3369/AB XXII. GP
Eingelangt am 18.11.2005
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BM für
Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
JOSEF PRÖLL
Bundesminister
An den Zl. LE.4.2.4/0071-I 3/2005
Herrn Präsidenten
des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament

1017 Wien Wien, am 17. NOV. 2005
Gegenstand: Schriftl.parl.Anfr.d.Abg.z.NR Heidemarie Rest-Hinterseer ,
Kolleginnen und Kollegen vom 21. September 2005, Nr. 3443 /J,
betreffend 6. WTO-Ministerkonferenz in Hongkong - Agrarbereich
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen vom 21. September 2005, Nr. 3443/J, betreffend 6. WTO-Ministerkonferenz, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Zu Frage 1:
Konkrete Verhandlungsergebnisse liegen derzeit noch in keinem Bereich vor. Es finden permanent Treffen in verschiedenster Zusammensetzung (G4, FIPs, WTO- Special Session, bilaterale Gespräche EU-USA, EU-Brasilien u.a.) statt. Die Europäische Kommission ist bemüht die Verhandlungen voranzubringen. Daher hat die EU auch am 28.10.05 einen neuen Verhandlungsvorschlag vorgelegt.
Zu Frage 2:
Bis Mitte November 2005 soll ein erster Entwurf des Ministererklärungstextes für die Konferenz in Hongkong vorliegen. Dieser Ministererklärungstext soll in einem "Bottom Up"-Prozess erstellt werden, das bedeutet Einigungen über jedes Thema einzeln.
Einvernehmen besteht darüber, dass bei der Ministerkonferenz in Hongkong etwa zwei Drittel des Weges zur Finalisierung der Doha-Verhandlungen zurückgelegt sein müssen, um den Zeitplan für einen Abschluss der Runde bis Ende 2006 einhalten zu können.
Zu Frage 3:
Im Anschluss an die Einigung, die am 1. August 2004 in Genf bei den laufenden Verhandlungen der WTO/Doha Entwicklungsagenda über die Rahmenbedingungen erzielt wurde, sind am 11. Oktober 2004 Schlussfolgerungen des Rates angenommen worden, in denen die Ziele der EU für die verbleibenden DDA-Verhandlungen abgesteckt wurden (Dok.13149/04 WTO 112). Zuletzt wurden am 18.10.05 Schlussfolgerungen des Rates verabschiedet (Dok.13445/05), die den Verhandlungsspielraum der EK klar festlegen. Weiters sind die bestehenden Schlussfolgerungen des Rates aus 1999 - 2003 weiterhin gültig.
Aus EU und österreichischer Sicht müssen ausgewogene Ergebnisse in den "drei Säulen" der Landwirtschaftsverhandlungen (Exportsubventionen, Marktzugang und nationale Stützungen), aber auch in den Verhandlungen insgesamt angestrebt werden, insbesondere bei NAMA und Dienstleistungen, da die Verhandlungen als "Gesamtpaket" zu sehen sind und als "single undertaking" geführt werden.
Zu Frage 4:
Die EU hat sich auch mit der Zustimmung Österreichs bereit erklärt, alle Exportsubventionen unter der Voraussetzung abzuschaffen, dass dies unter den Bedingungen vollständiger Parallelität erfolgt.
Die EU und Österreich haben dem WTO-Rahmenabkommen vom 1. August 2004 zugestimmt, welches auch den Rahmen für den Abbau der internen Stützung regelt. Für die EU und Österreich ist wesentlich, dass auch andere Länder dem europäischem Beispiel folgen und größere Reformen durchführen. Da die EU mit der GAP–Reform bereits weit reichende Schritte gesetzt hat, ist es notwendig, dass diese Reformen erhalten bleiben und Fortschritte in anderen für die EU bedeutsamen Fragen, wie nicht handelsbezogene Anliegen oder geographische Angaben, erzielt werden.
In diesem Zusammenhang ist auch die Exportorientierung der EU zu sehen. Ziel ist, durch Verankerung der nicht handelbezogenen Anliegen faire Spielregeln für den Handel und die Konsumenten zu schaffen.
Die EU hat mit der EBA (everything but arms) - Initiative ein wesentliches Zeichen für die ärmsten Entwicklungsländer gesetzt und ist der Ansicht, dass auch alle anderen Industriestaaten diesem Beispiel folgen und ihre Zölle für diese Länder beseitigen sollten.
