben. Ich gehe davon aus,
dass bei Bedarf eine diesbezügliche Studie durch die zuständigen Stellen vergeben werden wird.

Fragen 10 und 11:

Zu klären ist auch, wer konkret für die Erarbeitung der Lärmkarten und Aktionspläne in Ballungs-
räumen bzw. entlang der Verkehrsträger zuständig sein wird. Ist geplant - ähnlich wie in der
Bundesrepublik Deutschland - eine "lokale Zuständigkeit" der Gemeinden und Städte für die Er-
stellung der Lärmkarten und Aktionspläne vorzusehen?

Ist geplant, die Verantwortung zur Erstellung der Lärmkarten und Aktionspläne der einzelnen Ver-
kehrsträger (Strasse, Schiene, Flugverkehr) an die einzelnen Infrastrukturgesellschaften zu über-
tragen?

Antwort:

Anlässlich der Besprechung am 25. Februar im Umweltressort wurde auch die weitere Umsetzung
der Umgebungslärmrichtlinie erörtert.

Die Erarbeitung von Lärmkarten und Aktionsplänen erfordert einen erheblichen finanziellen Auf-
wand und wäre daher durch jene Stellen durchzuführen, welche über die hiefür erforderlichen
finanziellen Bedeckungen verfügen.

Frage 12:

Sollte es zu keinem bundeseinheitlichen Lärmschutzgesetz kommen: Welche Koordinierungsmaß-
nahmen haben Sie gesetzt, damit die Länder entsprechende Maßnahmen ihres Landesstraßen-
rechts ergreifen und wie sollen die dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten bedeckt werden?


Antwort:

Bei der schon oben erwähnten Besprechung am 25. Februar 2004 nahmen unter anderem auch
Vertreter der Länder und Gemeinden teil; unter diesem Gesichtspunkt erscheint eine ausreichende
Koordination auch hinsichtlich der geteilten Straßenkompetenzen gegeben.

Frage 13:

Beabsichtigen Sie, Daten zur Ermittlung der Belastung durch Umgebungslärm auch für alle jene
Bereiche Österreichs erarbeiten zu lassen, die nicht von den strategischen Karten der EU-
Umgebungslärmrichtlinie erfasst sind? Wenn ja, in welcher Form?

Antwort:

Da die Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie in der zweiten Phase die Erhebung der Daten
auch von untergeordneten Strecken mit 30.000 bis 60.000 Zügen pro Jahr vorsieht, sind damit
voraussichtlich ohnehin alle relevanten Eisenbahnstrecken erfasst. Man wird nach Abschluss die-
ser Arbeiten prüfen, ob gegebenenfalls weitere Strecken untersucht werden sollten.
Es besteht derzeit die Absicht, diese Richtlinie auf die 6 österreichischen Verkehrsflughäfen Wien,
Linz, Salzburg, Innsbruck, Graz, Klagenfurt anzuwenden.

Frage 14:

Laut EU-Umgebungslärmrichtlinie sind die Lärm-Grenzwerte von den einzelnen Mitgliedsstaaten
festzulegen. Werden Sie sich für eine Absenkung der österreichischen Grenzwerte für den Lärm-
schutz auf WHO-Empfehlung (45 Dezibel/Nacht und 55 Dezibel/Tag) einsetzen?

Antwort:

Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie ist von der Kommission geplant, bis zum 18. Juli 2005 von
den Mitgliedsstaaten Lärmgrenzwerte einzuholen und eine Analyse dieser Grenzwerte durchzu-
führen, um die Notwendigkeit der Herabsetzung der Grenzwerte zu untersuchen.

Frage 15:

Laut EU-Umgebungslärmrichtlinie sind Kooperationen benachbarter Mitgliedsstaaten bei der Aus-
arbeitung strategischer Lärmkarten für die Grenzgebiete vorgesehen. In welcher Form wird diese
Zusammenarbeit zwischen Österreich und seinen Nachbarstaaten erfolgen?

Antwort:

Die Kontakte zu benachbarten Mitgliedsstaaten werden rechtzeitig vor Erarbeitung der strategi-
schen Lärmkarten und Aktionspläne durch die mit der Umsetzung der Richtlinie befassten Stellen
herzustellen sein.

Frage 16:

Ist geplant, für Anrainer Überprüfungsrechte sowie das Recht auf Durchsetzung von Lärmminde-
rungsmaßnahmen nicht nur für Neu- und Umbau, sondern auch für Bestandstrecken vorzusehen?
Gibt es dazu bereits Vorgespräche? Wenn ja, was sind die aktuellen Resultate?

