4054/AB XXII. GP

Eingelangt am 30.05.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Wirtschaft und Arbeit

Anfragebeantwortung

 

Präsident des Nationalrates

Univ. Prof. Dr. Andreas KHOL

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                Wien, am 30. Mai 2006

 

                                Geschäftszahl:

                                BMWA-10.101/0054-IK/1a/2006

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 4103/J betreffend „Verzögerter Abrechnung EU-Equal – Projekt und Kürzungen ESF Mittel“, welche die Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen am 30. März 2006 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

 

Entsprechend den Vorgaben der Europäischen Kommission (EQUAL Leitlinie 840/2003) ist die Gemeinschaftsinitiative EQUAL in mehr als einer Antragsrunde durchzuführen. In Österreich fanden zwei Antragsrunden statt. Die Projekte wurden einem mehrstufigen Auswahl- und Prüfverfahren unterzogen. Es ist zu unterscheiden zwischen sektoralen (regions- bzw. Bundesländer übergreifenden) Projekten und regionalen Projekten.

 

In Antragsrunde 1 wurden 58 Projekte ausgewählt, davon sind thematisch 51 im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, sechs im Bundesministerium für      soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz und eines im Bundes-ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur verankert. Die 58 Projekte unter-teilen sich in 22 sektorale und 36 regionale Projekte.

Die regionalen Projekte verteilen sich wie folgt auf die Bundesländer:

Wien:                        9

Niederösterreich:                        4

Burgendland:                        2

Steiermark:                        6

Kärnten:                        2

Oberösterreich:                        5

Salzburg:                        1

Tirol:                        5

Vorarlberg:                        2

 

Nach einer maximalen Projektlaufzeit von drei Jahren endeten die Projekte spätestens im September 2005.

 

In Antragsrunde 2 wurden 52 Projekte ausgewählt, davon sind thematisch 41 im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, acht im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz und drei im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur verankert. Die 52 Projekte unterteilen sich in 20 sektorale und 32 regionale Projekte.

 

Die regionalen Projekte verteilen sich wie folgt auf die Bundesländer:

Wien:                        11

Niederösterreich:                        2

Oberösterreich:                        3

Burgenland:                        1

Steiermark:                        6

Salzburg:                        3

Tirol:                        4

Vorarlberg:                        2

 

Die Projekte haben ihre operative Tätigkeit im Juli 2005 aufgenommen und enden nach 2jähriger Laufzeit Ende Juni 2007.

 

 

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

 

Im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit wurden (Antragsrunde 1) und werden (Antragsrunde 2) alle nach Abschluss des mehrstufigen Auswahl- und Prüfverfahrens genehmigten Projekte durchgeführt.

 

 

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

 

EQUAL ist eine Gemeinschaftsinitiative der Europäischen Kommission. Die Projekte sind entsprechend den europäischen Vorgaben sehr komplex aufgebaut. Sie verfolgen einen partnerschaftlichen Ansatz, haben eine transnationale Komponente,    integrieren die Grundsätze des Gender Mainstreaming und von IKT und haben den Auftrag die Nachhaltigkeit und die Verbreitung der Ergebnisse sicherzustellen. Eine nationale Weiterfinanzierung auf Bundesebene - nach dem Ablauf von EQUAL - war, schon aufgrund der regionalen Komponente, von vornherein ausgeschlossen. Vielmehr handelt es sich bei EQUAL um ein experimentelles Programm, mit dessen  Hilfe es möglich sein soll, neue Wege in der Bekämpfung von Diskriminierungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt zu entwickeln und zu erproben. Die Weiterführung von erfolgreichen Projektergebnissen kann nur in den dafür zuständigen  Organisationen erfolgen.

 

 

Antwort zu den Punkten 4 und 6 der Anfrage:

 

Bisher ist noch keines der Projekte der Antragsrunde 1 vollständig abgerechnet worden.

Ergänzend wird angemerkt, dass im Rahmen der Projekte "Equal im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit - Tirol" die Förderabrechnungen betreffend "AQUA" und "Bildungswegweiser" vom Amt der Tiroler Landesregierung im Rahmen der rechnerischen Stichprobenprüfung einer Risikoanalyse unterzogen wurden. Ein Prüftermin wurde vereinbart. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Fragen 7 und 8 verwiesen.

 

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

 

Im Bereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit gab und gibt es       folgende Projekte in Tirol:

 

Antragsrunde 1:

Þ       AQUA (Themenschwerpunkt Reintegration und Bekämpfung von Ausgrenzung)

Þ       Bildungswegweiser (Themenschwerpunkt Lebenslanges Lernen)

Þ       WoMen (Themenschwerpunkt Reduktion geschlechtsspezifischer Segregation)

Þ       JOB-SHOP Chance für AsylwerberInnen am Tiroler Arbeitsmarkt (Themenschwerpunkt Aktivitäten für AsylwerberInnen)

 

Antragsrunde 2:

Þ       Join In! (Themenschwerpunkt Reintegration und Bekämpfung von Ausgrenzung)

Þ       INITIATIVE.FRAUEN.GRÜNDEN (Themenschwerpunkt Sozialwirtschaft)

Þ       ADVOCATE Auxiliaries Development a Vocational Training for Tyrolian Enter-prises (Themenschwerpunkt Betriebliche Weiterbildung)

 

 

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

 

Im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative EQUAL wird die Entwicklung innovativer Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen jeglicher Art auf dem Arbeitsmarkt gefördert. Die Projekte werden im Rahmen von so genannten Entwicklungspartnerschaften (EP) durchgeführt, das sind Zusammenschlüsse von durchschnittlich zehn Organisationen (einschließlich Sozialpartnern), die gemeinsam an der Realisierung dieser Zielsetzungen arbeiten. Die im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative   EQUAL geförderten Projekte kommen in den Genuss einer 100 %-igen Finanzierung der förderfähigen Kosten, wobei jeweils die Hälfte der Kosten vom Europäischen Sozialfonds und aus nationalen Mitteln finanziert wird. Die Laufzeit der Verträge beträgt zwischen 24 und 36 Monaten.

Die Partnerschaften erhalten für die Durchführung ihrer innovativen, transnationalen Vorhaben Mittel von regelmäßig bis zu  2 Mio. Euro; in Einzelfällen der ersten Antragsrunde auch darüber. Es versteht sich daher, dass der erforderliche Prüfaufwand für diese inhaltlich interessanten und wichtigen, organisatorisch jedoch höchst komplexen Projekte erheblich ist und im Sinne der erforderlichen Genauigkeit auch einer gewissen Zeit bedarf. Es gibt keine vergleichbaren Maßstäbe, die hier zur Anwendung kommen könnten.

Bei der Durchführung und natürlich auch der Abrechnung der Vorhaben ist zusätzlich zu nationalen Vorschriften eine Reihe von europäischen Bestimmungen zu beachten. Zur Vereinheitlichung dieser Regelungen wurde eine eigene Sonderrichtlinie gemäß Punkt 6 der Allgemeinen Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit für die Durchführung der Aktionen 2, 3 und 4 der Gemeinschaftsinitiative EQUAL erstellt.

 

Weiters kommt für die 100 %-ige Belegskontrolle der First Level Control erschwerend hinzu, dass finanzverantwortliche Partner in mehreren Partnerschaften in dieser Funktion beteiligt sind, und dass größere Organisationseinheiten, neben der Funktion als finanzverantwortlicher Partner, gleichzeitig auch als Partner am Projekt teilnehmen. Solche Konstellationen erhöhen das inhärente Risiko und ist es im Sinne einer ordnungsgemäßen Abwicklung, entsprechend den Vorgaben der Europäischen Kommission daher notwendig, verstärkte Prüfungen vorzunehmen.

