331/AB XXII. GP

Eingelangt am 16.06.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

Die Abgeordneten zum Nationalrat Ridi Steibl, Kolleginnen und Kollegen haben an
mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Ballspielverbot auf einem öffentlichen
Spielplatz in Hörsching, Oberösterreich" gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Ich darf zunächst voranstellen, dass ich aus grundsätzlichen Erwägungen im Hin-
blick auf die verfassungsgesetzlichen Bestimmungen über die Trennung der Justiz
von der Verwaltung gerichtliche Einzelentscheidungen nicht kommentieren oder be-
werten kann.

Ganz allgemein kann aber gesagt werden, dass nach § 364 Abs. 2 ABGB der Eigen-
tümer eines Grundstücks den Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwir-
kungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung
und ähnliche insoweit untersagen kann, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen
gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes
wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare Zuleitung ist ohne besonderen Rechtstitel
aber unter allen Umständen unzulässig. Nach der Lehre kann daher das Eindringen
grobkörperlicher Stoffe unbeschränkt abgewehrt werden. Für die Rechtsprechung ist
dagegen die Größe der eindringenden Stoffe maßgebend. Ist der Umfang äußerst
gering, dann fallen sie unter § 364 Abs. 2 Satz 1 ABGB: Das Eindringen solcher
Stoffe ist hinzunehmen, so lange das ortsübliche Maß nicht überschritten wird. Alle


anderen Stoffe, wozu unter anderem auch Fußbälle gezählt werden, können ohne
Einschränkung abgewehrt werden (OGH 7.11.1995, 4 Ob 579/95).

Kein Abwehranspruch steht nach der Judikatur aber in den Fällen zu, in denen die
Beeinträchtigungen dem Eigentümer des betroffenen Grundstückes beim Erwerb
bekannt waren und diese Umstände bei der Vertragsgestaltung und der Bemessung
des Kaufpreises berücksichtigt wurden. In allen anderen Fällen entfällt der Abwehr-
anspruch nur dann, wenn er schikanös geltend gemacht wird (4 Ob 579/95).

Zu 2:

Ob und inwieweit derzeit auch vor anderen österreichischen Gerichten gleichgela-
gerte Verfahren anhängig sind, kann anhand der registermäßigen Erfassung der
Verfahren nicht beurteilt werden. Ich ersuche daher um Verständnis, dass zu Frage
2 inhaltlich nicht näher Stellung genommen werden kann. In diesem Zusammenhang
darf aber auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit des
Eindringens fester Körper größeren Umfangs (zB von Bällen) verwiesen werden
(siehe etwa die Nachweise bei Dittrich/Tades, ABGB35 § 364 E 24).

Zu 3 und 4:

Das in der Anfrage angeführte Urteil des Landesgerichtes Linz enthält meines Wis-
sens kein gegen minderjährige Kinder gerichtetes Verbot des Ballspielens. Das an-
gesprochene Urteil erkennt die beklagte Gemeinde schuldig es zu unterlassen, die
Liegenschaft der Kläger durch Immissionen fester Körper zu beeinträchtigen, insbe-
sondere dadurch, dass Bälle auf die Liegenschaft der Kläger geschossen werden.
Es bleibt letztlich der beklagten Gemeinde überlassen, in welcher - die Interessen
der Nachbarn und der spielenden Kinder berücksichtigenden - Weise sie die gericht-
liche Entscheidung umsetzt. Das Landesgericht Linz weist in seiner Berufungsent-
scheidung etwa auf die Errichtung eines höheren Schutzgitters bzw eine Käfigkon-
struktion hin. Für eine Reaktion im Rahmen des NAP sehe ich derzeit keinen Anlass.

Zu 5 und 6:

Wie bereits ausgeführt, sind im Bereich des Nachbarrechts unmittelbare Einwirkun-
gen ohne besonderen Rechtstitel in aller Regel unzulässig. Anderes wird nur dann
gelten, wenn der Abwehranspruch schikanös geltend gemacht wird. Auch öffentli-
ches Interesse kann daher - ohne besondere gesetzliche Grundlage - die Immission
grobkörperlicher Stoffe nicht rechtfertigen. Ausgehend davon kann auch das "Gebot


der wechselseitigen Rücksichtnahme" in diesem Zusammenhang nur mit diesen
Maßgaben und Einschränkungen zur Anwendung gelangen. Dies gilt auch hinsicht-
lich der im Entwurf für ein Nachbarrechts-Änderungsgesetz gemachten Vorschläge.