1385/AB XXII. GP
Eingelangt am 29.03.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Der Rechnungshof
Anfragebeantwortung
Bezug nehmend auf die unter 1429/J-NR/2004 gestellte Anfrage der
Abgeordneten
Mag.
Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen vom 10. Februar 2004 betreffend den
Verkauf der Wohnungen der Bundesimmobiliengesellschaft, ersuche ich um
Verständnis,
dass
ich von einer Beantwortung der gegenständlichen Anfrage absehen muss, da sie
außerhalb
der Gegenstände des Fragerechtes gemäß § 91a des Geschäftsordnungs-
gesetzes
gelegen ist.
Zu den angesprochenen Fragen hat sich der Rechnungshof
in seinem Wahrnehmungs-
bericht,
Reihe Bund 2003/4, Seite 185, Punkt 4.2, und in der Sitzung des Rechnungshof-
ausschusses
vom 14. Jänner 2004 geäußert.
Ferner darf auf das beiliegende, allen im Nationalrat
vertretenen Parteien in Kopie
zugegangene,
Antwortschreiben des Rechnungshofes vom 11. März 2004 auf das
Schreiben
der Bundesimmobiliengesellschaft mbH vom 21. Jänner 2004, mit dem das in
der
Anfrage erwähnte Gutachten an den Rechnungshof übermittelt wurde, verwiesen
werden.
Anlage
Wahrnehmungsbericht
des Rechnungshofes
ZL 860.021/002-E1/03
über die Überprüfung der BIG
Sehr geehrte Damen
und Herren!
Der Rechnungshof bestätigt den Erhalt des Schreibens vom
21. Jänner 2004 und des
angeschlossenen Rechtsgutachtens von Univ.-Prof. Dr. Heinz Krejci.
Im Zuge der zurückliegenden Überprüfung der Gebarung der
Bundesimmobiliengesell-
schaft
m.b.H. (BIG) ist der Rechnungshof (RH) sowohl in seinem diesbezüglichen Wahr-
nehmungsbericht
(Reihe Bund 2003/4, Seite 185, Punkt 4.2) als auch in der Sitzung des
Rechnungshofausschusses
vom 14. Jänner 2004 von einem gesetzlichen Auftrag aus-
gegangen, Wohnungen vorrangig an die Mieter zu verkaufen.
Im Gegensatz dazu hat die BIG sowohl in ihrer
Stellungnahme zum Prüfungsergebnis als
auch
in der bereits erwähnten Sitzung des Rechnungshofausschusses die Auffassung
vertreten,
dass sich ihrer Meinung nach eine Verpflichtung, Wohnungen vorrangig an
die
Mieter zu verkaufen, aus den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht ab-
leiten
lasse, sondern lediglich eine Berechtigung dazu. Das Vorgehen der BIG sei daher
gesetzeskonform. Zur Bekräftigung ihrer Rechtsansicht verwies die BIG auf das
von
Univ.-Prof. Dr. Heinz Krejci erstellte Gutachten vom 10. September 1996.
Im Folgenden erlaubt sich der RH, seine Rechtsansicht zu
den aufgeworfenen Fragen
darzulegen:
1. Zu
den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen:
1.1 Das Bundesgesetz über die Errichtung
einer Bundesimmobiliengesellschaft mit
beschränkter
Haftung und die Verfügung über bundeseigene Liegenschaften ein-
DVR: 0064025
schließlich Mietwohngebäuden (BIG-Gesetz 1992), BGBl.
Nr. 419/1992, trat am
18.
Juli 1992 in Kraft und galt bis zum 31. Dezember 2000. Die im gegebenen Zu-
sammenhang
relevanten Bestimmungen lauteten:
"§ 1. (1) Der Bundesminister für wirtschaftliche
Angelegenheiten ist ermächtigt, eine
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im Folgenden Gesellschaft genannt) mit
dem
Sitz in Wien zu gründen, insbesondere um die Bau- und
Liegenschaftsverwaltung des
Bundes durch die Einräumung der Rechtsstellung eines Bestandgebers für
diese Ge-
sellschaft und die Nutzung sowie die Verwertung der ihr übertragenen
bundeseigenen
Liegenschaften oder von ihr erworbenen Liegenschaften an die Gegebenheiten der
Privatwirtschaft anzugleichen. Diese Gesellschaft trägt die
Firmenbezeichnung
„Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H.", deren Anteile dem Bund zu
100 % vor-
behalten sind. Gesellschaften, an denen die Gesellschaft Anteilrechte
besitzt, können
mehrheitlich auch im Fremdeigentum stehen.
