187/AB XXII. GP

Eingelangt am 06.05.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfragebeantwortung

DER BUNDESMINISTER
FÜR JUSTIZ

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen
haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Strafrechtliches Entschädi-
gungsgesetz (StEG)" gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Einleitend weise ich neuerlich darauf hin, dass mir eine vollständige Beantwortung
der die Statistik betreffenden Fragen 4 bis 11 und 13 aus den bereits in den früher
zu 2768/J-NR/2001 und 3712/J-NR/2002 ("Haftentschädigung" und "Haftent-
schädigung II") erstatteten Anfragebeantwortungen angeführten Gründen auch dies-
mal nicht möglich ist.

Der Umstand, ob jemand Inländer, EU-Bürger oder Bürger eines Drittstaates ist, ist
als Anspruchsvoraussetzung für eine Haftentschädigung nicht relevant und wird
daher nicht gesondert erfasst. Aus welchen Gründen ein Freispruch erfolgte, könnte
nur durch Einsichtnahme in jeden einzelnen betreffenden Akt erfolgen. Dasselbe gilt
für die Frage, ob ein Ersatzwerber nach gesetzmäßig angeordneter Unter-
suchungshaft in der Folge außer Verfolgung gesetzt und das Verfahren eingestellt
wurde, oder ob er nach gesetzmäßig angeordneter Untersuchungshaft freige-
sprochen wurde. Beide Möglichkeiten werden im Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. b
StEG zusammenge- fasst, sodass eine entsprechende differenzierte Beantwortung
der Fragen mit vertretbarem Aufwand nicht möglich ist.

Davon ausgehend beantworte ich diese Fragen anhand der mir übermittelten
Berichte der Oberstaatsanwaltschaften bzw. Staatsanwaltschaften und Oberlandes-


gerichte bzw. Landesgerichte und der im Bundesministerium für Justiz geführten
Statistiken wie folgt:

Zu 1 und 2:

Die Anzahl der im Jahr 2002 in Untersuchungshaft genommenen Personen ergibt

sich  aus folgender,  auf einer Auswertung  der integrierten  Vollzugsverwaltung
basierenden Tabelle.

Justizanstalt/
Landesgericht

 

Männer

 

Frauen

 

Heran-
wachsende

 

Jugend-
liche

 

Gesamt

 

Eisenstadt *

 

244

 

0

 

23

 

5

 

272

 

Feldkirch

 

131

 

12

 

30

 

16

 

189

 

Graz-Jakomini

 

635

 

54

 

102

 

60

 

851

 

Innsbruck

 

301

 

26

 

54

 

42

 

423

 

für Jugendliche
Erdberg

 

267

 

0

 

490

 

384

 

1.141

 

Klagenfurt

 

368

 

30

 

61

 

22

 

481

 

Korneuburg**

 

375

 

0

 

42

 

11

 

428

 

Krems***

 

70

 

26

 

17

 

4

 

117

 

Leoben

 

198

 

23

 

33

 

21

 

275

 

Linz ****

 

458

 

39

 

89

 

53

 

639

 

Ried

 

77

 

4

 

17

 

5

 

103

 

Salzburg

 

307

 

28

 

71

 

26

 

432

 

St.Pölten***

 

192

 

0

 

21

 

15

 

228

 

Steyr ****

 

77

 

0

 

35

 

9

 

121

 

Wels

 

177

 

7

 

27

 

9

 

220

 

Wien-
Josefstadt**

 

2.667

 

397

 

108

 

85

 

3.257

 

Wr. Neustadt*

 

254

 

53

 

67

 

44

 

418

 

Bundesweit

 

6.798

 

699

 

1.287

 

811

 

9.595

 

*          Frauen der Justizanstalt Eisenstadt werden in der Justizanstalt Wr. Neustadt
angehalten

**         Frauen der Justizanstalt Korneuburg werden in der Justizanstalt Wien-Josef- stadt angehalten

***       Frauen der Justizanstalt St.Pölten werden in der Justizanstalt Krems angehal-
ten

****      Frauen der Justizanstalt Steyr werden in der Justizanstalt Linz angehalten

Zu 3:

