4038/AB XXII. GP

Eingelangt am 29.05.2006
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0019-Pr 1/2006

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4128/J-NR/2006

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kolelgen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Gerichtliche Strafverfahren nach § 168a Strafgesetzbuch“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Ich erinnere daran, dass die dieser Beantwortung zugrunde liegenden Berichte der Staatsanwaltschaften – wie stets – auf den vom Bundesrechenzentrum zur Verfügung gestellten Registerdaten beruhen. Auf Basis dieser Daten konnten lediglich jene Verfahren ausgewertet werden, in denen die Anzeigen im Jahr 2005 erstattet wurden. Verfahren mit einer Anzeigeerstattung vor dem 1. Jänner 2005 und einer Erledigung nach diesem Zeitpunkt konnten von den Anklagebehörden daher nur in Ausnahmefällen berücksichtigt werden. Außerdem sind Mehrfachzählungen von Anzeigen auf Grund von Verfahrensabtretungen bzw. –rückabtretungen zwischen den Anklagebehörden nicht auszuschließen.

Durch die Berichte der Anklagebehörden sind mir folgende Fälle bekannt geworden:

Zu 1:

Staatsanwaltschaft Wien:

"Der Millionen-Joker", "Ich war entsetzt, als ich sah, wieviel Geld auf mein Paypal Konto kam", "Human Liberty Chart", "Planet49" und "7 E-Books".

 

Staatsanwaltschaft St. Pölten:

"Plex-Pay", "Schenkkreis".

Staatsanwaltschaft Krems an der Donau:

"Frauenschenkkreis".

Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt:

Ein Ketten- und Pyramidenspiel der Firma "Very Innovativ Produkt GmbH".

Staatsanwaltschaft Graz:

"Schenkkreis", ein nicht namentlich gekennzeichnetes System zum Erwerb von E-Büchern bzw. ein Schenkkreisspiel.

Staatsanwaltschaft Klagenfurt:

"Schenkkreis", "Pentagono", ein namentlich nicht bezeichnetes Pyramidenspiel.

Staatsanwaltschaft Salzburg:

Zwei Schenkkreissysteme ohne konkrete Namen, "Aus 35 Euro werden 400.000 Euro und mehr", "Ihre persönliche Chance".

Staatsanwaltschaft Steyr:

"7-E-Books".

Staatsanwaltschaft Wels:
„www.hermitdemgeld.de.gg“.

Staatsanwaltschaft Innsbruck:

Spiele bzw. Systeme ohne besondere Bezeichnung.

Staatsanwaltschaft Feldkirch:

"Schenkkreis", „www.millionen-joker.net“, "World Games Inc.", "Yimpas Group AG".

 

Zu 2:

Ich gehe davon aus, dass sich diese Frage auf bei Gerichten anhängig gewordene Verfahren bezieht.

Strafgericht

 Anzahl der Verfahren im Jahr 2005

Landesgericht für Strafsachen Wien

1

Bezirksgericht Innere Stadt Wien

1

Landesgericht St. Pölten

1

Bezirksgericht St. Pölten

1

Bezirksgericht Graz

1

Landesgericht Salzburg

2

Bezirksgericht Salzburg

1

Bezirksgericht Vöcklabruck

1

Bezirksgericht Silz

1

Bezirksgericht Kufstein

1

Landesgericht Feldkirch

2

Bezirksgericht Feldkirch

1

Bezirksgericht Bregenz

1

 

Zu 3:

Im Sprengel der Staatsanwaltschaft Wien erfolgte im Zusammenhang mit dem Pyramidenspiel „Human Liberty Chart“ eine Verurteilung zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe.

Landesgericht Salzburg:

Zwei Verurteilungen wegen eines Schenkkreises (fünf Monate Freiheitsstrafe bedingt bzw. Geldstrafe).

Bezirksgericht Salzburg:

Eine Verurteilung ("Ihre persönliche Chance") zu einer Geldstrafe.

Sprengel der Staatsanwaltschaft Innsbruck:

Eine Verurteilung ("Der Ring") zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe.

Bezirksgericht Feldkirch:

Eine Verurteilung von drei Beschuldigten ("Schenkkreis") zu jeweils bedingt nachgesehenen Geldstrafen.

 

Zu 4 und 5:

Staatsanwaltschaft Wien:

Zwei Anzeigen ohne Durchführung gerichtlicher Vorerhebungen, ein Verfahren nach Durchführung gerichtlicher Vorerhebungen.

Staatsanwaltschaft Graz:

Vier.

Staatsanwaltschaft Klagenfurt:

Zwei.

Staatsanwaltschaft Steyr:

Eine.

Staatsanwaltschaft Wels:

Zwei.

Staatsanwaltschaft Innsbruck:

Drei.

Staatsanwaltschaft Feldkirch:

Eine Anzeige nach Durchführung gerichtlicher Vorerhebungen.

Zu 6 und 8:

Ob gerichtliche Verfahren auf Grund älterer Anzeigen noch nicht entschieden sind, konnte nicht von allen Staatsanwaltschaften erhoben werden.

Im Sprengel der Staatsanwaltschaft Wien sind einige Verfahren gem. § 412 StPO vorläufig eingestellt.