(2) Die Bestimmungen
des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haf-
tung, RGBl. Nr. 58/1906, in der jeweils geltenden Fassung, sind für
diese Gesell-
schaft anzuwenden, sofern dieses Bundesgesetz keine abweichenden
Bestimmungen
enthält. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat die
Verwaltung
der Anteilsrechte für den Bund wahrzunehmen.
§ 2. (1) Als Unternehmensgegenstand der Gesellschaft ist
im Gesellschaftsvertrag
insbesondere der Erwerb, die Nutzung, die Verwaltung und die Veräußerung
von
Liegenschaften, die Errichtung und Erhaltung von Bauten unter
besonderer Berück-
sichtigung der öffentlichen Zwecke des Bundes sowie die Gründung von
Gesell-
schaften, auch zum Erwerb bundeseigener Mietwohngebäude und deren
Verwertung
vorrangig durch Verlauf der Wohnungen an die jeweiligen Mieter zum Ver-
kehrswert, vorzusehen.
(2)..."
§ 1 Abs. 1 BIG-Gesetz 1992 ermächtigte sohin den BMWA
zur Gründung einer
Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firmenbezeichnung "Bundes-
immobiliengesellschaft
m.b.H.", auf die gemäß § 1 Abs. 2 BIG-Gesetz 1992 subsidiär die
Bestimmungen
des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung,
RGBl.
Nr. 58/1906, zur Anwendung kommen sollten.
Als Unternehmensgegenstand dieser
Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. war unter
anderem auch die Gründung von Gesellschaften vorgesehen, und zwar "auch
zum Er-
werb
bundeseigener Mietwohngebäude und deren Verwertung vorrangig durch den
Verkauf
der Wohnungen an die jeweiligen Mieter zum Verkehrswert". Im Wege einer
Beschreibung des Unternehmensgegenstandes der BIG bzw. der von ihr (auch) zu
gründenden
Tochtergesellschaft hat der Gesetzgeber des BIG-Gesetzes 1992 mit dieser
Wortwahl
zum Ausdruck gebracht, dass eine allfällige Verwertung der bundeseigenen
Mietwohngebäude
"vorrangig durch den Verkauf der Wohnungen an die jeweiligen
Mieter
zum Verkehrswert" erfolgen sollte.
1.2 An dieser Situation hat sich auch durch das
Bundesgesetz, mit dem die Bau- und
Liegenschaftsverwaltung des Bundes neu organisiert sowie über Bundesvermögen
ver-
fügt wird (Bundesimmobiliengesetz
2000), BGBL I Nr. 141/2000, nichts
geändert. Dieses
Gesetz
hat am 1. Jänner 2001 das bis zu diesem Zeitpunkt geltende BIG-Gesetz 1992
abgelöst
(§ 46 Z 1 Bundesimmobiliengesetz 2000). § 4 des Bundesimmobilienge-
setzes 2000 beschreibt die Aufgaben der BIG, wobei dessen Abs. 4 die Anordnung
enthält,
dass "Wohnungen vorrangig an die Mieter zum Verkehrswert zu
veräußern"
sind. Im Anschluss daran finden sich Regelungen über das Verkaufsverfahren an
die
Mieter und über die Verhinderung von Spekulationen durch die Mieter. Daraus
ergibt
sich der Wille des Gesetzgebers, dass die Wohnungen vorrangig an die Mieter zu
verkaufen sind.
