3581/AB XXII. GP
Eingelangt am 16.01.2006
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BM für
Finanzen
Anfragebeantwortung
GZ. BMF-310205/0133-I/4/2005
Herrn Präsidenten
des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrter Herr Präsident!
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3634/J
vom 16. November 2005 der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser,
Kolleginnen und Kollegen, betreffend Überprüfung des Handelns der
Finanzmarktaufsicht und des zuständigen Bundesministerium in der Causa
"AMIS", beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:
Einleitend weise ich darauf hin, dass
bereits mit 1. April 2002 die Agenden der Finanzmarktaufsicht einer mit Verfassungsbestimmung
weisungsfrei gestellten Allfinanz-Aufsichtsbehörde, der
Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), übertragen wurden. Dieses Modell der
Aufsichtsorganisation mit einer operationellen Unabhängigkeit der Banken-,
Versicherungs- und Wertpapieraufsicht entspricht dabei dem internationalen
Standard und wird in den maßgeblichen internationalen Aufsichtsgremien (Basler
Ausschuss für Bankenaufsicht, IOSCO für Börse- und Wertpapieraufsicht und IAIS
für Versicherungsaufsicht) als wesentliche Anforderung gesehen.
Die FMA ist daher nach § 1 Abs. 1 FMABG
als weisungsfreie Anstalt öffentlichen Rechts konzipiert, deren Vorstand nach §
16 Abs. 3 FMABG dem Finanzausschuss berichtspflichtig (Jahresbericht) ist und
auch zu Sitzungen des Finanzausschusses des Nationalrats eingeladen werden
kann.
In meiner Darstellung der operativen
Vorgänge stütze ich mich daher auf eine dazu eingeholte Stellungnahme der FMA,
soweit diese im Rahmen der Rechtsaufsicht möglich war.
Weiters halte ich fest, dass weder die
AMIS Asset Management GmbH noch die AMIS Financial Consulting AG jemals der
Aufsicht des Bundesministeriums für Finanzen unterlagen. Die AMIS Asset
Management GmbH wurde von der ehemaligen Bundes-Wertpapieraufsicht, einer
Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit, konzessioniert
und unterlag nach der Überleitung dieser Behörde in die
Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) im April 2002 deren Aufsicht. Die AMIS
Financial Consulting AG erhielt ihre Konzession im Oktober 2002 direkt von der
FMA.
Nun zu den konkreten Fragen, wobei ich
nochmals darauf hinweise, dass ich mich in der Darstellung der operativen
Vorgänge auf die dazu eingeholte Stellungnahme der FMA stütze:
Zu 1.:
Wie mir die FMA mitgeteilt hat, war die
AMIS Asset Management GmbH vom 8. Februar 1999 bis zum 11. Oktober 2002
berechtigt, das Finanzdienstleistungsgeschäft nach § 1 Abs. 1 Z 19 BWG
auszuüben. Dieses umfasst folgende Tätigkeiten:
Die AMIS Asset Management GmbH bediente
sich bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen auch freier MitarbeiterInnen
nach § 19 Abs. 2a WAG.
Die AMIS Financial Consulting AG war
von 20. September 2002 bis 7. November 2005 zur Erbringung von
Finanzdienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 19 lit. a und c BWG,
beziehungsweise von 11. Oktober 2002 bis 7. November 2005 zusätzlich zur
Erbringung der Finanzdienstleistung gemäß § 1 Abs. 1 Z 19 lit. b BWG, berechtigt.
Sie hat sich dabei ebenfalls freier MitarbeiterInnen gemäß § 19 Abs. 2a WAG
bedient.
Zu 2.:
Die Konzessionsvoraussetzungen für
Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind in § 20 WAG normiert. Betreffend die
möglichen Rechtsformen (Kapitalgesellschaft), die Prüfung der EigentümerInnen
("fit and proper Test") sowie die GeschäftsleiterInnenqualifikation
gelten gemäß § 20 Abs. 1 Z 5 WAG die
korrespondierenden Bestimmungen in § 5 BWG.
Zu 3.:
Die Konzession der AMIS Asset
Management GmbH wurde von der ehemaligen Bundes-Wertpapieraufsicht, jene der
AMIS Financial Consulting AG von der FMA erteilt.
