1483/AB XXII. GP
Eingelangt am 21.04.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für
Inneres
Anfragebeantwortung
Die
Abgeordneten zum Nationalrat Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen haben
am
26. Februar 2004 unter der Nummer 1515/J an mich eine
schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend „besorgniserregende Vorkommnisse im
Flüchtlingslager Traiskirchen"
gerichtet.
Diese
Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
zu
Frage 1.)
Die
angesprochene Kritik an der Vertragserfüllung durch die Firma European Homecare
(EHC) wird aufmerksam verfolgt und den Vorwürfen nachgegangen. Dort, wo ein
Adaptierungsbedarf zu Tage getreten ist,
wurden entsprechende Maßnahmen gesetzt.
Darüber hinaus wurde ICMPD beauftragt, den gesamten Bereich der
Betreuung von
Asylwerbern in Traiskirchen zu evaluieren und dabei stellt die Vertragserfüllung
durch EHC
einen wesentlichen Faktor dar. Es wird um
Verständnis ersucht, dass dem Bericht nicht
vorgegriffen werden kann.
zur
Frage 2.)
Mit
Stichtag 1. Februar 2004 befanden sich 1.444 Asylwerber in der Betreuungsstelle
Trais-
kirchen.
Durch den Feststellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden sind
baupolizeilich
1.800 Plätze für
Asylweber in der Betreuungsstelle Traiskirchen bewilligt.
Aufgrund der Renovierungsarbeiten, die
mittlerweile gestoppt sind, ist eine Ausschöpfung
der bewilligten Kapazität derzeit nicht möglich.
zu Frage 3.)
Hinsichtlich
der Aufnahme von Asylwerbern habe ich mich im Dezember 2003 an 2365
Bürgermeister schriftlich gewandt. Davon
haben 56 Bürgermeister schriftlich oder telefonisch
mit der zuständigen Fachabteilung Kontakt aufgenommen. In einem Fall konnte
dadurch ein
Quartier unter Vertrag genommen werden, die restlichen 55 Antworten
erschöpften sich in
einer kategorischen Ablehnung der Unterbringung von Asylwerbern in
Bundesbetreuung
oder enthielten den Hinweis, dass kein Quartier zur Verfügung stehen würde.
2309
Bürgermeister haben nicht einmal geantwortet.
zu
Frage 4.)
Nein,
es entspricht nicht den Tatsachen, dass die Flüchtlinge in Traiskirchen aus
Kostengründen vor allem mit in tief
gefrorenen Rationen aus Deutschland angelieferter
Fertigkost versorgt werden. Vielmehr entspricht es den Tatsachen, dass
lediglich eine von
drei Mahlzeiten aus Gründen der Hygiene,
den dafür geltenden Vorschriften der EU, aber vor
allem auf Grund der ernährungswissenschaftlichen Kontrolle mit tief
gefrorener Spezialkost
von einem Lieferanten in Osnabrück geliefert werden. Diese Fertigkost wird in
der
Betreuungsstelle Traiskirchen fertig gegart und ist daher ofenfrisch. Dieser
Lieferant
produziert und verkauft täglich 1,500.000 Portionen in 6 westeuropäische
Länder. Sämtliche
Beilagen werden von der Firma European Homecare von den selben Lieferanten
zugekauft,
bei denen seinerzeit das BM.I die Lebensmittel bezogen hat, und diese werden
frisch
zubereitet. Darüber hinaus wird jeder
Speiseplan im Vorhinein vom Betreuungsstellenarzt
begutachtet, auf Ausgewogenheit geprüft und mit Unterschrift genehmigt.
zu Frage 5.)
Alle Asylwerber in
der Betreuungsstelle Traiskirchen sind bei der Niederösterreichischen
Gebietskrankenkasse krankenversichert und somit berechtigt, alle Leistungen aus
dieser
Krankenversicherung
in Anspruch zu nehmen.
