3950/AB XXII. GP

Eingelangt am 21.04.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bundeskanzler

 

Anfragebeantwortung

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Muttonen, Kolleginnen und Kollegen haben
am 21. Februar 2006 unter der Nr. 3981/J an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend aktuelle Fragen zur Tätigkeit der Artothek gerichtet.

Eingangs möchte ich folgendes festhalten:

Der Feststellung, die Kosten der Ausgliederung würden höher ausfallen, als jene, die
bei einem Verbleib der Artothek im Bundeskanzleramt oder bei Annahme des Ange-
bots der Theaterservice GmbH angefallen wären, ist aus folgenden Gründen entge-
genzutreten:

Im Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Jahr 2000, Reihe Bund 2001/5,
führt der Rechnungshof auf Seite 37 aus, daß „die Personalaufwendungen der Arto-
thek in Wien und in den Bundesländern jährlich rd. 2,5 Mill ATS (ohne Dienstgeber-
anteil)" - d.s. rund € 181.682 - betrugen. Davon sind die Sitzungsgelder für Mitglieder
der Beiräte für Kunstankäufe in der Höhe von 80.000 ATS (d.s. rund € 5.813) jährlich
und die Kosten der Mitarbeiter in den Zweigstellen in der Höhe von 47.000 ATS (d.s.
rund € 3.416) jährlich abzuziehen. Auf Seite 38 weist der Rechnungshof weiters da-
rauf hin, daß für die rd. 600m2 große Fläche in einem Wiener Innerstadtpalais mo-
natlich rd. 80.000 ATS (d.s. rund € 5.813) Miete und Betriebskosten einschließlich
USt. angefallen sind. Das ergibt einen Jahresbetrag von rund € 69.756. Die Jahres-
kosten der Artothek ohne Zweigstellen betrugen somit im Jahr 2000 ohne Dienst-
geberanteil inklusive Miet- und Betriebskosten rund € 242.209.

Das bedeutet, daß bei einem Verbleib der Artothek beim Bundeskanzleramt im in der
Anfrage angesprochenen Zeitraum (2002 bis 2005) Aufwendungen in der Höhe von
insgesamt € 968.836 ohne Dienstgeberanteil aber inklusive Miet- und Betriebskosten
angefallen wären. Festzuhalten ist an dieser Stelle, daß die Valorisierung der Gehäl-
ter bzw. Bezüge der Bundesbediensteten im angefragten Zeitraum (1.1.2002: 0,8%;
1.1.2003: 2,1%, mindestens aber € 30,00; 1.7.2003: 1%, maximal jedoch €18,9;
1.1.2004:1,85%; 1.1.2005: 2,3%) nicht berücksichtigt ist.

Die Theaterservice GmbH hat die ausgeschriebenen Leistungen um einen Jahres-
pauschalbetrag von 2,285.806,00 ATS (d.s. € 166.116,00) zuzüglich USt. angeboten.
Für den angefragten Zeitraum 2002 bis 2005 ergibt sich somit nach dem Angebot der
Theaterservice GmbH ein Betrag von insgesamt € 664.464,00 zuzüglich USt. (d.s.
€ 797.356 inkl. USt.). Die im Angebot der Theaterservice GmbH angeführte Valorisie-
rung ist in diesem Gesamtbetrag noch nicht enthalten.

Der Verein „Gesellschaft zur Förderung der Digitalisierung des Kulturgutes" hat diese
Leistungen im angefragten Zeitraum 2002 bis 2005 um insgesamt € 458.892 zuzüg-
lich Ust. (d.s. € 550.670 inkl. USt.) erbracht. Die Valorisierung ist in diesem Gesamt-
betrag enthalten.

Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Entsprechend dem zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Verein „Gesellschaft
zur Förderung der Digitalisierung des Kulturgutes" am 21.12.2001 abgeschlossenen
Vertrag wurden folgende Zahlungen (exkl. USt.) an den Verein geleistet:

 

Jahr

Betrag

2002

€ 96.582,05

2003

€109.009,25

2004

€112.667,51

2005

€140.632,73

Da der Bund Eigentümer der vom Verein verwahrten und verwalteten Kunstwerke ist,
hat der Bund die Kosten der von ihm als erforderlich erachteten Rahmungen und Res-
taurierungen der Kunstwerke zu tragen.

