3209/AB XXII. GP
Eingelangt am 06.09.2005
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
JOSEF PRÖLL
Bundesminister
An den Zl. LE.4.2.4/0043-I 3/2005
Herrn Präsidenten
des Nationalrates
Dr. Andreas Khol

Parlament
1017 Wien Wien, am 5. SEP. 2005
Gegenstand: Schriftl.parl.Anfr.d.Abg.z.NR Dr. Eva Glawischnig-Piesczek,
Kolleginnen und Kollegen vom 8. Juli 2005, Nr. 3309/J, betreffend
umweltpolitische Schwerpunkte der österreichischen EU-
Präsidentschaft
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen vom 8. Juli 2005, Nr. 3309/J, betreffend umweltpolitische Schwerpunkte der österreichischen EU-Präsidentschaft, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Zu Frage 1:
Grundlage der Arbeiten der jeweiligen EU-Präsidentschaft bildet das 3-jährige strategische Programm des Rates. Österreich wird mit Finnland ein gemeinsames Jahresprogramm 2006 vorlegen.
Während seiner Präsidentschaft wird sich Österreich im Umweltbereich besonders um Umwelttechnologien und Klimaschutz annehmen. Als große inhaltliche Themen wird Österreich neben dem Focus auf die thematischen Strategien von Luft und Abfall auch bei der Revision der EU-Nachhaltigkeitsstrategie und durch die eigene Initiative „Greening the Presidency“ Akzente setzen.
Der Klimaschutz benötigt auch nach dem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls Anfang dieses Jahres unsere volle Aufmerksamkeit als globale Herausforderung der nächsten Jahrzehnte. Österreich plant die Thematik Klimaschutz auch auf internationaler Ebene und bei den EU-Gipfeln mit Japan, der Ukraine, Lateinamerika und den USA auf die Tagesordnung zu setzen.
Moderne, innovative Umwelttechnologien können ebenso wie Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimaveränderung nicht nur eine verbesserte Umweltqualität sichern, sondern auch einen positiven Beitrag zum Wirtschaftswachstum und zur Beschäftigung liefern. Österreich wird sich daher engagiert an die Spitze der Arbeiten zur Umsetzung des europäischen Technologieplans ETAP stellen.
Inhaltliches Kernthema des gesamten Jahres 2006 werden im Umweltrat die thematischen Strategien sein, die auf Artikel 4 des 6. Umweltaktionsprogramms (2002-2012) basieren. Diese 7 Strategien umfassen die Bereiche Luft, Abfall, natürliche Ressourcen, Pestizide, Bodenschutz, Meeresumwelt und städtische Umwelt. Österreichs Prioritäten liegen auf Luft und Abfall.
Innerhalb der neuen Vorschläge zu Luft halte ich eine rasche weitere Verschärfung der Emissionsstandards für Diesel-Pkw und Nutzfahrzeuge durch eine zügige Einführung einer neuen Grenzwertstufe EURO 5 zur Abwehr der Gesundheitsgefährdung für dringend erforderlich.
Im Rahmen der Abfallstrategie plant die EK eine Revision der Abfallrahmenrichtlinie. Dies ist insbesondere notwendig, um die Definitionen der mehr als 30 Jahre alten Richtlinie mit moderneren Rechtsakten in Einklang zu bringen.
Weitere Schwerpunkte im Umweltrat werde ich in den Bereichen Chemie – hier insbesondere für den Fall, dass das Vereinigte Königreich das REACH-Chemikalienpaket nicht abschließen kann – und Wasser (Hochwasseraktionsprogramm) setzen.
Während der österreichischen Präsidentschaft werden auch eine Reihe von 2. Lesungen und – bei Scheitern dieser – von Vermittlungsverfahren (3. Lesung) zwischen Rat und Parlament in Abhängigkeit von Fortschritten unter britischem Vorsitz durchgeführt werden (Bergbauabfälle, Batterien, Abfallverbringung, Aarhusverordnung, die INSPIRE-Richtlinie zu Geodaten). Da alle Dossiers des Umweltbereiches im Mitentscheidungsverfahren beschlossen werden, ist eine enge Kooperation mit dem Europäischen Parlament essentiell.
EU-Nachhaltigkeitsstrategie:
Die vom Europäischen Rat in Göteborg im Juni 2001 beschlossene EU-Nachhaltigkeitsstrategie behandelt sechs prioritäre Bereiche: Klimawandel, öffentliche Gesundheit, Armut und soziale Ausgrenzung, Überalterung der Gesellschaft, Mobilität und Verkehr sowie das Management natürlicher Ressourcen.
