4063/AB XXII. GP
Eingelangt am 31.05.2006
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BM
für Verkehr, innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ.
BMVIT-10.000/0016-I/CS3/2006 DVR:0000175
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 W i e n
Sehr geehrter Herr Präsident!
Zur schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 4112/J-NR/2006 betreffend Rechnungshofbericht über externe Beratungsleistungen in den ÖBB, die die Abgeordneten Dr. Moser, Freundinnen und Freunde am 31. März 2006 an mich gerichtet haben, beehre ich mich vorweg grundsätzlich anzumerken, dass gemäß Art. 52 Abs.1 B-VG und § 90 erster Satz des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 der Nationalrat befugt ist, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen.
Art. 52 Abs. 2 B-VG sieht vor, dass sich das Fragerecht des
Parlaments hinsichtlich ausgegliederter Rechtsträger nur auf die Rechte des
Bundes (z.B. Anteilsrechte in der Hauptversammlung einer AG) und auf die
Ingerenzmöglichkeiten des Bundes bezieht, nicht jedoch auf die Tätigkeit der
Organe juristischer Personen, die von den Eigentümervertretern bestellt wurden.
Überdies wurde das Unternehmen ÖBB mit dem Bundesbahngesetz
1992 (mit Wirksamkeit 1.1.1993) und in dessen Weiterentwicklung mit dem
Bundesbahnstrukturgesetz 2003 in die wirtschaftliche Unabhängigkeit und
Eigenverantwortung entlassen. Da das BundesbahnstrukturG 2003 dem Sinne nach
ohne Einschränkungen oder Sonderregelungen auf das Aktienrecht hinweist,
obliegen daher operative Maßnahmen in den Geschäftsbereichen der
Österreichischen Bundesbahnen ausschließlich den Entscheidungen des Managements
der ÖBB bzw. existieren für mich keinerlei Weisungsmöglichkeiten, welche auch
nie gegenüber Straßenverkehrs-, Luftverkehrs- oder Schifffahrtsunternehmen
bestanden haben. Demgemäß darf durch den Bundesminister kein Einfluss auf die operative
Geschäftsführung des Unternehmens ausgeübt werden. Die Vergabe von externen Beratungsleistungen ist
meines Erachtens eine „klassische“ operative Aufgabe des Managements.
Dies gilt daher auch bezüglich der konzerninternen Vergabe von externen Beratungsleistungen, worüber ich im Besonderen und im Hinblick auf die im Jahr 2003 mit dem Bundesbahnstrukturgesetz beschlossene Reform der ÖBB den Rechnungshof im Jahr 2004 ersuchte, eine Gebarungsüberprüfung vorzunehmen. D.h. ich habe nicht in das „operative Geschäft“ eingegriffen, sondern habe die zuständigen Organe ersucht, im Rahmen Ihrer Möglichkeiten tätig zu werden.
Überdies habe und werde ich auch in
Zukunft über all jene Angelegenheiten Auskunft erteilen bzw. all jene
Parlamentarischen Anfragen in dem Umfang beantworten, soweit mir dies im Rahmen
der gesetzlichen Vorschriften ermöglicht und eingeräumt wird.
Aus Datenschutzgründen halte ich es jedoch für bedenklich, wenn - wie selbst vom Rechnungshof vorgenommen – die Anonymisierung der im Bericht behandelten Unternehmen durch Ihre Anfrage durchbrochen wird.
Zu Ihrer Präambel ist überdies
anzumerken, dass ich den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der ÖBB-Holding AG
beauftragt habe, sich mit den Prüfungsfeststellungen auseinanderzusetzen und
mir über die dazu eingerichteten Abhilfemaßnahmen Bericht zu erstatten bzw. mir
ein Konzept zur künftigen Vermeidung der festgestellten Mängel zu übermitteln.