Im Ergebnis gibt es daher in Bezug auf den vorrangigen
Wohnungsverkauf an die
Mieter
zwischen dem BIG-Gesetz 1992 und dem Bundesimmobiliengesetz 2000 keinen
Unterschied. Unterschiedlich ist nur die Umsetzung der Absicht des
Gesetzgebers; im
BIG-Gesetz
1992 erfolgt sie durch eine Vorgabe des Unternehmensgegenstandes der BIG
bzw.
ihrer Tochtergesellschaften, während das Bundesimmobiliengesetz 2000 eine
entsprechende
Anordnung im Rahmen der Beschreibung der Aufgaben der BIG enthält.
Im BIG-Gesetz 1992 richtet sich die Anordnung zunächst
an die Gesellschaftsgründer,
einen
entsprechenden Unternehmensgegenstand im Gesellschaftsvertrag vorzusehen, der
in
weiterer Folge auch von den Gesellschaftsorganen zu beachten ist Demgegenüber
richtet sich das Bundesimmobiliengesetz 2000 mit der Anordnung des vorrangigen
Verkaufs
an die Mieter direkt an die Gesellschaftsorgane. Regelungstechnisch hätte
nämlich
die Beibehaltung einer Vorgabe für den Unternehmensgegenstand nach dem
Vorbild
des BIG-Gesetzes 1992 im Bundesimmobiliengesetz 2000 keinen Sinn mehr
ergeben, weil die BIG im Jahr 2000 bereits existierte.
1.3 Erst mit der Änderung des
Bundesimmobiliengesetzes durch Artikel 89 des
Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, ist die Bestimmung über den
vor-
rangigen
Wohnungsverkauf an die Mieter abgeschafft worden. Seither besteht keine
Pflicht mehr, (Bundes)Wohnungen vorrangig an die Mieter zum Verkehrswert zu
veräußern.
In dem vom RH geprüften Zeitraum, nämlich von 1997 bis
2001, war die Vorrangregel
jedenfalls
in Kraft.
2. Zum Gutachten von
Univ.-Prof. Dr. Heinz Krejci vom 10. September 1996:
Der RH erlaubt sich, im Folgenden noch näher auf die im
Schreiben der BIG zitierten
Passagen aus dem genannten Gutachten einzugehen. Zu diesem Zweck wird die
jeweils
zitierte Gutachtenspassage vorangestellt, daran anschließend folgt die Ansicht
des RH.
2.1 "Das gesamte BIG-Gesetz ist vom Prinzip des
privaten Wirtschaftens geprägt. Die
Bundesimmobilienverwaltung soll nach
den Regeln der Marktwirtschaft gestaltet werden"
(Seite 9 des Gutachtens).
Für das Verständnis
dieses Zitates ist auch der diesem Zitat folgende Satz des Gutachters
hilfreich. Er lautet:
"Leistungen (insbesondere die Gewährung von
Liegenschaftsnutzungen) sollen ihrem
Marktwert entsprechend von demjenigen bezahlt (jenem Ressort zugerechnet)
werden,
dem sie erbracht werden."
Der Gutachter trifft diese Aussagen nach einer Analyse
des BIG-Gesetzes 1992 und der
Gesetzesmaterialien. Im Mittelpunkt steht hiebei die in § 1 Abs. 1 BIG-Gesetz
1992 mit
der Gründung der BIG verbundene Zielsetzung, nämlich die Angleichung der Bau-
und
Liegenschaftsverwaltung
des Bundes an die Gegebenheiten der Privatwirtschaft. Diese
Angleichung
soll durch die Einräumung der Rechtsstellung eines Bestandgebers für die
BIG
und die Nutzung sowie die Verwertung der ihr übertragenen Liegenschaften oder
von
ihr erworbenen Liegenschaften bewirkt werden. In diesem Zusammenhang wird in
der
Begründung des Initiativantrages 337/A, BlgNR XVIII. GP, ausgeführt, dass das
Ziel
der
mit diesem Bundesgesetz angestrebten Organisationsänderung die Angleichung der
Immobilienverwaltung des Bundes an privatwirtschaftliche Verhältnisse sei. Zu
diesem
Zweck soll die Bundesimmobiliengesellschaft nach privatem Recht gegründet
werden,
welche
die Rechtsstellung eines Bestandgebers für diese Immobilien erhalten und von
den einzelnen Ressorts vom Markt abgeleitete Mietentgelte verlangen solle.
