1783/AB XXII. GP

Eingelangt am 22.07.2004
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BM für Inneres

 

Anfragebeantwortung

                             

 

GZ: 95.000/4347-III/1/b/04

 

Herrn Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas KHOL

Parlament

A-1017 WIEN

 

                      

                             

 

Wien, am    . Juli 2004

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Kößl, Ellmauer, Miedl und Kollegen haben am 27. Mai 2004 unter der Nummer 1840/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „positive Entwicklungen in der österreichischen Sicherheitspolitik´“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Entwicklung der Asylanträge seit dem Jahr 1991:

 

Jahr

Asylanträge

Jahr

Asylanträge

1991

27.306

1998

13.793

1992

16.238

1999

20.096

1993

4.744

2000

18.063

1994

5.082

2001

30.127

1995

5.920

2002

39.354

1996

6.991

2003

32.359

1997

6.719

2004 (31.Mai)

10.397

 

 

Zu Frage 2:

In der nachfolgenden Tabelle werden die jeweils 3 Antragsstärksten Nationen für den Zeitraum 2001 bis 2003 ausgewiesen. (Die in der Klammer angeführten Zahlen stellen die eingebrachten Asylanträge dar).

 

Eine Auswertung der antragsstärksten Nationen vor dem Jahr 2001 liegt dem Bundesministerium für Inneres nicht auf. Ich ersuche daher um Verständnis, wenn ich im Hinblick auf den damit verbundenen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand die Zahlen nur für den Zeitraum ab 2001 anführe.

 

           

Antragsstärksten Nationen 2001 bis 2003

2001

Afghanistan

(1.952)

Irak

(851)

Armenien

(746)

2002

Afghanistan

(6.651)

Serbien u. Montenegro

(4.723)

Irak

(4.466)

2003

Russ. Föderation

(6.706)

Türkei

(2.854)

Indien

(2.822)

           

 

Zu Frage 3:

Im Jahr 2004 wurde bis zum Monat Mai folgende Anzahl an Asylanträgen gestellt:

 

Zu Frage 4:

Mit 1. Mai 2004 trat einerseits die AsylG-Novelle 2003 in Kraft und andererseits wurde mit diesem Datum die EU-Erweiterung vollzogen.  In den letzten Jahren nahmen die Fluchtbewegungen in den gesamten EU-Raum stark zu, wobei Österreich von dieser Entwicklung am stärksten betroffen war. Seit der „EU-Erweiterung“ gelten die Beitrittsländer als sogenannte Dublinstaaten, in denen die Asylwerber bereits den notwendigen Schutz finden können.

 

 

 

Zu Frage 5:

Im Mai 2004 konnte gegenüber April 2004 bei den Asylanträgen ein Rückgang um
58 % beobachtet werden.

Es wurden im Mai 2004 in 176 Neufällen Konsultationsverfahren nach der EU-Verordnung DÜ II eingeleitet. Im Vergleich zu den durchschnittlichen Dublinübernahme-Verfahren der ersten 4 Monate des Jahres 2004 (64) wurde dieser Wert bereits im ersten Monat der AsylG-Novelle 2003 um 175 % überschritten.

Die Durchführung der Ersteinvernahmen binnen 48 bis 72 Stunden hat - so wie das gesamte neue Verfahrensrecht - zu einer erheblichen Beschleunigung des Verfahrens geführt, so dass auch positive Entscheidungen weit schneller getroffen werden können.

 

Zu Frage 6:

Dem Bundesministerium für Inneres ist es in kurzer Zeit gelungen, die für die Erstaufnahmestellen notwendigen Umbauarbeiten fertig zu stellen sowie die notwendigen Räumlichkeiten einzurichten. Beide Erstaufnahmestellen (Traiskirchen und Thalham) sind bereits entsprechend eingerichtet, um ein Funktionieren des neuen Asylsystems sicherzustellen.

 

Zu Frage 7:

Schon seit jeher bestanden zu unserem unmittelbaren Nachbarländern aufgrund der geographischen Lage und insbesondere des Umstandes, dass ein Großteil der Asylwerber über diese Staaten nach Österreich als EU–Außengrenzstaat einreiste, sehr enge Kontakte, die sich naturgemäß mit den Beitrittsbestrebungen dieser Staaten noch weiter vertieft haben.

 

Um die mit den Nachbarstaaten Ungarn, Tschechien, Slowenien und der Slowakei bestehende Zusammenarbeit weiter zu verstärken, hat Österreich mit diesen Staaten sowie mit Polen im Jahre 2001 mit den Sicherheitspartnerschaften eine neue Form der bilateralen Zusammenarbeit geschaffen  („Forum Salzburg Gruppe“).

 

Neben dem Ziel, damit tragfähige Partnerschaften für die Zeit nach dem Beitritt zu bilden, sollte diese Zusammenarbeit den Prozess der Einführung, Umsetzung und Durchführung des EU-Acquis unterstützen. Dies geschah im Asylbereich insbesondere durch die Bereitstellung von Experten und Hospitationen und hat sich auch nach dem Abschluss der Beitrittsverhandlungen fortgesetzt.

Seit 1. Mai 2004 ist von den neuen Mitgliedstaaten die Verordnung (EG) 343/2003 vom 18.02.2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist („Dublin II VO“) anzuwenden. Dies hat ebenfalls zu einer weiteren Intensivierung der Zusammenarbeit geführt.

Einerseits wollen die neuen Mitgliedstaaten, die an Österreich angrenzen, auf die  Erfahrungen Österreichs als jahrelanger EU–Außengrenzstaat bei der Anwendung des Dublin Regimes zurückgreifen und auf diesen aufbauen, andererseits ist Österreich am effektiven Funktionieren dieses Instrumentes höchst interessiert.

Dementsprechend besteht zwischen den genannten Staaten und Österreich eine über das Wesen des Dublin Regimes hinausgehende Intention zur Zusammenarbeit, die sich insbesondere durch die Entsendung von Experten zur Schulung der jeweiligen Dublin Einheit - beispielsweise nach Ungarn - und Hospitationen von Delegationen dieser Staaten beim Bundesasylamt zeigt. In den letzten Monaten wurden in jeweils einwöchigen Veranstaltungen Delegationen aus Tschechien, Polen, der Slowakei und Slowenien beim Bundesasylamt in die Materie eingeführt und steht ein solcher Besuch einer ungarischen Delegation unmittelbar bevor.

 

Zu Frage 8:

Die Durchsetzung nationaler Positionen und Interessen erfordert gerade nach der Erweiterung und der neuen Stimmgewichtung, insbesondere für ein kleines Land wie Österreich, das Eingehen von tragfähigen und stabilen Koalitionen, die erhebliches Gewicht im Meinungsbildungsprozess und Abstimmungsverfahren haben.

 

Durch den Beitritt der neuen Mitgliedstaaten findet sich Österreich in einem weiteren Verbund von Staaten, die aufgrund ihrer Größe und ihrer geographischen Nähe sehr ähnliche Interessen verfolgen. Diese Interessen und Probleme, die in der Vergangenheit von der Mehrheit der Staaten oft nicht gekannt und nicht geteilt wurden, betreffen nunmehr mehrere Staaten und nicht nur mehr alleine Österreich.

 

Zu Frage 9:

Am 15. Juli 2004 wurde die Grundversorgungsvereinbarung - Art 15a B-VG im Bundesgesetzblatt mit der Nummer BGBl I 80/2004 kundgemacht. Die rechtliche Umsetzung erfolgte bereits durch die Novellen zum Bundesbetreuungsgesetz BGBl I 32/2004. Hinsichtlich der faktischen Umsetzung gibt es derzeit intensive Arbeitsgespräche mit den Ländern.