Dazu wurde mir seitens des Vorsitzenden des Aufsichtsrates der ÖBB-Holding AG
mitgeteilt, dass bereits erste Maßnahmen eingeleitet wurden und der
Aufsichtsrat jedenfalls vorsieht, die Revision der ÖBB hinsichtlich der
Überprüfung der Beratungsaufträge sowie der Einhaltung der
Zustimmungserfordernisse des Aufsichtsrates einzuschalten. Überdies habe ich
ersucht, mich laufend über die getroffenen Maßnahmen zu informieren.
Frage 1:
Wer trug neben der ehemaligen Ministerin Forstinger die Verantwortung für die Bestellung von Rüdiger vorm Walde?
Antwort:
Für die Personalsuche sowie für die Durchführung eines entsprechenden Assessmentverfahrens wurde im Vorfeld der letztendlich erfolgten Bestellung des Generaldirektors Rüdiger vorm Walde von den ÖBB ein Personalberatungsunternehmen beauftragt. Entsprechend der damals gültigen Rechtslage bedurfte die Bestellung des Generaldirektors der Österreichischen Bundesbahnen eines Beschlusses des Aufsichtrates und nicht des Ressortleiters.
Frage 2:
Als Eigentümer war den jeweiligen Ministern der Zugang zu Bilanzen und Rechnungsabschlüssen der ÖBB möglich. Aus welchen Gründen tolerierten Ihre MitarbeiterInnen in den Aufsichtsräten die oben dargestellte Vorgangsweise des Vorstands?
Antwort.
Diese Vorgangsweise ist aus der Bilanz bzw. dem Rechnungsabschluss nicht ersichtlich, wurde jedoch auf Betreiben des neuen Aufsichtrates nunmehr gesondert ausgewiesen. Um künftig effektiver die Aufwandsentwicklung durch den Aufsichtsrat zu steuern, erfolgte bereits im Herbst 2004 in einem eigenen Aufsichtsrats-Beschluss die Reduktion der Wertgrenzen, ab denen der Aufsichtsrat zu befassen ist.
Fragen 3 bis 5:
Warum wurden doppelt so hohe Personen-Tagsätze wie sonst üblich dem Beratungsunternehmen McKinsey gezahlt? Bestand ein persönliches oder politisches Naheverhältnis a) zur Ministerin, b) zum nachfolgenden Minister, c) zum Generaldirektor?
Aus welchen Gründen wurden Pauschalregelungen und zusätzlich noch Stundensätze an die Rechtsanwaltskanzlei Lansky gezahlt? Bestand ein persönliches oder politisches Naheverhältnis a) zur Ministerin, b) zum nachfolgenden Minister, c) zum Generaldirektor?
Aus welchen Gründen kam es zu dem Flug im Privat-Jet nach Berlin?
Antwort:
Die von Ihnen gestellten Fragen betreffen andere Minister bzw. liegen im operativen Bereich der Österreichischen Bundesbahnen. Es ist mir daher nicht möglich, diese zu beantworten.
Fragen 6 bis 11, 14 und 15:
Warum sind auch derzeit hohe Summen für Beratungsleistungen veranschlagt?
Erscheinen Ihnen 11,52 Mill. Euro angesichts der eklatanten Service-Mängel der ÖBB nicht deutlich überdimensioniert? Wenn nein, warum nicht?
Wird das Beratungsunternehmen McKinsey gewechselt?
Werden in Zukunft branchenübliche Stundenhonorare ohne Pauschal-Doppelbelastungen vereinbart?
Soll die Rechtsberatungskanzlei gewechselt werden? Wenn ja, erfolgt eine Ausschreibung? Wenn nein, warum nicht?
Beabsichtigen Sie die Kanzlei des ehemaligen Bundesminister für Justiz, Dr. Böhmdorfer, mit Rechtsberatungsaufträgen zu betrauen? Wenn ja, zu welchen Konditionen?
