1685/AB XXII. GP

Eingelangt am 30.06.2004
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

GZ 04 0502/96-I/4/04

 

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

Wien, 30. Juni 2004

Sehr geehrter Herr Präsident!

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1680/J vom 30. April 2004 der Abgeordneten Mag. Christine Lapp und Kollegen, betreffend Umsetzung der EU-Richtlinie "Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen", beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass es für das Bundesministerium für Finanzen eine Selbstverständlichkeit ist, bei der Behandlung von Frauen und Männern jede Diskriminierung zu vermeiden und Vorurteilen gegen eine Gleichbehandlung keinen Platz einzuräumen. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die Ausführungen bei den einzelnen Anfragepunkten zu verstehen.

 

Zu 1.:

Am 5. November 2003 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen vorgelegt.

 

Dieser Vorschlag wird derzeit in der Ratsarbeitsgruppe "Sozialfragen" unter Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit verhandelt. Die Annahme der Richtlinie durch den Rat muss mit Zustimmung aller 25 Mitgliedstaaten erfolgen. Derzeit ist nicht abzusehen, ob und wann die Richtlinie vom Rat angenommen werden kann.

 

Zu 2.:

Österreich hat nach einem umfassenden Konsultationsprozess eine Positionierung vorgenommen, welche auch in der Ratsarbeitsgruppe eingebracht wurde. Es wird darin das Bekenntnis zur Förderung der Gleichbehandlung der Geschlechter unter Berücksichtigung objektiv und sachlich gerechtfertigter Gesichtspunkte ausgesprochen.

 

Der Diskussionsprozess innerhalb der Ratsarbeitsgruppe ist noch nicht abgeschlossen. Hinsichtlich der versicherungsmathematischen Grundlagen soll  eine riskoadäquate Berücksichtigung unterschiedlicher Merkmale dann möglich sein, wenn dies aufgrund allgemein anerkannter statistischer Erfahrungswerte geboten ist. Generell ist zu bemerken, dass es sich bei der Versicherungsaufsicht um kein Modell der Wirtschaftslenkung handelt, in welchem direkte Eingriffe in die Preisgestaltung zulässigerweise vorgesehen sind. In diesem für das Funktionieren einer entwickelten Volkswirtschaft bedeutenden Bereich des Kapitalmarktes würde jeder systematische aktive Eingriff des Staates die unverzichtbare Wettbewerbssituation verfälschen und für die Gesamtheit der Versicherungsnehmer, als auch für die Volkswirtschaft selbst, negative Auswirkungen ermöglichen.

 

Bei der noch in Gang befindlichen Erarbeitung der gemeinschaftlichen Regelung sind natürlich die unterschiedlichen Rechtslagen in den Mitgliedstaaten, aber auch andere Aspekte zu bedenken. So stehen der von der Europäischen Kommission angeregten Anordnung, statt auf das Geschlecht hinkünftig auf andere Faktoren wie Lebensstil und -gewohnheiten abzustellen, um weiterhin eine risikoadäquate Tarifierung zu ermöglichen, wesentliche Bedenken hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre des Versicherungsnehmers, der Administrierbarkeit und der Kosten gegenüber. Eine diesbezügliche Interessenabwägung ist noch im Gange.

 

 

Der innerstaatliche Konsultationsprozess konnte in Österreich – im Vergleich zu den übrigen Mitgliedstaaten – sehr rasch zu einem Zwischenergebnis gebracht  werden; mit der daraus resultierenden ausgewogenen  Haltung trägt Österreich dazu bei, die Diskussion in der Ratsarbeitsgruppe voranzubringen.

 

Die Schritte zur Umsetzung werden wie üblich nach Kundmachung der Richtlinie im Amtsblatt eingeleitet.

 

Zu 3.:

Die Versicherungswirtschaft ist ebenso wie andere Beteiligte, etwa die Sozialpartner, in den nationalen Konsultationsprozess eingebunden. Österreich hat in der Ratsarbeitsgruppe gefordert, dass die Kalkulationen, die den Gesprächen der Europäischen Kommission mit der Versicherungswirtschaft zugrundelagen, offengelegt werden. Österreich wurde von der Mehrheit der Mitgliedstaaten in dieser Forderung unterstützt.

 

Zu 4. und 5.:

In der Krankenversicherung sind die Prämien auf versicherungsmathematischer Grundlage unter Verwendung von Wahrscheinlichkeitstafeln und anderen einschlägigen statistischen Daten zu berechnen. Es ist daher nicht nur gerechtfertigt sondern auch im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes – Gleiches ist grundsätzlich gleich und Ungleiches grundsätzlich ungleich zu behandeln – geboten, dass eine risikoadäquate Berücksichtigung unterschiedlicher Merkmale, die auf allgemein anerkannten statistischen Erfahrungswerten basieren, zu unterschiedlichen Prämien führen. Um sicherzustellen, dass tatsächlich nur sachlich gerechtfertigte Differenzierungen vorgenommen werden, wurde die weisungsfrei eingerichtete Finanzmarktaufsichtsbehörde geschaffen, welche ein ausreichendes Instrumentarium etwa in Form von Anordnungsbefugnissen gegenüber dem einzelnen Versicherungsunternehmen gesetzlich zur Verfügung gestellt erhielt, um allfällige Missstände rasch abzustellen.

 

Mit freundlichen Grüßen