1797/AB XXII. GP

Eingelangt am 22.07.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Wirtschaft und Arbeit

 

Anfragebeantwortung

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 1863/J betreffend
Lebens- und Arbeitsbedingungen der ErntehelferInnen in Österreich, welche die Ab-
geordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen am 04. Juni 2004
an mich richteten, stelle ich fest:

Antwort zu den Punkten 1, 2, 4 und 8 der Anfrage:

Wird zwischen ausländischen Erntehelfern bzw. Erntehelferinnen und einem Arbeit-
geber ein Arbeitsvertrag in Österreich abgeschlossen, ist österreichisches Arbeits-
vertragsrecht anzuwenden. Dies ergibt sich aus den Art. 6 und 7 des Übereinkom-
mens vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwenden-
de Recht (EVÜ). Nach diesen Bestimmungen ist mangels einer ausdrücklichen
Rechtswahl auf Arbeitsverträge bzw. Arbeitsverhältnisse das Recht jenes Staates
anzuwenden, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrages gewöhnlich die
Arbeit verrichtet. Entscheidend für die Lage des gewöhnlichen Arbeitsortes ist der
örtliche Schwerpunkt der Arbeitsleistung für den jeweiligen Arbeitgeber. Ausschlag-


gebend ist dabei die Absicht der Vertragsparteien und nicht die faktische Dauer der
Arbeitsleistung.

In der Regel wird der Kollektivvertrag für die Dienstnehmer in den bäuerlichen Be-
trieben des Bundeslandes Niederösterreich zur Anwendung kommen. Da dieser kei-
ne Ausnahme für Erntehelfer und Erntehelferinnen vorsieht, ist die kollektivvertragli-
che Absicherung gegeben.

Da die Erntehelfer und Erntehelferinnen in landwirtschaftlichen Betrieben beschäftigt
werden, kommt das Landarbeitsgesetz zur Anwendung. Dieses ist nach Art. 12 B-VG
ein Grundsatzgesetz, zu dem in Niederösterreich die Niederösterreichische Landar-
beitsordnung 1973 erlassen wurde. Die Vollziehung des Landarbeitsrechts liegt aus-
schließlich bei den Ländern, der Bund hat auf Grund der verfassungsrechtlichen
Vorgaben daher keinerlei Möglichkeiten einer Einflussnahme.
Soweit mit „Inanspruchnahme der Arbeitsrechte" die Sicherstellung von vertrags-
rechtlichen Ansprüchen gemeint ist, sind derartige Ansprüche einschließlich der Fra-
ge der Entlohnung nach den Grundsätzen des österreichischen Arbeitsrechtes vor
den Arbeits- und Sozialgerichten geltend zu machen. Dies gilt gleichermaßen für Ar-
beitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit österreichischer und mit anderer Staatsbür-
gerschaft. Hilfestellung kann dabei die Niederösterreichische Landarbeiterkammer
bieten, die nach § 3 Abs. 1 Z 9 Niederösterreichisches Landarbeiterkammergesetz
zur unentgeltlichen Beratung und gerichtlichen Vertretung ihrer Mitglieder verpflichtet
ist. Seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit bestehen in Bezug auf
einzelne Arbeitsverhältnisse im Bereich des Arbeitsrechts keine Eingriffsmöglichkei-
ten. Da die Überwachung von arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften und somit
auch der arbeitszeitrechtlichen Grenzen Angelegenheit der Vollziehung ist, besteht
eine ausschließliche Zuständigkeit des Landes. Zuständig ist im vorliegenden Fall
die Niederösterreichische Land- und Forstwirtschaftsinspektion.


Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

Ausländische Erntehelfer und Erntehelferinnen sind gemäß § 5 Abs. 1 Z 13 iVm § 7
Abs. 1 Z 1 lit.f ASVG von der Pensionsversicherungspflicht ausgenommen.

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

Das Landarbeitsgesetz und in seiner Ausführung die Niederösterreichische Landar-
beitsordnung sehen umfangreiche Schutzbestimmungen zur Verhinderung von un-
zumutbaren Arbeitsbedingungen vor. Die Überwachung der Einhaltung dieser Vor-
schriften obliegt jedoch - wie bereits erwähnt - dem Land.

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass mit dem Übergang der Zuständigkeit für die
Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung von den Arbeitsinspektoraten auf die
Hauptzollämter im Juli 2002 auch die Anzahl der Kontrollorgane verdoppelt wurde,
um eine noch effizientere Überwachung des ordnungsgemäßen Einsatzes ausländi-
scher Arbeitskräfte sicherzustellen. Neben regelmäßig und koordiniert durchgeführ-
ten Kontrollen von Betrieben im Bau- und Gastgewerbe sind auch landwirtschaftliche
Betriebe, die verstärkt ausländische Arbeitskräfte einsetzen, Ziel von Kontrollen. Die
Zollbehörden, aber auch die Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices sind ver-
pflichtet, die zuständigen Behörden zu verständigen, wenn sie im Rahmen ihrer Kon-
trollen zu dem begründeten Verdacht gelangen, dass eine Übertretung arbeitsrecht-
licher, sozialversicherungsrechtlicher, gesundheits- und umweltschutzrechtlicher,
abgabenrechtlicher oder gewerberechtlicher Vorschriften vorliegt. Diese umfassen-
de, im Ausländerbeschäftigungsgesetz (AusIBG) verankerte Verständigungspflicht
erscheint ausreichend, um allen Aspekten einer nicht ordnungsgemäßen Beschäfti-
gung von Erntehelfern im Wege der dafür zuständigen Behörden unverzüglich nach-
gehen zu können.


Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

Grundsätzlich steht es dem Arbeitgeber frei, aus arbeitsorganisatorischen Gründen
"Zwischenvorgesetzte" einzusetzen. Dies darf jedoch nicht zu Verletzung von ar-
beitsrechtlichen Regelungen, z.B. durch unzulässige oder Zustimmungspflichtige
Überwachungsmaßnahmen, führen. Der Einsatz von Aufsichtspersonen - vor allem
bei sehr umfangreichen Ernteeinsätzen - entspricht auch in anderen Branchen
durchaus der betrieblichen Praxis.

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

Sofern es sich um Akkord- und Stücklöhne handelt, bedürfen diese generell der Zu-
stimmung des Betriebsrates, soweit sie nicht durch Kollektivvertrag vorgesehen sind
(§ 201 Abs. 1 Z 5 LAG bzw. § 199 Abs. 1 Z 5 Niederösterreichische Landarbeitsord-
nung).

Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:

Die für den Einsatz einer Saisonarbeitskraft erforderliche Beschäftigungsbewilligung
darf vom Arbeitsmarktservice nur erteilt werden, wenn die Vereinbarung über die
beabsichtigte Beschäftigung nicht auf Grund einer gemäß dem Arbeitsmarktförde-
rungsgesetz unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeit-
geber dies wusste oder hätte wissen müssen. Über illegal tätige Vermittlungsagentu-
ren angeworbene Saisoniers werden daher nicht bewilligt. Stellt sich erst nach Ertei-
lung einer Beschäftigungsbewilligung heraus, dass die Beschäftigung durch eine ille-
gale Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist, kann diese vom Arbeitsmarktservice
widerrufen werden. Die Kontrolle findet daher grundsätzlich bei jedem Antrag auf
Saisonbewilligung statt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat das
Arbeitsmarktservice erst vor kurzem erneut angewiesen, besonders sorgfältig auf
illegale Vermittlungsaktivitäten zu achten.


Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:

Rund drei Viertel der Saisoniers und Erntehelfer und Erntehelferinnen in der Land-
und Forstwirtschaft kommen aus Polen, Ungarn, der Slowakei, Slowenien und
Tschechien. Im Hinblick auf die in den Beitrittsverträgen festgelegte Gemeinschafts-
präferenz ist in den jeweiligen Verordnungen ausdrücklich angeordnet, dass Arbeits-
kräfte aus den neuen EU-Mitgliedstaaten gegenüber Arbeitskräften aus Drittstaaten
bei der Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen zu bevorzugen sind.

Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:

Da der vorübergehende saisonale Arbeitskräftebedarf im Bereich der Land- und
Forstwirtschaft nicht ausreichend aus dem vorhandenen Arbeitskräftepotential abge-
deckt werden kann, sind regelmäßig Kontingente für die befristete Zulassung land-
wirtschaftlicher Hilfskräfte und Erntehelfer und Erntehelferinnen festzulegen. Be-
schäftigungsbewilligungen werden grundsätzlich nur erteilt, wenn die Gewähr gege-
ben ist, dass der Arbeitgeber die in Österreich geltenden Lohn- und Arbeitsbedin-
gungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält.

Antwort zu den Punkten 12 und 13 der Anfrage:

Dazu ist mir nichts bekannt.