 

 

Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:

 

Die Verordnung (EG) 438/2001 sieht  für Projekte die aus Strukturfondsmittel des ESF bezahlt werden, zwei Prüfschritte vor:

 

1.         First Level Control (gem. Artikel 4 VO (EG) 438/2001)
Diese Kontrolle umfasst folgende Prüfungsteile:

a.       100%-ige Belegskontrolle anhand von vorgelegten Originalbelegen und deren Dokumentation

b.      stichprobenartig Vor-Ort-Kontrollen der einzelnen Projekte und deren Dokumentation

 

2.            Second Level Control (gem. Art. 10 ff VO (EG) 438/2001)
Eine unabhängige Prüfstelle führt nach Abschluss der First Level Control zwei Arten von Prüfungen durch:

a. Prüfung der Funktionstüchtigkeit der eingerichteten Verwaltungs- und Kontrollsysteme aller Systeme, die mit der Umsetzung von ESF-Mitteln betraut sind.

b. Einzelbelegsprüfungen in Höhe von mindestens 5 % der gesamten zuschussfähigen Ausgaben. Diese Prüfungen haben einerseits gleichmäßig auf die einzelnen Maßnahmen und andererseits gleichmäßig auf die einzelnen Ausgabenjahre verteilt zu erfolgen. Sollte die im Zuge dieser Prüfung festgestellte Fehlerquote 2 % übersteigen, sind die Prüfungen entsprechend auszudehnen.

Die Berichtslegung für beide Teilprüfungen erfolgt gegenüber der EU-Kommission.

 

Das Programm Equal wird im Hoheitsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA), des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur (BMBWK) und des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumenteschutz (BMSG) umgesetzt. Aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten für die Vergabe und der unterschiedlichen Art der Umsetzung der Equal-Projekte durch die einzelnen Ministerien, ergeben sich somit drei voneinander unabhängige Systeme:

 

Þ       Equal im BMWA

Þ       Equal im BMBWK

Þ       Equal im BMSG.

 

Jedes System muss entsprechend den Vorgaben der Europäischen Kommission sowohl eine First Level Control für jedes Projekt durchführen als auch einer Second Level Control unterzogen werden.

 

Um die Wahrung der Verantwortlichkeit zu gewährleisten, haben das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumenteschutz vereinbart, jeweils im eigenen Wirkungsbereich für die Erfüllung der Prüfungen des Europäischen Sozialfonds gem. Artikel 10ff VO (EG) 438/2001(= Second Level Control) Sorge zu tragen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit agiert daher für das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und das Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumenteschutz lediglich als koordinierende Stelle gegenüber der Europäischen Kommission und kann sohin auch keine Auskünfte über die in Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz eingerichteten Prüfstellen erteilen.

 

Im Folgenden wird nunmehr die Abwicklung von Equal-Projekten im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit erläutert.

 

1.         First Level Control

a.   Equal Büro Österreich

Die Aufgaben der First Level Control fallen für jene Equal Projekte, die im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vergeben werden, der zuständigen Fachabteilung zu, wurden jedoch im Rahmen der technischen Hilfe an das Equal Büro Österreich (EBÖ) ausgelagert.

b.     BMWA

In der Folge stellte jedoch das Bundesministerium für Finanzen fest, dass es trotz Auslagerung der Prüfagenden an Dritte dennoch unerlässlich ist, eine Überprüfung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vorzunehmen. Diesem Erfordernis wird wie folgt Rechnung getragen:

Þ       sachliche Prüfung durch die zuständige Fachabteilung

Þ       rechnerische Prüfung durch die Budgetabteilung

Um die Prüfschleifen jedoch nicht unnötig zu erhöhen, wird die rechnerische Prüfung nur nach Anwendung einer Risikoanalyse, deren Ergebnis auf ein erhöhtes Risiko schließen lässt, durchgeführt. Sollte der Fall eintreten, dass kein Projekt risikobehaftet ist, wird nach statistischer Methode ein Mindestmaß von rund 5 % der Projekte zur Prüfung ausgewählt.