Die Beantwortung der Fragen nach den jeweiligen Nationalitäten der zu Punkt 1. und

2. angeführten Untersuchungshäftlinge würde einen nicht zu vertretenden Aufwand
in der Verwaltung der Justizanstalten erfordern. Aus den an die Erfordernisse der
Datenerfassung für Europaratsstatistik angepassten österreichischen Statistik
(Stichtagserfassung) kann gesagt werden, dass Insassen aus rund 100 Nationen in


Österreich angehalten werden und der Ausländeranteil bei durchschnittlich einem
Drittel, in manchen Justizanstalten bei bis zu 60 % liegt. Diese Ausländeranteile sind
wohl auch auf die Zahlen der Zugangsstatistik für die Untersuchungshaft anzu-
nehmen.

Zu 4:

Die Staatsanwaltschaften werteten zum Großteil nur jene im Jahr 2002 eingestellten

Verfahren statistisch aus, in denen im selben Jahr auch die Untersuchungshaft ver-
hängt wurde. Teilweise wurden aber auch jene im Jahr 2002 eingestellten Verfahren
in die Zählung aufgenommen, in denen die Untersuchungshaft schon früher ver-
hängt worden war. In ihren Berichten haben manche Staatsanwaltschaften eigens
darauf hingewiesen, in wie vielen Fällen der Ausschlusstatbestand des § 3 lit. c
StEG (Begehung der Tat im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit im Sinn des § 11
StGB) gegeben war. Anhand dieser Berichte der Staatsanwaltschaften ergibt sich
folgendes Bild:

Staatsanwaltschaften im Sprengel der OStA Wien:

StA Wien                                             76 (davon 9 Fälle des § 11 StGB)

StA beim JGH Wien                             33

StA Eisenstadt                                    10

StA St. Polten                                        6 (davon 3 Fälle des § 11 StGB)

StA Krems                                             0

StA Wiener Neustadt                            7 (davon 4 Fälle des § 11 StGB)

StA Korneuburg                                  16

Staatsanwaltschaften im Sprengel der OStA Graz;

StA Graz                                             21 (davon 1 Fall des § 11 StGB)
StA Klagenfurt                                   12
StA Leoben                                           7

Staatsanwaltschaften im Sprengel der OStA Linz:
StALinz                                                 20

        StASalzburg                                          14

        StAWels                                                 7

       StASteyr                                                  8

       StA Ried im Innkreis                                 3

Staatsanwaltschaften im Sprengel der OStA Innsbruck:
StA Innsbruck               6
StA Feldkirch                                          1

 

 

Zu 5 und 8:

Im Jahr 2002 wurden 89 neue Anträge gemäß § 2 Abs. 1 lit. b StEG gestellt - und

zwar:

LGSt Wien              34

JGH Wien              2

LG Eisenstadt              4

LG St. Polten              2
LG Wiener Neustadt                              4

LG Komeuburg              5

LGSt Graz              9

LG Klagenfurt              4

LG Leoben              6

LG Linz              6

LG Salzburg              1

LG Wels              4

LG Steyr              1
LG Ried im Innkreis                                 1

LG Innsbruck              6

Zu 6 und 9:

Im Jahr 2002 wurden 70 Anträge gemäß § 2 Abs. 1 lit. b StEG (inklusive jener, die

aus dem Vorjahr offen übernommen wurden) zumindest teilweise positiv erledigt -
und zwar:

LGSt Wien              24

JGH Wien               1

LG Eisenstadt               4

LG St. Polten               2
LG Wiener Neustadt                              3

LG Korneuburg               5

LGSt Graz               7

LG Klagenfurt               2

LG Leoben               5

LG Linz               6

LG Salzburg               1

LG Wels               3

LG Ried               1

LG Innsbruck               6

An Entschädigungen gemäß § 2 Abs. 1 lit. b StEG hat das Bundesministerium für
Justiz im Jahr 2002 den Betrag von insgesamt 285.584,58 Euro anerkannt.
Ausbezahlt wurde aus dem Titel des StEG im Jahr 2002 ein Betrag von 194.882,66
Euro ausgezahlt.

