2305/AB XXII. GP

Eingelangt am 14.01.2005
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMF-310205/0055-I/4/2004»

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

 

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Erledigungstext:

»Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. »2333/J vom »16. November 2004 der Abgeordneten »Mag. Johann Maier und Kollegen, betreffend »Alkopops, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass vom Bundesministerium für Finanzen bereits im Spätsommer 2004 Erhebungen zum Thema Besteuerung von Alkopops durchgeführt wurden. Dies geschah im Rahmen der Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Kollegen, Nr. 2234/J-BR, vom 22. Juli 2004, betreffend Sonderabgabe auf Alkopops. Diese Anfrage und deren Beantwortung sind als Beilage angefügt.

 

Der Grundtenor der damaligen Anfragebeantwortung war, dass die Einführung einer Sondersteuer auf Alkopops nach internationaler Erfahrung den gewünschten Zweck aus vielerlei Gründen nicht erfüllt. Dies deshalb, weil Ausweichversuche unternommen werden. Getränke werden z.B. in Verbundform verkauft (Alkohol + Fruchtkonzentrat werden zwar zusammen, aber in getrennten Behältern angeboten) oder es erfolgt eine Nachfrageverlagerung auf andere Alkoholika (z.B. auf Wein- und Bierbasis) bzw. Inhaltsstoffe, Zucker- und Säuregehalte. In einem weiteren Schritt müsste dann eine neue Definition des Besteuerungsgegenstandes erfolgen. Eine in den Materialien referenzierte (vom Bundesministerium für Finanzen jedoch nicht näher untersuchte) deutsche Studie soll sogar  zeigen, dass die Einführung der Steuer wegen des möglichen Ausweichens (z.B. auf andere Inhaltsstoffe) gesundheitspolitisch nachteilige Effekte erzielen könnte (wie z.B. Allergien).

 

Vom Bundesministerium für Finanzen wird daher  nach wie vor die Meinung vertreten, dass es primär Aufgabe der Jugendschutzgesetzgebung ist, hinsichtlich des Konsums von Alkohol (Alkopops) durch Jugendliche lenkend einzugreifen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die in der eingangs angeführten Anfragebeantwortung dargelegte Aussage des Wirtschaftsausschusses des deutschen Bundesrates (Drucksache 387/1/04) hinzuweisen, der im Zusammenhang mit der Einführung der Sonderabgabe in Deutschland empfohlen hat, den Gesetzesbeschluss des deutschen Bundestages aufzuheben. Weiters ist auch (wie ebenfalls bereits bei der Beantwortung der zitierten Anfrage) auf das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission zum Thema "Gesundheit, soziale und ökonomische Auswirkungen des Alkohols" hinzuweisen. Dieses beinhaltet die Untersuchung umfassender Maßnahmen im Bereich von Kennzeichnungsvorschriften und Werbebeschränkungen, Informations- und Aufklärungskampagnen und auch die Vereinbarung eines Verhaltenskodex für Vertrieb, Vermarktung und Werbung (Verkäuferschulungen, Etikettierung, Ausweispflichten für Jugendliche beim Kauf, Automatenverbot für Alkopops, etc.).

 

Hinsichtlich der weiteren, dem Bundesministerium für Finanzen bekannten Entwicklung ist Folgendes festzuhalten:

 

Die Europäische Kommission hat im Oktober 2004 eine Projektgruppe (Fiscalis) – der Österreich nicht angehört ‑ eingerichtet, die über die Klassifikation von alkoholischen Getränken berichten soll. Deren Arbeitsprogramm umfasst insbesondere Vergleich und Analyse der nationalen Regelungen (Klassifizierung, Umfang der Besteuerung von Alkopops) und die Ausarbeitung einer einheitlichen Lösung. Die Arbeitsaufnahme der Gruppe erfolgte am 14. Dezember 2004 auf Basis eines Berichtes (Entwurf) der Kommission an den Rat und das Parlament über die "angewandten Verbrauchsteuersätze auf Alkohol und alkoholische Getränke". In diesem Bericht (Entwurf) wird besonders auch auf den Zusammenhang zwischen Besteuerung und Gesundheitspolitik eingegangen.

