2476/AB XXII. GP

Eingelangt am 14.03.2005
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BM für Gesundheit und Frauen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGF-11001/0004-I/A/3/2005

Wien, am      10. März 2005

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 2495/J der Abgeordneten Mag. Maier und GenossInnen wie folgt:

 

Fragen 1 und 2:

Dazu teilte der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger Folgendes mit:

 

„In den Jahren 2001 bis 1. Halbjahr 2004 wurden für Celebrex-Packungen lt. folgender Tabelle Kosten übernommen:

 

Celebrex-Verordnungen (alle Stärken und Packungsgrößen):

2000

2001

2002

2003

1. Halbj. 2004

3.175

92.970

169.030

227.490

132.857

(Quelle: maschinelle Heilmittelabrechnung des Hauptverbandes)

 

Da dem Hauptverband keine patientenbezogenen Daten zur Verfügung stehen, ist eine Angabe über die Anzahl von Celebrex-PatientInnen nicht möglich.“

 

Frage 3:

Ob Celebrex für Schlaganfälle, Herzinfarkte oder sogar Todesfälle verantwortlich ist, kann auch für Österreich weder bestätigt noch ausgeschlossen werden. Schmerz– und Rheumapatient/inn/en nehmen üblicherweise mehrere Medikamente gleichzeitig ein und es ist daher nicht möglich, eine Nebenwirkung mit Sicherheit auf ein bestimmtes Arzneimittel zurückzuführen.

 

Frage 4:

In den letzten 5 Jahren sind insgesamt 46 Meldungen über unerwünschte Nebenwirkungen vom Zulassungsinhaber der Arzneispezialität Celebrex (ursprünglich Fa. Pharmacia, später Pfizer) und von Ärzt/inn/en übermittelt worden.

 

Frage 5:

2000 wurden 10 Meldungen (davon 3 schwerwiegende), 2001 17 (5),

2002 7 (2), 2003 6 (1) und 2004 ebenfalls 6 (0) Meldungen über unerwünschte Arzneimittelwirkungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Celebrex eingebracht. Jede einzelne Meldung wird unmittelbar nach der Übermittlung einer ersten Bewertung durch die zuständige Fachabteilung unterzogen. Dabei wird insbesondere die Wahrscheinlichkeit der Verursachung der Nebenwirkung durch eines der angewendeten Arzneimittel und ein der Fachinformation entsprechender Einsatz der Arzneispezialität beurteilt. Einige Fälle betreffen Nebenwirkungen, die in der Fachinformation aufscheinen. In vielen Fällen sind keine Folgeerscheinungen zu beobachten und die Patient/inn/en sind nach Absetzen der Arzneispezialität ohne bleibende Schäden wiederhergestellt.

Alle gemeldeten Fälle werden einer wissenschaftlichen Beurteilung zugeführt. Bei besonders schwerwiegenden Fällen, vor allem, wenn eine Hospitalisierung der Patientin/des Patienten erforderlich war, erfolgt zur Beurteilung des kausalen Zusammenhangs zwischen Arzneimittelanwendung und unerwünschter Wirkung und zur Vorbereitung der erforderlichen Maßnahmen eine ausführliche Begutachtung durch eine/n Amtsachverständige/n.

Auch die auf europäischer Ebene stattfindenden Diskussionen fließen in die Nutzen-Risikobewertung ein.

 

Frage 6:

Der Arzneimittelsicherheitsausschuss, ein Unterausschuss des Arzneimittelbeirats, der konkret für alle Probleme der Arzneimittelanwendung und Sicherheit zuständig ist, wird regelmäßig über alle gemeldeten Zwischenfälle und unerwünschten Arzneimittelwirkungen informiert. Darüber hinaus wird zu besonders auffälligen oder kritischen Produkten oder Produktgruppen eine Empfehlung des Arzneimittelsicherheitsausschusses betreffend erforderliche Maßnahmen und zur Nutzen-Risikobewertung eingeholt. Hinsichtlich der COX-2 Hemmer erfolgte eine Befassung des AMSICH in der Sitzung vom 16. November 2001. Dem Ausschuss wurde damals ein Entwurf zu einer Arzneimittelinfo an alle Ärztinnen und Ärzte vorgelegt.

 

Frage 7:

Der Ausschuss hat die beiliegende Informationsaussendung (Beilage A) zur Arzneimittelsicherheit an alle Ärztinnen und Ärzte („Rote Hand“) empfohlen. Auch in diesem Zusammenhang wurden die Ärztinnen und Ärzte um weitere Meldungen zu dieser Produktgruppe ersucht. Da sowohl die Zahl der Meldungen als auch der Prozentsatz der schwerwiegenden Nebenwirkungen und Hospitalisierungen stark rückläufig ist, kann davon ausgegangen werden, dass diese Information über die Nebenwirkungen von COX-2 Hemmern von den Ärztinnen und Ärzten zur Kenntnis genommen wurde und seitdem eine gegenüber der Einführungsphase kritischere Indikationsstellung erfolgt.

