3994/AB XXII. GP
Eingelangt am 10.05.2006
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BM für Verkehr, Innovation
und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-10.000/0009-I/CS3/2006 DVR:0000175
An den
Präsidenten des
Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 W i e n
Sehr
geehrter Herr Präsident!
Die
schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4050/J-NR/2006 betreffend
Vorgangsweise bei Postenbesetzungen in den ÖBB und Strukturverbesserungen, die
die Abgeordneten Dr. Moser, Freundinnen und Freunde am 10. März 2006 an mich
gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Vorbemerkung:
Es ist richtig, dass die bis zum Jahr 2003 als Gesamtunternehmen existierenden Österreichischen Bundesbahnen in mehrere selbstständige und eigenverantwortliche Tochtergesellschaften umgegliedert worden sind. Im Detail ist zu diesem Umgründungsvorgang anzumerken, dass die Österreichischen Bundesbahnen mit dem Bundesbahngesetz 1992 nach den Vorgaben der EU-Richtlinie 91/440 bereits organisatorisch, personell, finanziell und bilanziell in einen Absatz- und Infrastrukturbereich sowie nicht getrennte Steuerungsbereiche (Buchhaltung, Controlling etc.) gegliedert worden sind. Was durch das damalige Gesetz nicht vorgesehen wurde, war die gesellschaftsrechtliche Trennung dieser einzelnen Bereiche. Bereits 1992 wurden die Unternehmenseinheiten Personenverkehr und Güterverkehr sowie Infrastruktur geschaffen. Im Jahr 2003 wurde der letzte Schritt, nämlich die gesellschaftsrechtliche Trennung dieser Geschäftsbereiche der Österreichischen Bundesbahnen, vollzogen.
Naturgemäß bewirkt die gesellschaftsrechtliche Trennung eines bisher nach außen hin einheitlichen Unternehmens in mehrere selbstständige Gesellschaften auch eine Vermehrung der Gesellschaftsorgane, führt allerdings auch zu einer Reduktion der Geschäftsbereichsleiter u.a. Zwischenfunktionen. Dies ist logisch und zwangsweise aufgrund der einschlägigen Vorschriften des Aktiengesetzes, des Handelsrechts und auch des Ges.m.b.H.-Gesetzes notwendig. Die Vermehrung der Organe steht jedoch in keinem Verhältnis zu den positiven Effekten einer Trennung des Unternehmens ÖBB in überschaubare Gesellschaften mit Ergebnisverantwortung. Die Synergieeffekte und gehobenen Rationalisierungspotentiale wiegen diesen Mehrbedarf an Organen bei weitem auf.
Die im Bundesbahnstrukturgesetz geregelte Holding-Strukur mit Aktiengesellschaften wurde gewählt, um eigenständige und ergebnisverantwortliche Gesellschaften - frei von politischer Einflussnahme - zu schaffen. Das Management dieser Gesellschaften ist lediglich den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften verpflichtet und frei von externer Einflussnahme.
Als Folge dieser Bestimmungen, die auch die letzten möglichen Weisungsrechte, die das Bundesbahngesetz 1992 noch vorsah, endgültig beseitigt hat, ist keinerlei politische Einflussnahme auf die einzelnen Gesellschaften der ÖBB möglich. Insofern ist die Besetzung von Vorstandsposten ausschließlich Aufgabe der hiefür durch Aktiengesetz und Handelsrecht vorgesehenen Organe. So kann beispielsweise der Vorstand der ÖBB Holding AG nur durch den Aufsichtsrat der ÖBB Holding bestellt werden, die Organe der einzelnen Tochtergesellschaften der ÖBB Holding AG ihrerseits können ausschließlich durch den Aufsichtsrat der jeweiligen Tochtergesellschaft und nicht durch die Holding AG bestellt werden. Es gibt daher auch keinerlei Einflussmöglichkeiten der Politik auf das selbstständige Wirken einer Tochter der ÖBB Holding AG.
Fragen 1 bis 4:
Aus welchem Grund führen Sie anlässlich der Neubesetzung von Vorstandsposten in den ÖBB nicht wieder Infrastruktur Bau und Infrastruktur Betrieb zusammen?
Werden wenigstens die Abteilung Bahnbau und die rund 5000 Bauarbeiter in die Infrastruktur Bau AG transferiert?