Darüber
hinaus sind in der Betreuungsstelle Traiskirchen täglich bis zu 4 Ärzte und
einer
Ordinationshilfe zur medizinischen Betreuung der Asylwerber anwesend. Einer der
Ärzte ist
Lungenfacharzt, 3 weitere sind praktische
Ärzte mit großteils zusätzlicher eigener Ordination.
Durch die Journaldienste von EHC und BM.I ist auch in den Nachtstunden
sowie Samstags
und an Sonn- und Feiertagen sichergestellt,
dass im Bedarfsfall sofort Bereitschaftsarzt oder
Rettung verständigt werden können.
zu Frage 6.)
Sämtliche
Medikamente werden via Apotheke Traiskirchen angekauft und unterliegen einer
monatlichen Kontrolle durch die in der Erste-Hilfestation tätigen praktischen
Ärzte.
Stichprobenkontrollen erfolgen auch durch die Firma European Homecare sowie den
Leiter
der Betreuungsstelle.
zu
Frage 7.)
Es sind
dem Bundesministerium für Inneres keine Fälle von sexueller Belästigung von in
der
Betreuungsstelle Traiskirchen beschäftigtem
Personal gegenüber Asylwerberinnen bekannt.
Die Ermittlungsverfahren der zuständigen Behörden ergaben, dass alle
Anschuldigungen
und Verdächtigungen haltlos waren. Eine sofort bei der Staatsanwaltschaft
Wiener Neustadt
eingebrachte Anzeige wegen angeblicher Vergewaltigung einer Asylwerberin
betrifft einen
mittlerweile gekündigten Bediensteten des Österreichischen Wachdienstes (ÖWD)
und das
Verfahren wurde am 11. März 2004 über Antrag
der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt
vom Landesgericht Wiener Neustadt eingestellt.
zu Frage 8.)
Herr WILCKE ist nicht der Leiter der Firma
European Homecare.
zu
Frage 9.)
Die
Mitarbeiter der Firma European Homecare haben jene Qualifikationen, die sie zur
Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. So werden Tätigkeiten auf dem Holzsektor
durch einen
gelernten Tischler, jene auf dem
Metallsektor unter anderem von einem gelernten Schlosser,
Wasserleitungs- und Abflussarbeiten
durch einen gelernten Installateur, Elektroarbeiten
durch einen gelernten Elektriker, Angelegenheiten der Verpflegung durch einen
gelernten
Koch, Agenden der Kinderbetreuung durch eine gelernte Kindergärtnerin,
Betreuung der
Heizanlage durch staatlich geprüfte Dampfkesselwärter, die Außenarbeiten
durch einen
gelernten Gärtner, etc durchgeführt. Die
tägliche Vorortbetreuung der Asylwerber erfolgt
durch Sozialbetreuer, die großteils über Hochschulstudium verfügen oder
teilweise bei
österreichischen NGOs in einem ähnlichen Segment tätig waren.
zu
Frage 10.)
Es entspricht den Tatsachen, dass seitens der Firma European Homecare
auch ehemalige
Asylwerber angestellt
wurden, allerdings erst nach positivem Abschluss ihres
Asylverfahrens. Nach der österreichischen Rechtslage haben Asylberechtigte
Zugang zum
österreichischen Arbeitsmarkt. Die Entlohnung erfolgt nach einem internen
Schema der
Firma European Homecare.
zu
Frage 11.)
Mit
dem Zeitpunkt der Übernahme der Betreuungsleistung für die Asylwerber in der
Betreuungsstelle Traiskirchen haben
erfahrene Mitarbeiter der Firma European Homecare
neue Mitarbeiter eingeschult und umgeschult. In diesem Zusammenhang ist zu
erwähnen,
dass EHC an alle seinerzeitigen Mitarbeiterinnen der Betreuungsstelle
Traiskirchen ein
Angebot zur Weiterbeschäftigung vorgelegt hat und die Mehrheit dieses Angebot
auch
angenommen hat. Vorhandenes know how stand
auf diese Weise zur Verfügung. Weitere
Schulungen durch EHC erfolgen laufend.
zu
Frage 12.)
