2638/AB XXII. GP

Eingelangt am 14.04.2005
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BM für soziale Sicherheit, Generation und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

BUNDESMINISTERIN FÜR SOZIALE SICHERHEIT

GENERATIONEN UND KONSUMENTENSCHUTZ

Ursula Haubner

 

 

 

 

Herrn                                                                                              

Präsidenten des Nationalrates                                                    (5-fach)

Parlament                                                                                     

1010 Wien                                                                                    

                                                                                                       

                                                                                                       

                                                                                                       

                                                                                                       

                                                                                                       

GZ: BMSG-10001/0066-I/A/4/2005                                           Wien,

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2678/J der Abgeordneten Heidrun Silhavy, GenossInnen und Genossen, wie folgt:

 

 

Frage 1:

 

Nach § 1 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG) hat das Pflegegeld den Zweck, in Form eines Beitrages pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten, um pflegebedürftigen Personen soweit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürf­nisorientiertes Leben zu führen.

 

Das Pflegegeld wird nach diesem Grundsatz auch direkt an die pflegebedürftige Person, ausgenommen Personen, die einen Sachwalter haben, ausbezahlt, um sie damit in die Lage zu versetzen, sich die Pflege frei, entweder informell oder pro­fessionell, zu organisieren.

 

 

Frage 2:

 

Nach dem Bundespflegegeldgesetz liegt eine nicht zweckentsprechende und damit missbräuchliche Verwendung des Pflegegeldes dann vor, wenn bei der pflegebe­dürftigen Person eine Unterversorgung bzw. Verwahrlosung festgestellt wird. Keine Kontrolle erfolgt in Entsprechung des Grundsatzes nach § 1 BPGG aber darüber, wohin das Pflegegeld fließt.

 

Über den Zweck des Pflegegeldes werden die pflegebedürftigen Personen auch grundsätzlich bei der Zuerkennung bzw. der Erhöhung des Pflegegeldes vom jeweili­gen Entscheidungsträger entsprechend informiert.

 

Nach dem Bundespflegegeldgesetz stehen verschiedene Instrumentarien, die auch in der Praxis angewendet werden, zur Verfügung, wenn festgestellt wird, dass das Pflegegeld nicht zweckentsprechend verwendet wird und ein Missbrauch vorliegt:

·        Nach § 33b BPGG sind die Entscheidungsträger berechtigt, die zweckgemäße Verwendung des Pflegegeldes zu kontrollieren.

·        Im § 18 Abs. 2 BPGG wurde zur Sicherstellung einer durchgehenden Pflege mit Wirkung vom 1.1.1999 normiert, dass in Fällen, in denen eine pflege-
bedürftige Person auf Kosten oder unter Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers ambulante oder teilstationäre Pflegeleistungen erhält, für die sie zum gänzlichen oder teilweisen Kostenersatz verpflichtet ist, das Pflegegeld bis zur Höhe der Kostenersatz-
forderung von Amts wegen dem Empfänger des Kostenersatzes mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber der pflegebedürftigen Person ausge­zahlt werden kann, sofern die pflegebedürftige Person mit der Zahlung des Kostenersatzes mindestens zwei Monate ab Rechnungslegung im Verzug ist.

·        § 20 BPGG enthält die Verpflichtung der Entscheidungsträger, wenn der durch das Pflegegeld angestrebte Zweck (§ 1) nicht erreicht wird, anstelle des gesamten oder eines Teils des Pflegegeldes Sachleistungen mit Wirkung ab Zustellung des Bescheides zu gewähren, wenn und insoweit die Möglichkeit besteht, den Pflegebedarf durch Sachleistungen abzudecken. Die Sachleistungen sind im Gegenwert der einbehaltenen Geldleistung zu gewähren. Ist der Ersatz nicht möglich, weil die Annahme dieser Sachleistungen ohne triftigen Grund verweigert wird, ruht der entsprechende Anspruch auf Pflegegeld für die Dauer der Weigerung.

 

Überdies wurde zur Weiterentwicklung des Pflegevorsorgesystems im Auftrag mei­nes Ressorts von einem eigenen Kompetenzzentrum der Sozialversicherungsanstalt der Bauern das Projekt „Qualitätssicherung in der häuslichen Betreuung“ durchge­führt. Im Rahmen dieses Projektes wurden im Jahr 2003 bundesweit mehr als 2.000 Menschen, die ein Bundespflegegeld der Stufen 3 bis 7 beziehen, von insgesamt 16 diplomierten Kranken- und Pflegefachkräften besucht, wobei die Pflegesituation und Pflegequalität anhand eines standardisierten Situationsberichtes erhoben wurde. Schwerpunkt dieses Projektes war es, das oftmals bestehende Informationsdefizit durch fachlich kompetente und praxisnahe Beratung zu beheben und damit zur Verbesserung der Pflegequalität beizutragen. Außerdem war damit auch ein Kontrollaspekt hinsichtlich der zweckentsprechenden Verwendung des Pflegegeldes verbunden.

 

Aufgrund der mit diesem Projekt gemachten positiven Erfahrungen, wurde der Be­such durch Pflegefachkräfte nunmehr als laufende Maßnahme implementiert.

 

Im Übrigen bestätigen diverse Studien, zuletzt z.B. die Studie „Qualitätssicherung in der häuslichen Betreuung, Projekt 2003“, den hohen Zielerreichungsgrad des Pflegegeldes, wobei eine mangelhafte Pflegequalität nur in Einzelfällen festgestellt werden musste.

 

 

Fragen 3, 5, 6, 10, 11 und 12:

 

An mein Ressort wurden bislang keine Anfragen oder Beschwerden hinsichtlich etwaiger Leistungsstörungen oder hinsichtlich des Entgeltes o.ä. betreffend die genannten Organisationen herangetragen.

 

Es sind meinem Ministerium auch keine konkreten Fälle von illegaler Beschäftigung im Bereich Pflege und Betreuung bekannt geworden.

 

Da es sich bei diesen Fragen um behauptete Verletzungen vorwiegend arbeitsrechtlicher Bestimmungen handelt, verweise ich auf den Zuständigkeitsbereich des Herrn Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit.

 

 

Frage 4:

 

Bekanntermaßen bestehen zahlreiche Stellen, die sich der Beratung pflegebedürfti­ger Menschen widmen. Eine Beratung in diesem Bereich ist aufgrund des doch be­stehenden Informationsdefizits aus meiner Sicht von grundlegender Bedeutung.

 

So bietet z.B. das Pflegetelefon meines Ressorts unter der Tel. Nr. 0800 20 16 22 österreichweit, gebührenfrei und vertraulich Beratung für pflegebedürftige Menschen, deren Angehörige und alle Personen, die mit Problemen der Pflege befasst sind, an. Das Pflegetelefon wurde im Jahr 2004 von rund 5.500 Personen kontaktiert.

 

Darüber hinaus wurde am Beginn dieses Jahres in meinem Ressort eine Pflegean­waltschaft eingerichtet, die Beschwerdemanagement im Bereich der Pflegevorsorge, insbesondere im Pflege- und Betreuungsbereich, betreibt und in Zusammenarbeit mit Gebietskörperschaften und Institutionen zur Lösung individueller pflegebezoge­ner Problemstellungen beitragen soll.

 

 

Frage 7:

 

Es bestehen in dieser Frage keine Kontakte zum Innen- oder zum Außenminis­terium.

 

 

Frage 8:

 

Beim Pflegegeld handelt es sich um eine eigenständige Sozialleistung, die aus all­gemeinen Steuermitteln finanziert wird und von den Leistungen der klassischen Krankenversicherung strikt zu unterscheiden ist.

 

Das Pflegegeld hat den Zweck, pflegebedingte Mehraufwendungen, die einem Men­schen aufgrund seiner Behinderung entstehen, in Form eines Beitrages pauschaliert abzugelten. Die Pflege im Sinne des Bundespflegegeldgesetzes erfasst die Grund­pflege, wie etwa die tägliche Körperpflege oder die Zubereitung von Mahlzeiten, und hauswirtschaftliche Verrichtungen, wie etwa das Einkaufen oder die Wohnungsreini­gung.

 

Aufgrund dieser Abgrenzung zu den Leistungen der Krankenversicherung besteht diesbezüglich auch keine Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Gesund­heit und Frauen.

 

 

Frage 9:

 

Aus konsumentenschutzrechtlicher Sicht besteht gegen die rechtliche Konstruktion der Heimkrankenpflege in Form einer Vereinsmitgliedschaft, bei der – je nach Vereinbarung -  Mitgliedsbeiträge, Vermittlungsgebühren und Taschengeld

zu bezahlen sind, kein Einwand.

 

Aus den vorliegenden Werbeeinschaltungen geht hervor, dass einige Organisationen ihre Vereinseigenschaft (im Gegensatz zu einem Unternehmen, siehe insbesondere St. Elisabeth) besonders hervorheben. Festzuhalten ist, dass die Konstituierung als Verein nicht die Unternehmereigenschaft iS des § 1 KSchG ausschließt, sei es auch ein Idealverein, der vielleicht sogar gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verfolgt. Entscheidend ist, ob dieser eine wirtschaftliche Tätigkeit verfolgt, z.B. nicht unbedeutende Jahresbeiträge einhebt (KSchG Kurzkommentar, Rz 8 zu § 1). Insoweit ist davon auszugehen, dass das Konsumentenschutzgesetz auf den Beitritt zu und die Mitgliedschaft bei Vereinen Anwendung findet.

 

 

Frage 13:

 

Sollten in diesem Zusammenhang Fragen zur Pflegevorsorge bestehen, stehen die diesbezüglichen Beratungseinrichtungen, wie etwa des Pflegetelefon meines Res­sorts, natürlich zur Verfügung. Weiters darf ich nochmals auf die seit Beginn des Jahres in meinem Hause bestehende Pflegeanwaltschaft hinweisen.

 

Soweit konsumentenschutzrechtliche Fragen betroffen sind (z.B. Leistungs­störungen) kann im Rahmen des Klagsprojektes mit dem Verein für Konsumenten­information (VKI) im Bedarfsfall Unterstützung bei der Rechtsdurchsetzung gegeben werden.

 

 

Mit freundlichen Grüßen