Die im Februar 2005 von der EK auf Basis einer ersten öffentlichen Konsultation vorgelegte Mitteilung beinhaltet eine Bestandsaufnahme hinsichtlich nicht-nachhaltiger Trends sowie künftige Leitlinien für die EU-Nachhaltigkeitspolitik. Ziel ist eine gestärkte EU-Nachhaltigkeitsstrategie, um die nicht-nachhaltigen Trends effektiv bekämpfen zu können.
In Ergänzung dazu haben die Staats- und Regierungschefs im Juni 2005 sogenannte „Leitprinzipien der nachhaltigen Entwicklung“ verabschiedet (Auflistung der vier Hauptziele: Umweltschutz, sozialer Ausgleich und Zusammenhalt, wirtschaftlicher Wohlstand, internationale Verantwortung wahrnehmen sowie zehn Leitprinzipien für die Politik (Förderung und Schutz der Grundrechte, Solidarität innerhalb und zwischen den Generationen, offene und demokratische Gesellschaft, Beteiligung der Bürger, Beteiligung der Unternehmen und Sozialpartner, Kohärenz der Politik und Politikgestaltung, Integration der Politikfelder, Nutzung der besten verfügbaren Kenntnisse, Vorsorgeprinzip und Verursacherprinzip).
Die EK wird voraussichtlich im Oktober 2005 einen Vorschlag für eine überarbeitete EU-Nachhaltigkeitsstrategie vorlegen. Eine Beschlussfassung erfolgt hier durch den Europäischen Rat im März 2006 nach Befassung aller Ratsformationen.
Im internationalen Bereich werden in den Bereichen Umwelt/Forst/Wasser im ersten Halbjahr 2006 Konferenzen zu folgenden Themen stattfinden:
· Internationale Konferenz zu Chemikalienmanagement SAICM und COP 2 zu den persistenten organischen Verbindungen, 4. – 6. Februar bzw. 1. – 5. Mai
· eine Sondersitzung des UN-Umweltprogramms UNEP, 7. – 9. Februar
· das 6. UN-Waldforum, 13. – 24. Februar
· das COP/MOP3 Vertragsstaatentreffen zum Cartagena-Protokoll über biologische Sicherheit, 13. – 17. März sowie die daran anschließende
· COP 8 zur Konvention über biologische Vielfalt, 20. – 31. März
· weiters das 4. Weltwasserforum, 16. – 22. März
· die 14. Tagung der Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD 14) , 1. – 12. Mai
· und ein Treffen der Unterorgane der Klimarahmenkonvention, 15. – 26. Mai.
Zu „Greening the Presidency –
Greening Events“:
Spätestens seit dem
Weltgipfel zur Nachhaltigkeit von Johannesburg im Jahr 2002 hat sich die
umweltgerechte Ausrichtung politischer Konferenzen und multilateraler
Veranstaltungen als internationaler Standard etabliert. Während seiner
EU-Präsidentschaft wird Österreich daher auch daran gemessen werden, inwieweit
alle seine Konferenzen und Veranstaltungen dieser internationalen Praxis
entsprechen. Als Planungshilfe für die ExpertInnentreffen und Informellen Räte
hat das BMLFUW daher einen Leitfaden für umweltgerechte Veranstaltungen
erarbeitet, der von allen Bundesministerien während der EU-Präsidentschaft und
auch darüber hinaus angewendet werden soll.
Zu Frage 2:
Aufgrund der äußerst komplexen Arbeitsabläufe in Kommission, Rat und Parlament ist es zu früh, konkrete Dossiers aufzulisten. Die endgültige Dossierauswahl ist vor allem von der rechtzeitigen Vorlage durch die EK und vom Fortschritt unter britischem Vorsitz bis Jahresende abhängig.
Die österreichischen Prioritäten habe ich allen Partnern kommuniziert und in meiner Antwort zu Frage 1 dargelegt. Derzeit scheinen detaillierte Aussagen zur nationalen Position zu noch nicht vorliegenden Kommissionsvorschlägen nicht sinnvoll bzw. sind solche auch nicht möglich.
Die Rolle des Vorsitzes ist es, Kompromisse auf EU-Ebene auszuloten und Abschlüsse zu Themen und Legislativdossiers herbeizuführen. Die Auswahl aller endgültigen Dossiers wird grundsätzlich jedoch einerseits den Anforderungen an den Vorsitz auf EU- und auf internationaler Ebene, andererseits aber auch unserem eigenen Stärkenprofil und dem nationalen Engagement für hohe Umweltstandards, gerade etwa im Luft- oder Abfallbereich folgen. Ich werde daher auch als Vorsitzender selbstverständlich in Einklang mit österreichischen Positionierungen agieren.