Warum aber wurden bei dieser Gelegenheit die Kompetenzen im Vorstand der Infrastruktur Bau AG neu aufgeteilt?
Welche sachlichen – also: nicht parteipolitischen – Vorteile sind damit verbunden, dass durch diese Neuaufteilung wesentliche Geschäftsfelder wie Beteiligungen (incl. Immobilien) und BEG in den politischen Einflussbereich Ihres Regierungspartners wandern?
Antwort:
Wie bereits erwähnt, ist die Besetzung des Vorstandes bei den einzelnen Tochtergesellschaften der ÖBB Holding AG ausschließliche Zuständigkeit des hiefür vorgesehenen Organes – des jeweiligen Aufsichtsrates. Wenn der Bundesgesetzgeber beispielsweise die Trennung zwischen ÖBB Infrastruktur Bau AG und ÖBB Infrastruktur Betrieb AG angeordnet hat, so kann der zuständige Ressortchef in seiner Funktion als Hauptversammlung der ÖBB Holding AG nicht den Transfer von Organisationseinheiten von einer Gesellschaft in die andere anordnen, genauso wenig wie die Zusammenführung dieser beiden Gesellschaften. Dies ist auch nicht der Sinn des Bundesbahngesetzes 2003, denn dieses möchte transparente Entscheidungsprozesse und Ergebnisverantwortung in den einzelnen Unternehmensabläufen festlegen. Die Trennung der Infrastruktur in eine Bau- und in eine Betriebsgesellschaft hat ein bisher nicht gekanntes Maß an Transparenz bewirkt und bisher „verschlungene“ und intransparente Entscheidungswege schonungslos offen gelegt.
Die Aufteilung der Kompetenzen eines Vorstandes kann und will ich als Ressortverantwortlicher und Eigentümervertreter der ÖBB Holding AG nicht festlegen bzw. beeinflussen, denn auch dies ist Aufgabe des Aufsichtsrates der jeweils betroffenen Gesellschaft. Wenn daher im Einzelnen die Gesellschaftsfelder neu aufgeteilt werden, obliegt dies den Bestimmungen des Aktien- und Handelsrechtes.
Frage 5 und 6:
Können Sie bestätigen, dass der Vorstandssprecher der ÖBB-Holding sich trotz der Vielzahl verantwortungsvoller Aufgaben bislang noch für jede Aufsichtsratssitzung der ÖBB-Immobilien-GmbH Zeit nehmen konnte?
Nimmt der Vorstandssprecher der ÖBB-Holding auch an den Aufsichtsratssitzungen aller anderer ÖBB-Gesellschaften lückenlos teil, oder sind die Immobilien zum überragenden Aufgabenfeld geworden?
Antwort:
Wenn der Vorstandssprecher der ÖBB Holding AG an Aufsichtsratssitzungen von ÖBB Tochter- und Enkelgesellschaften teilnimmt, so wird er hiefür seine Gründe haben. Dies zu beurteilen obliegt mir nicht.
Hiefür gibt es klare gesellschaftsrechtliche Regelungen. Jedenfalls ist es „oberstes Gebot“, dass die klare und eindeutige Trennung der Bereiche Absatz und Infrastruktur unbedingt eingehalten wird und keinerlei wechselseitige Einflussnahmen ausgeübt werden. Hiefür sind ausschließlich die einschlägigen EU-Richtlinien und Verordnungen maßgebend, die keiner Interpretation zugänglich sind. Ich gehe davon aus, dass der Vorstandssprecher der ÖBB Holding diese Regelungen kennt und auch peinlich genau einhält.
Fragen 7, 9 bis 11:
Warum muss Türingers Nachfolger keine entsprechenden Kenntnisse in Planung & Engineering (P&E) haben, wie sie der langjährige P&E-Chef hatte und sie für den Bahnbau dringend notwendig bzw. von Vorteil sind?
Aus welchem Grund wurde ausgerechnet eine Ostsprache bei der Ausschreibung für den Vorstandsposten der Infrastruktur Betriebs AG als erwünscht angesetzt? Warum nicht Italienisch oder Französisch? Die Betriebs AG muss doch auch für westliche Bahnbetreiber (sie sind auf Österreichs Schienennetz eindeutig in der Mehrzahl) einen diskriminierungsfreien Zugang sicherstellen.
