3774/AB XXII. GP
Eingelangt am 23.03.2006
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BM für Verkehr, Innovation
und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ.
BMVIT-10.000/0002-I/CS3/2006 DVR:0000175
An den
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 W i e n
Sehr geehrter Herr Präsident!
Die schriftliche
parlamentarische Anfrage Nr. 3812/J-NR/2006 betreffend Schließung von
WC-Anlagen in steirischen Bahnhöfen, die die Abgeordneten Dobnigg und
GenossInnen am 24. Jänner 2006 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie
folgt zu beantworten:
Fragen 1 bis 16:
Seit wann ist Ihnen bekannt, dass die ÖBB die öffentlichen WC-Anlagen in den Bahnhöfen Mautern, Kalwang und Wald am Schoberpass mit 1. Februar 2006 schließen wollen?
Stimmt es, dass auch die Bahnhöfe Leoben-Göss und Hinterberg auf der WC- Schließungsliste stehen?
Welche Bahnhöfe in der Steiermark sind noch von diesen WC-Schließungslisten in welchem Zeitraum betroffen?
Auf wie vielen Bahnhöfen in ganz Österreich wurden seit dem Jahr 2000 WC-Anlagen geschlossen?
Wie viele Bahnhöfe sollen in Zukunft in ganz Österreich noch ihre WC-Anlagen verlieren?
Wie beurteilen Sie diese kundenfeindliche Vorgehensweise der ÖBB?
Wo und wie sollen die Menschen, die auf einen Zug warten, in Zukunft ihre Notdurft verrichten, wenn das Klo zugesperrt ist?
Werden Sie bzw. die ÖBB Personen, die aus Alters- oder Gesundheitsgründen ihre menschlichen Bedürfnisse nicht so gut kontrollieren bzw. nicht so lange aufschieben können, entgegenkommen, damit sie nicht leiden müssen bzw. damit nähere Umgebung der Bahnhöfen bzw. das Bahnhofsgelände angesichts einer fehlenden WC-Anlage nicht hygienisch beeinträchtigt wird? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht und wer soll dann für die erhöhten Reinigungskosten außerhalb der alten WC- Anlagen und im näheren Umfeld der Bahnhöfe aufkommen?
Wie können Sie das Schließen von WC-Anlagen auf Bahnhöfen mit den Bahnhofsoffensiven in Einklang bringen?
Sind Sie der Meinung, dass durch eine derartige Vorgangsweise das teuer beworbene Bahnfahren attraktiver wird?
Haben Fahrgäste, die auf kleineren Bahnhöfen in die Züge aus- und einsteigen, einen geringeren Wert als Fahrgäste in größeren Bahnhöfen?
Werden ÖBB-Fahrgäste , die hinkünftig WC-losen Bahnhöfen benützen, wenigstens einen geringeren Fahrpreis bezahlen müssen, da sie ja auch ein geringeres Service bekommen? Wenn ja, in welcher Höhe? Wenn nein, warum nicht?
Welche Kosteneinsparungen erwarten sich die ÖBB durch die WC-Schließungen in den einzelnen Bahnhöfen und in Summe für die Steiermark und für ganz Österreich?
Sind Sie der Meinung, dass diese Summen es Wert sind, das Image des Unternehmens ÖBB derart zu schädigen? Wenn ja, warum? Wenn nein, was werden Sie unternehmen, um diese Vorgangsweise der ÖBB zu stoppen?
Wie beurteilen Sie die Vorgangsweise der ÖBB, die Reinigung und den Betrieb von Bahnhof- WC`s den Gemeinden, die meist ohnehin in einer finanziell angespannten Situation sind, noch zusätzlich aufzuhalsen?
Welchen Gemeinden in Österreich haben die ÖBB bisher zu welchen Kosten und wann die Übernahme ihrer WC-Anlagen aufgezwungen?
Antwort:
Vorweg
darf ich anmerken, dass gemäß Art. 52 Abs.1 B-VG und § 90 erster Satz des
Geschäftsordnungsgesetzes 1975 der Nationalrat befugt ist, die Geschäftsführung
der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der
Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen.
Art. 52 Abs. 2 B-VG sieht vor, dass sich
das Fragerecht des Parlaments hinsichtlich ausgegliederter Rechtsträger nur auf
die Rechte des Bundes (z.B. Anteilsrechte in der Hauptversammlung einer AG) und
auf die Ingerenzmöglichkeiten des Bundes bezieht, nicht jedoch auf die
operative Tätigkeit der Organe juristischer Personen, die von den
Eigentümervertretern bestellt wurden.
Das bedeutet, dass die von Ihnen gestellten Fragen nicht vom Interpellationsrecht umfasst sind, da sie sich ausschließlich auf Handlungen von Unternehmensorganen beziehen. Sie wären daher auch von diesen zu beantworten. Ich habe jedoch, weil mir diese Maßnahmen in keinem Verhältnis zum möglichen Nutzen erscheint, ein entsprechendes Schreiben an den Vorstand der ÖBB- Infrastruktur Betrieb AG gerichtet.
Die von mir damit
befasste ÖBB- Infrastruktur Betrieb AG nahm dazu wie folgt Stellung:
„Selbstverständlich bemühen wir uns
um zufriedenstellende Anlagen für unsere Kunden. Es ist unser Interesse, dass
unseren Kunden Toiletten zur Verfügung stehen. Daher sind wir auch dabei, mit
einzelnen Gemeinden unter Mitwirkung des Gemeindebundes Kooperationen zu
treffen, die sowohl für die ÖBB als auch für die Gemeinden von Vorteil sein
sollen.
Gleichzeitig ersuchen wir jedoch
auch um Verständnis, dass unser Unternehmen neben allen kundendienstlichen
Schwerpunkten auch die wirtschaftliche Seite von Dienstleistungen betrachten
muss.
Wir dürfen Ihnen mitteilen, dass
die ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG derzeit Erhebungen hinsichtlich eines
wirtschaftlichen Betreibens von WC-Anlagen auf Bahnhöfen durchführt. Die
angestrebten Einsparungen können erst nach einer österreichweiten Betrachtung sowie
nach allenfalls abgeschlossenen Kooperationen beziffert werden.
Derzeit für Kooperationen zur
Diskussion stehende Bahnhöfe in der Steiermark sind Wald am Schoberpass,
Kalwang, Mautern, Leoben-Göss und Leoben-Hinterberg.
Daher prüfen wir derzeit jene Verkehrsstationen,
die einerseits über WC-Anlagen verfügen, deren Betrieb aber andererseits
aufgrund der mangelnden Reisendenfrequenz in keinem wirtschaftlichen und
kundenrelevanten Nutzen steht. Auch geben wir zu bedenken, dass die
Öffentlichkeit zu Recht keinerlei Verständnis für unwirtschaftliche Maßnahmen
der ÖBB aufbringt.
Sollte es in einer Gemeinde zu
kundenrelevanten Veränderungen kommen, werden wir mit den betroffenen
Bürgermeistern in Kontakt treten, um zu einer für alle Beteiligten annehmbaren
Lösung zu kommen.“
Mit freundlichen Grüßen