192/AB XXII. GP

Eingelangt am 06.05.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfragebeantwortung

BM FÜR WIRTSCHAFT UND ARBEIT

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 163/J betreffend
"Kroatien für Investoren kein Paradies?", welche die Abgeordneten Mag. Maier,
Kolleginnen und Kollegen, am 06. März 03 an mich richteten, stelle ich fest:

Antwort zu den Punkten 1 und 2 der Anfrage:

Aus vergangenen Interventionen sind die Probleme der Alpinamare-Hotelholding
GmBH im Zusammenhang mit dem Hotel Katarina in Rovinj bekannt. Im Oktober
1999 hat der österreichische Hotelier Dr. Wilfried Holleis (50,1%) mit der kroatischen
Firma Jadran Jurist (damalige Tochterfirma der Zagrebacka Banka) (49,9%) einen
Joint Venture-Vertrag zur Realisierung eines der ersten großen Investitionsprojekte
aus der EU im kroatischen Tourismus abgeschlossen. Nach diesem Vertrag hat sich
der österreichische Mehrheitseigentümer verpflichtet, nach Ablauf des 5.
Geschäftsjahres den gesamten kroatischen Anteil um einen bereits festgelegten
Preis zu kaufen. Im März 2001 kam es zum Verkauf der Jadran Turist an die
kroatische Tabakfirma Tvornica Duhana Rovinj (TDR). Seit diesem Zeitpunkt traten
vermehrt Meinungsverschiedenheiten zwischen den Partnern auf, die letztlich in der
Klage der Jadran Turist auf Liquidation der Otok Katarina (Juni 2002) gipfelte. Mit
Urteil des Handelsgerichts Rijeka vom 29. Jänner 2003 wurde die Liquidation der
Gesellschaft festgestellt. Eine Berufung wurde erhoben.


Antwort zu den Punkten 3 und 4 der Anfrage:

Die Angelegenheit wurde immer wieder von Österreich gegenüber der kroatischen
Seite releviert. Zum einen wurde die Causa im Rahmen bilateraler Besuche
wiederholt angesprochen (zuletzt im Mai 2002 anläßlich des Besuchs von
Bundespräsident Klestil in Kroatien und im September 2002 anläßlich des Besuchs
des kroatischen Staatspräsidenten Mesic in Wien), zum anderen ist die
Österreichische Botschaft in Agram seit Jahren intensiv um eine Lösung der
verschiedenen in diesem Fall entstandenen Probleme im Sinne von Dr. Holleis
bemüht. Zuletzt hat es über Wunsch der Streitparteien erstmals Einigung zur
Abhaltung eines informellen Streitbeilegungsgespräches im kroatischen
Wirtschaftsministerium und in Anwesenheit der Botschaft gegeben.
Der Fall wurde ebenso anlässlich der 5. Tagung der Gemischten österreichisch-
kroatischen Kommission für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Mitte Juni 2002 in
Salzburg) umfassend erörtert und das von Dr. Holleis vorbereitete Memorandum
übergeben sowie im Rahmen eines Zwischensessionstreffens mit der kroatischen
Seite (Ende Jänner 2003 in Wien) erneut vorgebracht. Jüngst (14. Feber 2003)
wurde das Problem auch von Bundeskanzler Schüssel gegenüber Premierminister
Racan angesprochen.

Antwort zu den Punkten 5 und 6 der Anfrage:

Insgesamt  ist  der kroatische  Markt für österreichische  Unternehmen  überaus

interessant und  lukrativ.  Die österreichische Wirtschaft hat sich seit  1993  mit

Investitionen   von    2,18    Mrd €   und   einem   Anteil   von    ca.    30%    an    den

Gesamtinvestitionen als größter ausländischer Investor ausgezeichnet positioniert.

Auch die österreichischen Exporte nach Kroatien haben 2002 die 1 Mrd € - Marke

erreicht.

Diesem    intensiven    Engagement   österreichischer    Firmen    stehen    allerdings

verschiedene Risken bzw. Schwierigkeiten gegenüber:

    Häufige   Zahlungsprobleme   kroatischer   Unternehmen,   wodurch   gesicherte

Zahlungskonditionen    (Vorauszahlung,    Bankgarantie,    Akkreditiv)    jedenfalls

anzuraten sind.


• Schwierigkeiten und Verzögerungen bei der Rechtsdurchsetzung, weil
 erstinstanzliche Gerichtsverfahren zumeist Jahre dauern und dann der
 Instanzenzug noch nicht ausgeschöpft ist. Deshalb sollte bei der
 Vertragsgestaltung immer auch auf die Verankerung einer Schiedsgerichtsklausel
 geachtet werden.

  Ein unzureichendes Grundbuch, dessen Angaben immer einer sehr genauen
 Überprüfung bedürfen.

  Langwierige und sehr aufwändige Genehmigungsverfahren und administrative
 Abläufe, die mitunter auch mit Unwägbarkeiten verbunden sind.

