2568/AB XXII. GP

Eingelangt am 25.03.2005
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMF-310205/0009-I/4/2005

»

 

 

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

Erledigungstext:

»Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2550/J vom 26. Jänner 2005 der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen, betreffend "Manipulationen von Euro-Automaten durch neue türkische Lira Münzen", beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Vorab möchte ich festhalten, dass die Bekämpfung krimineller Mani-
pulationen von Automaten nicht in die Zuständigkeit des Bundes-
ministeriums für Finanzen fällt. Selbstverständlich verurteile ich die Erfüllung strafrechtlich relevanter Tatbestände nicht nur in diesem Zusammenhang auf das Schärfste. Jedoch habe ich vollstes Vertrauen in die hervorragende Arbeit der österreichischen Exekutive und der Justiz. Ein wesentliches Moment ist in diesem Zusammenhang die Aufklärung über Kriminalität und die davon ausgehenden Risiken. Diese Kompetenz fällt nach § 2 Bundesministeriengesetz 1986 (Anlage F Z 1 der Anlage zu § 2) in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Inneres.

 

Im Hinblick auf die Bestimmungen des Art. 94 B-VG und das Grund-
verständnis des Interpellationsrechtes gemäß § 90 GOG ist es mir nicht möglich, zu Fragen Stellung zu nehmen, die straf- bzw. zivilrechtliche Sachverhalte betreffen oder diesbezüglich einschlägige Empfehlungen auszusprechen.

 

Da jedoch die Münze Österreich Aktiengesellschaft hinsichtlich der Ein-
haltung gesetzlicher Vorgaben bei der Herstellung von Scheidemünzen gemäß § 4 Scheidemünzengesetz 1988 der Aufsicht des Bundesministeriums für Finanzen unterliegt, habe ich von der Münze Österreich eine Stellung-
nahme zu den einzelnen Fragestellungen eingeholt.

 

In diesem Zusammenhang weise ich aber auch darauf hin, dass es keine völkerrechtlich bindende Regelung gibt, die einen einzelnen Staat zwingen könnte, in der Münzgeldgestaltung bestimmte Unterschiede zu gesetzlichen Zahlungsmitteln anderer Länder einzuhalten. Es besteht hier lediglich das Verbot der Falschmünzerei. Daher kann ich dem Ministerrat realistischer Weise keine Maßnahmen gegenüber der Türkei vorschlagen. Wie mir berichtet wird, konnte allerdings in Gesprächen mit hochrangigen Vertretern der Türkei bereits die Zusage der Einhaltung von allenfalls noch steigerungs-
fähigen Spezifikationsunterschieden zu den Euromünzen erreicht werden.

 

Zum Schutz vor Fälschungen und vor Missbrauch mit nominell minder-
wertigen Münzstücken wurden bei den Euro-Münzen Sicherheitsmerkmale implementiert. Dazu gehören insbesondere die standardisierte elektrische Leitfähigkeit und eindeutige magnetische Eigenschaften. Diese Qualitäts-
merkmale wurden zum Schutz der Bevölkerung vor kriminellen Manipulationen mit relativ großem Aufwand und auch erheblichen Kosten implementiert. Um die präventiven Maßnahmen auch nutzen zu können, muss allerdings beim Einsatz von Automaten auf den Einsatz eines geeigneten und entsprechend justierten Systems geachtet werden. Automateninhabern und –betreibern empfehle ich daher, ihre Geräte, soweit dies nicht ohnehin bereits geschehen ist, so bald wie möglich auf geeignete Systeme umzustellen. Bei dieser Empfehlung stütze ich mich auf die Expertise der Münze Österreich AG. Auch die zur Begleitung der mittlerweile erfolgten Euro-Umstellung beim damaligen Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten eingerichtete Euro-Preiskommission ist in einem ähnlich gelagerten Fall zum selben Schluss gekommen. In der Anfragebeantwortung 3460/AB vom 23. April 2002 (XXI.GP) wurde dazu ausgeführt: "Die Euro-Preiskommission nahm zur Kenntnis, dass zweckdienliche Maßnahmen nur von den Automatenherstellern und -betreibern gesetzt werden können und – wohl auch in deren Interesse - verstärkt gesetzt werden, sodass damit zu rechnen ist, dass diese Problematik zunehmend an Bedeutung verlieren wird. Es erscheint daher derzeit nicht erforderlich, weitere Maßnahmen zu empfehlen."

 

Was den rein technisch-empirischen Teil der Anfrage entspricht, so stützte ich mich in meiner Darstellung auf eine dazu eingeholte Stellungnahme der Münze Österreich AG.

 

Nun zu den konkreten Fragen:

 

Zu 1.:

Wie die Münze Österreich AG mitteilt, weisen zwei mit 1. Jänner 2005 in Umlauf gebrachte türkische Münzen in ihrem äußeren Erscheinungsbild und auch in einigen technischen Eigenschaften tatsächlich Ähnlichkeiten mit den 2 Euro- bzw. den 1 Euro-Münzen auf. Es handelt sich dabei um die Münzen mit einem Nennwert von 1 Yeni Lira und 50 Yeni Kurus

 

In nachstehender Tabelle sind die technischen Merkmale der 1 Yeni Lira- und der 50 Yeni Kurus-Münzen im Vergleich zu den 2 und 1 Euro-Münzen dargestellt.


 

techn. Eigenschaften *)

1 Yeni LIRA

2 EURO

50 Yeni KURUS

1 EURO

Gewicht

8,50 g x)

8,50 g x)

7,00 g

7,50 g

Durchmesser

26,15 mm

25,75 mm

23,85 mm

23,250 mm

Dicke am Rand

1,95 mm

2,20 mm

1,95 mm

2,33 mm

Magnetismus

nein

ja

nein

ja

elektr. Leitfähigkeit (Kern)

17,50 %

13,8 %

8,05 %

5,5 %

*) für Menge produziert nach  Modifikation (11/04)

60 Mio. Stück

 

65 Mio. Stück

 

 

 

 

 

 

Dicke am Rand **)

2,15 mm x)

2,20 mm x)

2,15 mm

2,33 mm

elektr. Leitfähigkeit (Kern)

16,40 %

13,8 %

6,50 %

5,5 %

*) für Menge produziert vor Modifikation (11/04)

170 Mio. Stück

 

160 Mio. Stück

 

x) Fett markiert = identisch bzw. im Toleranzbereich überschneidend

 

Der Vergleich zeigt, dass in den meisten Merkmalen keine absolute Identität gegeben ist. Insbesondere die magnetischen Eigenschaften sind eindeutig unterschiedlich.

 

Identität besteht lediglich beim Gewicht der 1 Yeni-Lira-Münze und der 2 Euro-Münze. Bei einem Teil der 1 Yeni Lira-Münzen besteht eine sich im Toleranzbereich überschneidende Ähnlichkeit der Randstärke mit den 2 Euro-Münzen.

 

Wie in der Antwort zu Frage 8 dargestellt, wurden von türkischer Seite nach Intervention durch die Europäische Kommission geringfügige Spezifikations-
änderungen zugestanden. Bei den seit November 2004 produzierten Münzen ist daher bei der Randstärke keine sich im Toleranzbereich überschneidende Ähnlichkeit mehr gegeben.

 


Zu 2.:

Über die Umrüstkosten für jene in Österreich im Einsatz befindlichen Automaten, deren technische Ausstattung oder Justierung derzeit noch keine verlässliche Unterscheidung zwischen den türkischen Münzen und Euro-Münzen ermöglicht, liegen weder der Münze Österreich AG, noch dem Bundesministerium für Finanzen Angaben vor.

 

Nach Informationen, die die Münze Österreich AG von der mit dieser Frage befassten Dienststelle OLAF der EU-Kommission erhalten hat, sind von den europaweit in Verwendung stehenden 8 bis 9 Millionen Automaten etwa
1,35 Millionen von der Verwechslungsmöglichkeit potenziell betroffen. In den meisten Fällen davon (etwa 1 Million Einheiten) soll eine entsprechende technische Anpassung mit einem Aufwand von 15 bis 90 Euro pro Einheit möglich sein. Für etwa 100.000 Einheiten gibt es definitiv keine Lösungs-
möglichkeit. Hier müssen die betreffenden Münzprüfer außer Betrieb genommen werden, möchte man einen Missbrauch nicht in Kauf nehmen. Darüber hinaus werden Probleme bei etwa 5.500 Sortiermaschinen, wie sie z.B. bei Banken im Einsatz sind, gesehen.

 

Zu 3.:

Die Tatsache, dass die beiden türkischen Münzkategorien von einem Teil der Euro-Automaten nicht erkannt werden, ist laut Expertise der Münze Österreich AG im Wesentlichen auf zwei Umstände zurückzuführen: Zum einen verifizieren die in manchen Automaten verwendeten Münzprüfer die magnetischen und die elektrischen Eigenschaften der eingeworfenen Münzen nicht oder nur teilweise. Zum anderen wurde die Justierung der Münzprüfer mit zu großen Toleranzen vorgenommen.