Dadurch
würden
der Wert der Immobilien und die Kosten der Nutzung transparent und eine
kostenorientierte
budgetpolitische Steuerung der Raumnutzung des Bundes ermöglicht
(Punkt
A.I. der Begründung des Initiativantrages).
Aus dem Gesetz und den Materialien geht somit hervor,
dass unter der Angleichung der
Immobilienverwaltung
des Bundes an privatwirtschaftliche Verhältnisse primär gemeint
war,
dass die nutzenden Ressorts zukünftig Mieten an die BIG bezahlen. Dass das ge-
samte BIG-Gesetz 1992 "vom Prinzip des privaten
Wirtschaftens" geprägt sein soll, wie
der
Gutachter meint, ist aus den Materialien nicht ableitbar.
Zur strittigen Frage der vorrangigen Veräußerung von
Wohnungen an die Mieter ist
damit
aber noch keine Aussage getroffen.
2.2 "Die Vorrangregel des § 2 Abs. 1
BIG-Gesetz ruht nicht auf einem das Wirt-
schaftlichkeitsprinzip
verdrängenden "Sozialprinzip", sondern wird selbst durch das
Wirtschaftlichkeitsprinzip gerechtfertigt. Die Vorrangregel ist daher dort
nicht anzu-
wenden, wo dies den Anforderungen
einer ökonomischen Verwertung der Wohnobjekte
widerspricht. Das ergibt sich nicht
nur daraus, dass die Wohnungen nur zum Verkehrs-
wert angeboten werden dürfen, sondern
auch daraus, dass es dem BIG-Gesetz insgesamt
um eine nach privatwirtschaftlichen
Grundsätzen durchzuführende Verwertung der
Wohnobjekte geht. Bietet sich eine
bessere Verwertungsmöglichkeit für ein Mietobjekt als
die des Verkaufes der Wohnungen im Wohnungseigentum an
die Mieter, so greift die
Vorrangregel nicht" (Seite 10 des Gutachtens).
Auch diesen Ausführungen des Gutachters vermag der RH
nicht zu folgen. Sie laufen
nämlich darauf hinaus, dass die im § 2 Abs. 1 BIG-Gesetz 1992 enthaltene
Anordnung
betreffend
den vorrangigen Verkauf der Wohnungen an die jeweiligen Mieter durch das
dem BIG-Gesetz 1992 allgemein zugrunde liegende Wirtschaftlichkeitsprinzip
einge-
schränkt
wird.
Nach Ansicht des RH
ist es nicht zulässig, eine Spezialregelung (wie das Gebot des
vorrangigen
Verkaufes an die Mieter) unter Berufung auf ein dem gesamten Gesetz
innewohnendes
Prinzip zu entwerten.
In diesem Zusammenhang verweist der RH darauf, dass auch
Punkt A.VII.2 der Begrün-
dung
des Initiativantrages 337/A, BlgNR XVIII. GP davon
spricht, dass sich "für die
Mieter
bundeseigener Wohnungen die Vorzugsstellung einer prioritären Anbotslegung
durch
die mit der Verwertung beauftragte Tochtergesellschaft der BIG ergibt".
Weder im
angeführten
Initiativantrag noch im Bericht des Bautenausschusses über diesen Initiativ-
antrag
(571 BlgNR XVIII. GP) rinden sich Hinweise für eine Einschränkung des Vorran-
ges
der Mieter aus Gründen der Wirtschaftlichkeit.
Sowohl der Begründung des Initiativantrages als auch den
Feststellungen des Bauten-
ausschusses ist vielmehr zu entnehmen, dass durch bestimmte Maßnahmen die
Speku-
lation
mit veräußerten Mietwohnungen verhindert werden soll. Daraus ist abzuleiten,
dass
dem Gesetzgeber die vorrangige Veräußerung von Wohnungen an die Mieter ein
besonderes
Anliegen war, weil andernfalls Vorsorgen gegen Spekulationen mit von
Mietern gekauften Wohnungen nicht angesprochen worden wären.
