2229/AB XXII. GP
Eingelangt am 28.12.2004
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BM
für Gesundheit und Frauen
Anfragebeantwortung

Herrn
Präsidenten
des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 Wien
Wien, am 23. Dezember
2004
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche
parlamentarische
Anfrage Nr. 2301/J der Abgeordneten Mag. Christine
Lapp und GenossInnen wie folgt:
Frage 1:
Ziel des durch
die Tabakgesetznovelle eingeführten umfassenden Verbots der Werbung und des
Sponsorings für Tabakerzeugnisse ist einerseits - auf technischer Ebene - die
Umsetzung der Richtlinie 2003/33/EG, CELEX 32003L0033, in Zusammenschau mit der
Empfehlung des Rates 2003/54/EG, CELEX 32003H0054, sowie dem
Tabakrahmenübereinkommen der WHO WHA56.1.
Darüber hinaus
nimmt die Eindämmung des Tabakgebrauchs und in diesem Sinne die Prävention im
Bereich des Rauchens nicht
zuletzt aus folgenden Gründen einen besonderen Stellenwert in der
österreichischen Gesundheitspolitik ein:
·
Nikotinabhängigkeit ist eine in Österreich anerkannte
Suchtkrankheit. In
Österreich sterben etwa 14.000 Personen jährlich an den Folgen des
Tabakkonsums. Krankheitsbelastung und vorzeitige tabakbedingte Sterblichkeit
verursachen extrem hohe betriebs- und volkswirtschaftliche Kosten. Nach
Schätzungen des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger entstehen durch in
Zusammenhang mit Tabakkonsum stehende Sekundär-Erkrankungen (Krebs,
Herz-Kreislauferkrankungen, chronische Lungenerkrankungen) Folgekosten in Höhe
von rund 2 Milliarden Euro, das entspricht ca. 20% der Versicherungsleistungen
aller Krankenversicherungsträger.
·
Es ist in
Fachkreisen allgemein anerkannt, dass der Tabakkonsum durch Reklame, Marketing
und Werbekampagnen der Tabakindustrie gesteigert wird (vgl. hierzu u.a. auch
Empfehlung des Rates 2003/54/EG, CELEX 32003H0054). Überdies haben
Untersuchungen ergeben, dass Werbebotschaften insbesondere Kinder und
Jugendliche fesseln und bei ihnen gut in Erinnerung bleiben (vgl. „Der
Tabakepidemie Einhalt gebieten - Regierungen und wirtschaftliche Aspekte der
Tabakkontrolle“, Weltbank, 2003) - Österreich liegt bei jugendlichen Rauchern
im europäischen Spitzenfeld (vgl. HBSC-Bericht 2002).
·
Aus diesen Gründen gehören Verbote im Bereich der
Werbung und des Sponsorings in Bezug auf Tabakerzeugnisse zu dem von Österreich
ergriffenen Maßnahmenbündel zur Entgegnung der Tabakepidemie.
Frage 2:
Allfällige
Auswirkungen auf die Berufsgruppe der Tabaktrafikanten sind zur Zeit von meinem
Ressort nicht quantifizierbar.
Aus meiner
Sicht können sozialpolitische Argumente die Umsetzung der gesundheitspolitischen
Überlegungen und Gründe durch dieses Gesetzesvorhaben nicht in Frage stellen.
Sofern es tatsächlich – aus Gesundheitssicht mit diesem Vorhaben intendiert –
zu Verkaufsrückgängen bei Tabakprodukten kommt, muss der sozialpolitischen
Problematik mit geeigneten Maßnahmen, die allerdings nicht in die Zuständigkeit
meines Ressorts fallen, begegnet werden. Es wird in diesem Zusammenhang auf die
Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen (Tabakmonopolgesetz 1996,
BGBl. Nr. 830/1995 i.d.g.F.) sowie des Bundesministeriums für soziale
Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (Behindertenangelegenheiten)
verwiesen.“
Frage 3:
Allfällige
Auswirkungen auf die Medienbranche sind zur Zeit durch mein Ressort nicht
quantifizierbar.
Erfahrungen in
anderen Staaten haben gezeigt, dass es zu keinen Verlusten von Arbeitsplätzen
auf Grund der Einführung umfassender Werbeverbote (z.B. Norwegen, 1975) kam.
Auch die WHO geht nicht von einem Rückgang bei Werbeeinschaltungen aus (vgl.
