237/AB XXII. GP

Eingelangt am 20.05.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfragebeantwortung

BM für Bildung, Wissenschaft und Kultur

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 210/J-NR/2003 betreffend Diskriminierung von
Menschen mit Behinderungen, die die Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kolle-
gen am 19. März 2003 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

Ad 1. und 2.:

Diesbezüglich verweise ich auf die grundsätzlichen Ausführungen in der Beantwortung der Anfrage
Nr. 201/J-NR/2003 durch den Bundeskanzler. Selbstverständlich ist auch das Bundesministerium
für Bildung, Wissenschaft und Kultur bereit, an der auf Basis des Regierungsprogramms für die
XXII. Gesetzgebungsperiode eingerichteten Arbeitsgruppe mitzuwirken.

Ad 3.:

Frau A. wurde als außerordentliche Studierende zum Studium an der Pädagogischen Akademie des
Bundes in Oberösterreich zugelassen. Dabei handelte es sich um eine Entscheidung des Direktors
gemäß § 25 Abs. 2 Akademien-Studiengesetz 1999. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung sind
Studierende „ohne Bedachtnahme auf die (gesetzlichen) Aufnahmsvoraussetzungen" als außeror-
dentliche Studierende zuzulassen, wenn freie Studienplätze zur Verfügung stehen und eine Teilung
der Lehrveranstaltung dadurch nicht erforderlich ist.

Mit Frau A. wurde vor Beginn des Studiums ein Beratungsgespräch (10. September 2002) im Rah-
men der Überprüfung der sprachlichen Eignung geführt. Mit Frau A. wurde eine „bedingte Auf-
nahme" bis Beginn des Wintersemesters 2003/04 vereinbart. Weiters wurde festgestellt, dass nach
den beiden ersten Ausbildungssemestern von einem Berater/innen-Team zu entscheiden sei, ob das
Studium durchgeführt werden kann. Somit bleibt es, entsprechend der bisherigen Vorgangsweise in


diesem Fall, in der Zuständigkeit des Direktors der Akademie, über die weiteren Schritte zu ent-
scheiden.

Ad 4.:

Die meisten hörbehinderten Kinder verfugen zumindest über Hörreste; eine 100%ige Gehörlosig-
keit ist sehr selten. Es ist daher sehr wichtig, die vorhandenen Hörreste für die (lautsprachliche)
Kommunikation zu nutzen. Zusätzlich haben rund 90% der hörbehinderten Kinder hörende Eltern
und Geschwister, die neben allen anderen Überlegungen an einer Kommunikation in der Lautspra-
che ein vehementes Interesse haben (diesbezüglich ist auch auf die zunehmende Verwendung von
Cochlearimplantaten hinzuweisen). Der Einsatz der Gebärdensprache im Unterricht ist daher di-
daktisch zu definieren und nicht über die Sinnestüchtigkeit einer Lehrerin oder das von ihr be-
herrschte Sprachsystem.

Die grundsätzliche Frage der Zulassung von Menschen mit Behinderung zum Studium an Pädago-
gischen Akademien kann daher nicht eindimensional behandelt, sondern muss auch auf der Grund-
lage einer genauen und verantwortlichen Bedarfsdefinition der Schülerinnen und Schüler (und nicht
zuletzt der Interessen der präsumtiven Dienstgeber der behinderten Lehrerinnen und Lehrer auf
Landesebene) beantwortet werden. Schließlich haben sich immer mehr Kinder und ihre Eltern und
Geschwister für einen hörgerichteten Spracherwerb entschieden und dafür oft beträchtliche persön-
liche und materielle Investitionen getätigt.