1785/AB XXII. GP

Eingelangt am 22.07.2004
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

GZ. 10000/46-CS3/04      DVR 0000175

 

An den

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017   W i e n

 

 

Wien,   21. Juli 2004

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1803/J-NR/2004 betreffend die nach wie vor offene Ausschreibung hinsichtlich des Betriebs von zwölf Nebenbahnen, die die Abgeordneten Eder und GenossInnen am 26. Mai 2004 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Frage 1:

Wie viele Angebote Privater wurden bei der SCHIGmbH. hinsichtlich des Betriebs der genannten Nebenbahnen abgegeben?

 

Antwort:

Für die in der Anfrage angesprochenen (jedoch nicht vollständig aufgezählten) zwölf Nebenbahnen sind mit Stand 23. Mai 2001 von sechs privaten Interessenten (zwei österreichische Privatbahnunternehmen, ein österreichisches Unternehmen, ein Verein, zwei Privatpersonen) folgende Interessensbekundungen eingegangen:

 

 

Nebenbahnstrecke

Interesse an öffentlichem Eisenbahn-verkehr *

Interesse an nicht-öffentlichem Eisenbahn-verkehr

Weitersfeld – Drosendorf (Niederösterreich)

1 (IS+GV+PV)

1

Göpfritz – Raabs (Niederösterreich)

1 (IS+GV+PV)

-

Siebenbrunn-Leopoldsdorf – Engelhartstetten (Niederösterreich)

1 (IS+GV+PV)

-

Ernstbrunn – Mistelbach (Niederösterreich)

1 (IS+GV+PV)

-

Poysdorf – Dobermannsdorf (Niederösterreich)

1 (IS+GV+PV)

-

Gmünd – Groß Gerungs (Niederösterreich)

1 (IS+GV+PV)

-

Gmünd – Litschau (Niederösterreich)

1 (IS+GV+PV)

1

Freiland – Türnitz (Niederösterreich)

1 (IS+GV+PV)

-

Wietersdorf – Hüttenberg (Kärnten)

1 (IS +GV)

-

St. Paul – Lavamünd (Kärnten)

2 (IS+GV+PV)

-

Mürzzuschlag – Neuberg Ort (Steiermark)

2 (IS+GV+PV)

1

Rohr – Bad Hall (Oberösterreich)

-

1

*IS: Erhaltung und Betrieb der Infrastruktur

 GV: Güterverkehr

 PV: Personenverkehr

 

Fragen 2 bis 4:

Warum ist es zu keinem Abschluss mit einem privaten Betreiber gekommen?

 

Wären die privaten Betreiber in der Lage gewesen, den Betrieb auf den genannten Nebenbahnen kostengünstiger sicherzustellen als die ÖBB?

 

Wenn nicht, warum gibt man die gemeinwirtschaftlichen Leistungsanteile, welche private Anbieter fordern, nicht gleich den ÖBB? Was spricht dagegen?

 

Antwort:

Gemäß der geltenden Rechtsgrundlage ist für die Einstellung von Bahnen § 29 (1) Eisenbahngesetz maßgebend: "Auf Antrag des Eisenbahnunternehmens hat die Behörde, abgesehen von einer betriebsbedingten Einstellung ... die vorübergehende oder dauernde Einstellung einer Eisenbahnstrecke bzw. eines -streckenteiles  zu bewilligen, wenn seine Weiterführung dem Eisenbahnunternehmen wirtschaftlich nicht mehr zugemutet werden kann.

Die Bewilligung zur dauernden Einstellung darf nur erteilt werden, wenn Bemühungen des antragstellenden Unternehmens um eine Übernahme der Eisenbahnstrecke bzw. des

–streckenteiles zu kaufmännisch gerechtfertigten Bedingungen erfolglos blieben; zur Überprüfung dessen kann die Behörde erforderlichenfalls eine öffentliche Interessentensuche veranlassen. Vor der Erteilung von Bewilligungen ist der Landeshauptmann, sofern er nicht selbst zuständig ist, anzuhören."