Nach Ansicht des RH ist daher uneingeschränkt davon
auszugehen,,dass bundeseigene
Mietwohngebäude vorrangig durch Verkauf der Wohnungen an die jeweiligen Mieter
zum
Verkehrswert verwertet werden sollten.
Die historische Wurzel des Anliegens, Wohnungen vorrangig
an die Mieter zu ver-
kaufen,
erblickt der RH in der Entschließung des Nationalrates vom 10. Mai 1988
(E 55-NR/XVII. GP). Darin ersuchte der Nationalrat
die Bundesregierung, bundeseigene
Wohnungen
— soweit diese nicht Dienst- oder Naturalwohnungen sind bzw. nicht ein
öffentliches
Interesse am Bundeseigentum dieser Wohnungen besteht - den Mietern
zum
Kauf anzubieten.
2.3 "§ 2 Abs. 1 BIG-Gesetz
spricht lediglich davon, dass im Rahmen der gesell-
schaftsvertraglichen Gestaltung des Unternehmensgegenstandes unter
anderem "die
Gründung von Gesellschaften, auch zum Erwerb bundeseigener
Mietwohngebäude und
deren Verwertung vorrangig durch Verkauf der Wohnungen an die jeweiligen
Mieter zum
Verkehrswert, vorzusehen" ist. Dies bedeutet lediglich, dass die
BIG in ihrem Unter-
nehmensgegenstand, der im BIG-Vertrag umschrieben werden
muss, die Möglichkeit
vorsehen soll, Gesellschaften zu gründen, welche ihrerseits die genannte
Aufgabe
übernehmen'' (Seite 11 des Gutachtens).
Unstrittig wurde anlässlich der Gründung der BIG sowie
der BIG Liegenschaftsver-
wertungsges.
m.b.H. in den jeweiligen Gesellschaftsverträgen der Unternehmensgegen-
stand entsprechend den Vorgaben des § 2 Abs. 1 BIG-Gesetz 1992 festgelegt. Nach
Auffassung
des RH ist aus der Wortwahl "Verwertung vorrangig durch den Verkauf der
Wohnungen an die jeweiligen Mieter zum Verkehrswert" nicht nur eine
Berechtigung zu
dieser
Vorgangsweise, sondern vielmehr eine verbindliche Vorgabe für die
Gesellschafts-
organe
abzuleiten, die zur Einhaltung des Gesellschaftsvertrages verhalten sind.
2.4 "Mieter bundeseigener Mietwohngebäude haben
keinen subjektiven Rechts-
anspruch auf Abschluss eines
Kaufvertrages über die von ihnen genutzten Wohnungen.
Die Vorrangregel des § 2 Abs. 1 BIG-Gesetz stellt vielmehr lediglich ein
Element der
Umschreibung des
Unternehmensgegenstandes für Tochtergesellschaften der BIG dar.
Wieweit solche Tochtergesellschaften
im Rahmen ihres unternehmerischen Wirkens von
dieser Regelung im Einzelfall Gebrauch machen, bleibt ihrem kaufmännischen
Ermessen
überlassen" (Seite 12 des
Gutachtens).
Zur Frage, ob die Mieter einen subjektiven
Rechtsanspruch auf Abschluss eines Kauf-
vertrages
über die von ihnen genutzten Wohnungen haben, hat sich der RH nicht
geäußert.
Sie kann daher dahingestellt bleiben. Im Ergebnis ist dem Gutachter in dieser
Frage jedoch beizupflichten.
2.5 "Die Vorrangregel bedeutet nicht, dass
derartige Rentabilitätsprüfungen erst gar
nicht durchgeführt werden dürften,
weil etwa vorerst den Mietern die von ihnen ge-
nutzten Wohnungen zum Verkauf
angeboten werden mussten. Ein derartiges Verständnis
der Vorrangregel widerspräche dem
die gesamte Tätigkeit der BIG prägenden Wirtschaft-
lichkeitsprinzip. Die Vorrangregel
blockiert nicht die Prüfung von Verwertungsalterna-
tiven'' (Seite 15 des
Gutachtens).
