2794/AB XXII. GP
Eingelangt am
31.05.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM
für Gesundheit und Frauen
Anfragebeantwortung

Herrn
Präsidenten
des Nationalrates
Dr.
Andreas Khol
Parlament
1017
Wien
GZ:
11.001/56-I/A/3/2005
Wien, am 27. Mai 2005
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche
parlamentarische
Anfrage Nr. 2866/J der Abgeordneten Pirklhuber,
Freundinnen und Freunde wie folgt:
Ende März 2005 wurde die
Europäische Kommission von den US-amerikanischen Behörden davon unterrichtet,
dass von 2001 bis 2004 in den USA die nicht zugelassene genetisch veränderte
Maislinie Bt10 irrtümlicherweise in den Vertrieb gelangt ist. Nach den Angaben
der Behörden wurden in den USA 15.000 Hektar mit Bt10-Mais - anstelle von
Bt11-Mais (eine zugelassene, sehr eng verwandte Maislinie) - angebaut. Die
Problematik wurde ursprünglich durch die Umstellung der Nachweismethode des
Herstellers, der Fa. Syngenta, von Protein- auf DNA-Basis erkannt; Bt10 enthält
im Vergleich zur zugelassenen Maislinie Bt11 zusätzlich ein
Antibiotika-Resistenzgen gegen Ampizillin. Mais von diesen Anbauflächen wurde
zu Futtermittelzwecken unter der Bezeichnung Bt11 in die Europäische Union
ausgeführt.
Die Mitgliedstaaten wurden
von der Europäischen Kommission im Weg des Schnellwarnsystems (RASFF) am 23.
März 2005 und am 1. April 2005 informiert. Die Kontrolle und Untersuchung auf
nicht zugelassenes genetisches Material, wie der Maislinie Bt10, wurde umgehend
in der laufenden Schwerpunktaktion A14/05 der Lebensmittelaufsicht, die ich
veranlasst habe, berücksichtigt.
Frage 3:
Nach Angaben der
Europäischen Kommission sind von Verunreinigungen mit der nicht zugelassenen
Maislinie Bt10 ausschließlich bestimmte Importe von Futtermitteln (Maiskleber
und Biertrebern) aus den USA betroffen. Diese Lieferungen sind mit hoher
Wahrscheinlichkeit nicht nach Österreich gelangt.
Fragen 4 und 5:
Seit 25. April 2005 ist
eine von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission
validierte Nachweismethode für Bt10 verfügbar. Daher
gibt es für die Jahre 2001-2004 keine spezifischen Untersuchungsergebnisse auf
Bt10. Routinemäßig werden aber alle Lebensmittel-, Futtermittel- und
Saatgutproben bei einem positiven Screening-Ergebnis auf bestimmte GVO
untersucht – darunter auch Bt11. Da die Nachweismethode für Bt11 bis dato auch
Bt10 erfasst hätte, kann auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse auf Bt11
auch eine Aussage über ein mögliches Vorkommen von Bt10 getroffen werden. Nach Auskunft der Agentur
für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) wurde lediglich 2001 eine für
Bt11 positive Futtermittelprobe festgestellt (siehe auch Anfragebeantwortung
durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft 235/AB).
Über die Anzahl der
untersuchten Proben gibt die nachstehende Tabelle Aufschluss:
|
|
Saatgut *2) |
Lebensmittel
|
Futtermittel
|
|
2001 |
337 *1) |
94 |
73 |
|
2002 |
195 *1) |
89 |
157 |
|
2003 |
209 *1) |
109 |
93 |
|
2004 |
178 *1) |
96 |
177 |
*1) Kornuntersuchungen aus
Saatgutproben im Saatgutanerkennungs-, Kontroll- oder
GVO-Überwachungs-/Monitoring-Verfahren
*2) Weiters wurden 2001 bis 2004
insgesamt 149 umfassende Audits zur Überprüfung der Rückverfolgbarkeit inkl.
Probenahmen bei Saatgutunter-nehmern durchgeführt. Aus 75
Saatgut-Vermehrungsbeständen wurden ca. 4,3 Mio. Pflanzen bewertet und daraus
813 Fremdtypen (sog. Outcrosses, das sind jene Pflanzen, die nicht dem
Sortentyp entsprechen) ermittelt, beprobt und einer GVO-Untersuchung
unterzogen. Im Nachkontrollanbau wurden 487 Parzellen inklusive
Blattprobenahmen insbesondere auf GVO-Verunreinigungen analysiert.
Nur in Einzelfällen konnten
GVO-Verunreinigungen, primär bei Saatgut erwachsen aus Zuchtmaterial aus
Drittstaaten, stets unter 0,1 %, nachge-wiesen werden. Der Anteil von Saatgut
kontrollierter österreichischer Erzeugung und Zertifizierung ist im
Berichtszeitraum bei den bezughabenden Pflanzenarten deutlich angestiegen.
Frage 6:
Für
alle in der EU zugelassenen und in Zulassung befindlichen GVO-Konstrukte gibt
es sowohl Screening-Verfahren, die auch noch nicht zugelassene GVO erfassen,
als auch spezifische qualitative und quantitative Verfahren, die sich zum Teil
in Ausarbeitung befinden.
Eine
Verbesserung der Methodenentwicklung erfolgt laufend, weil die AGES Mitglied im
ENGL (European Network of GMO-Laboratories) für Saatgut, Lebens- und
Futtermittel ist und an der Entwicklung und Validierung neuester
Nachweisverfahren teilnimmt.