Zu Frage 5:
Die EU hat in den vergangenen Jahren die Exportsubventionen bereits in einem großen Ausmaß zurückgenommen. Der Rahmen für die erlaubten Subventionen gemäß Abkommen aus der Uruguay-Runde wird derzeit nur zu 44,5 % ausgenutzt. (3,1 Mrd. Euro lt. EU - Notifikation an die WTO vom Jahr 2002/2003 vom 16.Februar 2005; Dok. G/AG/N/EEC/52). Die EU verzichtet freiwillig auf Erstattungen bei Raps, Olivenöl und Tabak.
Während in der EU alle Förderungen der WTO gemeldet und reduziert werden, sind andere Exportförderungen wie Exportkredite, Staatshandel und entgeltliche Nahrungsmittelhilfe nicht limitiert oder in der WTO geregelt. Andere WTO-Partner exportieren daher in wesentlich größerem Ausmaß mit versteckten Subventionen, was nach Ansicht der EU verhindert werden muss. Der Vorschlag der EU und Österreichs ist daher, auch diese versteckten Subventionen durch die Regeln der WTO zu erfassen und gleichermaßen zu reduzieren bzw. auslaufen zu lassen (Parallelität).
Ein wirklicher Beitrag für einen fairen Handel kann nur durch die Erfassung bzw. Verzicht aller Exportförderungsinstrumente gelingen. Es sollte daher das Augenmerk auf jene Länder gelegt werden, die sich nicht bereit erklären, entgeltliche Nahrungsmittelhilfe, Exportkredite, geförderten Staatshandel zu reduzieren bzw. auslaufen zu lassen. Die EU hat bereits ihre Bereitschaft gezeigt, auf alle Exporterstattungen zu verzichten, wenn andere Länder auch auf ihre Förderungen verzichten. Am 28.10.05 hat die EU einen neuen Verhandlungsvorschlag vorgelegt.
Zu Frage 6:
In Österreich sind im Jahr 2004 nur 4 % der Förderungen unter die Amber Box und 23 % unter die Blue Box gefallen. Der Großteil der Förderungen ist der Green Box (73 %) zuzurechnen. Österreich ist mit dieser nicht handelsverzerrenden Förderungspolitik in der EU führend und bringt diese Reformen auch im Rahmen der ländlichen Entwicklung in die EU ein.
Zu Frage 7:
Werden die Green Box Maßnahmen den Verpflichtungen entsprechend angewandt, so stellen sie nicht handelsverzerrende Maßnahmen dar. Von der Kommission und Österreich werden nur einzelne Anpassungen aber keine Neuausarbeitung verlangt. Priorität hat in diesem Zusammenhang die Berücksichtigung der Tierschutzanliegen, die jetzt von der Green Box nicht erfasst sind, sowie anderer wichtiger nicht handelsbezogener Anliegen (wie Umweltschutz, ländliche Entwicklung, Konsumentenschutz, Lebensmittelsicherheit).
Zu Frage 8:
Die österreichische Landwirtschaft ist schon immer aufgrund der klein strukturierten, bäuerlichen Landwirtschaft auf den heimischen Markt ausgerichtet. In den Verhandlungen wird daher gefordert, die nicht handelsbezogenen Anliegen in einem neuen Abkommen zu verankern, um die multifunktionalen Aufgaben der österreichischen Landwirtschaft weiterhin erfüllen zu können. Es muss für die österreichischen Bauern auch weiterhin möglich sein, ihre naturnahen Qualitätsprodukte am Markt zu einem fairen Preis verkaufen zu können, ohne dass diese von weit transportierten, nicht nachhaltig produzierten Waren verdrängt werden. Auch die Initiative des Lebensministeriums „Genuss Region Österreich“ dient diesem Ziel.
Zu Frage 9:
Die EU und Österreich unterstützen die Entwicklungsländer in ihren Anliegen. Es ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, dass zwei Drittel der WTO-Mitglieder den Entwicklungslandstatus in Anspruch nehmen. Es sollte daher eine gewisse Differenzierung unter den Entwicklungsländern gewährleistet sein, um den ärmsten Entwicklungsländern eine echte Hilfestellung zu bieten.
