197/AB XXII. GP

Eingelangt am 07.05.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen

 

Anfragebeantwortung

Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich beantworte die an mich gerichtete parlamentarische Anfrage der Abgeordneten
Mag. Ruth Becher und Genossinnen betreffend den pauschalierten Dienstgeber-
beitrag für geringfügig Beschäftigte, Nr. 223/J, wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 3:

Nach § 53a Abs. 1, 2 und 5 ASVG hat der Dienstgeber für alle bei ihm geringfügig
Beschäftigten (das sind Beschäftigte, deren monatliches Entgelt nicht mehr als
309,98 Euro beträgt) einen pauschalierten Beitrag zur Kranken- und Pensionsver-
sicherung zu leisten, wenn die monatliche Lohnsumme dieser Beschäftigten
464,07 Euro übersteigt.

Der Verfassungsgerichtshof hat die zitierten Gesetzesstellen wegen Verstoßes
gegen die Kompetenzordnung der Bundesverfassung mit 1. April 2003 aufgehoben.
Er vertritt die Auffassung, dass sich diese Bestimmungen weder auf den
Kompetenztatbestand „Sozialversicherungswesen" noch auf den Kompetenztat-
bestand "Abgabenwesen" stützen können: Einerseits besteht nämlich die Beitrags-
pflicht des Dienstgebers unabhängig vom Bestehen eines Pflichtversicherungsver-


hältnisses, andererseits fließen die Beiträge nicht einer Gebietskörperschaft zu, wie
es für eine öffentliche Abgabe begriffswesentlich ist.

Über Initiativantrag (eingebracht unter der Nr. 74/A) soll die seit dem Jahr 1998 be-
stehende, bewährte Rechtsmaterie nunmehr verfassungskonform auf der Grundlage
des Kompetenztatbestandes „Abgabenwesen" fortgeschrieben werden, indem der
Inhalt der aufgehobenen Bestimmungen in ein „Dienstgeberabgabegesetz"
transferiert wird, wobei es zu keinerlei zusätzlichen Belastungen - weder der Dienst-
geber noch der Finanzverwaltung noch der Krankenversicherungsträger - kommen
wird. Die gleichzeitig vorgeschlagene Änderung des ASVG enthält ausschließlich
technische Anpassungen.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat auf Grund der Beratungen in seiner
Sitzung vom 23. April 2003 bereits den Antrag an den Nationalrat gestellt, dieser
Gesetzesinitiative die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Der pauschalierte Dienstgerberbeitrag für geringfügig Beschäftigte wird sohin als
Bundesabgabe gestaltet, die von den Krankenversicherungsträgem im übertragenen
Wirkungsbereich (also für den Bund) eingehoben wird. Die Erträgnisse aus dieser
Abgabe werden zur Finanzierung der Kranken- und Pensionsversicherung zweckge-
widmet. Wie bisher der Dienstgeberbeitrag soll auch die Abgabe nur dann einge-
hoben werden, wenn ein Dienstgeber mehr als eine Person geringfügig beschäftigt.

Da das neue Gesetz aus verfassungsrechtlichen Gründen keinesfalls rückwirkend in
Kraft treten darf, ist als Termin für den Wirksamkeitsbeginn der 1. Juni 2003 vorge-
sehen.

Zu den Fragen 4 bis 6:

Im Hinblick auf die Neuwahl des Nationalrates im November 2002 und die darauf
folgende Zeit der politischen Verhandlungen zur Bildung einer neuen
Bundesregierung war die Erstellung einer einschlägigen Regierungsvorlage nicht
möglich. Es wurde daher ein entsprechender Initiativantrag im Nationalrat
eingebracht; auf Grund des erst wieder anlaufenden Parlamentsbetriebes im


Rahmen der XXII. Gesetzgebungsperiode ist es zu der angesprochenen zeitlichen
Verzögerung für die „Nachfolgeregelung" gekommen.

Somit sind die betroffenen Dienstgeber für zwei Monate (April und Mai 2003) von der
Beitragspflicht befreit.

Es wird davon ausgegangen, dass im Jahr 2003 aus dem pauschalierten Dienst-
geberbeitrag nach § 53a ASVG insgesamt rund 60 Millionen Euro (davon
14 Millionen Euro in der Krankenversicherung und 46 Millionen Euro in der
Pensionsversicherung) lukriert hätten werden können. Der geschätzte Beitragsein-
nahmenausfall in der Kranken- und Pensionsversicherung beträgt pro Monat rund
5 Millionen Euro. Davon entfallen rund 1,2 Millionen Euro auf die Krankenver-
sicherung und rund 3,8 Millionen Euro auf die Pensionsversicherung.

Zu den Fragen 7 bis 12:

Im Bereich der Sozialversicherung entsteht das Versicherungsverhältnis durch die
Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder auf Grund einer einseitigen Erklärung der ver-
sicherungsberechtigten Person. Der Versicherungsschutz besteht also völlig unab-
hängig von der Beitragspflicht des Dienstgebers.

Die geringfügig beschäftigten Dienstnehmerinnen werden somit keinerlei „Schaden"
und auch sonst keinen Nachteil erleiden, da die freiwillige Versicherung nach § 19a
ASVG auch ohne Zahlung des pauschalierten Dienstgeberbeitrages fortbesteht.

Im Übrigen hatte schon nach der bisherigen Rechtslage ein Dienstgeber keinen
pauschalierten Beitrag nach § 53a ASVG zu zahlen, wenn das Entgelt der bei ihm
geringfügig Beschäftigten weniger als das Eineinhalbfache der monatlichen Gering-
fügigkeitsgrenze betrug. Auch in diesen Fällen stand für die geringfügig
Beschäftigten die freiwillige Versicherung nach § 19a ASVG uneingeschränkt zur
Verfügung.