3914/AB XXII. GP

Eingelangt am 13.04.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Gesundheit und Frauen

 

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGF-11001/0017-I/3/2006

Wien, am      13. April 2006

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 3945/J der Abgeordneten Petra Bayr und GenossInnen wie folgt:

 

Frage 1:

Die im Herbst des Vorjahres durchgeführten Fachgespräche und -tagungen zum Thema FGM zeigten, dass auch in Österreich lebende Frauen und junge Mädchen von FGM betroffen sind. Eine Aufklärung der gesamten Familie in und durch Vertreter/innen der eigenen community ist von besonders großer Bedeutung, daher wurden die mit diesem Thema befassten Organisationen vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen verstärkt unterstützt. Durch die Einbindung verschiedenster Institutionen und Organisationen wurde das Informationsdefizit aufgehoben und weitere Strategien für die Vernetzung, Sensibilisierung und Aufklärung erarbeitet.

 

 

 

Frage 2:

Als Beispiel können die mit 1.1.2006 in Kraft getretenen verbesserten Opferrechte für von Gewalt Betroffene und die Verlängerung der Verjährungsfrist für Genitalverstümmelung (Verjährungsfrist von 3 Jahren soll künftig erst ab dem 18. Lebensjahr des Opfers zu laufen beginnen) genannt werden. Außerdem gibt es deutliche Verbesserungen im Bereich der Zwangsverheiratung für die Opfer und somit wird § 193 des Strafgesetzbuches in ein Offizialdelikt umgewandelt werden. Im Falle einer Anzeige durch dritte Personen muss künftig also die Zustimmung des Opfers nicht mehr eingeholt werden. Eine Anzeige durch das Opfer selbst kann dieses nicht mehr zurücknehmen. Dritte, also etwa die Angehörigen des Opfers, haften nach den §§ 105 und 106 des Strafgesetzbuches, also wegen Nötigung bzw. schwerer Nötigung. Der Tatbestand differenziert nicht zwischen Angehörigen und Nichtangehörigen, auch nicht hinsichtlich der Verfolgungsermächtigung. Die §§ 105 und 106 des Strafgesetzbuches sind „reine“ Offizialdelikte.

 

 

 

Fragen 3 und 4:

Die Befragung von niedergelassenen Gynäkolog/innen und Kinderärzt/innen ist bereits abgeschlossen. Es haben 25% der in Österreich niedergelassenen Gynäkolog/innen und Kinderärzt/innen ihren Fragebogen retourniert. Die Ergebnisse liegen bereits vor und werden derzeit im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen ausgewertet. Die Befragung von Spitalsärzt/innen ist derzeit gerade im Gange. Die Studie kommt zur Veröffentlichung, sobald auch diese Befragungsergebnisse vorliegen.

 

Fragen 5 bis 7:

Die „Meldedatenbank über Fälle von Zwangsheirat und Genitalverstümmelung“ steht seit 1. März 2006 online zur Verfügung und ist unter: www.htp-datenbanken.at abrufbar. Geplant ist eine Evaluierung der Ergebnisse nach sechs  Monaten (September 2006). Die Ergebnisse sollen dahingehend verwertet werden, dass zunächst konkrete Zahlen – bis jetzt gibt es kein Zahlenmaterial - von „FGM und Zwangsverheiratungs-Fällen“ in Österreich aufliegen.

 

Frage 8:

Alle in Österreich niedergelassenen Gynäkolog/innen und Kinderärzte/-ärztinnen wurden im Zuge der Befragung zum Umgang und Erfahrungen mit Genitalverstümmelung (Studie „Genitalverstümmelung in Österreich“) mit ausführlichen rechtlichen Informationen zum Thema Genitalverstümmelung versorgt. Des Weiteren hat am 21. November 2005 eine Fachtagung zum Thema Genitalverstümmelung im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen stattgefunden, im Zuge deren auch ein Workshop für Ärztinnen und Ärzte aller Fachrichtungen und medizinisches Personal stattgefunden hat.

 

Frage 9:

Ja, immer mehr Hebammen, Ärztinnen und Ärzte aller Fachrichtungen und medizinisches Personal wenden sich an das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen und holen Erkundigungen und Informationen zum Thema Genitalverstümmelung ein. Ebenso ist eine Sensibilisierung und Enttabuisierung der Gesellschaft zu vermerken (Präsenz des Themas in den Medien, verstärkte Aktivitäten von verschiedenen Organisationen).

 

 

 

Fragen 10 und 11:

Es darf auf die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur verwiesen werden.

 

Fragen 12 und 13:

Im Zusammenhang mit der Neuerlassung der Ärztinnen-/Ärzte- Ausbildungsordnung 2006 hat auch die Österreichische Ärztekammer gemäß

§ 24 Abs. 2 des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I Nr. 169, eine Verordnung über die für die Ausbildungsfächer in der Ausbildung zur Ärztin/zum Arzt für Allgemeinmedizin, für die Hauptfächer der Sonderfächer und für die Additivfächer erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten zu erlassen.

 

Dabei ergibt sich für die Österreichische Ärztekammer die Möglichkeit, die aktuellen Ergebnisse der Studie „FGM in Österreich“ in die festzulegenden Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten aufzunehmen, insbesondere in den Sonderfächern Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie Kinder- und Jugendheilkunde.

 

Derzeit finden Verhandlungen mit der Österreichischen Ärztekammer und der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe über die Aufnahme des Ausbildungsinhalts „Genitalverstümmelung bei Frauen“ in die Curricula der neu zu erlassenden Ärzteausbildungsverordnung statt.

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Maria Rauch-Kallat

Bundesministerin