204/AB XXII. GP

Eingelangt am 09.05.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 217/J vom 19. März 2003
der Abgeordneten Mag. Ulli Sima und Kollegen, betreffend die Position der
Bundesregierung zur geplanten Aufstockung des EURATOM-Kreditrahmens,
beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

Einleitend verweise ich in diesem Zusammenhang auf die Position dieser
Bundesregierung, die im Regierungsprogramm unter dem Titel "nuklearer
Sicherheit" festhält, die Atom-Politik auf Basis der bisherigen Entschlie-
ßungen des Nationalrates, insbesondere der Entschließung 143/E vom
10. Juli 2002 aktiv fortzusetzen. Im Rahmen von EURATOM werden daher
die Entscheidungen daran orientiert, dass keine zusätzlichen Mittel für der.
Neubau oder Kapazitätsausweitungen von AKW und die Nachrüstung von
AKW mit einer damit verbundenen Laufzeitverlängerung verwendet werden.
Daher sollen solche zusätzlichen Mittel allenfalls für Sicherheits-
Verbesserungen mit verbindlich fixierten Schließungsdaten, für Dekommis-
sionierungen von Atomanlagen oder für Endlagerprojekte verwendet werden,
wenn die Betreiber dazu aus eigener finanzieller Kraft nicht in der Lage sind.


Unter dieser Prämisse komme ich nun zur Beantwortung der konkreten
Fragen:

Zu 1.:

Ja, das von Ihnen angesprochene Non Paper wurde im Hinblick auf die
Sitzung der RAG-Finanzexperten am 30. Jänner 2003 von der Europäischen
Kommission erstellt und enthält vor allem einen historischen Überblick über
die Anzahl der Projekte und die Höhe der in den jeweiligen Staaten gewähr-
ten Darlehen. Darüber hinaus enthält es eine Liste mit „potentiellen künfti-
gen Kreditnehmern", wobei unter diesen Projekten auch die Fertigstellung
von Reaktoren in der Russischen Föderation angeführt sind.

Dieses noch inoffizielle „Non Paper" wurde jedoch von der Europäischen
Kommission zurückgezogen und durch ein revidiertes Non Paper
(„Version 2") ersetzt. In dieser Version wird ausdrücklich darauf hinge-
wiesen, dass die Liste mit den potentiellen künftigen Kreditnehmern nur
eine Liste von der Europäischen Kommission bekannten Projekten darstellt,
und mit der Nennung eines Projektes keinerlei Vorentscheidung über
künftige Darlehensgewährungen getroffen wird.

Zu 2.:

Eine österreichische Zustimmung zur Aufstockung des EURATOM-Kredit-
rahmens wird nur dann in Frage kommen, wenn zweifelsfrei sichergestellt
ist, dass die Mittel nur für die Schließung von AKW oder die Behebung von
Sicherheitsmängel bei fixen Schließungsdaten verwendet werden. Darüber
hinaus wird die Entschließung des Nationalrates vom 10. Juli 2002 (E 143-
NR/XXI. GP), die eine Euratom-Kreditrahmenerhöhung von 4 auf 6 Mrd. €
zum Bau neuer Atomkraftwerke ablehnt, und auf die auch wie bereits
erwähnt im Regierungsprogramm Bezug genommen zu beachten sein.


Zu 3.:

Die Europäische Kommission hat am 6. November 2002 zwei Vorschläge für

Änderungen von EURATOM-Entscheidungen vorgelegt:

1. Änderungsvorschlag zu Entscheidung 77/27l/Euratom (KOM (2002)
457): Aufstockung des Haftungsrahmens für EURATOM-Anleihen von
derzeit 4 Mrd. € auf 6 Mrd. €.

2. Änderungsvorschlag zu Entscheidung 77/270/Euratom (KÖM (2002)
456): Ausdehnung der möglichen Verwendung von EURATOM-Darlehen
auf Projekte zur Sicherheits- und Effizienzverbesserung sowie zur
Dekommissionierung in Mitgliedsstaaten, Erhöhung der Förderquote für
Projekte zur Sicherheits- und Effizienzverbesserung und Beteiligung an
der Finanzierung eines Brennstoff- und Materialtestreaktors.

Hinsichtlich der Mehrheitserfordernisse bei der Abstimmung, hat der juristi-
sche Dienst des Rates der Ratsarbeitsgruppe Finanzexperten am 30. Jänner
ein schriftliches Gutachten vorgelegt. Demnach hat der Beschluss über die
Rahmenerhöhung mit einfacher Mehrheit, jener über den Anwendungsbe-
reich einstimmig zu erfolgen.

Wann, und in welcher Form diese Vorschläge dem ECOFIN-Rat zur Ent-
scheidung vorgelegt werden ist derzeit nicht absehbar.

Was meine Haltung in der Sache betrifft, verweise ich auf meine Antwort zu
Frage 2.

Zu 4. bis 9.:

Die Sichtweise, wonach die österreichische Position zur Frage von
EURATOM-Krediten an der Realität vorbeigeht, ist für mich nicht nach-
vollziehbar.


Im Übrigen verweise ich auf meine Antwort zu Frage 2.

Zu 10. bis 11. und 14.:

Die Vorschläge der Europäischen Kommission werden derzeit auf Experten-
ebene geprüft. Dies erfolgt in der Ratsarbeitsgruppe Finanzexperten.
Österreich wird, wie bereits in der Vergangenheit, seine Argumente auch in
Zukunft konsequent in diese Diskussion einbringen, mit dem Ziel ein, im
Sinne der österreichischen Interessen, möglichst günstiges Ergebnis zu
erreichen.

Dabei werde ich mich, wie bereits bisher mit dem mitzuständigen Bundes-
ministerium für Land- und Forstwirtschaft-, Umwelt und Wasserwirtschaft
abstimmen.

Ich weise nochmals ausdrücklich darauf hin, dass Österreich die Auf-
stockung des Kreditrahmens selbst weder alleine noch mit Unterstützung
jener Staaten, die ebenfalls eine kritische Haltung einnehmen, verhindern
kann, weil für einen entsprechenden Beschluss eine einfache Mehrheit
ausreichend ist.

Die Entscheidung über die Änderung der Verwendung von EURATOM-
Krediten ist einstimmig zu treffen und grundsätzlich durch Österreich
verhinderbar. In diesem Falle blieben die Entscheidungen 77/27O/Euratom
und 94/ 179/Euratom unverändert in Kraft.

Zu 12. und 13.:
Nein.

Zu 15.:

EURATOM-Kredite sind kommerzielle Kredite, wobei die Mittel von der

Europäischen Kommission auf den Kapitalmärkten aufgenommen und an


die jeweiligen Darlehensnehmer weitergereicht werden. Eine Inanspruch-
nahme des EU-Haushaltes, und damit mittelbar auch Österreichs, wäre nur
für den Fall denkbar, dass ein Darlehensnehmer - im Falle von Drittstaaten
zusätzlich der Drittstaat selbst - zahlungsunfähig werden würde. Dies ist
bisher noch nie der Fall gewesen.

Im Übrigen verweise ich auf meine Antwort zu Frage l.