236/AB XXII. GP
Eingelangt am 19.05.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Bundesministerium für Wirtschaft und
Arbeit
Anfragebeantwortung
In Beantwortung der schriftlichen
parlamentarischen Anfrage Nr. 209/J betreffend
Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, welche die Abgeordneten Theresia
Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen am 19. März 2003 an mich richteten, stelle
ich
fest:
Antwort zu den Punkten 1 bis 3 der Anfrage:
Im Jahre 1998 wurde im
Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst eine Arbeitsgruppe
eingerichtet, die ausgehend von Art. 7 Abs. 1 dritter und vierter Satz B-VG die
Aufgabe hatte, die Bundesrechtsordnung im Hinblick auf Bestimmungen zu durch-
forsten, die Behinderte benachteiligen. Diese Gruppe setzte sich aus Vertretern
der
Ministerien, von Behindertenorganisationen sowie von Vertretern der zum
damaligen
Zeitpunkt im Nationalrat vertretenen Parteien zusammen. Der Abschlußbericht der
Arbeitsgruppe wurde dem Nationalrat übermittelt (178 Blg NR XX. GP).
Betreffend die Umsetzung der dort angeführten Maßnahmen
darf ich auf die
Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 4385/J verweisen.
Zur Frage Durchforstung der
Berufsausbildungs-, Ausübungs- und Zugangsgesetze
auf Benachteilung behinderter Menschen darf folgendes festgestellt werden:
-2-
Das Berufsausbildungsgesetz (BAG) enthält
einige Bestimmungen, die einer Be-
nachteiligung behinderter Menschen aktiv entgegenwirkt.
Zu erwähnen sind die Vorlehre, die
Vorsorge zur Verbesserung der Eingliederung
von benachteiligten Jugendlichen mit persönlichen Vermittlungshindernissen in
das
Berufsleben trifft.
Personen, die im Rahmen einer Vorlehre
ausgebildet werden, sind in Bezug auf die
Berufsschulpflicht Lehrlingen gleichgestellt.
Hiezu kommen die Bestimmungen betreffend
Lehrabschlussprüfung, die vorsieht,
dass die Lehrlingsstellen die geeigneten Maßnahmen zur Durchführung der Lehrab-
schlussprüfung bei Behinderten zu treffen haben.
Weiters zu erwähnen ist, dass die Ablegung
der Lehrabschlussprüfung im so ge-
nannten "Zweiten Bildungsweg" ohne vorherige Absolvierung einer
formellen Lehr-
ausbildung möglich ist, sowie die Bestimmung betreffend besondere selbständige
Ausbildungseinrichtungen, die Jugendlichen, die auf Grund körperlicher
Behinderung
oder sozialer Beeinträchtigung in Wirtschaftsunternehmen nur schwer
entsprechend
Beschäftigungs- bzw. Ausbildungsmöglichkeiten finden würden, ermöglicht, in
einer
einem Lehrverhältnis ähnlichen Form die erforderlichen Fertigkeiten und
Kenntnisse
eines Lehrberufes zu erlernen.
Bei der Meisterprüfung ist bei behinderten
Prüfungskandidaten auf die Erfordernisse
des Behinderten in besonderer Weise Bedacht zu nehmen; die Anrechnungsbe-
stimmungen kommen für Behinderte in derselben Weise zur Anwendung wie für
nicht behinderte Personen und erfassen als Sonderbestimmung zusätzlich nicht-
schulische Ausbildungseinrichtungen für behinderte Personen.
Mit der Novellierung des in Begutachtung
befindlichen Berufsausbildungsgesetzes
soll ein weiterer wesentlicher Schritt gesetzt werden, um der Diskriminierung
von
Menschen mit Behinderungen entgegenzuwirken:
-3-
Am Zuge der Integrativen Berufsausbildung
sind zur Verbesserung der Eingliede-
rung von benachteiligten Jugendlichen mit persönlichen Vermittlungshindernissen
in
das Berufsleben folgende Regelungen vorgesehen:
Im
Lehrvertrag kann eine längere Lehrzeit vereinbart werden.
Weiters kann in einem Ausbildungsvertrag die Festlegung einer Teilqualifikation
durch Einschränkung auf bestimmte Teile des Berufsbildes eines Lehrberufes,
allen-
falls unter Ergänzung von Fertigkeiten und Kenntnissen aus Berufsbildern
weiterer
Lehrberufe, vereinbart werden.
Für die Ausbildung in einer integrativen
Berufsausbildung kommen Jugendliche in
Betracht, die das Arbeitsmarktservice nicht in ein Lehrverhältnis vermitteln
konnte
und auf die eine der folgenden Voraussetzungen zutrifft:
1. Jugendliche, die am Ende der Pflichtschule
sonderpädagogischen Förderbedarf
hatten und zumindest
teilweise nach dem Lehrplan einer Sonderschule unter-
richtet wurden, oder
2. Jugendliche ohne Hauptschulabschluss bzw. mit negativem
Hauptschulab-
schluss, oder
3. Behinderte im Sinne des
Behinderteneinstellungsgesetzes bzw. des jeweiligen
Landesbehindertengesetzes, oder
4. Jugendliche, von denen im Rahmen einer
Berufsorientierungsphase oder einer
nicht erfolgreichen
Vermittlung in ein Lehrverhältnis angenommen werden muss,
dass für sie aus
persönlichen Gründen in absehbarer Zeit keine Lehrstelle ge-
funden werden kann.
Behinderten Personen soll insbesondere
zugute kommen, dass das Ausbildungsver-
hältnis im Rahmen einer integrativen Berufsausbildung durch die Berufsausbil-
dungsassistenz begleitet und unterstützt wird. Diese Aufgabe wird durch das
Arbeits-
marktservice, das Bundessozialamt oder einer Gebietskörperschaft bzw. eine Ein-
richtung einer Gebietskörperschaft erfüllt. Diese können wiederum bewährte Ein-
richtungen auf dem Gebiet der sozialpädagogischen Betreuung und Begleitung mit
der Durchführung der Berufsausbildungsassistenz betrauen. Die
Berufsausbildungs-
-4-
assistenz legt das Ausbildungsziel und die
Dauer der integrativen Ausbildung ge-
meinsam mit den Vertragsparteien fest.
Auch nach Absolvierung einer
Teilqualifizierung ist eine Lehrabschlussprüfung vor-
gesehen.
Auf Grund des erfolgreichen Erwerbs der im
Ausbildungsvertrag vereinbarten Fertig-
keiten und Kenntnisse ist der Absolvent berechtigt, sich als "Angelernte
Fachkraft"
auf dem Gebiet der betreffenden beruflichen Tätigkeit zu bezeichnen.
Es besteht grundsätzlich die Verpflichtung
zur Weiterverwendung von Personen, die
die integrative Berufsausbildung absolviert haben. Dies ist nur dann nicht der
Fall,
wenn der Lehrberechtigte den Lehrling bzw. dessen gesetzlichen Vertreter nach-
weislich mindestens zwei Monate vor Vertragsende auf die Beendigung der inte-
grativen Berufsausbildung hingewiesen hat.
Bei der bereits erwähnten Bestimmung zur
Lehrabschlussprüfung, wonach die Lehr-
abschlussprüfung im so genannten "Zweiten Bildungsweg" abgelegt
werden kann,
ohne dass vorher eine formelle Lehrausbildung absolviert worden sein muss, ist
insofern eine Änderung vorgesehen, als dies nicht erst nach Vollendung des 20.,
sondern bereits nach Vollendung des 18. Lebensjahrs möglich ist.