 

Die Differenz zum gesamten Anerkennungsbetrag erklärt sich damit, dass einerseits
im Jahr 2002 anerkannte Beträge noch nicht in der Statistik aufscheinen, weil die
Auszahlung erst im Jahr 2003 erfolgte, und andererseits Beträge, die bereits vor
dem Jahr 2002 anerkannt worden waren, erst 2002 zur Auszahlung gelangten und
daher entsprechend hinzugezählt wurden. Darüber hinaus sind im ausgezahlten
Gesamtbetrag auch Fälle enthalten, in denen eine Entschädigung gemäß § 2 Abs. 1
lit. a und c StEG zuerkannt wurden.

Zu 7:

Da der Umstand, ob ein Ersatzwerber "glatt" oder "in dubio" freigesprochen wurde,

nur durch eine mit unvertretbarem Aufwand verbundene Einsichtnahme in den
jeweiligen Akt hätte ermittelt werden können und häufig aus den Akten ohnehin nicht
genau nachvollziehbar gewesen wäre, ob ein Freispruch "glatt" oder "in dubio"
erfolgte (beispielsweise deshalb, weil lediglich gekürzte Urteilsausfertigungen vorlie-
gen), ist eine detaillierte Beantwortung nicht möglich. Im Übrigen ergibt sich folgen-
des Bild:

Sprengel des OLG Wien:

LGSt Wien              nicht beantwortbar

JGH Wien              30

LG Eisenstadt              nicht beantwortbar

LG St. Polten              5

LG Krems              3

LG Wiener Neustadt              3

LG Korneuburg              2

Sprengel des OLG Graz:

LGSt Graz               nicht beantwortbar
LG Klagenfurt                                         Fehlbericht
LG Leoben                                              8

Sprengel des OLG Linz:

LGLinz   11
LGSalzburg 12
LGWels 6
LGSteyr 3
LG Ried im Innkreis 2

Sprengel des OLG Innsbruck:

LGInnsbruck 2
LG Feldkirch                                           3


Zu 10 und 13:

Die Gerichte erstatteten fast ausschließlich Fehlberichte, d.h. es sind keine Fälle

bekannt, auf die das Anfragekriterium zutrifft. Lediglich das Landesgericht Wels
berichtete zu Frage 13 von einem Fall.

Zu 11:

Eine Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich, weil von der einschlägigen

Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c StEG nicht nur Freisprüche und Verfahrensein-
stellungen nach Wiederaufnahme betroffen sind, sondern auch sonst nach Aufhe-
bung der rechtskräftigen Entscheidung, etwa nach einer Erneuerung des Strafver-
fahrens gemäß § 363a StPO, die aber nicht gesondert statistisch erfasst werden.

Im Jahr 2002 wurden zwei Anträge gemäß § 2 Abs. 1 lit. c StEG, und zwar beim
Landesgericht Salzburg und beim Landesgericht Feldkirch, eingebracht. In diesen
beiden Fällen wurde ein Entschädigungsbetrag von insgesamt 59.679,31 Euro aner-
kannt.

Zu 12:

Zur Gesamthöhe möglicher Haftentschädigungen bei einer geänderten Rechtslage

im Sinn dieser Frage lassen sich derzeit keine verlässlichen Aussagen treffen.

Zu 14:

Es sind derzeit drei Gerichtsverfahren wegen Haftentschädigung anhängig, die auf

das Amtshaftungsgesetz und Art. 5 Abs. 5 EMRK gestützt werden; festzuhalten ist
allerdings, dass es sich dabei nicht um die sonst in der Anfrage hauptsächlich
angesprochenen Fälle von Haftentschädigung nach gesetzmäßig angeordneter
Untersuchungshaft handelt, sondern - entsprechend den Anspruchs-
voraussetzungen nach dem AHG und Art. 5 Abs. 5 EMRK - um Verfahren, in denen
der Anspruch auf das Vorbringen der rechtswidrigen Verhängung der
Untersuchungshaft bzw. Strafhaft gestützt wird.

