3900/AB XXII. GP
Eingelangt am 12.04.2006
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BM für
Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-10.000/0005-I/CS3/2006 DVR:0000175
An den
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrter Herr Präsident!
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3976/J-NR/2006 betreffend Schienenverbindungen Wien - Bratislava, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 16. Februar 2006 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Allgemeine Bemerkungen:
Zur gegenständlichen Anfrage darf ich anmerken, dass gemäß Art. 52 Abs.1 B-VG und § 90 erster Satz des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 der Nationalrat befugt ist, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen.
Art. 52 Abs. 2 B-VG sieht vor, dass sich das Fragerecht des Parlaments hinsichtlich ausgegliederter Rechtsträger nur auf die Rechte des Bundes (z.B. Anteilsrechte in der Hauptversammlung einer AG) und auf die Ingerenzmöglichkeiten des Bundes bezieht, nicht jedoch auf die operative Tätigkeit der Organe juristischer Personen, die von den Eigentümervertretern bestellt wurden.
Die von Ihnen gestellten Fragen 5 und 6 unterliegen daher nicht dem Interpellationsrecht, da sie sich ausschließlich auf Handlungen von Unternehmensorganen beziehen. Sie wären daher auch von diesen zu beantworten.
Fragen 1 und 2:
Wurde die Reihenfolge der Ausbauschritte aufgrund einer Kosten- Nutzen- Analyse ermittelt? Wenn ja, welchen Stellenwert hatte darin der Kundennutzen? Wenn nein, warum nicht?
Welche konkreten Verkehrsdaten liegen der Entscheidungsfindung zugrunde? Wie groß ist insbesondere (in Personenfahrten und Zügen pro Tag, Nah- und Fernverkehr, Analyse und Prognose) die Nachfrage in den Relationen Flughafen - Wien, Flughafen - Slowakei, Flughafen - Ungarn, Flughafen - östliches Niederösterreich/ Nordburgenland in Gegenüberstellung zu den Relationen Wien - Slowakei, Wien - Ungarn und Wien - östliches Niederösterreich/Nordburgenland?
Antwort:
Übereinstimmend mit den Österreichischen Bundesbahnen wird dem Ausbau der Verbindung von Wien nach Bratislava über die Götzendorfer Schleife höchste Priorität beigemessen, da dieser Ausbau den größten Gesamtnutzen sowohl für die Wirtschaft als auch für die Passagiere bringt. Es handelt sich um eine nachhaltige und den zukünftigen Bedarfssituationen angepasste Ausbauvariante, die auch die Bedürfnisse des Flughafens Wien und des Flughafens Pressburg berücksichtigt.
Frage 3:
Welche Rolle wird der Strecke Wien – Flughafen - Wolfsthal zugedacht? Was steht einem Lückenschluss dieser Verbindung nach Petrzalka entgegen?
Antwort:
Von Wien in die Slowakei steht ab 2008 neben der bereits bestehenden Verbindung über Parndorf – Kittsee – Petrzalka mit der Elektrifizierung der Strecke Gänserndorf – Marchegg eine weitere elektrifizierte Eisenbahnlinie zur Verfügung. Mit der Errichtung der Götzendorfer Schleife soll bis 2012 eine Schnellverbindung zwischen den Flughäfen Wien und Bratislava zur Verfügung stehen, für welche auch der CAT zum Einsatz gebracht werden kann. In weiterer Folge ist, wie ohnedies bekannt, der Ausbau des Marchegger Astes der Ostbahn (Elektrifizierung, selektiver zweigleisiger Streckenausbau) vorgesehen.
Ein Ausbau vom Flughafen Wien über Wolfsthal nach Petrzalka entsprechend der Studie der Industriellenvereinigung wäre kein Ersatz für einen hochrangigen Streckenausbau der anderen Strecken, weil die Preßburgerbahn aus technischen Gründen – auch nach einem Ausbau – für die oben genannten Zwecke einer Schnellverbindung nicht geeignet wäre. Es besteht aber Einvernehmen mit der Slowakei, dass die S 7 - Verbindung über Wolfsthal eine zusätzliche regionale Verbindung darstellen könnte.
Frage 4:
Welches Betriebsprogramm wurde für die Aufgabenteilung der Flughäfen Wien und Bratislava unterstellt (falls die Beteiligung des Flughafens Wien in Bratislava nicht doch noch scheitern sollte) und wie ergeben sich daraus die der Entscheidungsfindung für die Schienenverbindung zugrunde gelegten Verkehrsmengen?
Antwort:
Das Beteiligungsverfahren des Flughafen Wiens am Flughafen Bratislava ist in der Tat noch nicht abgeschlossen. Da aber der Abschluss einer entsprechenden Beteiligung die Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Unternehmens- und Betriebskonzepten ist, kann die Frage bez. eventueller Aufkommensänderungen im Personenverkehr derzeit nicht beantwortet werden.
Frage 7:
Welche Auswirkungen sind auf den Modal Split im Personenverkehr in den Relationen Wien - Bratislava und Wien – Györ - Budapest zu erwarten, wenn die Autobahn A6 schon 2007 in Betrieb geht, hingegen die Fahrzeit auf der Schiene fürs erste verlängert und erst 2020 verkürzt wird?
Antwort:
Mobilität und ihre konkrete Realisierung als Verkehr sind Ausdruck gesellschaftlicher Realitäten. Erfahrungsgemäß ist die Wahl des Verkehrsmodus von einer Vielzahl von Einflussparametern abhängig, und somit das Verkehrsverhalten nicht allein durch die Parameter „Preisgestaltung“ und „Zeiteinsparung“ bestimmt bzw. schlagen Änderungen vor allem dieser beiden Parameter – so dieses Änderungen überhaupt stattfinden oder Mobilitätsangebote etwa durch intramodale Alternativangebote nicht vielleicht substituiert werden können, was vor allem im Rahmen der Relation Wien–Bratislava möglich und denkbar ist – im Kontext der individuellen Entscheidung der Wahl der Mobilitätsangebote nur geringfügig zu Buche.
Frage 8:
Wie sieht das Betriebsprogramm für den Güterverkehr aus, auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Aktivitäten im Raum Devinska Nova Ves?
Antwort:
Auf Grund der beträchtlichen wirtschaftlichen Aktivitäten im Raum Devinska Nova Ves wäre es unzweckmäßig, den nach Westen orientierten Güterverkehr durch Bratislava und über Petrzalka zu leiten. Dieser Verkehr soll daher hinkünftig im elektrischen Betrieb über Marchegg – Gänserndorf laufen, weshalb diese Strecke angesichts der möglichen raschen und kostengünstigen Umsetzung prioritär elektrifiziert wird.
Frage 9:
Welche Folgen ergeben sich für den Schienenverkehr Wien - Budapest durch eine Erhöhung der Zugzahlen Wien – Bratislava im Abschnitt Götzendorf - Parndorf? Ist es denkbar, dass davon das Unternehmen Raaberbahn (GySEV) profitiert, indem Züge über Sopron umgeleitet werden müssen?
Antwort:
Die Gesamtzugzahl im Abschnitt Götzendorf - Parndorf wird sich aus heutiger Sicht nicht wesentlich erhöhen, da ein Teil der Fern- und Reisezüge statt über die Ostbahn über den Flughafen Wien geleitet werden soll.
Frage 10:
Welche Baukosten werden für die Spange Flughafen - Götzendorf sowie für den zweigleisigen Ausbau Stadlau - Marchegg angesetzt?
Antwort:
Nach den derzeit vorliegenden Grobkostenschätzungen ist von einem Investitionsbedarf für die Schleife Götzendorf von rund 105 Mio. € und für die Elektrifizierung sowie den selektiven zweigleisigen Ausbau des Marchegger Astes von rund 94 Mio. € auszugehen.
Frage 11:
Wie sind die ökologischen Gesamtwirkungen des Maßnahmenpakets einzuschätzen, insbesondere bevor 2020 auch der Ausbau des Marchegger Asts abgeschlossen ist?
Antwort:
Die vorgesehen Ausbaumaßnahmen bilden die Voraussetzungen für eine potentielle Verlagerung von Straßenverkehrsanteilen auf die Schiene.
Fragen 12 und 13:
Wurde bei der Reihung der Maßnahmen berücksichtigt, dass das UVP-Verfahren für die Spange Flughafen - Götzendorf jedenfalls aufwendiger sein wird als für den zweigleisigen Ausbau des Marchegger Asts?
Welche Erwartungen bestehen in diesem Zusammenhang hinsichtlich der politischen Durchsetzbarkeit der Spange Flughafen - Götzendorf, gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Menschen im Nahbereich des Flughafens ohnehin schon durch den geplanten Bau der 3. Piste massiv betroffen sind, und wie wurde dieser Umstand in der Projektreihung berücksichtigt?
Antwort:
Die in der Anfrage geäußerte Vermutung, dass das UVP-Verfahren für die Schleife Götzendorf gegenüber dem Ausbau des Marchegger Astes aufwendiger sein wird, kann derzeit weder bestätigt noch dementiert werden. Wie jedoch aus jüngsten Pressemeldungen zu entnehmen ist, ist das Projekt anlässlich einer Präsentation von den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden sehr positiv aufgenommen worden. Selbstverständlich werden beim Bau der Schleife Götzendorf sowohl hinsichtlich des Lärmschutzes als auch der übrigen umweltrelevanten Themenbereiche alle erforderlichen Maßnahmen getroffen, um eine von den betroffenen Anrainern akzeptierte Lösung zu erzielen.
Frage 14:
Welche großräumigen Netzwirkungen könnten sich aus einer Untertunnelung der Donau in Bratislava ergeben, insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Paneuropäischen Korridor V? Wie stellt sich die Finanzierbarkeit dieser Maßnahme dar?
Antwort:
Die slowakische Seite plant langfristig in
Bratislava eine neue Nord-Süd-Schienenverbindung zu errichten, die mehrere
Kilometer im Stadtgebiet unterirdisch und unter der Donau hindurch geführt
werden wird sowie einen neuen zentralen Bahnhof in Tieflage erhalten soll.
Dieser ist sehr zentral im Bereich des früheren Bahnhofes Filialka geplant und
wird sehr gute Anbindungen an das innerstädtische Netz des öffentlichen
Verkehrs aufweisen können.
Nach jüngsten Informationen des
slowakischen Verkehrsministeriums sind die Planungen für dieses umfangreiche
Vorhaben sehr weit fortgeschritten und man hofft bei der Finanzierung auf
maßgebliche Beiträge aus dem Kohäsionsfonds der Europäischen Union. Das Projekt
liegt zur Gänze außerhalb des Planungs- bzw. Investitionsbereiches
österreichischer Stellen.
Im Zusammenwirken mit dem demnächst zu
realisierenden Bahnhof Wien – Europa Mitte können damit auf der prioritären
TEN-Achse Nr.17 (Paris-) Strasbourg – München – Wien – Bratislava im Fernreiseverkehr optimale
durchgehende Zugverbindungen geschaffen werden. Es ist nahe liegend, dass das
o.a. Vorhaben in Bratislava auch für den Nahverkehr genutzt werden soll und
daher wohl kaum selbst Kapazitäten für den Güterverkehr bieten wird, sicher
aber auf den bestehenden Strecken in Bratislava Kapazitäten für Güterverkehre
freimachen und somit mittelbar auch diesem nützen könnte.
Frage 15:
Mit welchen Argumenten glaubt man, die Europäische Kommission von der Sinnhaftigkeit der gewählten Ausbaustrategie für den Abschnitt Wien - Bratislava als Teil der vorrangigen TEN- Achse Nr. 17 überzeugen zu können, und wie hoch sind die Zuschüsse, die realistischer-weise zu erwarten sind?
Antwort:
Das BMVIT verfolgt im Hinblick auf die Schienenverbindung zwischen Wien und Bratislava die Zielsetzung, sowohl die Hauptbahnhöfe als auch die Flughäfen der beiden Städte optimal miteinander zu verbinden. Um diese doppelte Funktionalität der Schienenverbindung Wien-Bratislava erreichen zu können, ist nach gegenwärtigem Planungsstand sowohl der Ausbau des Marchegger Astes als auch die Errichtung der Spange Flughafen-Götzendorf erforderlich. Eine Ausbaustrategie, die diese doppelte Funktionalität berücksichtigt, wurde bereits mit der slowakischen Seite akkordiert.
Über die im Zeitraum 2007-13 für Wien-Bratislava zu erwartenden EU-Zuschüsse können derzeit keine verlässlichen Angaben gemacht werden, da die Verhandlungen über die Finanzielle Vorausschau 2007-13 noch nicht abgeschlossen sind und somit die Dotierung der Haushaltslinie für transeuropäische Netze (TEN-Haushaltslinie) im EU-Haushalt für den Zeitraum 2007-13 noch nicht fixiert ist. Die entsprechenden EU-Zuschusschancen bzw. Zuschusshöhen im Zeitraum 2007-13 hängen wesentlich von den weiteren Verhandlungen über die Finanzielle Vorausschau 2007-13 ab.
Mit freundlichen Grüßen