 

 

 

 

Zu Frage 10:

Die mit den Bundesländern vereinbarte Übernahme aller in Bundesbetreuung befindlichen Asylwerber, so genannte „Altfälle“, in einem ungefähren Zeitrahmen von zwei Monaten in die jeweilige Grundversorgung, ist weiterhin nicht vollständig umgesetzt. Der derzeitige Stand der „Altfälle“ beläuft sich mit Ende Juni 2004 auf 836 Personen, hievon 636 in der Erstaufnahmestelle Traiskirchen, 146 in der Betreuungsstelle Bad Kreuzen und 54 in der Betreuungsstelle Reichenau.

 

Zu Frage 11:

In den Jahren 1992 bis 2003 befand sich folgende Anzahl von Asylwerbern in Bundesbetreuung:

 

Stichtag 01.07.

bundesbetreute Asylweber

1992

11.945

1993

4.438

1994

673

1995

1.099

1996

1.197

1997

755

1998

688

1999

3.538

2000

2.666

2001

3.085

2002

5.670

2003

6.757

 

Zahlen aus dem Jahr 1991 sind nicht abrufbar, da das Asylinformationssystem erst im Jahre 1992 vollständig eingerichtet worden ist. Die Balkankrise im Jahr 1992 führte zu der auffallend hohen Zahl der in Bundesbetreuung befindlichen Asylwerber in diesem Jahr.

 

Zu Frage 12:

Im Jahr 2004 befand sich von Jänner bis April folgende Anzahl von Asylwerbern in Bundesbetreuung:

 

 

 

 

Seit Anwendung der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG kann folgende Entwicklung beobachtet werden:

 

 

Zu Frage 13:

Durch die politische Einigung zur Richtlinie für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft  („Asylverfahrensrichtlinie“) beim Rat für Justiz und Inneres am 29. April 2004 wurde der erste Schritt hin zu einem gemeinsamen europäischen Asylsystem verwirklicht.

Weitere legislative Bausteine für diese erste Phase waren die bereits zuvor angenommene „Dublin II Verordnung“, für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Staates, die „Aufnahmerichtlinie“, zur Schaffung von gemeinsamen Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern und die „Statusrichtlinie“, die gemeinsame Mindeststandards zur Zuerkennung und die Merkmale der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus enthält.

In der zweiten Harmonisierungsstufe sollen nach den Schlussfolgerungen von Tampere vom Oktober 1999 in der Folge, aufbauend auf diese erste Phase, die Regeln der Gemeinschaft zu einem gemeinsamen Europäischen Asylsystem und einem unionsweit geltenden einheitlichen Status für diejenigen, denen Asyl gewährt wird, festgelegt werden.

Im Hinblick darauf war es immer das österreichische Ziel bei den Verhandlungen zu den genannten Rechtsakten, dazu beizutragen, dass für diese zweite Phase ein möglichst gutes Fundament durch den Abbau unterschiedlicher Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten geschaffen wird. Dies insbesondere, um den Anreiz für Asylwerber innerhalb der EU weiter zu wandern bzw. sich ein bestimmtes Zielland auszusuchen, einzuschränken. 

Neben der Verwirklichung dieses allgemeinen Zieles durch das Zusammenspiel der „Dublin II VO“ mit den anderen Rechtsvorschriften ist besonders hervorzuheben, dass die Ausdehnung über einen über die Kernfamilie (Eltern ggf Vormund, Eheleute und unverheiratete mj Kinder) hinausgehenden Familienbegriff  vermieden werden konnte.

Bei der „Asylverfahrensrichtlinie“ ist jedenfalls die gemeinsame Liste „sicherer Herkunftsstaaten“ und die gemeinsame Liste „super sicherer Drittstaaten“ hervorzuheben.