Wie mir die FMA mitgeteilt hat, haben
die AMIS Asset Management GmbH und die AMIS Financial Consulting AG das
Vorliegen der Konzessionsvoraussetzungen glaubhaft nachgewiesen, sodass die
Konzessionen zu erteilen waren.
Zu 4.:
Finanzprodukte unterliegen nur dann
einer besonderen Prüfung durch eine staatliche Behörde, wenn dies in
sondergesetzlichen Vorschriften, wie zum Beispiel dem InvestmentfondsG oder dem
ImmobilieninvestmentfondsG, ausdrücklich vorgesehen ist.
Wie mir die FMA mitgeteilt hat,
unterlagen die von den in Frage stehenden Firmen vermittelten Finanzprodukte
keiner derartigen Prüfung in Österreich.
Für die laufende Geschäftstätigkeit von
Wertpapierdienstleistungs-unternehmen gelten die Wohlverhaltensregeln nach den
§§ 11 bis 18 WAG. Diese haben eine Beratung der KundInnen beziehungsweise eine
Vermögensgestionierung im ausschließlichen KundInneninteresse zum Ziel und
umfassen Aufklärungspflichten, Organisationspflichten sowie Aufzeichnungs- und
Aufbewahrungspflichten.
Über die Einhaltung der Bestimmungen
des WAG durch das Wertpapierdienstleistungsunternehmen hat der
Wirtschaftsprüfer des Wertpapierdienstleistungsunternehmens im Rahmen eines
gesonderten Aufsichtsberichts gemäß § 23 Abs. 4 WAG beziehungsweise
§ 23a Abs. 4 WAG zu berichten. Dieser ist der FMA nach
§ 23 Abs. 2 WAG innerhalb von sechs Monaten nach Ende des Geschäftsjahres
vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen vorzulegen.
Informationen zum Inhalt dieses
gesonderten Aufsichtsberichts liegen mir infolge der autonomen Zuständigkeit
der FMA nach § 1 Abs. 1 FMABG nicht vor.
Zu 5.:
Die Anforderungen an die
GeschäftsleiterInnen eines Wertpapierdienst-leistungsunternehmens sind in § 20
Abs. 1 Z 3 und 5 WAG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Z 6 und 7 sowie 9 bis 14 BWG
normiert. Erforderlich sind insbesondere praktische als auch theoretische
Kenntnisse für die vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen erbrachten
Dienstleistungen.
Wie mir die FMA mitgeteilt hat, wurde
das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Bestellungszeitpunkt bei
jedem Geschäftsleiter geprüft und für gegeben erachtet.
Zu 6.:
Die Entgegennahme von KundInnengeldern
ist Wertpapierdienstleistungs-unternehmen gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 WAG untersagt.
Über die Einhaltung dieser Bestimmung durch das
Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist im zu Frage 4 erwähnten gesonderten
Aufsichtsbericht vom Wirtschaftsprüfer zu berichten. Dieser Bericht bildet eine
wesentliche Informationsquelle für die Tätigkeit der FMA. Aufgezeigte Verstöße
sind von der FMA entsprechend den hiefür vorgesehenen gesetzlichen Vorschriften
zu ahnden.
Zu 7.:
Die Kompetenzen der FMA bestehen in der
Banken-, Versicherungs-, Wertpapier- und Pensionskassenaufsicht. Soweit diese
Aufgaben die Unternehmensaufsicht betreffen, beschränken sie sich auf solche
mit Sitz in Österreich. Ausländische Kreditinstitute werden daher nur erfasst,
sofern sie im Wege der Dienst- und Niederlassungsfreiheit in Österreich tätig
werden, was im Gegenstand der vorliegenden Anfrage aber nicht der Fall war.
Über den Aufgabenbereich ausländischer
Behörden und deren Aufsichtstätigkeit im konkreten Fall liegen mir keine
Informationen vor.