Der Verein „Gesellschaft zur Förderung der Digitalisierung des Kulturgutes" hat im
Auftrag des Bundes unentgeltlich Rahmungen und Restaurierungen veranlaßt. In
den Jahren 2003 bis 2005 wurden dem Verein folgende an Dritte abzugeltende Kos-
ten (inkl. USt.) für Rahmungen und Restaurierungen angewiesen:

 

Jahr

Betrag

2003

€17.975,92

2004

€19.946,80

2005

€25.343,17

Zu Frage 2:

Die Frage von Beschäftigungsverhältnissen eines privaten Vereins fällt nicht in den

Vollzugsbereich des Bundeskanzlers.

 

Zu Frage 3:

Ich habe in 3320/AB XXI. GP ausgeführt, daß das Bundeskanzleramt bei der Neuor-
ganisation der Artothek besonders Augenmerk darauf gerichtet hat, die betroffenen
Personen weiterhin in Beschäftigung zu halten. Es gab auch keine einzige Person,
deren Dienstverhältnis im Zuge der Ausgliederung der Artothek beendet wurde.

Eine Kuratorin wurde von einem freien Dienstverhältnis in ein Dienstverhältnis in das
Bundeskanzleramt übernommen und ist für den Ankauf von Kunstwerken durch das
Bundeskanzleramt zuständig. Eine früher in der Artothek beschäftigte Beamtin ist im
Bundeskanzleramt in einem anderen Bereich tätig.

Eine weitere Kuratorin, die im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses vor der Aus-
gliederung durch das Bundeskanzleramt beschäftigt war, wurde im Zuge der Ausglie-
derung als freie Dienstnehmerin vom Verein übernommen. Sie steht aber nunmehr in
einem Vollzeit-Dienstverhältnis zum Verein.

Zu den Fragen 4 und 5:

Der Verein ist hinsichtlich der Teilleistung „Publikation der vom Verein verwalteten
Kunstobjekte über Internet" verpflichtet, die gesetzlichen Bestimmungen, insbeson-
dere die urheberrechtlichen Regelungen, einzuhalten.

Die Urheberrechtsfrage ist vor allem bei jenen Kaufverträgen, die vom Bund vor dem
Aufkommen des Internets abgeschlossen wurden, von Bedeutung. Nach der Judika-
tur des OGH (vom 12.8.1998, ZI. 4 Ob193/98f) erstreckt sich die Rechtseinräumung
durch den Urheber regelmäßig nicht auf spätere, bei Vertragsabschluß noch nicht
bekannte, Nutzungsmöglichkeiten. Aus urheberrechtlichen Gründen können daher
nicht alle Werke der Artothek im Internet gezeigt werden.

Zu Frage 6:

Der Verein hat bisher die Leistungen ordnungs- und sachgerecht erbracht.

Zu Frage 7:

Zum Vertragsabschluß wurde der Gesamtbestand vom Bundeskanzleramt auf
Grundlage der belegten Inventarnummern des Inventarverzeichnisses mit rund
25.000 Werken angenommen.

Das erste Computersystem, mit dem der Inventarbestand der Artothek EDV-mäßig
erfaßt wurde, war von 1989 bis 1995 im Einsatz. In den Jahren 1996 und 1997 wurde
auf ein anderes Computersystem umgestellt, welches bis Mitte 2001 in Verwendung
stand. Bei diesen Änderungen der Systeme gab es - wie sich auch nunmehr im Zu-
ge der Tätigkeit des Vereines herausstellte - Datenverluste, sodaß bei der Konvertie-
rung ins TMS Mitte 2001 nur die zu diesem Zeitpunkt im alten System vorhanden Da-
ten übernommen wurden.


Der Verein hatte daher ab Vertragsbeginn zuerst anhand der bis zu 60 Jahre alten
Leihlisten, Karteiblätter oder Ankaufsakten etc. festzustellen, wie viele und welche
Werke tatsächlich in das Inventarverzeichnis aufzunehmen sind und entsprechende
Nacherfassungen im TMS vorzunehmen. Dabei stellte sich beispielsweise heraus,
daß mehrere Werke unter einer einzigen Inventarzahl registriert waren.

