3792/AB XXII. GP

Eingelangt am 24.03.2006
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMF-310205/0005-I/4/2006

 

 

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

»Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3824/J vom 25. Jänner 2006 der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen, betreffend "zusätzliche" Forschungsmilliarde, beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass es Ziel dieser Bundesregierung – und damit selbstverständlich auch meines – ist, den wettbewerbsfähigen, innovativen und wissensbasierten Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken. Damit wird auch ein wichtiger Beitrag für Wachstum und Beschäftigung geleistet. Konsequent und folgerichtig ist es daher, dass in der finanz- und wirtschaftspolitischen Strategie den Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur ein besonderer Stellenwert eingeräumt wird.

 

Wie die Daten der Statistik Austria eindrucksvoll belegen, ist es gelungen, die Forschungsausgaben in den letzten Jahren kontinuierlich zu steigern: In der Periode 1993 bis 1999 betrugen die direkten F&E-Ausgaben des Bundes rund € 7,5 Mrd., wobei darin bereits die so genannte Technologiemilliarde inkludiert ist. Der Forschungsfreibetrag für volkswirtschaftlich wertvolle Erfindungen lag bei 12% bzw. 18%, was Steuerausfälle von rund € 400 Mio. nach sich gezogen hat. Die F&E-Quote lag 1999 bei 1,9%, und damit im europäischen Durchschnitt.

 

Mittlerweile sind wir zu einem Spitzenreiter in der F&E-Dynamik in der Europäischen Union avanciert. In der Periode 2000 bis 2006 hat die Bundesregierung nicht nur über € 10,5 Mrd. - das ist eine Steigerung um mehr als 40% gegenüber den sozialdemokratisch geführten Regierungen zuvor - bereit gestellt, sondern auch die indirekte Forschungsförderung laufend verbessert. Es wurde eine Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung geschaffen und durch die Einrichtung der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft eine Richtung weisende Strukturreform der angewandten Forschungsförderungseinrichtungen durchgeführt. Das Förderungsbudget in der Forschungsförderungs-gesellschaft ist seit ihrer Gründung von rund € 297 Mio. im Jahr 2003 auf € 393 Mio. im Jahr 2006 und damit um mehr als 30% gestiegen.

 

Die F&E-Quote liegt 2005 nach der letzten Globalschätzung der Statistik Austria voraussichtlich bei 2,35%. Für das Jahr 2006 werden 2,5% prognostiziert. Mit der Bereitstellung der Forschungsmilliarde, deren ersten Tranchen bereits in den Jahren 2005 und 2006 zahlungswirksam werden, sowie mit der steuerlichen Begünstigung der Auftragsforschung wurden die vorerst letzten Meilensteine dieser aktiven und zukunftsorientierten Forschungs- und Technologiepolitik der Regierung gesetzt.

 

Insgesamt ergibt sich im Vergleich folgendes Bild:

 

1993 bis 1999

in Mio. €

2000 bis 2006

in Mio. €

direkte quotenwirksame Ausgaben des Bundes

7.541

10.515

 

Volumen Sonderprogramme:

153

1.982

Technologiemilliarde/Forschungsoffensive

153

1.110

Nationalstiftung

0,0

375

Forschungsprämie

0,0

372

Forschungsanleihe

0,0

125

geschätzte Steuerausfälle aus Forschungsfreibeträgen

412

1.362

Auftragsforschung

0,0

100

 

Dieser enorme Aufholprozess ist allerdings nicht nur auf die zusätzlichen Anstrengungen seitens der öffentlichen Hand zurück zu führen. Auch die Unternehmen haben ihre F&E-Aufwendungen kontinuierlich gesteigert, sodass der Zuwachs an F&E-Ausgaben insgesamt deutlich über der Steigerung des BIP liegt. So beträgt der durchschnittliche jährliche Zuwachs des BIP seit 1998 3,5%, der der Bruttoinlandsausgaben für F&E 7,9% und jener der F&E-Finanzierung durch die Wirtschaft sogar 8,3%. Dies ist nur dadurch möglich geworden, dass die Wirtschaft auf stabile Rahmenbedingungen vertrauen und sich darauf verlassen kann, dass die Förderung von Forschung und Entwicklung eines der Kernanliegen der Bundesregierung ist und bleibt.

 

Dieser Bundesregierung ist es somit gelungen, jene Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine mittelfristige Planung ermöglichen. Entscheidend dafür ist nicht die Höhe der investierten Mittel, sondern der effektive, effiziente und qualitätsvolle Einsatz öffentlicher und privater Mittel. Es wurde dazu beigetragen, das hochgesteckte Ziel einer Forschungsquote von 3% im Jahr 2010 erreichbar zu machen. Im internationalen Wettbewerb konnte Österreich als attraktiver Forschungsstandort etabliert werden. Es gilt nun, diesen Weg fortzusetzen, um in weiterer Konsequenz der F&E-Politik Wachstum und Beschäftigung zu generieren. Dabei wird es Sache der nächsten Legislaturperiode sein, den erfolgreich eingeschlagenen jetzigen Kurs der zusätzlichen Investitionen in Zukunftsbereiche wie Forschung und Bildung weiter zu verfolgen. So werden über die Forschungsmilliarde hinaus weitere Mittel aufgebracht werden müssen, um das Ziel von 3% Ausgaben für Forschung und Entwicklung gemessen am BIP zu erreichen.

 

Nun zu den konkreten Fragen:

 

Zu 1. und 2.:

Hinsichtlich der inhaltlichen Planungen weise ich darauf hin, dass die diesbezügliche Kompetenz bei den Fachressorts liegt, die sich von ihrem Umfang her zunächst an den jährlichen Budgets zu orientieren haben. Zum Budget, das an das Prinzip der Einjährigkeit gebunden ist, kommen dabei die von der Bundesregierung etwa in Form der Forschungsoffensive II und der Forschungsmilliarde beschlossenen zusätzlichen Finanzierungen hinzu. Diese geben Planungssicherheit und gewährleisten somit die erforderliche Nachhaltigkeit für die Forschung. Einen Überblick bietet die F&E-Beilage zum Bundesfinanzgesetz, die sowohl inhaltliche als auch budgetäre Zusammenhänge beleuchtet.

 

Auch das von jeder Bundesregierung gemäß § 12 BHG zu erstellende Budgetprogramm dokumentiert die Pläne der Bundesregierung, wobei ich darauf hinweise, dass für den Bereich F&E die gesteckten Ziele mehr als erfüllt worden sind.

 

Strategisch leistet auch der Rat für Forschung und Technologieentwicklung einen wertvollen Input. Dabei weise ich insbesondere auf den zuletzt getätigten Diskussionsbeitrag zur Strategie 2010 als Zusammenfassung beziehungsweise Kompilation von laufenden und möglichen zukünftigen Forschungsaufgaben in Österreich hin. Ein nächster logischer Schritt wird es sein, dieses Papier zu einer von den Mitgliedern der Bundesregierung getragenen Forschungsstrategie für Österreich zu verdichten.

 

Zu 3.:

In der nachstehenden Tabelle liste ich jene Forschungsausgaben auf, welche mit den bereits in meiner Beantwortung der Anfrage Nr. 3130/J vom 9. Juni 2005 angeführten Gesamtbeträgen im Jahr 2005 aus der Forschungsmilliarde finanziert wurden. Dabei berücksichtige ich auch jene Forschungsausgaben für das Jahr 2006, bei welchen dieser Finanzierungsweg vorgesehen ist.

 

2005:

50 Mio. €:

davon FFG

10 Mio. €

Bottom-up - Förderungen

 

 

 

10 Mio. €

Headquarter – Strategie

 

 

 

5 Mio. €

Bridge-Programm

 

 

davon FWF

10 Mio. €

Einzelprojektförderung

 

 

 

5 Mio. €

translational research

 

 

davon Univ.

10 Mio. €

Uni-Infrastruktur

2006:

75 Mio. €:

davon FFG

12,5 Mio. €

Bottom-up – Förderungen

 

 

 

12,5 Mio. €

Headquarter – Strategie

 

 

 

5 Mio. €

Bridge-Programm

 

 

davon FWF

13 Mio. €

Einzelprojektförderung

 

 

 

5 Mio. €

translational research

 

 

davon Univ.

10 Mio. €

Uni-Infrastruktur

 

 

 

12 Mio. €

Eliteuniversität

 

 

davon ÖAW

5 Mio. €

IMBA/Exzellenzcentren

 

Zu 4.:

Aus meiner Sicht sind hier mehrere Kriterien entscheidungsrelevant: so sind öffentliche Mittel in jenen Bereichen einzusetzen, in denen FTI-Aktivitäten andernfalls nicht stattfinden könnten. Der öffentlichen Hand kommt dabei eine besondere Rolle in der Förderung langfristiger, risikoreicher Forschung, in der Sicherung des Angebots an hoch qualifizierten Arbeitskräften sowie in der Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen für Wettbewerb, Investitionen und Beschäftigung zu. Fördermaßnahmen sollen unternehmerische Investitionsentscheidungen stimulieren, nicht jedoch private Mittel ersetzen.

 

Ziel muss es sein, die österreichische Forschungs- und Innovationsperfor­mance nachhaltig zu verbessern. Es gilt, hohe Qualität und nachhaltiges, international sichtbares Engagement der österreichischen Wissenschaft zu forcieren und gleichzeitig einen innovations- und technologieintensiven Strukturwandel der österreichischen Wirtschaft mit international wettbe­werbsfähigen Resultaten zu unterstützen.

 

Was die konkreten Vorhaben und Forschungsaufgaben betrifft, verweise ich auf die Zuständigkeit der jeweiligen Ressorts. Allerdings sollten unter dem Aspekt der Planungssicherheit begonnene Initiativen, die positiv evaluiert und exzellent beurteilt worden sind, jedenfalls weiter geführt werden können.

 

Zu 5.:

Wie ich bereits in meiner Beantwortung der Anfrage Nr. 3165/J vom 10. Juni 2005 ausgeführt habe, erfolgt die Finanzierung über die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) durch Mittelaufnahmen im Rahmen ihres "Debt Management". Sie orientiert sich an der Finanzmarktsituation zum Zeitpunkt der Mittelbereitstellung und ist jeweils unter dem Gesichtspunkt der bestmöglichen Finanzierungsform innerhalb einer Jahresgesamtfinanzierung zu sehen.

 

Zu 6. und 7.:

Das Ziel, europaweit 3% Ausgaben für Forschung und Entwicklung ge­messen am BIP zu erreichen, wurde als ein Element der "Lissabonstrategie" formuliert. Auch wenn mehr Investitionen in Wissen und Innovation erstre­benswert sind, so reichen sie für sich allein nicht aus, um die wirtschaftliche Zukunft Europas zu sichern. Es bedarf auch einer Umsetzung erzielter Innovationen in Produkte und Dienstleistungen in innovationsfreundlichen Märkten, um einen Beitrag zu Wachstum und Beschäftigung zu erzielen. Dafür gilt es, die Rahmenbedingungen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern.

 

Zur Erhöhung der Forschungsquote auf 3% des BIP müssen nicht nur die öffentlichen Ausgaben, sondern vor allem die Ausgaben des privaten Sektors weiterhin deutlich zunehmen. Die Kernfrage sollte daher lauten, wie die öffentliche Hand ein dynamisches Umfeld für wachsende F&E Ausgaben des Unternehmenssektors unterstützen kann. Die Forschungsmilliarde soll da­bei ein Mittel öffentlicher Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik darstellen, den Anreiz für private F&E Ausgaben zu erhöhen. Die dazu in der Anfrage aufgestellte Behauptung, es handle sich lediglich um einen Ersatz der bisher gewährten Offensivmittel, weise ich entschieden zurück. Bei der Forschungsmilliarde handelt es sich um zusätzliche Finanzierungen, die von dieser Bundesregierung beschlossen wurden, um Planungssicherheit zu ge­ben und somit die erforderliche Nachhaltigkeit für die Forschung zu ge­währleisten.

 

Im Übrigen wird es an der neuen Bundesregierung liegen, den erfolgreich eingeschlagenen jetzigen Kurs der zusätzlichen Investitionen in Zukunftsbe­reiche wie Forschung und Bildung weiter zu verfolgen.

 

Zu 8.:

Auf Grund der Finanzierung der Forschungsmilliarde sind keine weiteren Privatisierungsschritte geplant. Die ÖIAG ist unabhängig von der Finan­zierung der Forschungsmilliarde gemäß ÖIAG-Gesetz 2000 mit der Priva­tisierung jener Unternehmen betraut, für die ein Privatisierungsauftrag der Bundesregierung besteht. Am 30. Jänner 2006 wurde der ÖIAG ein Priva­tisierungsauftrag betreffend die Österreichische Post AG erteilt, der die Börseeinführung von bis zu 49% der Anteile vorsieht. Auf Grundlage dieses Auftrages, der für die laufende Legislaturperiode gilt, wird derzeit eine Bör­seeinführung der Gesellschaft vorbereitet. Weiters besteht ein Privati­sierungsauftrag für die laufende Legislaturperiode für bis zu 100% der Tele­kom Austria AG. Im August dieses Jahres endet die Laufzeit der von der ÖIAG begebenen Umtauschanleihe auf Aktien der Telekom Austria AG; im Zuge der Tilgung wird es zu einer weiteren Absenkung des ÖIAG-Anteils an der Telekom Austria AG bis auf 25,2% und damit zu einer weiteren Privatisierung der Telekom Austria AG kommen.

 

Darüber hinausgehend gibt es keine weiteren Privatisierungsaufträge, insbe­sondere auch keine, welche mit der Finanzierung der Forschungsmilliarde in einem direkten Zusammenhang stehen.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Karl-Heinz Grasser eh.