3864/AB XXII. GP
Eingelangt am 03.04.2006
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BM
für Inneres
Anfragebeantwortung
GZ: BMI-LR2220/0090-II/1/b/2006
Herrn
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Andreas KHOL
Parlament
1017 W i e n
Wien, am April 2006
Die Abgeordnete Mag. Terezija
STOISITS, Freundinnen und Freunde haben am 03.02.2006 unter der Zahl 3914/J an
mich eine parlamentarische Anfrage betreffend „Tod des Yankuba CEESAY“
gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich nach
den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Zu Frage 1:
Die Rückverbringung des in Schubhaft
befindlichen Herrn CEESAY in das Polizeianhaltezentrum Linz am 4.10.2005 wurde
aufgrund des aggressiven Verhaltens des Herrn CEESAY gegenüber dem
medizinischen Personal und den Begleitbeamten durchgeführt, zumal ein weiteres
Verbleiben im Krankenhaus nicht mehr erforderlich erschien. Es wird darauf hingewiesen, dass der
Zeitraum der Überstellung inhaftierter Personen in Spitalsambulanzen bis zur
Rückführung und ärztlichen Gesamtbefundung einen äußerst sensiblen Bereich darstellt.
Die Ausführung erfolgt durch Beamte des jeweiligen Polizeianhaltezentrums,
daher durch Nichtmediziner, die mangels Alternativen auf die medizinischen
Entscheidungen und Informationen der Ärzte angewiesen sind.
Der behandelnde Arzt des LKH Linz
erachtete Herrn CEESAY nach der Durchführung von Untersuchungen für
hafttauglich und hat keine unmittelbar gesundheitlich bedrohliche Situation
gesehen.
Daher wurde keine Notwendigkeit zur
Belassung od. Aufnahme im Krankenhaus gesehen. Die Exekutivbeamten mussten
daher davon ausgehen, dass keine gesundheitliche Bedrohung vorlag. Der
behandelnde Arzt hat den Beamten mitgeteilt, dass er sich melden werde, sobald
der Blutbefund vorliegt.
Zum Zeitpunkt des Ambulanzbesuches
gab es keinen Hinweis für eine sich entwickelnde lebensbedrohliche Situation.
Daraus ergab sich, dass seitens des Krankenhauses (sowohl behandelnder Arzt als
auch der zuständige Oberarzt) von
einer weiteren Haftfähigkeit ausgegangen
wurde.
Zu Fragen 2 und 3:
Nach der dem BM.I übermittelten
Meldung des Polizeianhaltezentrums Linz wurde Herrn CEESAY das „Infoblatt über
gesundheitliche Folgen von Hungerstreik“
ausgefolgt.
Herr CEESAY wurde durch den
Polizeiarzt, welcher am 28.09.2005 die erste Hungerstreikuntersuchung
durchführte, mündlich, in Anlehnung an das Infoblatt für Hungerstreiker, über
die gesundheitlichen Gefahren eines Hungerstreiks aufgeklärt. Dies wurde
allerdings im „Hungerstreik-Formular“ nicht entsprechend dem Erlass des BM.I
vom 25.08.2000 vermerkt.
Zu Frage 5:
Nein.
Zu Frage 6:
Aufgrund des aggressiven und
bedrohlichen Verhaltens im Rahmen des Ambulanzbesuches im AKH Linz wurde Herr
CEESAY, trotz des Umstandes, dass er im Rahmen der Rückverbringung in das PAZ
Linz keine unmittelbaren aggressiven Handlungen mehr setzte, vorerst in die Sicherungszelle verlegt,
weil aufgrund von einschlägigen Erfahrungen mit Angehaltenen nach einer
derartigen Beruhigungsphase oftmals neuerliche Aggressionshandlungen gesetzt
werden, die zu einer Selbst- bzw. Fremdgefährdung führen können.
Wie bereits berichtet wurde, diente
diese Maßnahme vor allem auch der engmaschigeren Observanz (15-30 Minuten) des
Herrn CEESAY.
Zu Frage 7:
Das polizeiliche Anhaltewesen
insbesondere im Bereich der Schubhaft wurde unter Einbeziehung des
Menschenrechtsbeirates in den letzten Jahren laufend verbessert. Die
bestehenden Strukturen und Abläufe werden laufend evaluiert, optimiert und
entsprechen internationalen Standards.
Primär scheint für das Ableben des
Herrn CEESAY eine
Elektrolytverschiebung in Folge einer nicht rechtzeitig erkannten
Sichelzellenanemie kausal zu sein.
Bis dato gab es im
Polizeianhaltewesen in Österreich keine Erfahrungswerte hinsichtlich der
gesundheitlichen Auswirkungen einer Sichelzellenanemieerkrankung im
Zusammenhang mit Hungerstreik.
Zu Frage 8:
Jedes
Polizeianhaltezentrum verfügt über mehrere Polizeiamtsärzte (Allgemeinmedizin),
die im Bedarfsfall jederzeit auf Kliniken und Fachärzte für Psychiatrie
zurückgreifen können.
Zu
erwähnen ist, dass auch die Schubhaftbetreuungsorganisationen in einem engen
Kontakt mit den polizeiärztlichen Diensten stehen und Veränderungen im
Verhalten von betreuten Personen im Regelfall rasch dem Arzt mitteilen.
Zurzeit wird eine routinemäßige
psychosoziale Betreuung in den Polizeianhaltezentren in Wien und Bludenz
angeboten, eine Ausweitung dieser Projekte zur weiteren Hebung der bestehenden
Anhaltestandards wird angestrebt.
Zu
Frage 9 und 10:
Alle polizeiärztlichen Dienste der
Polizeianhaltezentren sind seit dem damaligen Unglücksfall über die Problematik
im Zusammenhang mit der Sichelzellenanämie in Kenntnis. Die Behörden wurden
umgehend mit Erlass auf diese spezielle Anomalie sowie auf die entsprechenden
medizinischen Untersuchungen hingewiesen.
Zu Frage 11:
Die Erfüllung der Zeugenpflicht
wurde Herrn Henry CHUKWUMAEICH ermöglicht.