Weiters sind zwölf Gerichtsverfahren anhängig, in denen ein Anspruch nach dem
StEG releviert wird.

Zu 15:

Insgesamt wurden wegen der Behauptung diesbezüglicher Verstöße gegen die

EMRK bei den Straßburger Instanzen bisher elf Menschenrechtsbeschwerden ein-


gebracht. In vier Fällen liegt noch keine Zuständigkeitsentscheidung vor; in sieben
Fällen erging bereits ein Urteil, wovon in zwei Fällen bereits das Ministerkomitee
befasst war und das Verfahren daher als abgeschlossen zu betrachten ist. Als "an-
hängig" im engeren Sinn können daher vier Beschwerden bezeichnet werden.

Zu 16:

Ich sehe keine Veranlassung, von der einleitenden Feststellung meiner Anfragebe-
antwortung vom 12. September 2001 abzuweichen. In dem in der Anfrage (3712/J)
zitierten Erkenntnis betont der EGMR, dass nach dem rechtskräftigen Freispruch
des Beschwerdeführers die österreichischen Gerichte im Entschädigungsverfahren
Feststellungen getroffen haben, in denen die Ansicht geäußert wurde, es bestehe
ein andauernder Verdacht gegen den Beschwerdeführer, wodurch sie seine
Unschuld angezweifelt hätten (ÖJZ 2001/29).

Der in der damaligen Anfragebegründung hergestellte Gegensatz zum Inhalt der
Entscheidung des OGH vom 11.10.2001, 15 Os 136/01, über das Kriterium der Ent-
kräftung des Verdachts im Fall der Einstellung eines Strafverfahrens besteht jedoch
schon deshalb nicht, weil der EGMR in seiner Entscheidung im Fall Rushiti gegen
Österreich vom 21.3.2000 (ÖJZ 2001/5) - auf die er sich in der nachfolgenden Ent-
scheidung Lamanna gegen Österreich ausdrücklich stützt - festgehalten hat, dass
ein Ausspruch über Verdächtigungen zulässig und mit dem Grundsatz der
Unschuldsvermutung vereinbar ist, solange ein Strafverfahren nicht mit einer Ent-
scheidung über die Begründetheit der Anklage geendet hat.

Zu 17:

Nach den Berichten der Präsidenten der Oberlandesgerichte gehen die Landes-
gerichte davon aus, dass alle Fälle "MRK-konform" entschieden wurden.

Zu 18:

Soweit diese Frage auf die Entwicklung der Rechtsprechung des Europäischen

Gerichtshofes für Menschenrechte bzw. der österreichischen Gerichte abzielt,
ersuche ich um Verständnis, dass ich von einer Stellungnahme zur Judikatur der
unabhängigen Gerichte, insbesondere auch von internationalen Gerichten, Abstand
nehme.

Zu den legistischen Aspekten dieser Frage darf ich auf die Beantwortung der Frage
19 verweisen.


8

Zu 19:

Der Begutachtungsentwurf für ein Strafrechtliches Entschädigungsgesetz 2004 zielt

auf eine grundrechtskonforme Neugestaltung der strafrechtlichen Entschädigung ab.
Dabei soll auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschen-
rechte zu Art. 6 MRK Rechnung getragen werden. Im Besonderen soll in Hinkunft
die Anspruchsvoraussetzung der "Verdachtsentkräftung" nach einem rechtskräftigen
Freispruch entfallen. Soweit in der Rechtsprechung der österreichischen Gerichte
daher bereits derzeit auf die Judikatur des EGMR zu Art. 6 Abs. 2 MRK Bedacht
genommen wird, entspricht dies auch der möglichen künftigen Gesetzeslage.

Zu 20:

Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens haben insgesamt 34 Institutionen bzw.