Zu Frage 10:
Wie bereits zuvor dargelegt, setzt sich die EU und Österreich dafür ein, dass es nicht mehr möglich sein wird, Nahrungmittelhilfelieferungen zu verwenden, um Produktionsüberschüsse abzubauen, wie es zur Zeit von der USA gehandhabt wird. Wie auch von Österreich gefordert, sollte ein entsprechender Außenschutz für alle WTO-Mitglieder erhalten bleiben.
Zu Frage 11:
In den Verhandlungen, die von der Kommission geführt werden, ist noch nicht klar, wie die Sonderbehandlung der sensiblen Produkte gehandhabt werden soll. Diskutiert wird sowohl eine eigene Box für sensible Produkte aber auch, die sensiblen Produkte in den einzelnen Bändern weniger stark zu reduzieren und dafür gleichzeitig die Zollkontingente zu erhöhen.
Welche Form des Schutzes auch gewählt werden wird, für Österreich ist entscheidend, dass für sensible Produkte wie Fleisch, Milch, Butter, Getreide, Obst, Gemüse und Zucker weiterhin ein entsprechender Außenschutz besteht, um den Weiterbestand der österreichischen Produktion zu sichern.
Zu Frage 12:
Um den berechtigten Anliegen des ländlichen Raums und der Verbraucher gerecht zu werden, ist es notwendig, die multifunktionale Rolle der Landwirtschaft einschließlich des Umweltschutzes, der Lebensmittelsicherheit und der Lebensmittelqualität sowie des Tierschutzes in dem neuen Abkommen zu verankern.
Unbeschadet der Bestimmungen der Streitbeilegung wäre es zweckmäßig, eine deutlichere allgemeine Anerkennung des Vorsorgeprinzips zu erreichen (siehe hierzu auch die Schlussfolgerungen des Rates 12092/99).
Zu Frage 13:
Transparenzdefizite bestehen nicht nur gegenüber den Entwicklungsländern sondern auch gegenüber anderen WTO-Partnern und auch innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Von Österreich wird daher in allen Foren die notwendige Transparenz für alle WTO-Mitglieder und auch die Einbindung der EU-Mitgliedstaaten in den Verhandlungsprozess gefordert.
Zu Frage 14:
Bleibt ein gewisser Außenschutz erhalten, so können die Entwicklungsländer am besten von ihren Präferenzen profitieren. Weiters wird durch die Verankerung der nicht handelsbezogenen Anliegen eine weitere Hilfestellung für diese Länder ermöglicht.
Zu Frage 15:
Für die österreichische Landwirtschaft wäre eine ökologische und soziale Kostenwahrheit von großem Vorteil.
Da aufgrund unterschiedlicher Arbeitsbedingungen in den WTO-Ländern eine Mehrzahl der WTO-Mitglieder eine Behandlung in der WTO ablehnen und die Organisation im Konsens beschließt, sind die Möglichkeiten beschränkt.
Durch die Verhandlungsagenda der Doha-Entwicklungsrunde wird keine Kostenwahrheit erreicht werden. Die Forderungen nach Verankerung der non trade concerns und die EU-Bemühungen im Komitee für „Handel und Umwelt“ sind auch auf dieses wichtige Ziel hin ausgerichtet.
Zu Frage 16:
Wie bereits zuvor angeführt, wird versucht, in den Landwirtschaftsverhandlungen das Vorsorgeprinzip (siehe Frage 12) zu verankern. Weiters wird das Thema in den Verhandlungen zu „Handel und Umwelt“ (siehe Frage 17) behandelt und von EU-Seite prioritär verfolgt. Aufgrund der Widerstände durch andere WTO-Mitglieder ist der Verhandlungsfortschritt noch nicht zufriedenstellend.
Zu Frage 17:
Im Bereich „Handel und Umwelt“ wird das Verhältnis zwischen multilateralen Umweltabkommen (MEAs) und WTO-Bestimmungen behandelt. Österreich ist aktiv in den Prozess eingebunden um sicherzustellen, dass MEAs nicht durch WTO-Regeln unterminiert werden. Die EU und Österreich tragen in großem Umfang dazu bei, dass neue Verpflichtungen zu einer Stärkung des globalen Umweltrechts führen und Widersprüche mit der WTO bestmöglich verhindert werden können.
Der Bundesminister: