186/AB XXII. GP

Eingelangt am 06.05.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfragebeantwortung

Gegenstand:  Schriftl.parl.Anfr.d.Abg.z.NR Dipl.-lng. Pirklhuber,
Kolleginnen und Kollegen vom 6. März 2003,
Nr. 183/J, betreffend Aufruf der Agentur für Gesundheit
und Ernährungssicherheit zum Einsatz von Pestiziden
bei Rapskulturen

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dipl.-lng. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen
vom 6. März 2003, Nr. 183/J, betreffend Aufruf der Agentur für Gesundheit und Ernährungs-
sicherheit zum Einsatz von Pestiziden bei Rapskulturen, beehre ich mich Folgendes mitzu-
teilen:

Zu den Fragen 1 und 2:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes, BGBI. l
Nr. 63/2002, wurde die „Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit"
(AGES) „zur Wahrnehmung des Schutzes der Gesundheit von Menschen. Tieren und Pflan-
zen
..." eingerichtet.

Für jede Nutzpflanzenkultur gilt, dass trotz sachkundiger Durchführung vorbeugender Maß-
nahmen Schadorganismen in einem qualitäts- und ertragsbedrohenden Ausmaß auftreten
können. Ein sachkundiger und termingerechter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nach guter
landwirtschaftlicher Praxis kann bei rechtzeitiger Erkennung eines Schaderregers sowohl die
Ernte als auch die Qualität des Erntegutes der jeweiligen Kulturpflanze gewährleisten.


Produktionstechnische Hinweise im angesprochenen Artikel sind nicht als Aufforderung zum
unbedachten Pflanzenschutzmitteleinsatz zu verstehen, sondern als fachlichen Hinweis, den
im österreichischen Körnerrapsanbau alljährlich mit wechselnder Intensität zu erwartenden
tierischen und mikrobiellen Schadorganismen sowie Beikräutern sachkundig und zeitgerecht
entgegenzutreten.

Der Schutz der Pflanzen vor Krankheiten und Schädlingen ist - wenn auch mit unterschiedli-
chen Methoden - berechtigtes Ziel in jeder pflanzlichen Produktion,
ob biologischer Landbau,
konventionelle oder integrierte Produktionsweise. Informations- und Beratungsaufgaben in
diesem Punkt sind von der AGES wahrzunehmen.

Zu Frage 3:

Das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 regelt die Inverkehrbringung und Zulassung von Pflan-
zenschutzmitteln. Die Regelungen über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und die
Kontrolle der Anwendung sind vom Landesgesetzgeber zu treffen.

Ungeachtet dessen ist die AGES, wie auch das vormalige Bundesamt und Forschungszen-
trum für Landwirtschaft bestrebt, Konzepte zur Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes
für die verschiedensten Kulturen zu entwickeln und diese auch der Praxis zur Verfügung zu
stellen.

Bezüglich des Rapsanbaues ist festzuhalten, dass sich die AGES seit dem heurigen Jahr an
internationalen Ringversuchen zur Überprüfung und Überarbeitung der Schadensschwellen
des Rapsstängelrüsslers beteiligt.
Ziel der Versuche ist die Korrelation von Gelbschalenfän-
gen mit tatsächlichen Schäden in verschiedenen Rapsanbaugebieten, damit die Notwendig-
keit von Insektizideinsätzen abgeschätzt und der optimale Zeitpunkt einer eventuell notwen-
digen Behandlungsmaßnahme festgelegt werden kann. Der Insektizideinsatz gegen diese
Schädlinge soll dadurch exakter auf das tatsächlich notwendige Bekämpfungsausmaß be-
schränkt werden können.


Durch Hinweise auf sinnvolle Bekämpfungsmaßnahmen (z.B. Rapsglanzkäfer-Bekämpfung
nur im Knospenstadium) trägt die AGES dazu bei, sowohl die Behandlunqszahl als auch den
Pflanzenschutzmitteleinsatz zu reduzieren.

Zu Frage 4:

Seitens der AGES gibt es derzeit kein Forschungsprojekt, das sich dezidiert mit dem herbi-
zid- und insektizidfreien Körnerrapsanbau beschäftigt. Es gibt in der AGES jedoch zahlreiche
Forschungsvorhaben, die den zitierten, umfangreichen Themenbereich "umwelt- und ge-
sundheitsschonende Verfahren der Schädlingsbekämpfung" berühren bzw. enthalten.
Insgesamt wurden zu diesem Themenkreis in den letzten Jahren folgende Forschungspro-
jekte des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
durchgeführt:

Forschungsauftrag des BMLF Nr. 1138 an das Österreichische Forschungszentrum
Seibersdorf G.m.b.H. (Dr. Angela Sessitsch), "Auswirkungen von Basta-resistentem Raps
und der damit verbundenen Herbizidanwendung auf die Rhizosphären-Mikroflora im
Vergleich zu herkömmlichen landwirtschaftlichen Praktiken" (1999 - 2002);

Forschungsprojekt Nr. PS 14/92 der ehemaligen Bundesanstalt für Pflanzenschutz (nunmehr
AGES), Dipl.-lng. Dr. Bruno Zwatz, "Untersuchungen über die epidemiologische und
klinische Manifestation von Phoma Ungarn an Raps und die Ertragskorrelation zur Bestim-
mung eines Schwellenwertes im Hinblick auf die Etablierung eines Warndienstsystems"
(1992- 1994);