Diese beiden Konzepte wurden von den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich gehandhabt.  Maßgeblich aufgrund österreichischer Initiative wird es in Zukunft eine gemeinsame europäische Liste „sicherer Herkunftsstaaten“ und „super sicherer Drittstaaten“ geben. Dadurch wird einerseits Klarheit für den Asylwerber und andererseits eine einheitliche Vorgangsweise sichergestellt werden.

Hinsichtlich der „Statusrichtlinie“ ist festzuhalten, dass entgegen dem Vorschlag der Europäischen Kommission, der bei der Mehrheit der Bestimmungen, die die Rechte normieren, von der Gleichstellung von Flüchtlingen und Personen mit subsidiärem Schutz ausging, eine solche generelle Gleichstellung vermieden werden konnte.

Die österreichische Position, wonach diese zwei Gruppen unterschiedliche Voraussetzungen erfüllen und deshalb auch eine Unterscheidung der diesen zukommenden Rechte gegeben sein muss, konnte durchgesetzt werden. Dabei ist im Besonderen auf die nunmehrige Unterscheidung beim Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen hinzuweisen.

Auch die „Aufnahmerichtlinie“ reiht sich in das zuvor bereits erwähnte Gesamtkonzept ein und sollen die Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern in den Mitgliedstaaten entsprechend der österreichischen Position eine Angleichung der Lebensbedingungen von Asylwerbern in allen Mitgliedstaaten bewirken, um die Sekundärmigration zu begrenzen. 

 

Dabei konnte insbesondere durchgesetzt werden, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt für diese Personengruppen den Mitgliedstaaten überlassen bleibt.

Bei der Dublin II Verordnung, die die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates beinhaltet, der für die Prüfung eines Asylantrages zuständig ist, wird im besonderen auf die Verkürzung der Fristen, die Reihenfolge der Zuständigkeitskriterien und die nunmehr vorgesehene Nutzung der elektronischen Möglichkeiten für die Datenübermittlung (DubliNet) hingewiesen.

 

Zu Frage 14:

Ausgehend von der richtlinienkonformen Umsetzung der genannten Rechtsakte in die nationalen Rechtsordnungen und die effektive Anwendung der Dublin II Verordnung (samt EURODAC Verordnung) ist davon auszugehen, dass alle genannten Instrumente ihren Beitrag zur Reduktion der Asylwerberzahlen in Österreich leisten werden.

Unmittelbare Auswirkungen auf die Asylantragszahlen sind von der Anwendung der Dublin II Verordnung seit 1. Mai 2004 durch die neuen Mitgliedstaaten, insbesondere durch die Nachbarstaaten Österreichs, zu erwarten.

Mittelfristig werden in Folge der Umsetzung der Aufnahme-, Status- und Verfahrensrichtlinie weitere Unterschiede in den Asylsystemen der Mitgliedstaaten abgebaut werden, wodurch auch für die Asylwerber der Anreiz ihr Asylverfahren in Österreich zu erhalten, nicht mehr im heutigen Umfange gegeben sein dürfte.

 

 

Zu Frage 15:

Nachdem das mit 1. Mai 2004 erfolgte Inkrafttreten von Schengen II in keinem Zusammenhang mit der Zurückweisung von Asylwerbern steht, liegen hierüber naturgemäß auch keine Zahlen vor.

Im Übrigen verweise ich auf die Beantwortung zu den Fragen 5 und 16 verweisen.

 

Zu Frage 16:

Es zeigte sich bereits im ersten Monat der Vollziehung der AsylG-Novelle eine Steigerung der internationalen Treffer nach dem System von EURODAC: Lag der monatliche Durchschnitt an internationalen Treffern im 1. Jahr von EURODAC (15.01.2003 – 15.01.2004) noch bei 31 Treffern, und zeigte sich bereits in den ersten 4 Monaten des Jahres eine Steigerung auf durchschnittlich 75,5 Treffer/Monat, ergaben bereits die ersten 30 Tage des Mai 2004 eine Anzahl von 167 Treffern im EURODAC-System.