 

Frage 8:

Dazu teilte der Hauptverband Folgendes mit:

„Celebrex ist derzeit im neuen Erstattungskodex frei verschreibbar in der Indikation:

 

‚Zur Behandlung der schmerzhaften OSTEOARTHROSE bei Patienten über dem 65. Lebensjahr oder Ulcus in der Anamnese oder bei Antikoagulation; nicht in Verbindung mit Magenschutz und nicht in Kombination mit anderen NSAR und nicht bei gleichzeitiger ASS-Dauertherapie. Zur Behandlung der schmerzhaften chronischen POLYARTHRITIS ; nicht in Verbindung mit Magenschutz und nicht in Kombination mit anderen NSAR und nicht bei gleichzeitiger ASS-Dauertherapie.’ angeführt.

 

Aufgrund der im letzten Jahr bekannt gewordenen Daten (insbesondere zum kardiovaskulären Risiko der selektiven COX-2 Hemmer) leitete der Hauptverband mit Schreiben vom 18.10.2004 ein Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 Z 1 ein. Das Verfahren ist aufgrund des in der VO-EKO vorgesehenen Verfahrensablaufes noch nicht abgeschlossen.“

 

Frage 9:

Dazu nahm der Hauptverband wie folgt Stellung:

„Wie aus der Beantwortung der Frage 8 hervorgeht, nimmt der Hauptverband bzw. die für die Frage der Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex im Hauptverband eingerichtete unabhängige und weisungsfreie Heilmittel-Evaluierungs-Kommission aufgrund der vorliegenden Studiendaten zu Celebrex eine kritische Haltung ein. Ein zusätzlicher Patientennutzen im Vergleich zu bereits im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialitäten erscheint aus heutiger Sicht nicht mehr in dem Ausmaß gegeben, wie zum Zeitpunkt der Aufnahme von Celebrex in das Heilmittelverzeichnis.

 

Dies entspricht auch dem Erlass des BMGF vom 23.12.2004.“

 

Frage 10:

Es bestand und besteht kein fachlicher Anlass, den OSR mit Fragen zu befassen, zu deren Behandlung ohnehin gesetzlich determinierte medizinische bzw. pharmazeutische Fachgremien bestehen.

 

Frage 11:

Die Österreichische Ärztekammer teilte mit, dass eine Stellungnahme zum derzeitigen Zeitpunkt nicht möglich ist, da noch keine ausreichenden Auswertungen aus Studien vorliegen und die diesbezügliche Prüfung durch den Hauptverband jedenfalls abzuwarten sei.

 

Fragen 12 bis 15:

Ein erhöhtes Risiko für Herz – und Gefäßkrankheiten (bei gleichzeitig gesenktem Risiko für Magen/Darm–Geschwüre) wurde für die Wirkstoffgruppe der COX–2 Hemmer schon kurz nach deren Markteinführung bekannt. Das hat bereits Anfang 2004 zu einer Nutzen/Risiko–Bewertung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMEA) geführt.

 

Aufgrund der Marktrücknahme des COX–2 Hemmers Rofecoxib (Markenname: Vioxx) durch die Firma MSD wurde im Herbst 2004 durch die Europäische Arzneimittelagentur ein weiteres Nutzen/Risiko-Bewertungsverfahren für alle COX–2 Hemmer eingeleitet.

 

Der wissenschaftliche Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) prüft derzeit neuerlich das Nutzen/Risiko–Verhältnis für alle COX–2 Hemmer und hat in seiner Sitzung am 18.1.2005 eine Anhörung aller betroffenen Firmen (u.a. auch mit der Fa. Pfizer) durchgeführt; eine abschließende Stellungnahme des CHMPs ist spätestens Mitte März 2005 zu erwarten. Dabei arbeitet die Europäische Arzneimittelagentur eng mit der US-Zulassungsbehörde FDA zusammen. Eine Aufhebung der Zulassung von Celebrex in Österreich durch das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen zum gegenwärtigen Zeitpunkt stünde in krassem Widerspruch zu den EU–Verfahren der Arzneimittelüberwachung und ist nicht vorgesehen (s. dazu auch die offizielle Pressemitteilung der EMEA, Beilage B).

 

Fragen 16 und 17:

Im Zusammenhang mit der in der EU geführten Diskussion wurden am 23.12.2004 die Landeshauptleute, Landessanitätsdirektoren und Kammern mittels Erlass (siehe Beilage C) betreffend die Anwendung von COX-2 Inhibitoren in Kenntnis gesetzt.

 

Die Befassung des Arzneimittelbeirates erfolgte nicht, da die Analysen der Daten durch die Expert/inn/engremien der EMEA durchgeführt werden und Empfehlungen an die Mitgliedstaaten weitergegeben werden; hinsichtlich des Obersten Sanitätsrates verweise ich auf meine Ausführungen zu Frage 10.

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Maria Rauch-Kallat

Bundesministerin

 

Beilagen

 

 

Anmerkung der Parlamentsdirektion:

 

Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image (siehe Anfragebeantwortung gescannt) zur Verfügung.