1622/AB XXII. GP

Eingelangt am 01.06.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Wirtschaft und Arbeit

 

Anfragebeantwortung

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 1640/J betreffend
Bekämpfung der illegalen Beschäftigung, welche die Abgeordneten Heidrun Silhavy,
Kolleginnen und Kollegen am 01. April 2004 an mich richteten, stelle ich fest:

Vorweg wird darauf hingewiesen, dass in der Anfrage die Begriffe „illegale Beschäfti-
gung von Ausländern", „Schwarzarbeit", „Schattenwirtschaft" nebeneinander ver-
wendet werden. Diese Begriffe sind natürlich nicht deckungsgleich. Bei der Beant-
wortung der Fragen 7 und 8 muss also unter Bezugnahme auf die Fragestellung von
„Schattenwirtschaft" insgesamt, also nicht nur von „Schwarzarbeit" oder der „illegalen
Beschäftigung von Ausländern" die Rede sein. Definitorisch folgt das Ressort hier
der „Statistik Austria".

Antwort zu den Punkten 1 bis 6 der Anfrage:

Hinsichtlich dieser Fragen weise ich darauf hin, dass die Bekämpfung der illegalen
Ausländerbeschäftigung mit 1. Juli 2002 auf die Zollbehörde übertragen wurde. Wie
sich auch aus der Vollzugsklausel des § 35 Z 3 AusIBG ergibt, fällt die Kontrolltätig-
keit daher in den Vollziehungsbereich des Bundesministeriums für Finanzen.


Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

Der Anteil der Schattenwirtschaft, gemessen in Prozent am gesamten Bruttoinlands-
produkt (BIP), wird von der Statistik Austria auf 3,65 % (im Jahr 2001) eingeschätzt,
was einer Summe von € 7,75 Mrd. entspricht. Dieser Prozentanteil setzt sich aus
„Ohne Rechnung"-Geschäften in der Höhe von 1,58 Prozentpunkten (€ 3,35 Mrd.),
Trinkgeldern in der Höhe von 0,41 Prozentpunkten (€ 884 Mio.) sowie Schwarzarbeit
und Eigenleistungen in der Höhe von 1,65 Prozentpunkten (€ 3,51 Mrd.) zusammen.

Bei „Schattenwirtschaft" handelt es sich nicht nur um illegale Beschäftigung. So sind
etwa Trinkgelder oder Eigenleistungen bei der Schaffung oder Renovierung von
Wohnraum keineswegs illegal, aus der Sicht der volkswirtschaftlichen Gesamt-
rechnung aber als nicht registrierte Aktivitäten sehr wohl Teil der Schattenwirtschaft.

Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:

Ja.

Einige Beispiele sind:

Ø      KASSBERGER,   Ferdinand;   SCHWARZL,   Reinhold,  Zur Vollständigkeit der
BIP/BSP- Berechnungen (Statistische Nachrichten 2/2000 (in akt. Fassung))

Ø      BIFFL, Gudrun, 2002, Labour market flexibility: The role of the informal sector in
the context of EU enlargement and the need for a systematic statistical base,
(WIFO-Working Paper 190, 2002)

Ø      SCHNEIDER,  Friedrich;  ENSTE,  Dominik,  Schattenwirtschaft und  Schwarz-
arbeit: Umfang, Ursachen, Wirkungen und wirtschaftspolitische Empfehlungen;
Wien,  München 2000.  [Hier insbesondere beachtlich die Erklärung des so
genannten „Bargeldansatzes", die Schneider zu seiner wesentlich höheren -
umstrittenen   -   Einschätzung  des  Schattenwirtschaft-Anteils  am   BIP   bringt
(Österreich 2000 10,52 %)].


Ø      SCHNEIDER,  Friedrich;  Die  Entwicklung der Schattenwirtschaft (Pfusch)  in
Österreich   und   in   den   Bundesländern   Niederösterreich,   Oberösterreich,
Steiermark und Tirol in den Jahren 1990 bis 2003, Linz 2003.

Ø      WALTHER,   Herbert;   Bekämpfung  der  Schattenwirtschaft  durch  steuerliche
Anreize? (Wien, Wirtschaft und Gesellschaft, Heft 1, 2003)

Ø      ENSTE, Dominik; Ursachen der Schattenwirtschaft in den OECD-Staaten, Köln
2003

Ø      RENOOY, Piet, IVARSSON, Staffan, et al., Undeclared work in an enlarged
Union, (Draft Final report of the project An Analysis of Undeclared Work: An In-
Depth Study of Specific Items, Amsterdam/Malmö 2004)

Antwort zu den Punkten 9 und 10 der Anfrage:

Selbstverständlich ist mir die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung sowohl ein
arbeitsmarkt- als auch ein wirtschaftspolitisches Anliegen.