Nach derzeitigem Stand hat der Verein rund 31.000 Werke in das Inventarverzeich-
nis aufgenommen. In den Jahren 2002 bis 2005 wurden rund 2.000 Werke neu zuge-
kauft. Bei Vertragsabschluß mit dem Verein hätten daher tatsächlich statt rund
25.000 Werke, rund 29.000 Werke im Inventarverzeichnis aufscheinen müssen. Wei-
ters waren die Daten von den rund 25.000 Werken, die zum Zeitpunkt des Vertrags-
abschlusse im Inventarverzeichnis enthalten waren, teilweise unvollständig.

Gleichzeitig mit der Überprüfung des Inventarverzeichnisses wurden bei den Kunst-
werken, deren Daten im Inventar vollständig waren, die Leihnehmer wegen der Stand-
ortbestätigung angeschrieben. Bei einer Standortbestätigung durch den Leihnehmer
sind diesem neue Leihscheine zur Unterschrift zugeleitet worden.

Besonders schwierig und zeitaufwendig sind die Standortrecherchen bei jenen
Kunstwerken, bei denen die Leihscheine auf Institutionen ausgestellt wurden, die in-
zwischen oft mehrfach umbenannt, aufgelöst oder ausgegliedert worden sind. Wei-
ters sind die damals für Leihnahme verantwortlichen Bediensteten dieser Institutio-
nen zum Teil entweder nicht mehr im Bundesdienst oder in anderen Bereichen tätig
bzw. mitunter bereits verstorben. Noch größere Schwierigkeiten bestehen bei Kunst-
werken, die bei der Übergabe der Verwaltung von der Artothek an den Verein nicht
vorhanden waren und über die in den Unterlagen kein Hinweis enthalten ist, ob diese
verliehen oder an Dritte aufgrund eines anderen Rechtsgrundes weitergeben worden
sind.

Trotz dieser enormen Schwierigkeiten erhöht sich die Zahl der Kunstwerke mit be-
kanntem und bestätigtem Standort laufend. So hat sich die Zahl im Zeitraum Sep-
tember 2003 bis März 2006 von rund 18.700 Werken auf rund 26.400 Werke erhöht.
Der Verein setzt seine Anstrengungen in dieser Richtung uneingeschränkt weiter fort.
Die Recherchen werden erst dann eingestellt, wenn sie sich als aussichtslos erwei-
sen. Erst dann kann bekannt gegeben werden, welche Werke als nicht mehr auffind-
bar anzusehen sind.

Zu Frage 8:

Ja.

Dem Verein wurde im September 2002 vom Bundeskanzleramt mitgeteilt, daß sich

ein Teil der zum Bestand der Artothek gehörigen Skulpturen derzeit in der Hofburg

befindet, und daß der Verein frei darüber disponieren kann, ob er diese Skulpturen

an ihrem jetzigen Standort in der Hofburg beläßt oder diese in seine Räumlichkeiten

des Vereins übersiedelt. Der Verein hat von erster Möglichkeit Gebrauch gemacht.


Zu Frage 9:

Der Verein hat eine Bestätigung einer in der Öffentlichkeit bekannten großen Ver-
sicherung vorgelegt, aus der ersichtlich ist, daß die Werke zu dem vom Bundes-
kanzleramt geschätzten Zeitwert versichert sind.

Zusätzlich sei erwähnt, daß vor der Ausgliederung die Werke nicht versichert waren
(Bundeshaftung) und die Kosten des Versicherungsschutzes mit dem Pauschalent-
gelt gemäß Punkt 1 ebenfalls abgegolten sind.

Die sachgerechte Lagerung wird durch Begehungen vor Ort festgestellt.

Zu Frage 10:

Die Sicherung der Kunstwerke entspricht dem im Vertrag festgelegten Standard.

Zu Frage 11:

Gemäß Punkt 3 Ziffer 9 des Vertrages ist der Verein berechtigt, die von ihm verwalte-
ten Kunstobjekte auf seine Gefahr und Kosten, nach Einholung der Zustimmung des
BKA, für eigene Ausstellungstätigkeit zu verwenden.

Im Jahr 2005 wurde die Ausstellung „Ansichten und Wirklichkeiten. Ankäufe des
Bundes im Jahr 1955", die das BKA im Palais Porcia veranstaltete, vom Verein mit
Zustimmung des Bundeskanzleramtes in Schrems/NÖ und Reichenau/Rax auf seine
Kosten gezeigt. Laut Vertrag sind Einnahmen aus solchen Ausstellungen nicht dem
Bund abzuführen. Der Verein ist auch nicht verpflichtet, über die Einnahmen Aus-
kunft zu erteilen.