4154/AB XXII. GP

Eingelangt am 03.07.2006
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BM für Wirtschaft und Arbeit

Anfragebeantwortung

 

Präsident des Nationalrates

Univ. Prof. Dr. Andreas KHOL

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                                                           Wien, am 3. Juli 2006

 

                                                                                                                           Geschäftszahl:

                                                                                            BMWA-10.101/0066-IK/1a/2006

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 4199/J betreffend Atomgeschäfte österreichischer EVUs und Atomstrom in Österreich, welche die Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen am 3. Mai 2006 an mich richteten, halte ich vorweg grundsätzlich fest, dass das Interpellationsrecht gemäß Art. 52 Abs. 1 B-VG nicht Auskünfte über Annahmen, Prognosen oder Tendenzen umfasst, da diese nicht Gegenstand der Vollziehung sind. Zu den an mich gerichteten Fragen stelle ich fest:

 

 

Antwort zu den Punkten 1 und 3 der Anfrage:

 

Im liberalisierten Elektrizitätsmarkt sind Entscheidungen über Planung, Investitionen aber auch Stilllegung von Kraftwerken und den damit unmittelbar zusammenhängenden Beschaffungsvorgängen und Lieferverträgen Angelegenheit der Investoren bzw. Betreiber dieser Kraftwerke im eigenen unternehmerischen Gestaltungsbereich, auf die die Politik keinen Einfluss nehmen kann.

 

Da beide Vertragsparteien, TIWAG (steht zu 100% im Eigentum des Landes Tirol) und E.ON, Aktiengesellschaften sind, deren unternehmerische Gestion nach den Gesichtspunkten des Zivilrechts zu beurteilen ist und die im Wettbewerb innerhalb des europäischen Strombinnenmarktes stehen, stellen die angesprochenen Vertragsinhalte jedenfalls schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dar. Im Übrigen sind mir die angesprochenen Vertragsinhalte nicht bekannt.

 

 

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

 

Von den über den Verband der Elektrizitätsunternehmen Österreichs (VEÖ) unter seinen Mitgliedern angefragten Elektrizitätsunternehmen (Verbund, KELAG, EVN, EAG Oberösterreich, Salzburg AG, STEWEAG-STEG, VKW, Wienstrom, Linz AG) wurde mitgeteilt, dass derartige Verträge nicht geschlossen wurden.

 

 

Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

 

An dem geplanten AKW Zwentendorf waren folgenden Energieunternehmen – in prozentuell absteigender Reihenfolge - beteiligt:

 

Unternehmen

Beteiligung in %

Verbund

50,00

TIWAG

13,33

NEWAG (EVN)

10,83

STEWEAG

10,00

OKA (EAG Oberösterreich)

8,33

KELAG

3,33

SAFE (Salzburg AG)

2,50

VKW

1,68

Gesamt:

100,00

 

 

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

 

Der Begriff „Atomstrom“ ist zwar eine unscharfe, aber gebräuchliche Bezeichnung für elektrische Energie aus Anlagen zur Umwandlung von bei Kernspaltung (der spaltbaren Elemente Uran, Thoriun, Plutonium) frei werdender thermischer bzw. Strahlungsenergie. Es handelt sich dabei um elektrische Energie, die wie aus verschiedenen anderen Anlagen (Wasser-, Kohle-, Öl-, Gas-, Wind- ua. Kraftwerke) auch, in ein Leitungsnetz eingespeist und von den Verbrauchern aus diesem Netz entnommen wird. Das europäische Verbundnetz ist ein vermaschtes Netz mit zahlreichen Einspeise- und Entnahmestellen, wobei sich Einspeisung und Entnahme zeitlich permanent ändern.

 

Aus diesem Grund muss man sich eines „statistischen Näherungswertes“ unter Berücksichtigung folgender Restriktionen bedienen:

1.      Der Näherungswert ist eine auf statistischen Werten beruhende Zahl, welche die tatsächlichen Energieflüsse nicht korrekt widerspiegeln kann.

2.      Für den Näherungswert werden Produktionsdaten herangezogen. Dies spiegelt aber weder die nationalen noch internationalen Handelstätigkeiten österreichischer Unternehmen wider. Somit kann von diesem Durchschnittwert nicht auf    einen Unternehmenswert geschlossen werden.