Dementsprechend wurden auch die Rahmenbedingungen für eine effiziente Kon-
trolle der illegalen Ausländerbeschäftigung in den letzten Jahren wesentlich verbes-
sert. Vor allem anlässlich der Übertragung der Kontrollagenden an das Bundesmi-
nisterium für Finanzen im Rahmen des Konjunkturpakets 2002 wurde eine Reihe
zusätzlicher Maßnahmen beschlossen.

Durch die Übertragung der 38 Planstellen von davor mit diesen Kontrollen befassten
Bediensteten der Arbeitsinspektion aus meinem Ressort in das Bundesministerium
für Finanzen konnten die personellen Kapazitäten auf insgesamt 93 erweitert wer-
den. Wie mir der Bundesminister für Finanzen mitteilt, wurden mit 1. Mai 2004 die
KIAB-Kontrollorgane auf 186 aufgestockt, auch im Bereich der Finanzämter werden
noch im Jahr 2004 weitere Kapazitäten für die Bekämpfung des Schwarzunterneh-
mertums geschaffen.

Mit der Übertragung der Kontrollkompetenzen wurden auch die Strafen für die Über-
tretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz deutlich erhöht. Die Zollorgane
wurden zudem ermächtigt, bei Gefahr im Verzug an Stelle der Organe des öffentli-
chen Sicherheitsdienstes Ausländer zum Zweck der Identitätsfeststellung und zur
Übergabe an die nächste Sicherheitsdienststelle vorübergehend festzunehmen.


Darüber hinaus wurden die gegenseitigen Informations- und Anzeigeverpflichtungen
aller zuständigen Behörden im Wege der erweiterten Amtshilfe im Ausländerbe-
schäftigungsgesetz deutlich ausgeweitet, um so alle Erscheinungsformen der illega-
len Beschäftigung - im Arbeitsrecht, im Gewerberecht, im Sozialversicherungsrecht
und im Abgabenrecht - ebenso wie Gesetzesverletzungen im Gesundheits- und
Umweltschutzrecht wirksam bekämpfen zu können.

Diese gesetzlichen Maßnahmen haben auch zu einer Steigerung der Effektivität der
Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung geführt.

Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:

Derzeit sehe ich keine Notwendigkeit für weitere gesetzliche Maßnahmen zur
Bekämpfung der illegalen Beschäftigung.

Antwort zu Punkt 12 der Anfrage:

Schon bisher hat die Europäische Union verschiedene Maßnahmen gegen die
Schwarzarbeit gesetzt, so etwa im Zusammenhang mit der Stärkung des
Unternehmergeistes oder der sozialen Verantwortung der Unternehmen. 1998 wurde
von der Europäischen Kommission eine „Mitteilung zur nicht angemeldeten
Erwerbstätigkeit" (COM (98)-219) erlassen, die eine Analyse des informellen
Arbeitsmarktes enthält und eine Abschätzung der Folgen unternimmt. Im Jahr 2003
erhielten diese Aktivitäten im Zuge der Reform der Europäischen Beschäftigungs-
strategie eine neue Qualität: Mit dem Beschluss des Rates vom 22. Juli 2003 über
die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten wurde
eine spezifische Leitlinie zur Überführung von nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit in
reguläre Beschäftigung neu in dieses Programm aufgenommen. Im Zuge dieser
gemeinsamen Vorgangsweise verpflichten sich die Mitgliedstaaten, entsprechende
Maßnahmen zu setzen und jährlich über die Fortschritte zu berichten. Die Leitlinie 9
im Rahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie lautet:


„Die Mitgliedstaaten sollten umfassende Aktionen und Maßnahmen zur Beseitigung von nicht
angemeldeter Erwerbstätigkeit ausarbeiten und durchführen, die die Vereinfachung des Un-
ternehmensumfeldes, die Beseitigung von Hemmnissen und die Schaffung geeigneter Anreize
in den Steuer- und Sozialleistungssystemen, den Ausbau der Strafverfolgungskapazitäten und
die Anwendung von Sanktionen verknüpfen. Sie sollten die erforderlichen Anstrengungen auf
nationaler und auf Ebene der Europäischen Union unternehmen, um das Ausmaß des
Problems und die auf nationaler Ebene erzielten Fortschritte erfassen zu können. "

Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:

Eine vollständige Liste der Maßnahmen aller EU-Mitgliedstaaten findet sich in den
Nationalen Aktionsplänen für Beschäftigung 2003 jeweils unter Leitlinie 9 (siehe
Homepage der Europäischen Union
http://www.europa.eu.int/comm/employment
social/emplovment strateqy/national de.htm).