 

Hinsichtlich der folgenden Fragen, welche die Situation in Frankreich, der Schweiz und Deutschland behandeln, ist darauf hinzuweisen, dass dem Bundesministerium für Finanzen die dafür notwendigen Informationen nur begrenzt zur Verfügung stehen. Eine Beantwortung konnte daher nur im Rahmen der (beschränkt) vorliegenden Informationen erfolgen.

 

Zu 1. bis 3.:

Der Steuer unterliegen nur Branntwein-Mischungen, nicht jedoch Mischungen mit Gäralkohol. Nach Einführung der zweckgebundenen Steuer im Jahr 1997 erfolgte sofort eine Produktionsanpassung, wobei auf nicht der Steuer unterliegende Komponenten / Mischungen ausgewichen wurde. Ab 1. Jänner 2005 soll eine Steuererhöhung den Verkaufspreis von Alkopops stark erhöhen. Ein durchschnittlicher Alkopops-Drink wird danach 3 bis 4 € kosten. Ebenso soll eine Etikettierungspflicht (Warnhinweise) und ein Werbeverbot für Alkoholika allgemein eingeführt werden.

 

Informationen über die konkreten Steuereinnahmen (Alkopops) für die Jahre 2003 und 2004 in Frankreich sind dem österreichischen Bundesministerium für Finanzen ebenso wenig  zugänglich, wie die konkrete Anzahl verkaufter Flaschen. Verkaufszahlen aus Vorjahren (in Zeitschriften) zeigen einen stark rückläufigen Trend.

 

Zu 4. bis 6.:

In der Schweiz beläuft sich die Steuer seit 1. Februar 2004 pro 0,275 l Flasche Mixgetränk mit destilliertem Alkohol (Branntwein, Mindest-Zuckergehalt 50 g  je Liter, konsumfertig gemischt in Flaschen) auf bis zu 2 Franken. Mischgetränke mit vergorenem Alkohol (Wein, Most, Cider, etc.) und schwach süßhaltige Mischgetränke (z.B. Panache) unterliegen nicht der Steuer.

 

Es bestehen aktuelle Vorschläge, nach denen die Bier-Komponente in Biermischgetränken um 500 % höher besteuert werden könnte. Weiters wird derzeit überlegt, ob ein neues Gesetz eventuell sämtliche alkoholischen Mischgetränke umfassen könnte.

 

Informationen über die konkreten Steuereinnahmen (Alkopops) für das Jahr 2004 (die Einführung ab 1. Februar 2004 lässt Einnahmen für 2003 nicht zu) in der Schweiz sind dem österreichischen Bundesministerium für Finanzen ebenso wenig  zugänglich, wie die konkrete Anzahl verkaufter Flaschen. Verkaufszahlen aus Vorjahren (in Zeitschriften) zeigen einen stark rückläufigen Trend.

 

Da die Steuer als Einkaufs- und Importsteuer (und nicht als Verkaufssteuer) ausgestaltet ist und die Lager im Jänner 2004 - vor Einführung der Steuer - kräftigst aufgefüllt wurden, wären die Zahlen für 2004 vermutlich auch nicht repräsentativ.

 

Zu 7.:

Einem Verweis auf eine offizielle Berechnung (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern: "Die neue Sondersteuer auf Alkopops"; ZfZ 2004 Nr. 10, S 329) ist zu entnehmen, dass auf Grund der unterjährigen Einführung für 2004 mit Einnahmen von 6 Mio € gerechnet wird. Für die folgenden Jahre werden je 12 Mio € erwartet. Dabei wird davon ausgegangen, dass durch die Einführung der Sonderabgabe der Absatz um 75 % zurückgeht, wobei allerdings keine Substitution durch andere alkoholische Getränke erfolgt. Die Mehreinnahmen aus der Sonderabgabe (nach Abzug der korrespondierenden Mindereinnahmen aus der Branntweinsteuer) sind für Maßnahmen zur Suchtprävention zweckgebunden.

 

Zu 8.:

Das deutsche Alkopop-Steuergesetz (Inkrafttreten 2. August 2004) legt fest, dass Mischgetränke mit Branntwein bzw. branntweinhaltigen Waren, die gemischt zwischen 1,2 %vol und 10 %vol Alkoholgehalt aufweisen und trinkfertig in verkaufsfertigen, verschlossenen Behältnissen abgefüllt sind, dieser Steuer unterliegen (auch in gefrorenem Zustand). Dies gilt auch, wenn die Mischungskomponenten nur in einer gemeinsamen Verpackung enthalten sind. Mischgetränke ohne Branntwein auf Basis von Wein, Bier und Ähnlichem, ebenso wie ungemischte, klassische Spirituosen fallen nicht darunter.