Mit diesen Ausführungen bringt der Gutachter zum
Ausdruck, dass die BIG mehrere
Verwertungsmöglichkeiten prüfen dürfe. Insbesondere müsse die BIG die Wohnungen
nicht
vorerst den Mietern anbieten, sondern dürfe Rentabilitätsprüfungen vornehmen.
Das
würde sich aus dem "Wirtschaftlichkeitsprinzip" ergeben, das die gesamte
Tätigkeit
der
BIG präge.
Hiezu ist bloß auf das BIG-Gesetz 1992 und die
entsprechenden Materialien zu
verweisen.
Demnach hatte die BIG bzw. eine Tochtergesellschaft der BIG die bundes-
eigenen
Mietwohngebäude zu veräußern, wobei diese Verwertung vorrangig durch
Verkauf
der Wohnungen an die jeweiligen Mieter zum Verkehrswert erfolgen sollte. Es
finden
sich aber im BIG-Gesetz 1992 keine Hinweise, welches Verfahren die BIG bei den
Wohnungsverkäufen
anzuwenden hat, und ob sie z.B. Verwertungsalternativen prüfen
darf oder nicht. Eine Aussage dazu ist nach Ansicht des
RH aus dem BIG-Gesetz 1992
nicht
ableitbar.
2.6 "Selbst dann, wenn der
Verkauf der Wohnungen an die Mieter an sich die wirt-
schaftlich günstigste Verwertungsart ist oder dieser gleichzuhalten
ist, kommt die Bil-
dung von Wohnungseigentum und der Wohnungsverkauf an die Mieter nicht in
Betracht,
wenn sich zu wenig Mieter verbindlich bereit erklären zu kaufen" (Seite 18
des Gut-
achtens).
Mit diesen Worten schließt das Gutachten. Der Gutachter
beschäftigt sich dabei unter
dem
Titel "Kein Vorrang des Wohnungsverkaufes an die Mieter bei zu geringer
Nach-
frage"
mit dem Problem, wie bei geringer Nachfrage von Mietern, ihre Wohnungen zu
kaufen,
vorzugehen ist. Wie bereits unter Punkt 2.5 dargelegt, enthalten allerdings
weder
das Gesetz noch die Materialien des BIG-Gesetzes 1992 eine klare Aussage dar-
über,
welches Verfahren die BIG bzw. ihre Tochtergesellschaft bei der Verwertung der
Wohnungen
einzuhalten haben. Die Ausführungen des Gutachters über unterschiedliche
Varianten
des Verwertungsverfahrens sind daher nach Ansicht des Rechnungshofes in
dieser
Präzision dem Gesetz nicht zu entnehmen.
3.
Abschließender Hinweis:
Wie bereits oben unter Punkt 1.3 ausgeführt, besteht
seit der mit Artikel 89 des Budget-
begleitgesetzes 2003 vorgenommenen Änderung des § 4 des Bundesimmobilienge-
setzes
2000 keine Anordnung mehr, Wohnungen vorrangig an die Mieter zu veräußern.
Der
RH nimmt diese Änderung der Rechtslage zum Anlass für den Hinweis, dass seine
in
den
Schlussbemerkungen des gegenständlichen Wahrnehmungsberichtes enthaltene
-
noch auf die alte Rechtslage abgestellte - Empfehlung, wonach die BIG Wohnungen
vorrangig
an die jeweiligen Mieter verkaufen sollte, aufgrund der nunmehr geänderten
Rechtslage überholt ist und aus diesem Grunde auch nicht mehr aufrecht erhalten
wird.
Damit steht auch fest, dass der im Zusammenhang mit der alten Rechtslage
bestandene
Auffassungsunterschied
zwischen der BIG und dem RH in Hinkunft nicht mehr auftreten
kann.
Der RH hofft, mit diesen Ausführungen zu einem besseren
Verständnis seiner Position
beigetragen
zu haben.