3640/AB XXII. GP
Eingelangt am 06.02.2006
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BM für
Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ.
BMVIT-9.500/0007-I/CS3/2005 DVR:0000175
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017
W i e n
Sehr geehrter Herr Präsident!
Die schriftliche
parlamentarische Anfrage Nr. 3666/J-NR/2005 betreffend CIA-Vertuschung, die die
Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde am 6. Dezember 2005 an mich
gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Fragen 1 bis 15:
Warum verhindern Sie die
Untersuchung der zivilen Flugdaten im Zusammenhang mit der CIA-Affäre?
Welche europäischen Staaten führen
bereits derartige Untersuchungen durch?
Welche Daten werden Sie den
Untersuchungen des Europarates zur Verfügung stellen?
Warum führen Sie die Öffentlichkeit
mit der Behauptung, für die Untersuchung der getarnten CIA-Flüge seien andere
Ministerien zuständig, bewusst in die Irre?
Warum gehen Sie nicht konkreten
Hinweisen auf illegale CIA-Flüge in der Nachbarschaft Österreichs nach?
Warum überprüfen Sie nicht den Flug
der Casa 235 mit dem Kennzeichen N187D am 6.1.2005 von Kabul nach Europa?
Warum überprüfen Sie nicht den Flug
der Gulfstream mit dem Kennzeichen N8068V, die am 26.1.2005 in Genf war?
Warum überprüfen Sie nicht den Flug
der Casa 235 mit dem Kennzeichen N168D, die am 8.4.2005 in Prag war?
Warum überprüfen Sie nicht den Flug
der Gulfstream mit dem Kennzeichen N8068V, die am 16.4.2005 in Genf war?
Warum überprüfen Sie nicht den Flug
der Boeing 737 mit dem Kennzeichen N4476S, die am 6.5.2005 in Prag war?
Warum überprüfen Sie nicht den Flug
der Casa 235 mit dem Kennzeichen N187D, die am 22.7.2005 in München war?
Warum überprüfen Sie nicht den Flug
der Casa 235 mit dem Kennzeichen N168D die am 3. und 4.10.2005 in Budapest war?
Hat Sie der Bundeskanzler
aufgefordert, in Vorbereitung seines Besuchs beim US-Präsidenten bei der
Vertuschung der CIA-Affäre behilflich zu sein?
Warum dürfen Sie nichts wissen,
obwohl Sie alles wissen könnten?
Antwort:
Wie bereits mehrfach ausgeführt,
sind aufgrund der Konvention von Chicago aus dem Jahre 1944 zivil deklarierte
Flüge berechtigt, den österreichischen Luftraum ohne weitere Bewilligung zu
befliegen. Lediglich Staatsluftfahrzeuge bedürfen für den Überflug einer gesonderten
Bewilligung für welche im diplomatischen Wege über das Bundesministerium für
auswärtige Angelegenheiten angesucht wird und die von der AustroControl nach
Zustimmung durch das Bundesministerium für Landesverteidigung für
Militärluftfahrzeuge bzw. durch das Bundesministerium für Inneres für sonstige
Staatsluftfahrzeuge erteilt wird.
Ich gehe davon aus, dass es sich bei
allen derzeit in Diskussion stehend Flügen um Flüge von Zivilluftfahrzeugen
handelt, welche – wie oben bereits erwähnt – aufgrund der Konvention von
Chicago ohne weitere Genehmigung den österreichischen Luftraum befliegen
durften.
Einzige Voraussetzung für die
Durchführung eines solchen Fluges ist die Abgabe eines sogenannten Flugplanes.
Diese Flugpläne dienen ausschließlich flugbetrieblichen Aufgaben und die darin
enthaltenen Angaben wie
·
Rufzeichen
(Kennung/Registrierung/Flugnummer)
·
Start-
und Zielflugplatz sowie Flugstrecke über Österreich
·
Type
des Luftfahrzeuges
·
Reiseflughöhe/Reisegeschwindigkeit
·
Zeit
in UTC (Universal Time Coordinated) über Meldepunkt in Österreich
·
(allenfalls)
Sondererkennung für Staatsluftfahrzeuge
sollen die sichere, flüssige und ökonomische
Abwicklung von ca. 3.000 Flügen täglich durch die Flugsicherung sicherstellen.
Zur Unterstützung der Fluglotsen werden die oben angeführten
Detailinformationen auf so genannten Kontrollstreifen ausgeworfen. Die
Flugpläne selbst werden 30 Minuten nachdem das Luftfahrzeug den
österreichischen Luftraum verlassen hat bzw. gelandet ist automatisch gelöscht,
die Kontrollstreifen selbst zur Klärung allfälliger verrechnungstechnischer
Fragen noch 12 Monate aufbewahrt.
