3902/AB XXII. GP

Eingelangt am 13.04.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für soziale Sicherheit Generationen und Konsumentenschutz

 

Anfragebeantwortung

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage
Nr.3944/J der Abgeordneten Petra Bayr u.a. betreffend Umsetzung des ange-
k
ündigten Maßnahmepakets gegen weibliche Genitalverstümmelung wie folgt:

Fragen 1 bis 3:

Familiäre Gewalt hat viele Formen, die Genitalverstümmelung bei Frauen und Mäd-
chen ist eine davon. Durch die Migrationsbewegung sind Formen traditionsbedingter
Gewalt, wie Genitalverst
ümmelung, Zwangsverheiratung und Ehrenmorde aus ande-
ren Kulturkreisen nach Europa gekommen. Obwohl in den europäischen Staaten
diese Formen patriarchaler Gewalt gerichtlich strafbar sind, bleiben Frauen und
M
ädchen auch in Österreich nicht von ihnen verschont. Dass nur wenige Einzelfälle
dieser Gewalttaten an die
Öffentlichkeit gelangen, liegt vor allem an der Tabuisie-
rung des Themas durch die betroffenen Gruppen selbst.

Schutz vor familiärer Gewalt schließt selbstverständlich den Schutz vor traditionsbe-
dingter Gewalt mit ein. Um eine breite
öffentliche Auseinandersetzung mit der The-
matik in Gang zu setzen, wirke ich gemeinsam mit den Bundesministerinnen für
Frauen, f
ür Inneres, für äußere Angelegenheiten, Bildung und Justiz an der gemein-
samen Initiative gegen traditionsbedingte Gewalt mit.

Diese Initiative, die von der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen koordiniert
wird, ist als gemeinsamer umfassender Prozess aller genannten Bundesministerin-
nen zur Bewusstseinbildung und Sensibilisierung zu verstehen, der einen Katalog


gezielter Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene vorsieht. Hinsichtlich
des Verlaufs, des Umfangs und der bisherigen Erfahrungen der gemeinsamen Be-
wusstseinbildungskampagne verweise ich daher auf die Ausf
ührungen zur Beantwor-
tung der parlamentarischen Anfrage Nr. 3945/J der Bundesministerin f
ür Gesundheit
und Frauen, Maria Rauch-Kallat.

Mein Ressort fördert seit vielen Jahren eine Vielzahl von spezialisierten Hilfseinrich-
tungen gegen famili
äre Gewalt, wie die Plattform gegen Gewalt in der Familie, Fami-
lienberatungsstellen, Kinderschutzzentren und Interventionsstellen, die Betroffene
bei der Bew
ältigung ihrer Gewalterfahrungen unterstützen und ihnen helfen, neue
gewaltfreie Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Diese Einrichtungen stehen selbst-
verst
ändlich auch Frauen und jungen Mädchen, die von Genitalverstümmelung be-
droht sind, offen. In einigen Familienberatungsstellen werden auch Beratungen in
der Muttersprache der Betroffenen angeboten, um die Ratsuchenden besonders gut
erreichen zu k
önnen.

Fragen 4 bis 13

Frauen und junge Mädchen, die von Genitalverstümmelung bedroht sind, haben sehr
gro
ße Hemmungen und Ängste, Hilfsangebote anzunehmen. Um an die Betroffenen
überhaupt heranzukommen, sind niederschwellige Betreuungsangebote erforderlich.
Private Jugendvereine, die Streetwork anbieten, können zur gefährdeten Personen-
gruppe viel leichter Zugang finden als
öffentliche Einrichtungen. Das Bundesministe-
rium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz fördert daher Ju-
gendvereine, die im Bereich der Pr
ävention und Intervention von familiärer Gewalt
t
ätig sind. Diese privaten Vereine arbeiten autonom. Die Betreuung der Einzelfälle
erfolgt vertraulich, teilweise auch anonym. Eine Berichtspflicht an das BMSG
über
ihre Betreuungsarbeit besteht nicht. Die Jugendvereine bestimmen selbst, ob und
inwieweit Streetworker ihre Erfahrungen dokumentieren m
üssen.
Eine Publikation der Dokumentation der Erfahrungen der Streetworker ist nicht ge-
plant.