Das Programm Power 2005 ergab ein Einsparungspotenzial von 3.500 MitarbeiterInnen, während die ÖBB bis zum Jahr 2010 bis zu 12.000 MitarbeiterInnen „abbauen“ wollen. Wie beurteilen Sie angesichts des fachlich darstellten 3.500-Personen-Einsparungspotenzials die völlig überzogenen Einsparungszahlen des ÖBB Managements?
Auf welcher Basis wurde die Zahl von 12.000 einzusparenden MitarbeiterInnen ermittelt?
Antwort:
Dazu ist – wie oben angemerkt – festzuhalten, dass die Planung des Aufwandes für externe Beratungsleistungen, sowie
die Beauftragung von Beratungsunternehmen, ein allfälliger Wechsel dieser, die
Modalitäten der Vertragsgestaltung, als auch die Umsetzung von Programmen mit
dem Ziel, Einsparungen zu erzielen, dem Management der ÖBB obliegen.
Bereits in dem von Ihnen zitierten Rechnungshofbericht wird auf die Stellungnahme des Vorstandes der ÖBB-Holding AG betreffend künftig anfallender externer Beratungsleistungen verwiesen, wonach „die ab Jänner 2005 geltenden Konzernrichtlinien, denen zufolge vom ÖBB-Konzern nur in begründeten Einzelfällen auf externe Beratungsleistungen unter Berücksichtigung des geltenden Vergaberechtes zurückgegriffen werde“ und „.., dass im Jahr 2005 trotz erhöhten Beratungsbedarfes im ersten Jahr der gesellschaftsrechtlichen Neuausrichtung der ÖBB deutlich geringere Aufwendungen für externe Beratungsleistungen anfallen würden.“ Hinsichtlich der Vergabe von Leistungen ist uneingeschränkt das Bundesvergabegesetz einzuhalten. Zudem fällt auch die konkrete Festlegung von Planungsparametern und die damit erzielbaren Ergebnisse in den operativen Bereich der Geschäftstätigkeit, und somit in den Tätigkeitsbereich des Managements der ÖBB.
Frage 12:
Der Rechnungshof verglich die Beratungskosten mit Vorstandsgehälter. Daraus ist abzuleiten, dass ein durchschnittlicher jährlicher Vorstandsgehalt bei 350.000 Euro liegt. Bestätigen Sie diese Feststellung? Wenn nein, wie hoch ist ein durchschnittlicher Vorstandsgehalt?
Antwort:
Die durchschnittlichen jährlichen Vorstandsgehälter werden im Zweijahresabstand im Bericht des Rechnungshofes über die durchschnittlichen Einkommen und zusätzlichen Leistungen für Pensionen der öffentlichen Wirtschaft des Bundes erhoben. Ich darf auf diesen Bericht vorweisen.
Frage 13:
Können Sie die Aussage unterstützen, dass die als „ÖBB-Reform“ bezeichnete Umstrukturierung in erster Linie für eine Reihe von – teilweise explizit der Regierung nahe stehenden – KonsulentInnen ein beträchtliches Geschäft war und wegen der nun noch komplexeren Abläufe weiterhin ist und dass die Interessen dieser Gruppe ein zentraler Motor für die Reform waren?
Antwort:
Nein, sondern die Umstrukturierung wurde aufgrund der Umsetzung der EU-Richtlinien 2001/12, 2001/13 und 2001/14, die eine Trennung von Eisenbahnverkehrsunternehmen und Fahrwegbetreibern vorschreiben, notwendig.
Die gewählte Struktur diente auch dazu, eine effiziente Trassenvergabe sicherzustellen, da es andernfalls aufgrund der Komplexität der Trassen bei den ÖBB zu enormen Schnittstellenproblemen geführt hätte sowie die Maastrichtkonforme Finanzierung von Betrieb und Aus- bzw. Neubau der Infrastruktur nur erschwert möglich wäre.
Mit freundlichen Grüßen