 

Grundsätzlich gibt es dazu folgende alternative Vorgangsweisen:

 

Die ÖBB stellen nur den Güterverkehr oder den Personenverkehr ein

Dadurch würden freie Zugtrassen zur Verfügung stehen. Durch den freien Netzzugang für Dritte können die freien Zugtrassen von anderen konzessionierten Eisenbahnverkehrsunternehmen genutzt werden. Die Länder oder sonstige Interessierte können Verkehrsdienstverträge mit diesen neuen Eisenbahnverkehrsunternehmen abschließen und bestimmte Leistungen gegen Bezahlung in Auftrag geben.

 

Die ÖBB stellen den Gesamtverkehr und den Betrieb der Infrastruktur ein

Diese Einstellung unterliegt den Bestimmungen des § 29 Eisenbahngesetz, d.h. die ÖBB müssen einen Einstellungsantrag bei der Eisenbahnbehörde stellen. Nach entsprechender Prüfung kann, um den Betrieb auf einer von den ÖBB eingestellten Nebenbahnen weiterhin aufrecht zu erhalten, eine europaweite Ausschreibung durchgeführt und Interessenten für die Aufrechterhaltung des Betriebes gesucht werden. Die Vergabeprioritäten sind:

 

Betrieb der Infrastruktur und des Güter- und Personenverkehrs

Güter- und Personenverkehr

Personen- oder Güterverkehr

Anschlussbahnähnlicher Betrieb

Betrieb als Museumsbahn.

 

Der Bund würde in den ersten drei Fällen diesen neuen Eisenbahnunternehmen auch die gemeinwirtschaftlichen Leistungen analog den Regelungen für Privatbahnen zur Verfügung stellen.  Für Schüler- und Lehrlingsfreifahrten stehen Mittel aus dem FLAF zur Verfügung. Im Personenverkehr wird die Einbeziehung in die entsprechenden Verkehrsverbünde stattfinden.

 

Bei Übernahme des Betriebes der Infrastruktur würden auch für Dritte die Erhaltung der Infrastruktur gemäß dem Privatbahnunterstützungsgesetz gefördert werden. Dies bedeutet, Investitionen in die Infrastruktur werden im Schlüssel 50 : 50 / Bund : Dritte geteilt.

 

Für die Vergabe und somit dem Abschluss mit einem potentiellen privaten Betreiber wäre der Abschluss des Ausschreibungsverfahrens erforderlich. Das Bundesministerium für Finanzen hat bisher zu diesem gesetzlich vorgegebenen Verfahren keine Zustimmung gegeben.

 

Frage 5:

Ist es richtig, dass die Ausschreibungen auf Grund der zu erwartenden höheren Kosten für den Bund und von zu wenigen privaten Anbietern eingefroren wurden?

 

Antwort:

Mit Ausnahme der Bahnstrecke Rohr-Bad Hall, für welche die SCHIG mbH die Einstellung empfohlen hat, ist die unter Fragen 2 bis 4 gezeichnete Vorgangsweise einzuhalten. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass Private die gegenständlichen Leistungen günstiger erbringen.

 

Zur Bahnstrecke Rohr-Bad Hall ist anzuführen, dass nach Abschluss der von der SCHIG durchgeführten Interessentensuche und entsprechend dem dabei erzielten Ergebnis (kein Interessent für die Weiterführung eines öffentlichen Eisenbahnverkehrs und ein Interessent hinsichtlich eines nicht-öffentlichen Verkehrs) seitens der SCHIG die Empfehlung der dauernden Einstellung der gegenständlichen Strecke erfolgte. Mit Abschluss des Ermittlungsverfahrens stellte sich heraus, dass die Bemühungen um eine Übernahme zu kaufmännisch gerechtfertigten Bedingungen nachweislich erfolglos geblieben sind. Nach der letzthin eingelangten positiven Stellungnahme des Landes für die Einstellung ist seitens des bmvit beabsichtigt, die bescheidmäßige Gesamteinstellung umgehend durchzuführen.

 

Frage 6:

Wie beurteilen Sie aus den gemachten Erfahrungen mit dieser Ausschreibung die Sinnhaftigkeit privater Betreibermodelle für Nebenbahnen?

 

Antwort:

Eine abschließende Beurteilung ist aufgrund der Sachlage derzeit noch nicht möglich (siehe dazu die Ausführungen zu den Fragen 2 - 4), dennoch ist von Erfahrungen positiver Art auszugehen.

 

Mit freundlichen Grüßen