3.      Als Basis wurde der im § 45a ElWOG zitierte UCTE-Mix herangezogen, ohne dass auf die technische Möglichkeit einer Lieferung Rücksicht genommen wurde. Der UCTE-Mix ist ein nach Ländern dargestellter jährlicher Durchschnittswert, der die Stromproduktion aufgeschlüsselt nach Primärenergieträgern angibt, und wird in den Publikationen der UCTE (Union pour la Coordination du Transport de l’Electricité) sowie auf deren Homepage www.ucte.org veröffentlicht.

 

Auf diesen Prämissen aufbauend lässt sich „statistische Näherungswert“ wie folgt berechnen:

Im Rahmen der Energiestatistik werden ausschließlich Bruttoproduktionswerte in den Jahresreihen veröffentlicht, weshalb auch die nachfolgende Tabelle nur auf diesen Bruttowerten basieren kann. Durch Subtraktion der Bruttoproduktion (minus Exporte plus Importe - darunter fallen vertragliche Transitlieferungen, aber auch so genannte „ungewollte Durchzüge“) vom Bruttoinlandsstromverbrauch errechnet sich die nach Österreich importierte Strommenge (Delta), welche im Anschluss mit dem UCTE-Produktionsmix bewertet wird und einen theoretischen Atomstromanteil im zahlenmäßig abgedeckten Zeitraum für Österreich aufweist. Es kann dabei festgestellt werden, dass sich dieser von anfangs 4,62 % (im Jahr 1995) auf 2,61 % (im Jahr 2004) reduzieren ließ.

 

Jahr

Bruttoinlandsstromverbrauch

Brutto-produktion

physik. Importe

physik. Exporte

Delta

Atomstromanteil im UCTE-Mix

(theoret.) Atomstromanteil

Angaben in GWh

in %

1995

52.605,6

48.842

7.232

9.757

6.289

38,64

4,62

1996

53.906,3

47.000

9.370

8.476

6.013

38,39

4,28

1997

54.611,1

48.694

8.911

9.775

6.780

38,47

4,78

1998

55.698,8

49.259

10.133

10.467

6.774

33,94

4,13

1999

56.984,7

52.595

11.440

13.507

6.457

37,10

4,20

2000

58.511,6

54.034

13.777

15.216

5.917

37,36

3,78

2001

59.897,4

54.149

14.381

14-378

5.746

33,75

3,24

2002

60.863,8

54.602

15.300

14.676

5.638

34,12

3,16

2003

62.916,2

52.481

18.902

13.389

4.923

32,85

2,57

2004

64.776,0

56.520

16.537

13.548

5.268

32,04

2,61

Quelle: Energie-Control GmbH

 

 

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

 

In §§ 45 und 45a ElWOG ist die Stromkennzeichnung der österreichischen Lieferanten näher geregelt. Laut den gesetzlichen Vorgaben ist als Bezugsbasis die Abgabe an inländische Endverbraucher heranzuziehen, welche mit Produktionsnachweisen (also Herkunftsnachweisen gem. § 8 ÖkostromG oder sonstigen Nachweisen gem. § 45a Abs. 7 ElWOG) zu belegen ist.

Können keine Nachweise der oben beschriebenen Art vorgelegt werden, so ist der Strom unbekannter Herkunft als UCTE-Mix auszuweisen.

Eine Angabe des Atomstromanteils ist, sofern er nicht mit Nachweisen belegt ist, auch in diesem Fall stets ein theoretischer Näherungswert, der die physikalischen Flüsse nicht korrekt abbilden kann.