Forschungsprojekt Nr. PS 2/91 der ehemaligen Bundesanstalt für Pflanzenschutz (nunmehr
AGES), Dipl.-lng. Harald K. Berger, "Untersuchungen über die Reduzierung des Insektizid-
einsatzes in Raps" (1991 -1993);

Projekt des BFL (nunmehr AGES) Nr. 3012, Ing. Zederbauer, "Ermittlung der Ertrags-
relevanz, der Wirkungspotenz und Wirkungsdauer von Biopräparaten zur Alternativen Krank-
heitsbekämpfung in Getreide" (2001);

Projekt des BFL (nunmehr AGES) Nr. 3018, DI Blümel, "Untersuchungen zur Qualitäts-
kontrolle bei Nutzungen als Pflanzenschutzmittel" (2001);

Projekt des BFL (nunmehr AGES) Nr. 3112, Ing. Klapal, "Aktivitätsstudien mit Pyrethrum-
extrakten unter Verwendung unterschiedlicher Synergisten" (2001);

Projekt des BFL (nunmehr AGES) Nr. 3046, Ing. Klapal, "Untersuchungen über die sorten-
spezifische Anfälligkeit von Rapssorten gegenüber tierischen und pilzlichen Schadorganis-
men bei unterschiedlichen Bekämpfungsstrategien" (2000).


Zu Frage 5:

In jedem Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel werden neben Wirksamkeit und
Phytotoxizität auch Ökotoxizität und Toxizität beurteilt. Nach § 7 Abs. 1 des Pflanzenschutz-
mittelgesetzes 1997 setzt die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels unter anderem voraus,
dass nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse si-
chergestellt ist, dass das Pflanzenschutzmittel bei bestimmungs- und sachgerechter Anwen-
dung oder als Folge einer solchen Anwendung keine unmittelbaren oder mittelbaren schädli-
chen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier (z.B. über Trinkwasser, Le-
bens- oder Futtermittel) oder auf das Grundwasser hat. Die Bewertung des Pflanzenschutz-
mittels hinsichtlich seiner toxikologischen Eigenschaften hat letztlich im Rahmen der Zulas-
sung entsprechende Kennzeichnungsauflagen des Pflanzenschutzmittels (z.B. Einstufung,
Risikosätze, Sicherheitshinweise, sonstige Auflagen und Bedingungen) zur Folge, die dem
Landwirt als Information dienen und einzuhalten sind.

Zu Frage 6:

Die Regelungen über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und die Kontrolle der An-
wendung sind gemäß Art 12 B-VG vom Landesgesetzgeber zu treffen.

Zu Frage 7:

Im Rahmen des Österreichischen Programms zur Förderung einer umweltgerechten, exten-
siven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft (ÖPUL) stehen eine
Fülle von Maßnahmen zur Verfügung, die den gänzlichen Verzicht oder die Verminderung
des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln zum Ziel haben und von den Landwirten auch an-
genommen werden (Biologischer Landbau, Integrierte Produktionsmaßnahmen).

Zu Frage 8:

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft setzt
hinsichtlich der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln vor allem auf die Risikominimierung
von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft. Aus diesem Grund wurden in den letzten


Jahren zahlreiche legistische Maßnahmen und Vorschriften erlassen. Diese Vorschriften
werden durch Begleitmaßnahmen, insbesondere wirtschaftliche Anreize, wie Förderungen
und Leistungsabgeltungen, unterstützt (Maßnahmen-Mix).

Zu Frage 9:

Die Einführung einer nationalen Abgabe auf Pflanzenschutzmittel im Alleingang Österreichs
würde einer Ökologisierung in der Landwirtschaft kaum nützen, da auf Grund der gemein-
schaftsrechtlichen Vorgaben und dem hohen Wettbewerbsdruck die österreichischen Land-
wirte vermehrt Pflanzenschutzmittel in benachbarten Mitgliedstaaten kaufen würden. Dies
hätte zudem gravierende Nachteile für die heimische Wirtschaft. Zudem ist zu befürchten,
dass die Absatzchancen für heimische Lebensmittel auf Grund billigerer „Importprodukte"
geschmälert würden.

Da bereits derzeit auf Grund einer von der Kommission geforderten Regelung in Bezug auf
„Parallelimporte" Landwirte identische Pflanzenschutzmittel aus anderen Mitgliedstaaten
nach Österreich verbringen dürfen, würde eine zusätzliche nationale Abgabe auf Pflanzen-
schutzmittel diese Bezugsschiene noch verstärken. Eine Abgabe auf Pflanzenschutzmittel
würde daher vor allem einheitliche, gemeinschaftsrechtliche Grundlagen erfordern.

Zu Frage 10:

Österreich ist auf EU-Ebene immer für einen hohen Sicherheitsstandard im Lebensmittelbe-
reich eingetreten. In diesem Sinne ist die Evaluierung der sogenannten „Altwirkstoffe" von
Pflanzenschutzmitteln raschest abzuschließen und jene Wirkstoffe, die nicht die Sicherheits-
anforderungen erfüllen, sind umgehend vom Markt zu nehmen. Im Bereich der Festsetzung
von Höchstmengen von Schädlingsbekämpfungsmitteln in Lebensmitteln pflanzlicher oder
tierischer Herkunft ist eine weitere Harmonisierung auf EU-Ebene unbedingt erforderlich und
daher voranzutreiben.