Welcher Ostsprache geben Sie dabei den Vorzug? Tschechisch, Slowakisch, Ungarisch, Slowenisch, Polnisch – oder Russisch? Letzteres wäre insofern problematisch, als Russisch bei vielen Bürgern ehemaliger Ost-Blockländer Ressentiments oder gar Ablehnung hervorruft. Diese bevorzugen meist Englisch und sprechen selbiges auch gut. Wozu also Russisch, wenn nicht einmal die slowakische Bahn gekauft – und in der Folge infrastrukturell betrieben – werden soll, sondern nur deren Güterverkehrssparte?
Aus welchem Grund spielt die Kenntnis einer Ostsprache bei den anderen Ausschreibungen keine Rolle, insbesondere bei der Rail Cargo Austria, die konkret zunächst den Güterverkehr der Slowakischen Bahn kaufen soll und in Zukunft allenfalls weitere Eisenbahngesellschaften?
Antwort:
Ich muss darauf hinweisen, dass Die Ausschreibung von Vorstandspositionen dem Aufsichtsrat der jeweiligen Gesellschaft obliegt. Dieser hat sowohl Eignungskriterien festzuschreiben, als auch Auswahl und Bestellung von Vorständen vorzunehmen. Seitens der Politik kann auf diesen Prozess kein Einfluss genommen werden.
Frage 8:
Warum wurden nicht zuerst – wie nach dem Stellenbesetzungsgesetz vorgesehen – die Aufsichtsräte zur Beschlussfassung der Ausschreibung zur Besetzung vakanter Führungsposten herangezogen?
Antwort:
Bei der Ausschreibung einzelner Vorstandspositionen des ÖBB-Konzernes sind offensichtlich Formalfehler unterlaufen, die allerdings bereits durch Beschlüsse der jeweiligen Aufsichtsräte saniert wurden.
Frage 12:
Welche Kosten erwuchsen Ihrem Ressort durch die Russisch-Kurse von Arnold Schiefer?
Antwort:
Herr Mag. Arnold Schiefer war bis zum 31. August 2005 Leiter der Sektion II - Infrastruktur meines Ressorts. In dieser Funktion vertrat er das BMVIT in mehrere Arbeitsgruppen und bilaterale Arbeitskommissionen, die sich mit Fragen der Zusammenarbeit zwischen Österreich und Russland, der Ukraine und sonstigen Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR beschäftigen. Für diese Aufgaben sind zumindest grundlegende Sprachkenntnisse erforderlich. Herr Mag. Schiefer hat sich mit Ausnahme eines Russisch-Intensivkurses im Herbst 2004 alle Sprachkurse selbst bezahlt. Die Kosten dieses Russisch-Intensivkurs beliefen sich auf 865 €. Die dienstliche Notwendigkeit an dieser Sprachausbildung war gegeben.
Frage 13:
Wann wird die Führungsposition in der Brenner Eisenbahngesellschaft ausgeschrieben? Wer ist Ihr Favorit?
Antwort:
Die Verträge der beiden Geschäftsführer der Brenner Eisenbahngesellschaft (BEG m.b.H.) sind noch nicht ausgelaufen. Eine Ausschreibung dieser Positionen ist daher derzeit nicht aktuell. Diese wird allerdings so fristgerecht erfolgen, dass eine rechtzeitige Nachbesetzung möglich sein wird.
Frage 14:
Welchen Zeitraum umfassen die neuen Vorstandsverträge? Wie lang sind die drei Mandate gültig?
Antwort:
Auch die Frage nach der Laufzeit von Vorstandsverträgen unterliegt nicht in meiner Entscheidungskompetenz, sondern ist Aufgabe des unabhängigen und weisungsfreien Aufsichtsrates der jeweiligen Aktiengesellschaft, der sich an die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zu halten hat.
Frage 15:
Nachdem der Vorstandssprecher der Holding in den Medien ankündigte, die Höhe sämtlicher Vorstandsgehälter offen zu legen, stellt sich die Frage, wann dies erfolgen wird?
Antwort:
Grundsätzlich ist diesbezüglich auf die datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu verweisen. Ich werde allerdings ihre Frage an den Vorstandssprecher der ÖBB Holding AG weiterleiten.
Mit freundlichen
Grüßen