Die
Kriminalitätsprävention innerhalb der Betreuungsstelle wird durch den
Gendarmerieposten Traiskirchen (24 Stunden Präventivpatrouille pro Tag), mit
Wachpersonal des Österreichischen
Wachdienstes direkt vor Ort und nicht zuletzt durch den
Journaldienst des BM.I sichergestellt. Durch EHC aber auch durch SOS
Menschenrechte
steht rund um die Uhr Personal zur Verfügung, deren Aufgabe auch die Prävention
von
Vorkommnissen darstellt.
zu Frage 13.)
Diese
Vorgehensweise ist dem BM.I bisher nicht bekannt. Eine Traumatisierung wird
ausschließlich durch Ärzte festgestellt,
die dann die entsprechenden aus medizinischer Sicht
notwendigen Veranlassungen treffen. Während bei Erwachsenen die
psychologische
Betreuung durch die jeweilige Gebietskrankenkasse bezahlt wird, übernimmt
lediglich die
Wiener Gebietskrankenkasse aber nicht die
Niederösterreichische Gebietskrankenkasse die
Bezahlung der Behandlungskosten bei Kindern. Diese Differenzierung liegt
außerhalb des
Einflussbereiches des BM.I.
zu
Frage 14.)
Gemäß der Bundesbetreuungsverordnung - BBetrVO BGBl.Nr.
31/1992, § 7 (1) idgF wird
Taschengeld nach
Ablauf des ersten vollen Kalendermonats in der Bundesbetreuung
ausbezahlt. Das Taschengeld beträgt für alle Asylwerber 40 € monatlich.
zu Frage 15.)
Für den Kalendermonat
November 2003 betrugen die Aufwendungen € 336.000,-
Für den Kalendermonat Dezember 2003 betrugen die Aufwendungen € 333.600,-
Für den Kalendermonat
Jänner 2004 betrugen die Aufwendungen € 350.800,-
zu Frage 16.)
Gemäß
dem Bundesbetreuungsgesetz § 7 (2) idgF wird das Taschengeld jeweils für
höchstens zwei Monate an jene
Bundesbetreuten ausbezahlt, die persönlich anwesend sind,
ihre Betreuungskarte vorweisen und die Übernahme bestätigen.
Im
Kalendermonat Oktober 2003 verzögerte sich die Anweisung der - durch den
Magistrat
der Stadt Wien zur Auszahlung zu gelangenden - Taschengeldbeträge in Höhe €
17.400,-
um etwa 14 Tage - hier hat es sich um einen Einzelfall gehandelt.
zu
Frage 17.)
Gemäß der
Bundesbetreuungsverordnung - BBetrVO BGBl.Nr. 31/1992, § 7 (3) wird
Asylwerbern kein Taschengeld gewährt, die über eigene Einkünfte, Zuwendungen
von dritter
Seite oder Vermögen (z.B. Kraftfahrzeug)
verfügen. Seitens des Bundesministeriums für
Inneres wird unbeschadet der genannten Umstände bei der Zuerkennung des
Taschengeldes in der Praxis eher großzügiger als restriktiv vorgegangen.
zu
Frage 18.)
Mit
Stichtag 29. März 2004 wurden im Zeitraum 1. Oktober 2003 bis 29. März 2004
414 Asylwerber aus der Bundesbetreuung entlassen und 197 aus der
Bundesbetreuung
verwiesen. Statistische Aufzeichnungen über
die Gründe des Verweises aus der
Bundesbetreuung werden aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht
geführt.
zu
Frage 19.)
Mit Stichtag 1.2.2004 waren 7129 Asylwerber in Gasthöfen
untergebracht. Die Bereitstellung
derart detaillierter
Daten stellt einen unverhältnismäßig hohen bürokratischen
Verwaltungsaufwand dar und kann daher in
der zur Verfügung stehenden Zeit nicht erfolgen.