1482/AB XXII. GP
Eingelangt am 20.04.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Bundesministerium
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing.
Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kol-
legen vom 25. Februar 2004, Nr. 1497/J,
betreffend Waldinventur 2000 - 2003, beehre ich
mich Folgendes mitzuteilen:
Zur Präambel:
Die Österreichische
Waldinventur (ÖWI) des Bundesamtes und Forschungszentrums für
Wald (BFW) liefert
eine große Anzahl verschiedener Ergebnisse, deren Erstellung unter-
schiedliche Ressourcen und Auswertungszeiten
benötigt. Daher werden zu einem ersten
Termin die wichtigsten Daten als Hauptergebnis auf Bundes- und Länderebene
vorgestellt."
Die Ergebnisse von Detail- und
Spezialauswertungen werden in den nachfolgenden Monaten
nach Abschluss der Arbeiten laufend
bekannt gegeben. Es war ein Ziel der aktuellen Aus-
wertung zur ÖWI 2000/2002, für den im Gange befindlichen Österreichischen
Walddialog
möglichst rasch die Hauptergebnisse verfügbar zu machen. Es wäre nicht
sinnvoll gewesen,
dafür den Abschluss aller Spezialauswertungen abzuwarten.
Die bei der Inventur angewandten Erhebungs- und
Auswertemethoden werden seit dem Be-
ginn dieser Erhebung 1961 in den Publikationen des BFW (früher Forstliche
Bundesver-
suchsanstalt), aber auch in Form von
Diplomarbeiten und Dissertationen offen gelegt. Im
Jahr 2001 wurde im Zuge des „Individual Review
of the Greenhousegas Inventory of Austria"
auch das Verfahren
der ÖWI von internationalen Experten des Klimasekretariates des
UNFCCC
(Klimarahmenkonvention) geprüft. Dabei wurden die ÖWI-Ergebnisse als die best-
geeignetste Grundlage für die Abschätzung des Kohlenstoffspeichers in der
Waldbiomasse
beurteilt. Es wurde die vollständige
Übereinstimmung der Methoden der ÖWI mit den Richtli-
nien von UNFCCC und von IPCC festgestellt.
Die jüngsten
Erhebungen wurden mit „Instruktionen für die Feldarbeit" durchgeführt, die
im
Internet
(http://bfw.ac.at) für alle
Interessenten nachlesbar sind. Im April findet eine Präsenta-
tion
der aktuellen Ergebnisse, verwendeten Methoden und von Forschungsprojekten zur
Methodik
der ÖWI für die interessierten Forschungsbereiche an der Universität für
Bodenkul-
tur
statt. Derzeit erarbeitet das Institut für Waldinventur am BFW einen
Methodenband, in
dem
sämtliche Erhebungs- und Auswertemethoden zusammenfassend dargestellt werden.
Zusammenfassend ergibt sich, dass Informationen zur ÖWI-Methodik in
vielfältiger Form
verfügbar
sind.
Zu Frage 1:
Die Ergebnisse der Inventur stellen
zunächst eine wichtige Datengrundlage für die Entwick-
lung bzw. Weiterentwicklung forst- und umweltpolitischer Instrumente auf
nationaler Ebene
dar. Beispielsweise seien hierfür die
Förderung, Aus- und Weiterbildung, Information und
Kommunikation, Beratung, Bildung von
Schwerpunktprogrammen, etc. angeführt. Weiters
sind die Daten zunehmend wichtig für
die Berichtspflichten sowie die Positionierung Öster-
reichs in diversen Forst- und Umweltprozessen auf globaler
(UN-Waldforum, Klimarahmen-
konvention, Biodiversitätskonvention, etc.), europäischer
(Forstministerkonferenz zum
Schutz der Wälder Europas, Umweltministerkonferenz, etc.) und EU-Ebene.
Das umfangreiche Datenmaterial der
ÖWI wird aber nicht nur als Entscheidungsgrundlage in
der
österreichischen Forst- und Umweltpolitik und zur Wahrnehmung internationaler
Be-
richtspflichten verwendet, sondern auch in der Forschung intensiv genutzt und
dabei unter
anderem für die Ausarbeitung von Perspektiven, Szenarien und Prognosen
herangezogen.
Beispielsweise wurden mögliche Vegetationsentwicklungen im Wald unter
veränderten Kli-
mabedingungen sowie die zukünftige Entwicklung des Holzvorrates unter Annahme
be-
stimmten Szenarien
untersucht.