 

Basierend auf der in Punkt 5 der Anfrage bereits dargelegten Methodik der Heranziehung des UCTE-Mixes ergaben sich für die aktuell für das Kalenderjahr 2004 bzw. 2003/2004 (für die Unternehmen der Energieallianz) zur Verfügung stehenden Daten folgende Ergebnisse:

Unternehmen

bek. erneuerbare Energie-träger

bek.
fossile Energieträger

bek. Nuklearenergie

bek. Sonstige

UCTE-Mix 1

Summe

theoret. Atomstromanteil

 

in %

BEWAG Energie Vertrieb GmbH & Co KG *

100

0

0

0

0

100

0

Energie AG Oberösterreich Vertrieb GmbH & Co KG *

68

24

0

0

8

100

3

EVN Energievertrieb GbmH & Co KG *

47

51

0

2

0

100

0

KELAG Kärntner Elektrizitäts-AG

62

1

0

0

37

100

12

Salzburger AG für Energie, Verkehr und Telekommunikation

80

11

0

0

09

100

3

STEWEAG-STEG GmbH

47

26

0

0

27

100

9

TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG

67

0

0

0

33

100

11

Vorarlberger Kraftwerke AG

64

0

0

0

36

100

12

Wien Energie Vertrieb GmbH & Co KG *

41

59

0

0

0

100

0

Österreichische Elektrizitätswirtschafts AG

100

0

0

0

0

100

0

*: Vom Kalenderjahr abweichende Labelingperioden

1: davon rund 13 % erneuerbare Energieträger, 54,4 % fossile Brennstoffe, 32,6 % Nuklearenergie im Jahr 2004

Quelle: Energie-Control GmbH

 

 

Antwort zu den Punkten 7 und 8 der Anfrage:

 

Die Haltung der österreichischen Bundesregierung zur zivilen Nutzung der Nuklearenergie darf als bekannt vorausgesetzt werden. Die österreichische Kernenergie-politik steht demgemäß auch weiterhin unter dem Leitgedanken, eine „Schrittmacherfunktion" auf dem Weg zu einer kernenergiefreien Energieversorgung einzunehmen.

Nicht zuletzt in Entsprechung einschlägiger Entschließungen und Stellungnahmen des Nationalrates ist am Ziel eines europaweiten Ausstiegs aus der energetischen Nutzung der Kernenergie festzuhalten. Die konsequente Position Österreichs muss es daher sein, unter Hinweis auf die Risken der Kernenergie weiterhin jeden Ausstieg eines Landes aus der Kernenergie zu unterstützen und gleichzeitig auf europäischer Ebene auch die Initiativen zur Schaffung einheitlicher und hoher Sicherheitsstandards für noch in Betrieb befindliche Kernkraftwerke mit Nachdruck fortzusetzen.

 

Die österreichische Bundesregierung setzt sich bekanntermaßen nachdrücklich für das Prinzip einer nachhaltigen Energieerzeugung ein und hat maßgebliche Schritte gesetzt, um den Anteil der erneuerbaren Energiequellen auszubauen. In Umsetzung der EU-Richtlinie 2001/77/EG zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren

Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt wurde im Jahre 2002 das Ökostromgesetz vom Nationalrat beschlossen, welches vor kurzem novelliert wurde um auch in Zukunft den weiteren Ausbau von Ökostromanlagen zu gewährleisten. Mit der Auszeichnungspflicht, wie sie im § 45 ElWOG vorgesehen ist, werden den Konsumenten überdies jene Informationen zur Verfügung gestellt, die es Ihnen ermöglichen, von ihrer Wahlfreiheit in entsprechender Weise Gebrauch zu machen.

 

Mit dieser Kennzeichnungspflicht ist Österreich seit 1.10.2001 Vorreiter, da erst ab 1.6.2004 die Stromkennzeichnungspflicht gemäß EU-Binnenmarktrichtlinie 2003/54/ EG in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in nationales Recht umzusetzen war. Alle Stromhändler und sonstige Lieferanten, die in Österreich Endverbraucher beliefern, haben auf der Stromrechnung des Endverbrauchers den Anteil an verschiedenen Primärenergieträgern (unterschieden in erneuerbare, fossile und       nukleare Energie) auf Basis derer die von ihm gelieferte elektrische Energie erzeugt wurde, auszuweisen. Die Überwachung der Richtigkeit dieser Angaben erfolgt durch die Energie-Control GmbH. Damit wurde für den Konsumenten die Möglichkeit geschaffen, die Herkunft der von ihm gekauften elektrischen Energie in seine Auswahl des Lieferanten miteinzubeziehen.