Staatsanwaltschaft St. Pölten:

Ein Verfahren des Landesgerichtes St. Pölten ("Plex-Pay") im Stadium gerichtlicher Vorerhebungen, ein Verfahren des Bezirksgerichtes St. Pölten ("Schenkkreise") ist derzeit vorläufig eingestellt;

Staatsanwaltschaft Krems/Donau:

Ein Verfahren ("Frauenschenkkreis") ist derzeit vorläufig eingestellt;

Staatsanwaltschaft Graz:

Ein Verfahren ("Schenkkreisspiel") beim Bezirksgericht Graz;

Staatsanwaltschaft Salzburg:

Ein Verfahren ("Aus 35 Euro werden 400.000 Euro und mehr"), das demnächst beim Landesgericht Salzburg anhängig werden wird;

Staatsanwaltschaft Innsbruck:

Zwei Verfahren sind derzeit vorläufig eingestellt, ein weiteres Verfahren beim Landesgericht Innsbruck (Causa "VIP") ist noch anhängig;

Staatsanwaltschaft Feldkirch:

Zwei Verfahren des Landesgerichtes Feldkirch.

Zu 7:

Die Staatsanwaltschaft Feldkirch hat einer verdächtigen Person die Zahlung eines Geldbetrages gemäß § 90c Abs. 4 StPO aufgetragen.

Zu 9:

Sofern überhaupt ein Auslandsbezug zu anderen EU- oder Drittstaaten vorlag, hat die Staatsanwaltschaft Eisenstadt in einem Fall eine ausländische Anklagebehörde um Übernahme der Strafverfolgung ersucht. Die Staatsanwaltschaft Graz hat eine Anzeige gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat ein Verfahren gemäß § 452 Z 2 StPO vorläufig eingestellt. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch hat die Einleitung gerichtlicher Vorerhebungen veranlasst.

Zu 10:

Eine Zuständigkeit der österreichischen Strafgerichte bei ausländischen „Pyramidenspielen“, die über das Internet abrufbar sind, besteht nur, wenn die inländischen Teilnehmer persönlich angeworben wurden oder der Veranstalter österreichischer Staatsbürger ist oder das Anbot in Österreich ins Internet gestellt wurde.

Auch bei fehlender Zuständigkeit sind die Gerichte und Staatsanwaltschaften nach Artikel 7 des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BGBl III Nr. 65/2005, und § 59a des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes – ARHG idF BGBl I Nr. 164/2004, ermächtigt, die zuständigen Justizbehörden des anderen Mitgliedstaates über solche Internetangebote in Kenntnis zu setzen.

Die Staatsanwaltschaft Graz hat eine Anzeige gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt. Ein Fall der Staatsanwaltschaft Salzburg betraf das über das Internet verbreitete Gewinnerwartungssystem "Ihre persönliche Chance". Es erfolgte eine rechtskräftige Verurteilung durch das Bezirksgericht Salzburg. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch hat gegen den Verantwortlichen der Internet-Seite www.millionen-joker.net ein Strafverfahren eingeleitet.

Zu 11:

Bei der Staatsanwaltschaft St. Pölten wurde im Jahr 2005 eine Person als Teilnehmer angezeigt. Bei der Staatsanwaltschaft Graz wurden drei Personen als Teilnehmer angezeigt, zwei weitere Teilnehmer wurden bereits im Jahr 2004 angezeigt. Bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt wurden eine Person und bei der Staatsanwaltschaft Salzburg elf Personen angezeigt. Drei Anzeigen wurden bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck erstattet. Bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch wurden zwei Personen angezeigt.

In der Zeit vom 1. Jänner bis zum 31. März 2006 erfolgten keine Anzeigen bei einer Anklagebehörde.

Zu 12:

Ich weise darauf hin, dass nicht jede bei einer Staatsanwaltschaft gegen Veranstalter bzw. Teilnehmer von Schenkkreisen erstattete Anzeige in weiterer Folge auch zu einem Gerichtsverfahren führt.

Ein Verfahren des Bezirksgerichtes St. Pölten ist gemäß § 412 StPO vorläufig eingestellt. Ein Verfahren des Bezirksgerichtes Graz befindet sich im Stadium der Hauptverhandlung. Das Landesgericht Salzburg hat zwei Personen rechtskräftig verurteilt. Gegen neun weitere Personen wurde das Verfahren gemäß § 90 Abs. 1 StPO eingestellt. Ein Verfahren des Bezirksgerichtes Kufstein ist derzeit gemäß § 452 Z 2 StPO vorläufig eingestellt. In einem bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch anhängigen Verfahren sind die gerichtlichen Vorerhebungen noch nicht abgeschlossen; ein Gerichtsverfahren ist rechtskräftig beendet.

Zu 13:

Die gerichtliche Voruntersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Die rechtliche Beurteilung ist dem Gericht vorzubehalten.

Zu 14 und 15:

Im Zusammenhang mit der VIP-Beteiligungs-GesmbH wurden bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck bis 2005 sieben Personen wegen des Verdachtes nach §§ 146, 147 Abs. 2 und 3, 168a Abs. 1 und 2, teilweise iVm § 12 (dritter Fall) StGB angezeigt. Zwei Teilnehmer der "VIP-Beteiligungs-GesmbH" wurden wegen des Verdachtes nach §§ 146, 147 Abs. 3; 108 Abs. 1; 168a Abs. 1 Z 3 StGB bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt angezeigt. Dieses Verfahren wurde nach Durchführung sicherheitsbehördlicher Erhebungen gemäß § 90 Abs. 1 StPO eingestellt. Eine Anzeige wegen § 168a StGB wurde bei der Staatsanwaltschaft Wels erstattet.

Zu 16:

In der Praxis können sich Beweisschwierigkeiten, Schwierigkeiten bei der Ausforschung der Verdächtigen und bei der Abgrenzung zwischen Veranstaltern und bloßen Teilnehmern ergeben, insbesondere dann, wenn es sich um Sachverhalte mit Auslandsbezug handelt.

 

 

. Mai 2006

 

(Maga. Karin Gastinger)