 

Zu 4.:

Wie mir berichtet wird, sind derartige Probleme nur noch in Bezug auf die thailändische 10 Baht-Münze bekannt geworden. Das Thema der Manipula-
tionen von Automaten durch 10 Baht-Münzen war Gegenstand der Beant-
wortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 3611/J vom 13. März 2002. Weitere ähnliche Möglichkeiten einer missbräuchlichen Verwendung ausländischer nominell minderwertiger Münzen sind mir bisher nicht bekannt geworden.

 

Zu 5.:

Nach Mitteilung der Münze Österreich AG haben sich die in Österreich bisher festgestellten gefälschten Euro-Münzen für den missbräuchlichen Einsatz in zeitgemäß ausgerüsteten und korrekt justierten Verkaufs-
automaten als nicht geeignet erwiesen.

 

Zu 6. und 13.:

Zweckdienliche Maßnahmen können gemäß den Schlussfolgerungen der Münze Österreich AG nur von den Automatenherstellern und -betreibern gesetzt werden.

 

Wie bereits einleitend ausgeführt, kann Automateninhabern und –betreibern nur geraten werden, ihre Geräte, soweit dies nicht ohnehin bereits geschehen ist, so bald wie möglich auf geeignete Systeme umzustellen. Zum Schutz vor Fälschungen und vor Missbrauch mit nominell minderwertigen Münzstücken wurden bei den Euro-Münzen Sicherheitsmerkmale implemen-
tiert. Dazu gehören insbesondere die standardisierte elektrische Leitfähigkeit und eindeutige magnetische Eigenschaften. Diese Qualitätsmerkmale wurden zum Schutz der Bevölkerung vor kriminellen Manipulationen mit relativ großem Aufwand und auch erheblichen Kosten implementiert. Um die präventiven Maßnahmen auch nutzen zu können, muss allerdings beim Einsatz von Automaten auf den Einsatz eines geeigneten und entsprechend justierten Systems geachtet werden.


Zu 7. und 8.:

Da die EZB auf dem Gebiet des Münzwesens keine Zuständigkeit hat, sind Vorschläge an die EZB nicht zielführend.

 

Wie mir von der Münze Österreich AG mitgeteilt wurde, ist die
EU-Kommission (OLAF) mit diesem Thema bereits seit Sommer des Vor-
jahres befasst. Sie hat auch Gespräche mit hochrangigen Vertretern der Türkei geführt. Dabei wurden von türkischer Seite geringfügige Spezifikationsänderungen zugestanden (siehe Tabelle zu 1.). Die Prüfung eventueller späterer gravierenderer Änderungen wurde zugesagt. Auch haben sich die türkischen Behörden verpflichtet, durch spezielle Kontrollen die unbefugte Ausfuhr von Münzen zu verhindern.

 

Es gibt – abgesehen von dem Verbot der Falschmünzerei - keine völker-
rechtlich bindende Regelung, die einen einzelnen Staat zwingen könnte, in der Münzgeldgestaltung bestimmte Unterschiede zu gesetzlichen Zahlungs-
mitteln anderer Länder einzuhalten. Daher kann ich dem Ministerrat realistischer Weise keine Maßnahmen gegenüber der Türkei vorschlagen.

 

Zu 9. und 10.:

Bereits seit Jahrzehnten existiert ein von der „Mint Directors Conference“, einer Organisation von über 40 Münzstätten aus allen Kontinenten, eingerichtetes „Coin Register Office (CRO)“. Diesem sind auf freiwilliger Basis die technischen Eigenschaften von Umlaufmünzen zu melden. Es ist auch bei Einführung neuer Umlaufmünzen zu konsultieren, um eine Ähnlichkeit von Münzen von vornherein auszuschließen. Allerdings bestehen keine Sanktionsmöglichkeiten bei einer Unterlassung dieser Meldungen bzw. Konsultationen.

 

Laut Stellungnahme der Münze Österreich AG ergeben sich aus den an das „Coin Register Office“ erfolgten Meldungen keine über die beiden bisher bekannt gewordenen Fälle hinausgehenden Ähnlichkeiten mit Euro-Münzen.

 

Zu 11. und 12.:

Wie bereits eingangs erwähnt, fällt die Beurteilung von Rechtsfragen bzw. die Erstattung gutachtlicher Äußerungen zivil- bzw. strafrechtlicher Natur nicht in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen. Auch die Münze Österreich AG hat zur Frage möglicher Schadenersatzansprüche von Auto-
mateninhabern bzw. –betreibern gegenüber der Türkei mangels Zuständig-
keit keine Stellungnahme abgegeben.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Karl-Heinz Grasser eh.