Selbstverständlich habe ich aber alles in meiner Macht und in meiner Zuständigkeit stehende unternommen, um zu einer möglichst lückenlosen Aufklärung beizutragen. So wurde seitens meines Ressorts mehrfach die AustroControl befasst.
Wie aber
bereits des öfteren dargelegt, könnte von der AustroControl lediglich
festgestellt werden, ob
einer der von Ihnen genannten Flüge tatsächlich über österreichischen Luftraum
geführt hat oder nicht. Ob mit diesen allerdings tatsächlich „illegale
Kidnapping-Transporte im Auftrag der USA“ durchgeführt worden sind, kann die
AustroControl aufgrund der vorhandenen Daten nicht feststellen. Vor allem aber
ist die ausschließliche Aufgabe der AustroControl die sichere Durchführung von
ordnungsgemäß angemeldeten Flügen und nicht die Untersuchung oder Aufklärung
allfälliger illegaler bzw. menschenrechtswidriger Transporte von Gefangenen
oder gar die Untersuchung von angeblichen CIA-Flügen in der Nachbarschaft
Österreichs.
Im Sinne der
Aufklärung erging an die Eurocontrol von meinem Ressort die Zustimmung, die vom
Europarat angefragten Flugpläne an diesen zu übermitteln. Im Gegenzug dazu hat
sich das BMVIT auf meine Initiative hin an Eurocontrol mit dem Ersuchen
gewandt, jene Flugdaten aus der Liste der an den Europarat gemeldeten Flüge zur
Verfügung gestellt zu bekommen, welche Österreichbezug aufweisen. Eurocontrol
hat uns mitgeteilt, dass sich die Auswertung nur auf Starts und Landungen in den
Mitgliedstarten konzentrierte, jedoch nicht auf Transitflüge. Überflugsdaten
wurden daher dabei nicht übermittelt. Ebenso wurden keine Angaben betreffend
Passagiere bzw. Frachtdaten gemacht.
Die Eurocontrol hat die Flugpläne von 41 Kennnummern von Flugzeugen für den Zeitraum 2001 bis 2005 an Europarats-Sonderermittler Dick Marty übermittelt. Laut Eurocontrol befinden sich darunter zwei Flugzeuge, die in Österreich gestartet bzw. gelandet sind. Die Daten dieser beiden Maschinen wurden uns am 27.01.2006 von Eurocontrol mitgeteilt.
Im ersten Fall handelt es sich um eine Beech B-350 mit der Nummer N4009L, die im Betrieb der Stevens Express Leasing Inc. geführt wird. Für diese Maschine wurde für 7. April 2002 ein Flug von Salzburg nach Stuttgart gemeldet. Wie genauere Recherchen der AustroControl ergaben, musste der ursprünglich gemeldete Flug Istanbul - Stuttgart in Salzburg für einen außerplanmäßigen Tankstopp unterbrochen werden. Gelandet ist die Maschine um 09:35 UTC in Salzburg. Fortgesetzt wurde der Flug laut Flugplan um 10.12 UTC.
Im zweiten Fall handelt es sich um eine Boeing 737 mit der Nummer N368CE, die im Betrieb der Richmor Aviation geführt wird. Diese Maschine ist laut gemeldetem Flugplan am 3. Juli von Shannon (Irland) kommend um 6:57 UTC in Wien gelandet. Drei Tage später, am 7. Juli um 06:20 UTC, ist die Maschine weiter nach Tunis geflogen. Wie die genaueren Recherchen der österreichischen Behörden ergaben, diente dieser Flug dem Österreichbesuch einer höchstrangigen UNO-Delegation unter Führung des UNO-Generalsekretärs Kofi Annan (siehe etwa auch die APA-Meldung 0321 vom 03.07.2002).
Ungeachtet dessen regten der Herr Bundesminister für Landesverteidigung und ich das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheit an, offiziell an die amerikanische Botschaft mit dem Ersuchen um Erstattung von Auskünften betreffend Flugbewegungen unter Benützung österreichischen Staatsgebietes von Luftfahrzeugen, welche durch den amerikanischen Geheimdienst CIA für die Zwecke illegaler Gefangenentransporte verwendet worden sein könnten, heranzutreten.
Welche Untersuchungen andere europäischen Staaten zur Aufklärung unternommen haben, ist mir nicht bekannt.
Abschließend möchte ich aber die
Unterstellung ich würde mich an einer Vertuschung beteiligen auf das
Entschiedenste zurückweisen.
Mit freundlichen Grüßen