     Eine mangelnde Infrastruktur, die Neuinvestitionen mitunter erschwert.

Um mehr Bewusstsein für diese Problemstellungen und dafür zu schaffen, dass das
Wirtschaftsleben im gesamten Land darunter leidet, wurde zuletzt durch die
österreichische Aussenhandelsstelle Zagreb, im Rahmen des monatlichen
Österreichischen Wirtschaftstisches - ÖWT, anlässlich eines Besuches mit
Vertretern von mehr als 60 österreichischen Firmen bei Präsident Mesic ein
Memorandum überreicht, in dem diese und weitere Problembereiche sowie mögliche
Lösungsansätze aufgezeigt wurden.

Neben den angeführten Problemfeldern ist der Fall Holleis sehr spezifisch und hat
primär mit den lokalen Gegebenheiten in Rovinj und den geschäftlichen Interessen
der Firma TDR zu tun. Auch ein zweiter Fall mit überlanger Verfahrensdauer ist dem
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit bekannt. Grundsätzlich ist jedoch
festzustellen, dass es sich im gegenständlichen Fall um ein weiterhin
gerichtsanhängiges Verfahren handelt.

 

 


Antwort zu den Punkten 7 bis 9 der Anfrage:

Kroatien hat sich für österreichische Investoren als interessanter und zukunftsreicher
Markt erwiesen. Die laufende Intensivierung dieser Beziehungen belegen, dass
Kroatien für österreichische Unternehmen bereits ein bewährter Partner ist. Trotz
einzelner Problemfälle, zu denen auch der gegenständliche Fall Hotel Katarina zählt,
ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Kroatien als durchaus positiv zu bewerten.
Dieser Befund betrifft auch die Frage der Rechtssicherheit. Dies macht auch
verständlich, warum Dr. Holleis in Kroatien mit weiteren Investitionsprojekten präsent
bleibt.

Kroatien hat am 21. Februar d.J. den Beitrittsantrag zur EU gestellt. Es ist richtig,
dass Kroatien zur Erlangung der Beitrittsreife in vielen Bereichen zusätzliche
Acquisanpassung vornehmen und zur Erfüllung aller politischen und wirtschaftlichen
Kriterien von Kopenhagen noch weitere substantielle Reformen durchführen muss.
Grundsätzlich ist aber festzustellen, dass auch Kroatien, wie alle bisherigen
Beitrittskandidatenländer, die politischen Kriterien erst mit Verhandlungsbeginn, und
die wirtschaftlichen Kriterien erst mit positivem Verhandlungsende erfüllen muss.

Der bis dahin noch bestehende Reformbedarf ist zum Teil im Rahmen des mit der
EU unterzeichneten Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens erfasst. Obwohl
dieses Abkommen noch nicht in Kraft getreten ist, hat Kroatien bereits jetzt an die 60
% von dessen Bestimmungen umgesetzt. Weitere Schritte zu Heranführung an die
EU hat die Europäische Kommission im Rahmen eines am 27. März d. J.
präsentierten Fortschrittsberichtes zum Stand Kroatiens im Stabilisierungs- und
Assoziierungsprozess dargelegt. Kroatien seinerseits begegnet diesen Forderungen
aktiv mittels eines im November 2002 verabschiedeten Nationalen Progammes für
die Erlangung der EU-Mitgliedschaft, in welchem Kroatien einen Aktionsplan zur
Erfüllung der Beitrittskriterien aufgestellt hat.


Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:

Tatsächlich wirksam gewordene „Quasi-Enteignungen" sind nicht bekannt.
Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:

Durch die in der Praxis auftretenden erheblichen Schwierigkeiten und
Verzögerungen bei der Rechtsdurchsetzung, aufgrund derer erstinstanzliche
Gerichtsverfahren zumeist Jahre dauern, sollte bei der Vertragsgestaltung immer
auch auf die Verankerung einer effektiven Schiedsgerichtsklausel geachtet werden.
Überdies sollten von Seiten des österreichischen Investors klare
Eigentumsverhältnisse geschaffen werden. Jedenfalls ist allen Unternehmen zu
empfehlen, vor der Aufnahme einer Geschäftstätigkeit in Kroatien auf die
Erfahrungen und Unterstützung der österreichischen Vertretungsbehörden,
insbesondere der Außenhandelsstelle, zurückzugreifen. Schließlich wird noch auf
das seit 1999 zwischen Österreich und Kroatien bestehende bilaterale Abkommen
über die Förderung und den Schutz von Investitionen (BGBI. III/180/99) verwiesen,
das eine internationale Schiedsgerichtsklausel enthält.

Antwort zu Punkt 12 der Anfrage:

Bedauerlicherweise  treten   ähnlich  gelagerte   Probleme  auch   in   anderen   EU-
Beitrittskandidatenländern auf.