 

2.            Second Level Control

Die Aufgaben der Second Level Control fallen im BMWA dem zuständigen Referat in der Budgetabteilung zu, wurden jedoch im Rahmen der technischen Hilfe an die Bietergemeinschaft Bremen vergeben.

 

 

Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:

 

Seitens der Europäischen Kommission werden Systemprüfungen und Projektprüfungen in beliebigem Umfang und derzeit nach folgendem Muster durchgeführt:

 

1.  Prüfungen während der laufenden Strukturfondsperiode

a.     sachlich/inhaltlich

Diese Prüfungen erfolgen durch die geographische Abteilung des esf EMPL/C/1

b.    rechnerisch/finanziell

Finanzkontrollen erfolgen durch die Abteilung ESF Audits EMPL/F/3

c.     Europäischer Rechnungshof

 

2.   Prüfungen zum Abschluss der Strukturperiode

a.     sachlich/inhaltlich

Diese Prüfungen erfolgen durch die geographische Abteilung des esf EMPL/C/1

b.    rechnerisch/finanziell

Finanzkontrollen erfolgen durch die Abteilung ESF Audits EMPL/F/3

c.    rechnerisch/finanziell

In einer weiteren Prüfschleife setzt die Europäische Kommission externe Wirtschaftsprüfer ein.

d.     Europäischer Rechnungshof

 

 

Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:

 

Im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative EQUAL gilt den Vorschriften der EU folgend das "Echtkostenprinzip", das heißt, es können ausschließlich im Projektzusammenhang angefallene und nachgewiesene Kosten abgerechnet werden. Es ist davon auszugehen, dass die im Rahmen von EQUAL anfallenden Kosten direkt den Zielgruppen zugute kommen, da diese aktiv in die Projektentstehung und -erprobung eingebunden sind und die Projekte auf Erzielung eines Mehrwertes für die Zielgruppenpersonen und die am Projekt beteiligten Organisationen sowie deren Umwelten ausgerichtet sind.

 

EQUAL richtet sich im Übrigen an benachteiligte Gruppen am Arbeitsmarkt, nicht an benachteiligte Gruppen im Bildungssystem, wie dies in der Anfrage behauptet wird. Dazu konnten in Antragsrunde 1 Projekte zu sieben Themenschwerpunkten durchgeführt werden:

1.      Reintegration in den Arbeitsmarkt und Bekämpfung fortgesetzter Ausgrenzung

2.      Erleichterung der Integration von Menschen mit Behinderung

3.      Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit

4.      Verbesserung der Qualität von Arbeitsplätzen in der Sozialwirtschaft

5.      Förderung des Lebensbegleitenden Lernens

6.      Reduktion der geschlechtsspezifischen Segregation

7.      Aktivitäten für Asylwerber/innen

Diese Themenschwerpunkte wurden in Antragsrunde 2 um noch zwei weitere      ergänzt:

8.       Unternehmensgründung

9.       Betriebliche Weiterbildung

 

 

Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:

 

Es ist festzuhalten, dass Österreich nicht nur von der inhaltlichen Ausrichtung und der Arbeit der Entwicklungspartnerschaften her, sondern auch im Hinblick auf die budgetäre Ausschöpfung im europäischen Spitzenfeld liegt.

Die gesamten Österreich im Rahmen von EQUAL zur Verfügung stehenden Mittel in der Höhe von 207 Mio. Euro. (inklusive Indexierung) sind bereits seit 2005 gebunden. Mit Stand 31.12.2005 beläuft sich der Ausgabenstand auf rund 124 Mio. Euro. Es kann davon ausgegangen werden, dass die gesamten Mittel verausgabt werden.