Zu 8. bis 10.:
Über einzelne aufsichtsbehördliche
Erwägungen im Zusammenhang mit der Beaufsichtigung der AMIS-Firmen liegen mir
im Hinblick auf die alleinige Verfahrenszuständigkeit der FMA nach § 1 Abs. 1
FMABG keine näheren Informationen vor. Ergänzend möchte ich darauf hinweisen,
dass bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine Depotführung im Ausland
gesetzlich nicht ausgeschlossen ist und ein solcher Ausschluss in Bezug auf
einen Mitgliedstaat der Europäischen Union auch nicht möglich wäre.
Zu 11.:
Die Suspendierung der AMIS Funds Sicav
(Investmentfonds nach luxemburgischem Recht) wurde auf der Homepage der FMA
veröffentlicht und war damit allgemein verfügbar. Die einzelnen KundInnen eines
Wertpapierdienstleistungsunternehmens sind der FMA auf Grund der laufenden
Aufsichtstätigkeit ebenso wenig bekannt, wie die von den KundInnen erworbenen
Finanzprodukte. Eine individuelle Verständigung von KundInnen über die
Suspendierung von Finanzprodukten ist vor diesem Hintergrund unmöglich und
daher auch aus diesem Grund gesetzlich nicht vorgesehen.
Zu 12.:
Die operative Aufsichtstätigkeit liegt
gemäß § 1 Abs. 1 FMABG im autonomen Wirkungsbereich der FMA. Eine Information
meines Ressorts beziehungsweise eine Abstimmung mit demselben ist dabei
grundsätzlich ausgeschlossen. Ich ersuche daher um Verständnis, dass ich diese
Frage nicht beantworten kann.
Zu 13.:
Für die Publikation von Auskünften sind
im BWG beziehungsweise im WAG abschließende Kriterien definiert. Die
Inanspruchnahme dieser Kommunikationsmöglichkeiten liegt im autonomen
Wirkungsbereich der FMA, weswegen mir hiezu keine näheren Informationen
vorliegen.
Zu 14.:
Für die Zusammenarbeit der
Aufsichtsbehörden der Europäischen Union im Wertpapieraufsichtsbereich
normieren die Wertpapierdienstleistungs-richtlinie (93/22/EWG) sowie die
OGAW-Richtlinie (85/611/EWG) Bestimmungen, die in innerstaatliches Recht
umgesetzt sind. Diese haben sich grundsätzlich bewährt. Dieser Rechtsrahmen war
auch die Grundlage für die Zusammenarbeit von CSSF und FMA.
Zu 15.:
Auf Grund der von der FMA gegenüber den
Unternehmen der AMIS-Firmen gesetzten Maßnahmen ist nach den mir vorliegenden
Informationen weder eine Erosion des Anlegervertrauens erkennbar, noch bestehen
Amtshaftungsansprüche gegen die Republik Österreich.
Zu 16.:
Mir liegen keine Informationen über ein
nicht gesetzeskonformes Verhalten der FMA vor. Für die zweifellos bedauerlichen
Verluste der AMIS-KundInnen auf Grund eines möglichen zivil- beziehungsweise
strafrechtlichen Fehlverhaltens der Organe der AMIS-Firmen ist ein Ersatz von
Vermögensschäden oder sonstiger Ansprüche mangels Rechtsgrundlage aus den
allgemeinen Budgetmitteln nicht möglich.
Zu 17.:
Die Reputation des Finanzplatzes
Österreich wurde durch eine Vielzahl von Maßnahmen dieser Bundesregierung
gestärkt. Exemplarisch weise ich dazu etwa auf die Etablierung einer modernen,
internationalen Standards entsprechenden Allfinanzaufsichtsorganisation in
Gestalt der FMA, die Einführung des Corporate Governance Kodex und die
Umsetzung des so genannten „Wirtschaftshygienepakets“ hin. Das Ausscheiden von
Finanzinstitutionen mangels wirtschaftlichen Erfolgs oder infolge von
Malversationen ist zwar in jedem einzelnen Fall höchst bedauerlich, kann jedoch
in einem marktwirtschaftlichen System durch aufsichtsbehördliche Maßnahmen
nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Wie internationale Erfahrungswerte
zeigen, können derartige Einzelfälle bei Vorliegen eines soliden
institutionellen Rahmens, wie er in Österreich gegeben ist, die Reputation
eines Finanzplatzes nicht nachhaltig beeinträchtigen.
Mit freundlichen Grüßen