Zu Frage 2:
Unter „Kahlschlag" versteht die ÖWI
eine Entfernung von mehr als 70 % des forstlichen Be-
wuchses auf einer Fläche von mehr als 500 m2.
Die anderen Nutzungsformen werden unab-
hängig von ihrer Flächengröße erhoben und finden meist auf Flächen
größer 500 m2 statt.
Dabei wird nur ein geringerer Teil des vorhandenen forstlichen Bewuchses
entfernt, wesent-
liche Bestandesglieder bleiben über die Fläche verteilt erhalten.
Die Nutzungsmenge aus
der Kategorie „Nutzungen aus Kahlschlägen größer 500 m2"
beträgt
29
% der gesamten Nutzungsmenge. Die Nutzungsmengen aus anderen Nutzungsarten
(Vornutzungen, Verjüngungshiebe, Räumungen, Einzelstammentnahmen, ...) betragen
so-
mit
71 %.
Die Lücken werden getrennt erfasst und
ausgewertet und stehen in keinem Zusammenhang
mit der Ausscheidung von Nutzungskategorien oder Verjüngungserhebungen.
Das Flächenausmaß von 500 m2, ab dem die ÖWI die
Nutzungskategorie „Kahlschlag" aus-
scheidet, ist im internationalen Vergleich
tief angesetzt, was bei der kleinflächigen österrei-
chischen Waldwirtschaft aber
sinnvoll ist. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen,
dass das österreichische Forstgesetz Kahlhiebe und diesen
gleichzuhaltende Einzelstamm-
entnahmen ab einem Ausmaß von 5000 m2
einer Bewilligungspflicht unterwirft, und diese
Flächengrenze wiederum im
internationalen Vergleich als sehr tief angesetzt zu bewerten ist.
Nutzungen unter 5000 m2 gehören zu den freien Fällungen.
Zu Frage 3:
Für die Ermittlung des Verhältnisses
zwischen Kunst- und Naturverjüngung wurde aus den in
der
Anfrage richtig genannten Gründen folgende Vorgangsweise gewählt: Grundlage des
Vergleiches sind
nicht alle Verjüngungen, sondern nur die freistehenden Verjüngungen (Ver-
jüngungen ohne Altholzschirm) mit einer für
den Verjüngungserfolg bereits ausreichenden
Stammzahl. Das bedeutet, dass es sich hier nicht um beginnende
Naturverjüngungen han-
delt, die möglicherweise mit der Nutzung des Altholzes entfernt und dann durch
eine Kunst-
verjüngung ersetzt werden. Vielmehr
sind dies Verjüngungen, die am Folgebestand teilneh-
men werden. Von
diesen sind ca. 72 % aus natürlicher Verjüngung hervorgegangen.
Wie in der Anfrage
richtig angeführt, kommen in Fichten-Kunstverjüngungen auch andere
Baumarten natürlich vor. Solche Verjüngungsformen wurden bei der Taxierung auch
unter
Kunstverjüngung eingeordnet. Sie machen mehr als die Hälfte der
Kunstverjüngungen aus.
Auch bei der
Naturverjüngung besteht die Möglichkeit, dass kleine Lücken übrig bleiben, die
dann mit Kunstverjüngung ergänzt werden. Derartige Verjüngungsflächen wurden
der Natur-
verjüngung zugezählt. Sie machen insgesamt
ca. 7 % der freistehenden Verjüngungen mit
ausreichender Stammzahl aus. Somit gibt es ca. 65 % Verjüngungen, die
reine Naturverjün-
gungen ohne jede Nachbesserung darstellen.
Zu Frage 4:
Die Definitionen für Reinbestände sind
seit der Inventurperiode 1971/80 unverändert. Die
ÖWI
weist die Baumartenmischungen auf zwei Wegen aus: Einerseits über die erhobenen
Überschirmungsanteile
für einzelne Baumarten ohne Rücksicht darauf, in welcher Mischung
sie auftreten. Andererseits über eine Gruppierung der Probeflächen nach dem
Anteil an Na-
del- bzw. Laubholz zu Bestandeskategorien.
Auf beiden Wegen ergibt sich eine deutliche
Abnahme der Nadelhölzer und Nadelholzreinbestände. So ist z.B. der
Anteil der Laubhölzer
an der Ertragswaldfläche von 21 % (Ergebnis 1986/90) auf 24 % entsprechend der
aktuellen
Auswertung gestiegen. An einer Analyse dieser Entwicklung wird derzeit
gearbeitet.
Zu Frage 5:
Die in der Anfrage angeführten
Spezialerhebungen stellen wichtige Teile der Waldinventur
dar und werden im
Rahmen von wissenschaftlichen Sonderauswertungen bearbeitet. Dabei
werden zum Beispiel die Bohrkerndaten für
eine detaillierte Analyse der Beziehungen zwi-
schen Zuwachs und Klima eingesetzt.
Die Dauer dieser Arbeiten ist durch die Komplexität
der Aufgabenstellungen, der verwendbaren Methoden und der verfügbaren
Kapazitäten be-
stimmt.
Zu Frage 6:
In der Presseaussendung vom 27. Jänner 2004, bezüglich
der Waldinventur 2000/02. auf die
sich die
gegenständliche Anfrage bezieht, wird die Zunahme der Naturverjüngung (70 %
gegenüber 50 % in der Vorperiode 1992/96)
als erfreulich hervorgehoben.
Damit wird der mit
der Änderung des § 13 und dessen in der Anfrage angesprochenen Ab-
satzes 3 durch die Forstgesetz-Novelle 2002 verfolgte Zweck der Förderung der
Naturver-
jüngung bestätigt.
Zu diesen Bestimmungen dürfen
nachfolgend die Erläuterungen (RV 970 Blg. NR XXI GP)
wiedergegeben werden:
Die Bestimmungen des § 13 regeln die
„Wiederbewaldung". Nach der derzeit geltenden Fas-
sung (Anm.: vor der
Forstgesetz-Novelle 2002) hat die Wiederbewaldung im Regelfall durch
Saat oder Pflanzung zu erfolgen. Hierfür
steht eine Frist zur Verfügung, die mit Ende des
dritten dem Entstehen der Kahlfläche oder Räumde nachfolgenden
Kalenderjahres endet.
Nur in bestimmten Fällen, nämlich bei
Vorliegen standortgerechter Altbestände sowie bei
Nutzungsarten
und auf Standorten, bei denen die Naturverjüngung innerhalb eines achtjähri-
gen Zeitraumes die
Regel ist, kann die Wiederbewaldung auch durch Naturverjüngung erfol-
gen.
Mit den nunmehr
vorliegenden Änderungen werden nicht nur die Wiederbewaldungsfristen in
Abs.
2 und 4 um jeweils zwei Jahre verlängert, sondern die forstpolitische Sicht
betreffend
Wiederbewaldung einer grundsätzlichen Neuorientierung unterzogen. Erstmals wird
(durch
die Neuformulierung des Abs. 3) die Naturverjüngung nicht auf einzelne
qualifizierte Fälle
beschränkt, sondern als eine in jedem Fall in Betracht kommende - in
rechtlicher Hinsicht -
völlig gleichwertige
Möglichkeit der Wiederbewaldung anerkannt. Über die rechtliche Gleich-
stellung hinaus wird durch die als forstpolitisches Postulat zu verstehende
Formulierung „die
Wiederbewaldung soll durch Naturverjüngung
erfolgen" dieser prioritäre Bedeutung zuge-
messen.
Die Wiederbewaldung mit Naturverjüngung
sollte generell Ziel der nachhaltigen Waldbewirt-
schaftung sein und nicht nur auf standortgerechte Altbestände beschränkt
bleiben. Wissen-
schaft und Praxis haben gezeigt, dass das
allgemeine Naturverjüngungspotential auf
Waldstandorten enorm groß ist und dem Naturangebot auch im Sinne von
Biodiversität und
Artenvielfalt damit Raum gegeben wird.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten,
dass das Forstgesetz 1975 idgF die Wiederbewal-
dung durch Naturverjüngung unabhängig von vorliegenden standörtlichen
Voraussetzungen,
Bestandesgegebenheiten und Nutzungsarten,
somit - unter Wahrung der Walderhaltung -
weitgehend uneingeschränkt ermöglicht und gegenüber der Aufforstung
sogar als vorrangig
einstuft.
Es besteht somit keine Notwendigkeit,
die forstgesetzlichen Bestimmungen des § 13 abzu-
ändern, da die
Naturverjüngung nach deren gegenwärtigen Formulierungen im Zusammen-
hang mit den übrigen Regelungen des
Forstgesetzes 1975 bestmöglich gewährleistet wird.
Darüber hinaus ist die Unterstützung
von naturverjüngungsfördernden Maßnahmen Inhalt
der jeweiligen bundesländerspezifischen forstlichen Förderprogramme.