 

Zu den Fragen 17 und 18: 

Die Erweiterung der Europäischen Union bietet Österreich die Möglichkeit, gemeinsam mit den neuen EU-Staaten alle Formen grenzüberschreitender Kriminalität effizienter zu bekämpfen. Kriminalitätsformen wie Geldwäsche, Drogenhandel und Menschenhandel können von Österreich nicht mehr alleine bekämpft werden. Die Erweiterung bedeutet daher einen Zugewinn an Sicherheit für die österreichischen Bürger, da die polizeiliche Zusammenarbeit mit diesen Staaten  intensiviert und verbessert werden kann.

 

Für die Vorbereitung auf ihre künftige Teilnahme am Schengener Informationssystem setzen die östlichen Nachbarstaaten ehrgeizige Maßnahmen, um ihre Außengrenzen wirksamer zu sichern und die Polizeikooperation mit den Schengen-Staaten auszubauen. Der Ansporn für diese Anstrengungen der Nachbarstaaten liegt unter anderem darin, dass die Grenzkontrollen zu den neuen EU-Staaten erst dann aufgehoben werden, wenn diese ihre eigenen östlichen Außengrenzen entsprechend abgesichert und ihre Sicherheitsbehörden dem Standard in der EU angepasst haben.

 

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass die EU den östlichen Nachbarstaaten auch nach ihrem Beitritt weiterhin massive finanzielle Unterstützung bei der verbesserten Sicherung der künftigen EU-Grenzen zu Osteuropa und dem Balkan leistet. Diese Geldmittel werden für den Ausbau von Grenzposten, den Kauf von Fahrzeugen und Hubschraubern, Ausrüstungsgegenstände wie Nachtsichtgeräte oder Computer und die Ausbildung der Polizisten und Grenzsoldaten aufgewendet.

Die Kriminalitätsentwicklung hat sich seit dem Beitritt der östlichen Nachbarstaaten nicht signifikant verändert, insbesondere eine von vielen herbeigeredete Kriminalitätswelle ist bisher ausgeblieben.

Im Bereich der Schlepperkriminalität hat sich seit dem ersten Mai 2004 ein bemerkenswerter Rückgang gezeigt. Während im April 2004 noch täglich im Durchschnitt 128 illegale Migranten aufgegriffen wurden, belief sich diese Zahl im Mai 2004  nur mehr auf 66 Aufgriffe täglich. Die von der Slowakei und Ungarn gemeldeten Zahlen der Aufgriffe von illegalen Migranten, die von einem Grenzübertritt nach Österreich abgehalten wurden, zeigen dagegen eine steigende Tendenz. Daraus folgt, dass der Migrationsdruck nicht grundsätzlich nachgelassen hat, sondern die Polizeien der neuen Mitgliedstaaten ihre Verpflichtung zur Grenzsicherung ernst nehmen und  bei der Bekämpfung der Schlepperkriminalität zunehmend besser werden. 

Auch wenn die weitere Entwicklung aufgrund des kurzen Beobachtungszeitraums nur schwer abgeschätzt werden kann, gibt die Entwicklung im Bereich der Bekämpfung der Schlepperkriminalität berechtigte Hoffnung, dass auch in anderen Kriminalitätsformen die ständige Weiterentwicklung der Polizeien der östlichen Nachbarstaaten zu mehr Sicherheit für Österreich und Westeuropa führen wird. Bis zu Erreichung der notwendigen Standards sollte die Personenkontrolle an der heutigen Schengengrenze jedenfalls aufrecht bleiben.