Evaluating Tobacco Control Activities, WHO, 1996). Es wird daher davon
ausgegangen, dass es durch die Einführung eines umfassenden Werbe- und
Sponsoringverbots allenfalls zu einer Umschichtung der Werbemittel bzw.
-einschaltungen kommen wird und allfällige Verluste der Medienbranche - wenn
überhaupt vorhanden - marginal sein werden.
Frage 4:
In den
angesprochenen Bestimmungen des § 1 Z. 7 und 7a Regierungsvorlage zur aktuellen
Tabakgesetz-Novelle wurde - entgegen der im Anfragetext geäußerten Annahme –
die Richtlinie 2003/33/EG 1:1 umgesetzt, auch die unter § 11 Abs. 4
Regierungsvorlage zur aktuellen Tabakgesetz-Novelle statuierten Ausnahmen vom
umfassenden Tabakwerbe- und -sponsoringverbot entsprechen der Richtlinie
2003/33/EG bzw. widersprechen dieser nicht.
Zum Ziel der
über die Richtlinie 2003/33/EG hinausgehenden Bestimmungen verweise ich auf
meine Ausführungen zu Frage 1.
Frage 5:
Gemäß § 17 Abs.
2 Regierungsvorlage zur aktuellen Tabakgesetz-Novelle treten die Bestimmungen
betreffend Tabakwerbung und -sponsoring, konform mit Art. 10 Richtlinie
2003/33/EG, mit 31.7.2005 in Kraft.
Frage 6:
Nach internationalen Erfahrungen hat ein Bündel an Maßnahmen, wie es
derzeit in Österreich getroffen wird, effektiv zur Tabakkontrolle beigetragen.
Neben den gesetzlichen
Maßnahmen wurde daher in Zusammenarbeit zwischen Gesundheits- und
Unterrichtsressort und auf Basis einer im Auftrag beider Ressorts
durchgeführten Studie („Die Rolle der nationalen Politik zur Kontrolle des
Rauchens bei Jugendlichen und der Einfluss der Schule und des Elternhauses“)
das Projekt „Rauchfreie Schule“ entwickelt und initiiert.
Im Mai 2004
wurde folgendes 5-Punkte-Paket vorbereitet, das derzeit bereits im Laufen ist
und mit dem unter einem auch die WHO-Rahmenkonvention zur Tabakkontrolle
umgesetzt wird:
Auch in Österreich wird auf Grund dieses Maßnahmenbündels eine Senkung
der Zahl der nikotinabhängigen Personen auf längere Sicht erwartet.
Frage 7:
Allfällige
Auswirkungen auf Minderausgaben im Gesundheitsbereich sind zur Zeit durch mein
Ressort nicht quantifizierbar.
Frage 8:
Diese Frage ist
auf Grund der Ausnahme der Tabaktrafiken von dem in der aktuellen
Tabakgesetznovelle (siehe § 11 Abs. 4 Z 3 und 4 der Regierungsvorlage)
vorgesehenen umfassenden Tabakwerbe- und ‑sponsoringverbot nicht
nachvollziehbar.
Frage 9:
Diese Frage ist
auf Grund der Ausnahme der Tabaktrafiken von den in der aktuellen
Tabakgesetznovelle vorgesehenen Rauchverboten (siehe § 13 Abs. 4 Z. 4
der Regierungsvorlage) nicht nachvollziehbar.
Frage 10:
Dazu verweise ich auf meine
Ausführungen zu Frage 2. Ich habe mich mehrmals dahingehend geäußert und bin
bereit, mich dafür einzusetzen, dass die österreichischen Tabaktrafikanten bei
allfälligen Umsatzrückgängen adäquat unterstützt werden. Dabei wäre beispielsweise
eine Erweiterung des durch Tabaktrafikanten angebotenen Warensortiments
vorstellbar.
Zusammenfassend
bitte ich um Verständnis dafür, dass – noch dazu kürzer- bis mittelfristig
lösbar erscheinende – wirtschaftliche Friktionen, so sehr sie sozialpolitisch
ernst zu nehmen sind und von mir ernst genommen werden, keine ausreichende
Begründung dafür darstellen können, längst überfällige Maßnahmen gegen das die
öffentliche Gesundheit schwerstens beeinträchtigende Übel des Rauchens und
speziell auch des Passivrauchens zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Rauch-Kallat
Bundesministerin