3397/AB XXII. GP

Eingelangt am 21.11.2005
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BM für Landesverteidigung

Anfragebeantwortung

GÜNTHER  PLATTER

BUNDESMINISTER FÜR LANDESVERTEIDIGUNG

S91143/110-PMVD/2005                                                                                         18. November 2005

Herrn
Präsidenten des Nationalrates

Parlament

1017 Wien

Die Abgeordneten zum Nationalrat Pfeffer, Genossinnen und Genossen haben am 21. September 2005 unter der Nr. 3434/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend "20. Suizid eines Assistenzsoldaten" gerichtet. Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Die von den Anfragestellern einleitend zitierte Behauptung, „der Grenzeinsatz sei nichts für junge Soldaten“ und „viele würden nicht über die psychische Stabilität verfügen“, ist sachlich nicht nachvollziehbar und bei näherer Betrachtung auch unzutreffend. Richtig ist vielmehr, dass im Assistenzeinsatz ausschließlich Soldaten eingesetzt werden, die hiefür die notwendige geistige und körperliche Eignung aufweisen. Dennoch können – trotz aller Bemühungen, Suizidfällen durch eine Vielzahl von Maßnahmen vorzubeugen – derartige tragische Ereignisse nicht gänzlich verhindert werden. Bis dato ist allerdings kein Selbstmord im Assistenzeinsatz an der Staatsgrenze dokumentiert, bei dem ein unmittel­barer Bezug zwischen Motiv und Dienstbetrieb herstellbar gewesen wäre; die Motive lagen vielmehr ausschließlich im privaten Umfeld der Betroffenen.

Im Einzelnen beantworte ich die vorliegende Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 3:

Nein; wie bereits einleitend dargelegt, werden im Assistenzeinsatz zur Grenzraum­überwachung ausschließlich geeignete und gut vorbereitete Soldaten eingesetzt. Im Rahmen der bei ärztlichen und psychologischen Untersuchungen verwendeten Testverfahren werden beispielsweise auch Aspekte wie emotionale Stabilität, positive Lebenseinstellung und physische und psychische Belastbarkeit erhoben. Rekruten absolvieren vor Antritt des Assistenzeinsatzes nach der neunwöchigen allgemeinen Basisausbildung noch eine
spezifische Einsatzvorbereitung, die sie auf die besonderen Bedingungen dieses Einsatzes und die Erfüllung ihrer konkreten Aufgaben optimal vorbereitet.

Zu 4 und 5:

Mein Ressort unternimmt alles, um Soldaten bei seelischen Belastungen möglichst rasche und wirksame Hilfe zu gewähren. So ist neben den Einrichtungen zur ärztlichen und psy­chologischen Betreuung insbesondere auf das "Helpline-Service" des Heerespsychologi­schen Dienstes zu verweisen, das von allen Soldaten und Zivilbediensteten im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung rund um die Uhr zur persönlichen psychologi­schen Betreuung in Anspruch genommen werden kann. Weiters stehen nach kritischen Ereignissen Notfallpsychologen und psychosoziale Ersthelfer zur Verfügung; zur psychi­schen Aufarbeitung traumatischer Ereignisse für sekundäre und tertiäre Opfer dient das sog. „Critical Incident Stress Debriefing-System" des Heerespsychologischen Dienstes. Darüber hinaus leisten in seelischen Konfliktsituationen auch Militärseelsorger wichtige Dienste.

Das erwähnte Helpline-Service verzeichnete im Vorjahr rund 1.000 Anrufe, von denen sich 54 inhaltlich auf den Assistenzeinsatz zur Grenzraumüberwachung bezogen. Dem Heerespsychologischen Dienst stehen zehn zertifizierte Notfallpsychologen (13 weitere befinden sich in Schulung) und rund 300 psychosoziale Ersthelfer zur Verfügung.

Zu 6:

Wie bereits erwähnt war in keinem der Suizidfälle ein unmittelbarer Bezug auf den Dienstbetrieb im Bundesheer herstellbar, zumal die Motive ausschließlich im privaten Umfeld der Betroffenen lagen.

Zu 7 und 8:

Die bedauerlichen Suizidfälle bildeten bereits unter meinen Amtsvorgängern den Gegenstand umfangreicher Ermittlungen und Fachinformationen durch die zuständigen Fachbereiche meines Hauses. Neben den Fachexpertisen werden natürlich auch die Ergebnisse des Helpline-Services ausgewertet und fließen in die Ausbildung und Betreuung ein. Im Hinblick auf diese umfassenden Maßnahmen ist eine eigene Studie im Gegenstand nicht beabsichtigt.

Zu 9:

Im Rahmen der Truppenbetreuung werden für Soldaten in der Zeit ohne dienstliche Inanspruchnahme zahlreiche Sport- und Freizeitaktivitäten in der Region gratis oder stark vergünstigt angeboten, insbesondere der Besuch von Hallenbad, Therme, Sauna, Kino, Kegelbahn und Internetcafé. Im Unterkunftsbereich können Sportgeräte, Gesellschafts­spiele, Tageszeitungen, Fernsehgeräte, SAT-Anlagen, DVD-Player und Videorecorder benutzt werden. Jeder Rekrut verfügt zumindest über ein Telefonguthaben von 12 € und uneingeschränkten Feldpostverkehr. Für das laufende Kalenderjahr sind zur Truppen­betreuung im Assistenzeinsatz an der Staatsgrenze Mittel von mehr als 300.000 € veranschlagt.

Zu 10:

Wie den Anfragestellern nicht unbekannt sein dürfte, hat die Bundesregierung zuletzt am 7. Dezember 2004 die Fortsetzung der Assistenzleistung des Bundesheeres zur Über­wachung der Schengen-Außengrenze im Osten bis 31. Dezember 2005 beschlossen, da dies trotz des weitgehend verfügbaren infrastrukturellen Ausbaus sowie der Eingliederung der Zollwache in die Sicherheitsexekutive unbedingt erforderlich war. Ob sich nach Abschluss dieses Integrationsprozesses eine Änderung für den Assistenzeinsatz des Bundesheeres ergibt, wird von der Bundesregierung zum gegebenen Zeitpunkt zu beurteilen sein.