4219/AB XXII. GP

Eingelangt am 14.07.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bundeskanzler

Anfragebeantwortung

Die Abgeordneten zum Nationalrat Bayr, Kolleginnen und Kollegen haben am
22. Juni 2006 unter der Nr. 4423/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfra-
ge betreffend EU-Lateinamerika-Gipfel gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Frage 1 und 2:

Die Durchführung des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der EU, La-
teinamerikas und der Karibik gehörte zum Pflichtprogramm der österreichischen EU-
Pr
äsidentschaft. Diese Gipfel finden alle 2 Jahre alternierend in Europa und in La-
teinamerika statt. Zwischen den Gipfeltreffen wird die Arbeit auf verschiedenen Ebe-
nen weitergef
ührt, wobei die Aufarbeitung der jeweiligen Gipfelergebnisse schrittwei-
se in die Vorbereitung des n
ächsten Gipfels übergeht.

Die Partnerschaft der EU mit den Staaten Lateinamerikas und der Karibik hat sehr
großes Potential, das jedoch nur nach Maßgabe der jeweils bestehenden Möglichkei-
ten weiter erschlossen werden kann. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen stellt
das Ergebnis des Wiener Gipfels einen weiteren Fortschritt dar.

In den letzten Wochen vor dem Gipfel war es in Lateinamerika zu zahlreichen Span-
nungen gekommen, die den Gipfel zu
überschatten drohten. In intensiven Verhand-
lungen vor und während des Gipfels gelang es, eine Reihe von Spannungen deutlich
zu entsch
ärfen:

Bolivien ließ es nicht zu dem - nach dem Austritt Venezuelas drohenden - Bruch
der Andengemeinschaft kommen und trug eine, zukünftige Assoziationsverhand-
lungen betreffende Formulierung mit.


         Der Präsident Uruguays, der wegen des Konflikts mit Argentinien ursprünglich
nicht nach Wien kommen wollte und der sogar mit einem Austritt aus dem
Mercosur gedroht hatte, nahm doch am Gipfel teil. Somit konnte das Treffen der
EU mit dem Mercosur zumindest auf Außenministerebene abgehalten werden.

         Die Staaten Lateinamerikas und der Karibik nutzten den Gipfel für zahlreiche bila-
terale Treffen, die gesamthaft ein etwas näheres Zusammenrücken des Kontinents
bewirkt haben d
ürften. Wichtig erscheinen vor allem die Aussprachen von Präsi-
dent Morales mit allen Nachbarn seines Landes, die von der neuen Energiepolitik
Boliviens in hohem Ausmaß betroffen sind.

 

Diese Entwicklung machte die Einigung auf das Schlußdokument erst möglich, wes-
halb ich sie auch als wichtigstes Ergebnis des Gipfels bezeichnet habe. Auf dieser
Basis wurden folgende Fortschritte erzielt:

-  Energie als ein neues und äußerst wichtiges Thema für die bi-regionalen Beziehun-
gen; Kooperations- und Konfliktpotential;

-  Verankerung der Biodiversität als gemeinsames zukünftiges Arbeitsthema beider
Regionen;

-  Aufnahme von Verhandlungen über ein Assoziationsabkommen mit Zentralamerika.

- Bestätigung der Bereitschaft der EU, auch mit einer Andengemeinschaft ohne
Venezuela ein solches zu verhandeln;

-  Gemeinsame Anstrengung zugunsten des Wiederaufbaus von Haiti;

-  Verankerung der Schaffung eines positiven Klimas für Investoren" sowohl im
Schlußdokument EU-Mercosur, als auch im Gipfeldokument;

-  Gemeinsames Eintreten für den Multilateralismus, was auch durch die persönliche
Teilnahme des Generalsekretärs der Vereinten Nationen unterstrichen wurde;

-  Fortgesetzte Betonung der sozialen Kohäsion";

-  Gemeinsame klare Sprache zu den Menschenrechten;

-  Gemeinsames Interesse an geordneter Migration;

-  Eröffnung einer Perspektive auf eine Lateinamerikafazilität der EIB;

- Erfolgreiche Durchführung des ersten EU-LAC-Business Summits; Verdoppelung
des bi-regionalen Außenhandelsvolumens in 5 Jahren bei Herstellung optimaler
Rahmenbedingungen möglich;

Zu Frage 3:

Vom nächsten Gipfeltreffen in Peru erwarte ich weitere Fortschritte im Ausbau der
Partnerschaft. Die EU spielt für die Integrationsprozesse der Staaten Lateinamerikas
und der Karibik eine wichtige, nahezu unverzichtbare Rolle. Der Ansatz der EU, sub-
regionale Assoziationsabkommen anzubieten, f
ührt nicht rasch zum Erfolg; er bewirkt
aber, daß die Subregionen ihre eigene Integration ernst nehmen. Positiven Beispie-
len (z. B. die sich beschleunigende Integration Zentralamerikas) stehen negative
(z.B. Austritt Venezuelas aus der Andengemeinschaft) gegenüber. Lateinamerika
sucht - durchaus dem umfassenden Ansatz der EU entsprechend - Assoziationsab-
kommen mit der EU, die ein menschliches Antlitz" tragen (EZA-Komponente); da-
durch sollten sie - anders als die reinen Freihandelsabkommen mit den USA - auch
innenpolitisch viel weniger umstritten sein.


Zu den Fragen 4 bis 7:

Die Kosten des EU-Lateinamerika-Gipfels zum größten Teil vom Bundesministerium

für auswärtige Angelegenheiten getragen.

Im Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes sind direkt zuordenbare Kosten ledig-
lich in der H
öhe von rund 120.000,- Euro im wesentlichen für Leistungen des Bun-
despressedienstes entstanden, wobei sich Anteile der Infrastrukturausgaben des
Bundeskanzleramtes etwa f
ür Zusatzpersonal, Pressedienstleistungen nicht einer
einzelnen Veranstaltung zurechnen lassen.