Darüber hinaus ist die AGES in die Zulassungsverfahren meines Ressorts gemäß der EU-Verordnung 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel und der Freisetzungsrichtlinie 2001/18 eingebunden und verfügt damit über die aktuellsten Informationen über diese GVO.
Frage 7:
Laut Schätzung der
AGES/BAES für das Arbeitsprogramm 2005 ergeben sich für die einzelnen Bereiche
folgende Aufwendungen:
Saatgut:
In der
Saatgutzertifizierung und Zulassung einschließlich Importüberwachung und in der
Saatgutverkehrskontrolle und Sortenzulassung werden umfassende Maßnahmen zur
Sicherstellung der Umsetzung des Saatgutgesetzes 1997 sowie der
Saatgut-Gentechnik-Verordnung gesetzt. Jährlich werden ca. 215.000 EURO
unmittelbar für die „GVO-Überwachung, Monitoring und Untersuchung bei Saatgut“
seitens AGES/BAES aufgewendet (siehe dazu auch jährliche Berichte auf der
AGES-Homepage). Umfassende Vorsorge- und Vermeidungsmaßnahmen in der
Saatguterzeugung in Österreich, inklusive Information und Schulung der
Bäuerinnen und Bauern sowie der Wirtschaftsbeteiligten, sind Bestandteil des
Monitoringsystems.
Lebensmittel:
Im „Lebensmittelgesetz – Aktions-/Monitoringplan GVO-Analytik“, werden jährlich unmittelbar ca. 115.000 EURO für Untersuchungen und Begutachtung von Warenproben im Auftrag des BMGF eingesetzt.
Futtermittel:
Die Untersuchungen und Begutachtungen von Futtermitteln im Rahmen der Futtermittel-Verkehrskontrolle und dem EU-Warnsystem umfassen zumindest den Aufwand gemäß Lebensmittelgesetz.
Darüber hinaus gibt es auch mittelbare Aufwendungen der AGES/BAES für Studien, Methodenvalidierung und -entwicklung, diverse Stellungnahmen, Mitwirkung in EU- und internationalen Gremien usw. in Zusammenhang mit Themenstellungen zu GVO.
Frage 8:
Wie bereits ausgeführt,
ist Österreich nach dem derzeitigen Wissensstand mit hoher Wahrscheinlichkeit
von den fraglichen Lieferungen nicht betroffen. Darüber hinaus weise ich darauf
hin, dass Fragen der Haftung und des Schadenersatzes nicht den
Zuständigkeitsbereich meines Ressorts betreffen.
Frage 9:
Österreich hat am Rat Landwirtschaft und Fischerei am 26. April 2005
die Europäische Kommission zu Berichten über mit genetisch verändertem Reis,
verunreinigten Reis in China befragt; nach Angaben der Kommission hat China
versichert, dass keine Exporte davon in die EU erfolgt sind.
Ich werde mich dafür einsetzen, dass die EU im Rahmen der Task Force
on Biotechnology des Internationalen Codex Alimentarius vorschlägt, die
Problematik von Verunreinigungen mit nicht zugelassenen GVO zu thematisieren.
Fragen 10 und 12:
Am 18. April 2005 hat die Europäische Kommission im Rahmen des Ausschussverfahrens nach Artikel 53 der EU-Verordnung 178/2002 beschlossen, auf bestimmte Importe von Futtermitteln aus den USA Schutzmaßnahmen anzuwenden, um das Risiko weiterer Einfuhren der nicht zugelassenen Maislinie Bt10 in die EU auszuschließen.
Diese Maßnahmen, die vom
Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette nahezu einstimmig gebilligt
wurden, bestehen im Wesentlichen darin, von den Importeuren Garantieerklärungen
und Analysenzertifikate zugelassener Labors zu verlangen, dass die betreffenden
Lieferungen Bt10-frei sind. Im Hinblick auf das nunmehrige Vorliegen einer
validierten Nachweismethode für Bt10 wurden spezifische Beschränkungsmaßnahmen
gegen die für den Import zugelassene Maislinie Bt11 für nicht notwendig
erachtet.
Der Beschluss ist den
Mitgliedstaaten am 20. April 2005 mitgeteilt worden; die Kommission muss diese
Maßnahmen in sechs Monaten einer Überprüfung unterziehen. Auf der Grundlage
zukünftiger Ergebnisse der Lebensmittel- und Futtermittelkontrollen der
Mitgliedstaaten könnte allenfalls eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der
getroffenen Maßnahmen erforderlich sein.
Frage 11:
Die Maislinie Bt10 enthält
gemäß den bisher bekannten Informationen im Vergleich zur zugelassenen
Maislinie Bt11 zusätzlich ein Antibiotika-Resistenzgen gegen Ampizillin. Dieses
Resistenzgen ist auch in der Maislinie Bt176, für die Österreich, Luxemburg und
Deutschland Importverbote verhängt haben, enthalten. Wegen der Möglichkeit des
horizontalen Gentransfers in Krankheitserreger und der Gefahr des
Unwirksamwerdens klinisch relevanter Antibiotika hat sich Österreich bislang
immer gegen das Inverkehrbringen derartiger Produkte ausgesprochen.
Ich
werde mich auf EU-Ebene - unter besonderer Bezugnahme auf diese Fakten -
weiterhin für die Aufrechterhaltung des Importverbotes für Mais Bt176
einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Rauch-Kallat
Bundesministerin