Weiters ist zu betonen, dass ein wesentliches Element bei der Zusammenarbeit mit den neuen Mitgliedsstaaten die mit dem Forum Salzburg 2001 begonnenen Sicherheitspartnerschaften mit Ungarn, Tschechien, Slowenien, der Slowakei und mit Polen waren. Ein prägender Leitsatz in diesem Zusammenhang war der Satz, dass „mehr Sicherheit in der Region auch mehr Sicherheit für Österreich“ bedeutet. Zentrales Ziel dieser Initiative war es seit Beginn, den hohen Standard der inneren Sicherheit zu erhalten und-  wo möglich – noch weiter auszubauen.

Mit dem Forum Salzburg 2002 wurde dann dieser begonnene Dialog in den Bereichen der polizeilichen Zusammenarbeit, der Grenzkontrolle, der Bekämpfung der illegalen Migration und der Schlepperei, des Asylwesens und vor allen der Errichtung einer Europäischen Grenzpolizei im Sinne eines europäischen integrierten Grenzmanagements weiter vertieft. Darüber hinaus wurde  zwischen den teilnehmenden Ländern des Forums Salzburg 2003 ein Konsultationsmechanismus zur Vorbereitung von Beschlussfassungen in diversen Eu-Gremien (einschließlich des Rates der Justiz- und Innenminister) vereinbart und hat damit die Zusammenarbeit eine völlig neue Dimension erreicht.

Im Hinblick auf den von diesen Staaten angestrebten Schengen-Beitritt wurde auch begonnen,  die Zusammenarbeit an der gemeinsamen Grenze weiter zu intensivieren, wobei folgende Schwerpunkte verfolgt  werden:

 

Ø        Intensivierung der Zusammenarbeit durch schwerpunktmäßige Abstimmung der Grenzüberwachung

Ø        Optimierung der Grenzkontrolle

Ø        Einrichtung von gemeinsamen kriminalpolizeil. Ermittlungsgruppen

Ø        Gemeinsame Schwerpunktmaßnahmen mit gemeinsamer Einsatzleitung

Ø        Gegenseitige Hospitationen und Intensivierung der Arbeitspartnerschaften

Ø        Errichtung von Kontaktbüros an der gemeinsamen Grenze als neue Form der polizeilichen Zusammenarbeit

Ø        Durchführung eines strukturierten Datenaustauschs in den Bereichen Asyl und Migration

Ø        Rascher Abschluss von Staatsverträgen über polizeil. Zusammenarbeit

Ø        Enger Informationsaustausch über Fragen der EU

Ø        Ständige Evaluierung

 

Österreich leistet seinen östlichen Nachbarstaaten insbesondere durch regelmäßige Spezialseminare und Workshops wertvolle Hilfe beim Aufbau der nationalen SIRENE- und Europol-Dienststellen. Künftige Mitarbeiter dieser Dienststellen werden an Hand von konkreten Fällen auf ihre praktische Arbeit eingeschult. Ein weiteres Mittel, die neuen EU-Staaten möglichst rasch an die Schengen Standards heranzuführen, besteht im Abschluss bilateraler Abkommen. So wurden mit der tschechischen Republik, Slowenien, Slowakei und Ungarn Übereinkommen ausverhandelt, die teilweise Regelungen enthalten, die bereits die Anwendung von Kooperationsmechanismen vorsehen, die auch im Schengener Durchführungsübereinkommen (grenzüberschreitende Observation und Nacheile, gemeinsame Ermittlungsteams und Streifen, gemeinsame Ausbildungsveranstaltungen) enthalten sind.

 

 

Zu Frage 19:

Das österreichische Bundeskriminalamt unterstützt die Polizei der Tschechischen Republik bei der Übernahme des österreichischen Anti-Gewaltprogramms „Out – die Außenseiter“. Dabei werden Know-how in der Präventionsarbeit mit Jugendlichen und Erfahrungen bei der Erstellung des Begleitmaterials bzw. das Begleitmaterial selbst zur Verfügung gestellt. Österreich soll im Zuge der Zusammenarbeit auch von den Erfahrungen der tschechischen Polizei profitieren.