Antwort:

Da sämtliche Lärmschutzprojekte an Eisenbahn-Bestandsstrecken unter intensiver Einbeziehung
der Bevölkerung erarbeitet werden, ist davon auszugehen, dass den Vorstellungen der betroffenen
Anrainer auch ohne formellen Rechtsanspruch bestmöglich entsprochen wird. Eine diesbezügliche
Studie „Forschungsprojekt zur Evaluierung der Akzeptanz von Lärmschutzmaßnahmen an Eisen-
bahnbestandsstrecken'' zeigt in allen Gebietstypen die überwiegend positive Wirkung der Lärm-


Schutzmaßnahmen und bestätigt, dass ein Großteil der Bevölkerung mit den gesetzten Maß-
nahmen zufrieden ist.

Fragen 17 und 18:

Aussagen von Bundesminister Pröll im Umweltausschuss vom 20.1.2004 zufolge werden die zur
Minderung der Lärmbelastung eingesetzten Bundesmittel von 2003 auf 2005 von 31,5 Mio Euro
auf 52,1 Mio Euro ansteigen. Welche Aufteilung der Mittel zur Minderung der Lärmbelastung ist für
die einzelnen Verkehrsträger Straße/Schiene/Luft für 2003-2005 vorgesehen? (bitte in absoluten
Zahlen, in % in Relation zu den Kosten für die gesamte Verkehrsinfrastruktur, nach Verkehrsträger
und nach Jahr gegliedert anführen)

Wie hoch waren die Bundesmittel, die zur Minderung der Lärmbelastung entlang Bundesstraßen,
Schiene und Flughäfen 1990-2003 zur Verfügung standen? (bitte absolut, in % in Relation zu den
Kosten für die gesamte Verkehrsinfrastruktur, nach Jahren und Verkehrsträger und nach Bundes-
land gegliedert angeben)

Antwort:

Im Rahmen der Umsetzung des Programmes zur schalltechnischen Sanierung der Eisenbahn-
Bestandsstrecken wurden im Zeitraum 1993 bis einschließlich 2002 rd. 143,7 Mio € an Bundes-
mitteln aufgewendet, im Jahr 2003 erfolgte die Realisierung von Maßnahmen mit einem
Investitionsvolumen von rd. 32 Mio €; für 2004 ist die Realisierung von Maßnahmen mit einem
Investitionsvolumen von rd. 34 Mio € vorgesehen. Im Jahre 2005 wird ein Betrag in ähnlicher
Größenordnung erwartet.

Für Aufwendungen bei Eisenbahninfrastrukturprojekten ist eine kostenmäßige Abschätzung aller
umweltbezogener Maßnahmen bzw. Einschränkungen sowohl im Zuge der Realisierung eines
Bauvorhabens als auch beim weiteren Betrieb eines Ausbau- bzw. Neubaustreckenabschnittes nur
schwer möglich; es ist jedoch von Mehrkosten gegenüber einer „reinen eisenbahntechnischen"
Ausführung in der Höhe von 20 bis 30% (im Mittel ca. 25%) der Gesamtbaukosten auszugehen.
Unter dieser Annahme können die umweltrelevanten Investitionen für den Zeitraum 1996 bis Ende
2002 mit rd. 1.000 Mio €, im Jahr 2003 mit rd. 160 Mio € und für die Jahre 2004 und 2005 mit 450
Mio € eingeschätzt werden.

Im Bundesstraßenbereich wurden in den Jahren 1990-2003 an Bestandsstrecken
169,5 Mio. € für straßenseitige Lärmschutzmaßnahmen sowie 88,3 Mio. € als Beihilfen für den
Einbau von Lärmschutzfenstern aufgewendet. Dazu kommen noch umfangreiche Lärmschutz-
massnahmen im Zuge von Neubauten (Tieflagen, Überdeckungen und Einhausungen) hinzu, die
in Einzelfällen bis zu 50% der Gesamtbaukosten eines Vorhabens ausmachen können.

Im Bereich der Luftfahrt wurden keine Bundesmittel hinsichtlich der Lärmverminderung aufge-
wendet, da dies ausschließlich in die Kompetenz der Flughäfen fällt.

Frage 19:

Die Erarbeitung eines Fluglärmgesetzes ist bisher gescheitert. Wird es seitens Ihres Ressorts ei-
nen neuen Anlauf zu einem Fluglärmgesetz geben? Wenn ja, wann ist mit der Vorlage eines ent-
sprechenden Entwurfs zu rechnen?


Antwort:

Nein, denn die Kosten der Vollziehung eines derartigen Gesetzes sind extrem hoch, wenn man die
zu finanzierenden Lärmschutzmaßnahmen berücksichtigt. Die Raumordnung und damit die Ent-
scheidung, ob und wie viele Bauwerke in der Umgebung von Flughäfen errichtet werden dürfen,
liegt ausschließlich bei den Ländern, wobei dem Bund diesbezüglich keinerlei Mitbestimmungs-
recht zukommt und auch die betroffenen Flughäfen sind ebenfalls von jeglicher Mitwirkung in
Raumordnungsfragen ausgeschlossen. Eine Initiative, dem Bund betreffend Raumordnung eine
solche teilweise Mitbestimmung einzuräumen, ist am massiven Widerstand der Länder gescheitert.