 

Bemessungsgrundlage ist die in den Alkopops enthaltene Alkoholmenge. Die Steuer beträgt 5.550 € je Hektoliter reinen Alkohols bei 20 Grad C. Dies bedeutet bei einem 0,275 l Behältnis mit einem Alkoholgehalt von 5,5 % eine zusätzliche Steuerbelastung von ca. 0,84 €. Die Besteuerung erfolgt nach dem Branntweinsteuerrecht.

 

Daneben bestehen allgemeine Kennzeichnungspflichten und spezifische Berichtspflichten.

 

Zu 9. und 10.:

Dem Bundesministerium für Finanzen liegen keine Informationen über die konkrete Anzahl verkaufter Flaschen vor. Die in der Anfrage angegebene Zahl von 30 Mio Flaschen kann daher nicht verifiziert werden.

 

Ein Zeitungsartikel (NEWS 33/04) weist auf einen Bereich von etwa 9 Mio Stück hin.

 

Zu 11. und 12.:

Die Einführung einer möglichst hohen Abgabe und damit eines möglichst hohen Verkaufspreises je Alkopop-Getränk sollte zwar theoretisch im Einzelfall präventiv wirken, doch kann die effektive Wirkung möglicherweise - wie von Fachleuten behauptet - an der tatsächlich nur beschränkt wirkenden Präventivwirkung einer hohen Tabaksteuer  im Bereich des Zigaretten-Konsums gemessen werden.

 

Darüber hinaus dürfte durch Einführung einer Sonderabgabe auf nur bestimmte Alkohol-Mischgetränke die Tendenz zur Entwicklung, Produktion bzw. Konsumation von - nicht mit der Abgabe belasteten - Alternativen (inklusive ungebündeltem Erwerb der Komponenten) aber nur umso stärker gefördert werden.

 

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Besteuerung von Alkopops nur dann EU-rechtlich unbedenklich erscheint, wenn die Steuer aus gesundheitspolitischen Gründen eingeführt wird und eine Widmung zugunsten der Krankenversicherung erfolgt. Nach den in Frankreich gemachten Erfahrungen ist davon auszugehen, dass nur mit einem geringen Abgabenaufkommen zu rechnen ist. Eine grobe Schätzung beläuft sich auf Einnahmen in Höhe von maximal 3 bis 5 Mio €. Dies würde daher die Einführung einer neuen Bagatellsteuer in Österreich bedeuten, was den Intentionen der Bundesregierung eindeutig widerspricht. Abgaben mit wesentlich höherem Aufkommen wurden bei der letzten Steuerreform als Bagatellsteuern abgeschafft (Schaumweinsteuer).

 

Letztlich bleibt festzuhalten, dass die Einführung einer Steuer auf Alkopops aus Gründen des Jugendschutzes im Endeffekt "eine Kapitulation vor der Durchsetzung bestehender Gesetze" bedeutet, wie der Wirtschaftsausschuss des deutschen Bundesrates (Drucksache 387/1/04) festgestellt hat. Aus heutiger Sicht wird daher die Einführung einer Sonderabgabe auf Alkopops vom Bundesministerium für Finanzen nicht befürwortet. Nach Meinung meines Ressorts kann der angepeilte Zweck des Schutzes der Jugendlichen (bis 18 Jahren), der ausdrücklich begrüßt wird, nur durch einen konsequenten Vollzug der bestehenden und eventuell zu adaptierenden Regelungen zum Jugendschutz erreicht werden, wobei beispielsweise auf die Angleichung des Schutzalters bundesweit auf 18 Jahre und die von der Europäischen Kommission vorgesehenen Maßnahmen der Bewusstmachung und zur Vermarktungsbeschränkung hinzuweisen ist.

 

Beilage

 

Mit freundlichen Grüßen

Karl-Heinz Grasser eh.

 

 

Anmerkung der Parlamentsdirektion:

Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image zur Verfügung.