2252/AB XXII. GP

Eingelangt am 31.12.2004
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BM für Justiz

 

Anfragebeantwortung

DER  BUNDESMINISTER

           FÜR  JUSTIZ

 

         BMJ-Pr7000/0058-Pr 1/2004

 

An den

Herrn Präsidenten des Nationalrates

W i e n

 

zur Zahl 2246/J-NR/2004

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „die Untersagung der Demonstration für eine Untersuchung der Todesursache von Edwin Ndupu in der Justizanstalt Stein durch den Magistrat der Stadt Krems an der Donau“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 7:

Der Vollzug des Versammlungs- und Demonstrationsrechts fällt nicht in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz.

Justizanstalten sind Einrichtungen der öffentlichen Sicherheit (Drexler, StVG, § 20 RZ 1), die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt obliegt den Vollzugsbehörden (§ 20 Abs. 2 StVG). Der Leiter der Justizanstalt Stein wurde daher vom Magistrat der Stadt Krems aufgefordert, zur Durchführung der beabsichtigten Demonstration Stellung zu nehmen.

Die Sicherheitslage in der Justizanstalt Stein ist vor allem wegen der hohen Anzahl von Insassen angespannt. Irritationen der Insassen können zu Situationen führen, in denen nicht nur die Sicherheit und Ordnung allgemein, sondern insbesondere die physische Integrität von Personen beeinträchtigt wird. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen wird bei derartigen Demonstrationen versucht, durch lautes Zurufen und Lärminstrumente eine aggressive Stimmung bei den Insassen herbeizuführen (im Aufruf zu dieser Demonstration wurde etwa ausdrücklich darauf hingewiesen: „Lärminstrumente sind erwünscht“). Das kann zu tätlichen Auseinandersetzungen unter Insassen, Selbstverletzungen, Angriffen auf das Wachepersonal oder Brandlegungen in den Hafträumen führen. Die Sicherheitslage hätte daher massiv gefährdet werden können, sodass der Leiter der Justizanstalt Stein den Magistrat Krems an der Donau ersucht hat, in Abwägung des Grundrechts auf Demonstrationsfreiheit gegenüber dem Grundrecht auf physische Integrität die beantragte Demonstration zu untersagen.

Zu 8:

In zahlreichen Medien wurde die Justizanstalt Stein als „Pulverfass“ bezeichnet und über einen kursierenden Drohbrief (z.B. NÖ-Kurier vom 29.8.2004), von „Angst und Unruhe hinter Gittern“ (Waldviertler vom 1.9.2004) von „Insassen als tickenden Zeitbomben“ (Kronenzeitung vom 29.8.2004) berichtet. Darüber hinaus wurde im Internet verbreitet, dass Edwin N. „von bis zu 20 Justizwachebeamten in voller Montur zu Tote geprügelt wurde, nachdem seine Zelle in der Justizanstalt Stein unter Einsatz von Tränengas gestürmt worden war“ (www.no-racism.net).

Zu 9:

Im Rahmen der Aufteilung der Planstellen zum Stichtag 1. Oktober 2004 wurden der Justizanstalt Stein insgesamt 342,80 Planstellen zugewiesen; von diesen Planstellen sind 317 dem Exekutivdienst zugeordnet. Mit Stichtag 1. Oktober 2004 waren in der Justizanstalt Stein – in Vollzeitkräften gerechnet - insgesamt 336,12 Bedienstete tätig, davon 305,50 im Bereich der Justizwache. Dies ergibt einen Gesamtbesetzungsgrad von 98,05% und einen Besetzungsgrad von 96,37% im Justizwachebereich.

Zu 10:

Vor allem im Nahbereich der Justizanstalt Stein sind die Anrainer und die Betreiber der öffentlichen Einrichtungen sensibilisiert. Bei tumultartigen Vorkommnissen müssen der Innen- und Außenbereich der Anstalt durch Wachepersonal abgesichert werden. Besonders an Wochenenden und Feiertagen ist das mit dem vorhandenen Personal nicht zu bewerkstelligen.

Die freie Zufahrt für Rettungskräfte (z. B. Notarzt) muss jedenfalls gewährleistet sein, weil für die Versorgung von Insassen, die sich Selbstverletzungen zufügen, kein entsprechendes Krankenpflegepersonal während eines Nachtdienstes vorhanden ist. Eine Verzögerung der ärztlichen Versorgung könnte unabsehbare - auch strafrechtliche - Folgen nach sich ziehen.

Des weiteren können zusätzliche Ausführungen von Insassen in das Krankenhaus Krems erforderlich sein, die bei begrenzter Personalstärke nicht ausreichend bewacht werden können.

Das Ersuchen um Untersagung der angekündigten Demonstration war somit im öffentlichen Wohle gelegen.

Zu 11:

Für sämtliche Justizanstalten bestehen Alarmpläne für Notsituationen, die regelmäßig aktualisiert und mit den Sicherheitsbehörden anderer Dienststellen abgestimmt werden (siehe Punkt 2.3.6. der Vollzugsordnung für Justizanstalten).

Ein wesentlicher Punkt dieser Alarmpläne ist die Zusammenarbeit mit externen Sicherheitskräften, wenn ein die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährdendes Ereignis nicht mit den Mitteln des normalen Dienstbetriebes bekämpft werden kann.

. Dezember 2004

 

(Maga. Karin Miklautsch)