Personen Stellung genommen. Die Mehrzahl dieser Äußerungen kann auf der
Homepage des österreichischen Parlaments abgerufen werden. Darüber hinaus sind
auch verschiedene Stellungnahmen im Dienstweg beim Bundesministerium für
Justiz eingegangen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das Anliegen des Entwurfs, eine grund-
rechtskonforme Neugestaltung der Entschädigung für strafgerichtliche Anhaltung
und Verurteilung zu schaffen, weithin begrüßt worden ist. Einige Stellungnahme
haben sich aber auch kritisch geäußert, etwa was die Beseitigung des zur strafge-
richtlichen Feststellungsverfahrens (und der damit einhergehenden Konzentration
der Anspruchstellung bei den Zivilgerichten) oder die in § 3 Abs. 3 des Entwurfs (in
Gestalt einer differenzierten Ermessensklausel) vorgesehene mögliche Einschrän-
kung der Haftung des Bundes durch die Gerichte angeht.

Die in § 5 des Entwurfs vorgesehene Ausweitung der Ersatzpflicht des Bundes auch
auf immaterielle Schäden ist dagegen weithin begrüßt worden.

Zu 21 bis 26:

Die dem Bundesministerium für Justiz vorliegenden Stellungnahmen zeigen, dass

der Ministerialentwurf eine gute Basis für die weiteren Arbeiten darstellt. Es liegt
aber im Wesen eines Begutachtungsverfahrens, dass die mit einem Entwurf
befassten Stellen und Personen Änderungen vorschlagen und dass das Gesetzes-
vorhaben im Anschluss an die Begutachtung noch einmal überprüft und verbessert
wird. Dies gilt auch für den vorliegenden Entwurf: Unter Bedachtnahme auf die
Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens werden insbesondere § 3 des Entwurfs


und die dort vorgesehenen Fällen des Ausschlusses und der Einschränkung des
Ersatzanspruchs, die verfahrensrechtliche Neugestaltung und allgemein der mit dem
Vorhaben verbundene finanzielle und personelle Mehraufwand zu prüfen sein. Das
Bundesministerium für Justiz wird das Gesetzesvorhaben weiterhin mit der gebote-
nen Dringlichkeit und Sorgfalt behandeln und danach trachten, eine Regierungsvor-
lage noch in diesem Jahr vorzulegen.

Zu 27 bis 30:

Ob und inwieweit es ergänzender Regelungen zum Schutz und zur Information

sowie Beratung von potenziellen Geschädigten im Rahmen einer Neuregelung der
strafrechtlichen Entschädigung bedarf, wird gleichfalls noch im Rahmen der weiteren
Arbeiten überlegt werden. Hier ist aber auch zu bedenken, dass der Beschuldigte in
dem in der Anfrage primär relevierten Fall der ungerechtfertigten Untersuchungshaft
ohnedies eines Verteidigers bedarf, wenn und so lange er sich in Untersuchungshaft
befindet (§41 Abs. 1 Z 3 StPO). Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ist
dem Beschuldigten dabei auch ein Verteidiger im Rahmen der Verfahrenshilfe bei-
zugeben. Dieser Fall der notwendigen Verteidigung soll sicherstellen, dass die
Rechte des Beschuldigten umfassend geschützt werden. Dazu zählt auch die Beleh-
rung über die Möglichkeit der Erhebung von Ersatzansprüchen wegen der Beein-
trächtigung der persönlichen Freiheit. Daher halte ich die Einführung eines "Ent-
schädigungsanwalts" für nicht erforderlich.

Zu 31:

Allfällige Entschädigungsansprüche nach Freispruch oder Verfahrenseinstellung sind

jeweils nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die entsprechende Ent-
scheidung getroffen wurde.

Zu 32:

Derselbe Staat - also nicht der Auslieferungsstaat - hat im Falle der Bejahung von

Entschädigungsansprüchen die entsprechenden Zahlungen zu leisten.

Zu 33 und 34:

Zu diesen Fragen liegen dem Bundesministerium für Justiz keine Informationen vor.

Zu 35:
Nein.

Zu 36:

Der gesamte Bereich des Strafverfahrens ist noch nicht harmonisiert. Der Teilbe-
reich "Strafrechtliche Entschädigung" kann daher nicht herausgegriffen werden.