Darüber hinaus war Österreich im Dezember 2003 das erste EU-Mitgliedsland, das die neuen Mitglieder zu einer Tagung der EUCPN-Untergruppe „Youth Crime“ einlud und in die Diskussionen einbezog. Dabei wurden erste Kontakte für die künftige Zusammenarbeit geknüpft.

 

 

Zu Frage 20:

Österreich wird im Rat der Innen- und Justizminister folgende Schwerpunkte in der Kriminalitätsbekämpfung setzen:

Zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität wird eine Stärkung des Konzeptes "Intelligence Led Policing Systems", d.h. eines problemorientierten, proaktiven polizeistrategischen Handelns auf der Basis von operativen und strategischen Analysen (Risikobewertungen, Bedrohungsanalysen) angestrebt. Des Weiteren ist die bessere Nutzung und Koordination aller Instrumentarien zur internationalen polizeilichen Zusammenarbeit, wie Europol, Eurojust, Olaf, EMCDDA (Europäische Drogenbeobachtungsstelle in Lissabon), sowie mit den Drittstaaten ein weiterer prioritärer Schwerpunkt Österreichs im JI - Rat.

Die effiziente Bekämpfung  des Frauen- und Drogenhandels, der Geldwäsche sowie aller Formen der transnationalen Organisierten Kriminalität sind prioritäre Ziele des Innenressorts. Zur Erreichung dieser Ziele wurden Initiativen gesetzt, die eine verbesserte Vernetzung der Daten der europäischen Polizeidienststellen herbeiführen sollen um die Kommunikation und den Informationsaustausch zu verbessern und zu beschleunigen. Darüber hinaus ist es ein wichtiges Vorhaben, gemeinsam mit den neuen Mitgliedstaaten die Kooperation mit den neuen Nachbarstaaten der EU im Osten, wie der Ukraine, Weißrussland, Rumänien und Bulgarien wesentlich zu intensivieren, um die Kriminalitätsbekämpfung bereits außerhalb der neuen EU-Außengrenze zu optimieren und einen weiteren Sicherheitsgürtel rund um die EU zu ziehen.

Weiters hat der Rat der Justiz und Innenminister anlässlich seiner Tagung vom 28./29.05.2001 die Errichtung des Europäischen Netzwerkes zur Kriminalprävention beschlossen. Dieses Netzwerk stellt den Höhepunkt einer jahrelangen internationalen Entwicklung der Kriminalprävention von der sicherheitspolizeilichen und sicherheitstechnischen Verbrechensvorbeugung bis hin zur gesamtgesellschaftlichen Konzeption dar.

Erfahrungen haben gezeigt, dass die Problemstellungen einer umfassenden Strategie zur Verbrechensvorbeugung auf Grund der Vielschichtigkeit der Materie  nur in der Form interdisziplinärer und institutionsübergreifender Zusammenarbeit unter Einbeziehung von Wissenschaft, Privatsektor und Nichtregierungsorganisationen effizient bewältigt werden können.

Im Rahmen der geplanten Evaluierung des Netzwerkes Ende dieses Jahres werde ich mich für die Weiterentwicklung des Europäischen Netzwerkes für Kriminalprävention, inbesonders für die Schaffung einer eigenen Rechtspersönlichkeit stark machen. Schwerpunkte der Arbeiten im Europäischen Netzwerk für Kriminalprävention sollen weiterhin die Prävention von Jugendkriminalität, Kriminalität in Städten sowie Drogenkriminalität sein. Mein Ressort wird sich dafür einsetzen, dass vor allem für diese Bereiche gemeinsame Mindeststandards entwickelt werden. Ziel sollte die Entwicklung einer Projektdatenbank sein, bei der Präventionsprojekte dokumentiert werden, die einen Modell und Empfehlungscharakter haben, so dass diese  „best praxis“  allen Mitgliedsländern zur Verfügung gestellt werden kann.