Inhaltlich werden 2 bis maximal 3 der thematischen Strategien und die dazu passenden neuen Legislativvorschläge der Kommission zentral für die Arbeiten sein.
Aus derzeitiger Sicht umfasst eine mögliche Themenpalette folgende Dossiers in 2. Lesung:
- Aarhus-Verordnung,
- Grundwasserrichtlinie,
- Batterierichtlinie,
- Bergbauabfallrichtlinie,
- Abfallverbringungsrichtlinie,
- Richtlinie zur Schaffung einer Raumdateninfrastruktur (INSPIRE).
Als gänzlich neue Dossiers, insbesondere thematische Strategien, werden bis Jahresende 2005 erwartet:
- Thematische Strategie Luftqualität (sogen. „CAFE“-Paket inkl. EURO 5),
- Thematische Strategie Abfall (enthält die Revision der Abfallrahmenrichtlinie und Bioabfallbestimmungen),
- Thematische Strategie Städtische Umwelt,
- Thematische Strategie Ressourcen,
- Thematische Strategie Bodenschutz,
- Prioritäre Stoffe Wasser.
Eventuell, d.h. stark abhängig vom Arbeitsfortschritt unter britischem Vorsitz, sind folgende Dossiers in 1. Lesung zu behandeln:
- Europäische Chemikalienpolitik („REACH“),
- das neue Finanzierungsinstrument für die Umwelt („LIFE+“),
- das von der Kommission ebenfalls erwartete Hochwasseraktionsprogramm,
- die Einführung humaner Fangnormen für bestimmte Arten,
- Vorschlag einer Richtlinie „Zugang zu Gerichten im Umweltbereich“.
Zu Frage 3:
Routinegemäß werden die 2 formellen Umweltministerräte des ersten Halbjahres am 9. März 2006 in Brüssel sowie am 26. Juni 2006 in Luxemburg organisiert.
Der informelle Rat wird von 19. – 21. Mai 2006 in Eisenstadt stattfinden.
Zu Frage 4:
Grundsätzlich werden Veranstaltungen auf BeamtInnenebene auf ein wirkliches Mindestmaß beschränkt. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass regelmäßige Treffen, z.B. der Naturschutz- oder WasserdirektorInnen notwendig sind, um gemeinsame Resultate zum Schutz der europäischen Umwelt sowie einen besseren Vollzug der Umweltgesetzgebung, z.B. Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie oder des Natura 2000-Netzwerks zu erzielen.
In Österreich sind daher einige Veranstaltungen in Vorbereitung, die sicher dazu auch beitragen werden, den Fortschritt auf Ratsebene zu fördern und die Arbeiten in Brüssel voranzutreiben:
Es werden ein Klima-Workshop, eine Konferenz zur nachhaltigen
Mobilität, sowie Treffen der Wasser- und NaturschutzdirektorInnen, ein Treffen
des mit EU-Vollzugsfragen befassten IMPEL-Netzwerks und eines der NachhaltigkeitskoordinatorInnen
(sogen. „LISSTRA-Netzwerk“) und eine Veranstaltung zu „Greening events“ in
Österreich stattfinden.
Zu Frage 5:
Für das Kapitel 61 (Umwelt) wurden im BVA 2005 € 431.000,- und im BVA 2006 € 417.000,- für Sachkosten im Zusammenhang mit der österreichischen EU-Präsidentschaft 2006 veranschlagt.
Das BMLFUW hat keine zusätzlichen Mittel im Zusammenhang mit der österreichischen EU- Präsidentschaft 2006 erhalten.
Für die Bedeckung dieser zusätzlichen Ausgaben wurde in Art V(1) 2 des BFG 2005 und 2006 eine Überschreitungsermächtigung aufgenommen, wonach für Zahlungen im Zusammenhang mit der EU-Präsidentschaft 2006 im Ausmaß jenes Betrages, die Bedeckung der durch gleichhohe Ausgabeneinsparungen und/oder Mehreinnahmen bei anderen Voranschlagsansätzen sicherzustellen ist, die in den Zuständigkeitsbereich des selben haushaltsleitenden Organs fallen. Alle Aktivitäten, die in Beantwortung der Fragen 3 und 4 angeführt wurden, sind daher durch Umschichtungen im Ressort selbst abzudecken.
Zu Frage 6:
Für die Vorsitzführung sind keine zusätzlichen Personalkapazitäten vorgesehen, es werden alle intern vorhandenen Ressourcen dafür herangezogen.
Der Bundesminister: