43/AB XXII. GP

Eingelangt am: 19.03.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

BUNDESMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT UND ARBEIT

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 24/J betreffend
Stand der GATS-Verhandlungen va. aus ökologischer Sicht und fehlende Informa-
tion und Debatte in der Öffentlichkeit, welche die Abgeordneten Mag. Ulli Sima, Kol-
leginnen und Kollegen am 23. Jänner 2003 an mich richteten, stelle ich fest:

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:


In den Jahren 2001/2002 wurde in Österreich das Liberalisierungspotential für die
GATS-Verhandlungen erhoben. Als Hauptergebnis dieser Erhebung kann fest-
gehalten werden, dass für die sogenannten öffentlichen Dienstleistungen kein
Potential für weitere Liberalisierungsschritte im Rahmen des GATS vorgefunden
wurde. Dies wurde auch der Europäischen Kommission bekanntgegeben. Gemäß
den vorliegenden Entwurf eines EU-Angebots sind bei den Dienstleistungsbereichen
Wasserversorgung, Bildung und Erziehung, Gesundheit, öffentlicher Personennah-
verkehr sowie audiovisuelle Dienstleistungen keine neuen Verpflichtungen geplant.
Das EU - Angebot befindet sich EU - intern noch in der Abstimmungsphase.


Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

Die EK hat am 6.2.03 einen ersten GATS Angebotsentwurf der EG und ihrer MS
vorgelegt. Dieser enthält nur in wenigen Bereichen neue Liberalisierungsvorschläge,
von denen auch Österreich betroffen ist. Diese betreffen im Wesentlichen die Perso-
nenbewegung zum Zweck der Dienstleistungserbringung (mode 4), die Erbringung
von Rechtsdienstleistungen und die Postdienstleistungen. Details dazu sind dem
genannten Angebotsentwurf zu entnehmen, der am 7.2.03 dem Parlament und den
Parlamentsklubs übermittelt wurde. Diese Feststellungen gelten in gleicher Weise für
den jüngsten revidierten Angebotsentwurf der EU, welche dem Parlament und den
Klubs am 11. März 2003 übermittelt wurde.

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

In Österreich sind sämtliche Bundesministerien sowie alle Sozialpartner, die Bun-
desländer, sowie der Städte- und Gemeindebund in die Verhandlungen bzw. die Ab-
stimmung des GATS - Angebotes der EG und ihrer Mitgliedstaaten eingebunden.
Die Parlamentsklubs erhalten sämtliche einschlägigen Dokumente und werden lau-
fend informiert. Ebenso finden regelmäßige Informationsveranstaltungen für NGOs
statt.

Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

Die Begründung für ein Liberalisierungsangebot ist von Sektor zu Sektor verschie-
den. Das EU - Angebot stellt aber primär auf die wirtschaftsnahen Dienstleistungen
(das sind solche, die als input in die Produktion einfließen, z.B. Rechtsberatung,
Rechnungswesen, Software etc.) ab. In den meisten der genannten Bereiche gibt es
seit 1995 EU-Verpflichtungen im GATS; sie sollen in der jetzigen Runde entweder
aufgewertet oder so umgestaltet werden, dass sie die wirtschaftlichen Realitäten
besser reflektieren.


Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

Hier sind der Bereich der Beihilfen und wiederum die öffentlichen Dienstleistungen
zu nennen. Keine Angebote wird es zu den Bereichen Bildung, Wasser, Gesundheit
und öffentlicher Verkehr geben. Details sind dem revidierten Angebotsentwurf der
Europäischen Kommission, der dem Parlament und den Parlamentsklubs am
11.3.2003 übermittelt wurde, zu entnehmen.

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

Darüber gibt die österreichische Verpflichtungsliste Auskunft, die mit dem GATS und
dem Abkommen über die Errichtung der WTO 1995 in Kraft trat. Sie ist über die
Homepage der WTO (www.wto.org) abrufbar (GATS/SC/7, GATS/EL/7) und auch in
BGBl. Nr. 1/1995 enthalten.

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

Es finden in regelmäßigen Abständen Informationsveranstaltungen für NGOs sowie
für die Parlamentsklubs statt, bei denen über den Stand der Verhandlungen infor-
miert wird. Eine Enquete mit Vertretern der Parlamentsklubs, Ministerien, Interes-
sensvertretungen, Sozialpartner und NGOs sowie der Europäischen Kommission
und der WTO hat am 28.2.2003 in der Hofburg stattgefunden.

Die Information über das EU - Angebot (ein eigenständiges österreichisches Ange-
bot gibt es nicht) erfolgte nach Vorlage der Entwürfe durch die EK. Der erste sowie
der revidierte Angebotsentwurf wurde umgehend allen involvierten Ressorts, Sozial-
partnern, Interessensvertretungen sowie dem Parlament zur Verfügung gestellt. Vor-
aussichtlicher Abgabetermin des EU - Angebotes ist der 31.3.2003.


Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:

Diese Information erfolgt primär über die Homepage des BMWA. Überdies darf
noch einmal auf die schon zu Frage 7 erwähnte Diskussionsveranstaltung hinge-
wiesen werden.

Antwort zu den Punkten 9 und 10 der Anfrage:

Es finden  regelmäßig  Informationsveranstaltungen statt,  auch zur Enquete am
28.2.2003 wurden NGOs eingeladen.

Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:

Das "Draft Offer" der EK wurde dem Parlament am 7.2.2003 übermittelt. Eine
revidierte Fassung des "Draft Offer" wurde dem Parlament am 11.3.2003 übermittelt.

Antwort zu den Punkten 12 bis 16 der Anfrage:

Das GATS erfasst nur die für die Wasserversorgung relevanten Dienstleistungen.
Die Entwürfe der Angebotslisten der EU enthalten in diesem Bereich kein Liberalisie-
rungsangebot. Österreich hat sich stets explizit gegen ein derartiges Angebot aus-
gesprochen.

Antwort zu den Punkten 17 und 26 der Anfrage:

Schon in der Präambel des GATS wird auf das Recht auf staatliche Regulierung ein-
deutig Bezug genommen. Das Recht der Mitglieder zur Regelung und zur Einführung
von neuen Vorschriften wird nicht nur für die Erbringung von Dienstleistungen, son-
dern auch zur Durchführung allgemeiner politischer Zielsetzungen auf nationaler


Ebene (wie etwa Umweltschutz) ausdrücklich anerkannt. Art. XIV lit. b normiert eine
generelle Ausnahme für Maßnahmen, die zum Schutz des Lebens und der Gesund-
heit von Menschen, Tieren und Pflanzen erforderlich sind, sofern diese nicht in unge-
rechtfertigter Weise diskriminieren. Es besteht daher keine Gefahr, dass das GATS
die regulativen Möglichkeiten der Umweltpolitik beschränkt.

Antwort zu den Punkten 18 und 19 der Anfrage:

Das GATS ist mit nachhaltiger Entwicklung vereinbar, weil Handel, Entwicklung und
Nachhaltigkeit einander anerkanntermaßen ergänzen.

Das GATS begünstigt langfristige Investitionen und ermöglicht somit Hilfe zur Selbst-
hilfe. Langfristige Investitionen erhöhen das Wirtschaftswachstum und die Beschäfti-
gungsmöglichkeiten. Wirtschaftswachstum und Beschäftigung stellen eine notwen-
dige Voraussetzung zur Verwirklichung nachhaltiger Projekte bzw. Zielsetzungen
dar.

Antwort zu Punkt 20 der Anfrage:

Ja, das wird auch durch Studien belegt. Erwähnt sei hier die Publikation der OECD
mit dem Titel „GATS: The Case for Open Services Markets". Diese enthält neben
einem Überblick über die empirische Evidenz der Vorteile offener Dienstleistungs-
märkte auch eine Bibliografie von zahlreichen allgemeinen und sektorspezifischen
Studien/Untersuchungen rund um die Dienstleistungen und den Dienstleistungs-
handel.

Antwort zu Punkt 21 der Anfrage:

Effiziente Dienstleistungen fördern das Wirtschaftswachstum, sodass ein effizienter
und gut regulierter Finanzdienstleistungssektor etwa die Transformation von Erspar-


nissen in Investitionen erleichtert; eine funktionierende Telekommunikationsinfra-
struktur ist Voraussetzung für die Teilnahme von Entwicklungsländern an der
Medien- und Informationsgesellschaft. Exportchancen für Entwicklungsländer erge-
ben sich insbesondere dort, wo der Faktor Arbeit eine Rolle spielt. Vor allem der
Liberalisierung von mode 4 (Personenbewegung) kommt hier große Bedeutung zu.

Antwort zu Punkt 22 der Anfrage:

Die WTO besitzt kein eigenes Abkommen zu Umwelt, das WTO-Übereinkommen
enthält aber eine Reihe von Bestimmungen, die sich mit Umweltanliegen befassen
(u.a. GATT/Artikel XX, Landwirtschaftsübereinkommen, TRIPS, TBT, SPS oder das
Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen). Zudem wurde - in
Erkenntnis der Bedeutung der Materie - bereits 1995 das WTO-Komitee für Handel
und Umwelt eingerichtet, das sich in umfassender Weise mit deren Interaktionen
auseinandersetzt. Damit wurden Umwelt und nachhaltige Entwicklung auch in die
allgemeine WTO-Arbeit integriert. Ein weiterer Schritt wurde gesetzt, indem in Doha
ein Verhandlungsmandat erteilt wurde und bei der 5. WTO-Ministerkonferenz in
Cancün (September 03) über eine Ausdehnung des Verhandlungsmandates (z.B.
auf Kennzeichnung) entschieden werden soll.

Hinsichtlich der Beziehungen zwischen Handel und Arbeitsstandards konnte der für
eine Diskussion in der WTO notwendige Konsens bisher nicht erzielt werden. Hier
muss es gelingen, vor allem die Entwicklungsländer zu überzeugen, dass eine dies-
bezügliche Diskussion auch zu ihrem Nutzen wäre und keinen versteckten Protek-
tionismus darstellt. Österreich setzt daher auch große Erwartungen in den Bericht
der "Weltkommission über die soziale Dimension der Globalisierung", die 2001 im
Rahmen der ILO-Arbeitgruppe über die soziale Dimension der Globalisierung einge-
richtet wurde und die im März 2002 ihre Arbeiten aufgenommen hat. Der Bericht wird
für November 2003 erwartet.

Antwort zu Punkt 23 der Anfrage:


Die Liberalisierung von Bereichen wie Müllverbrennung, Abfallbehandlung etc. be-
deutet nicht, dass die Anbieter dieser Dienstleistungen nicht an die entsprechenden
gesetzlichen Rahmenbedingungen auf nationaler und EU-Ebene gebunden sind.
Gerade in diesen sensiblen Sektoren kann Liberalisierung ein Beitrag zur Kosten-
wahrheit sein und damit auch ein Anreiz, durch den Einsatz von sauberen Technolo-
gien weniger Abfall, Abwässer etc. zu produzieren.

Antwort zu Punkt 24 der Anfrage:

Die Voll-Liberalisierung des österreichischen Elektrizitätsmarktes hat eine nachhal-
tige Senkung der Strompreise für alle Konsumentengruppen bewirkt.

Die Kosten der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern übersteigen die
Marktpreise für elektrische Energie zum Teil erheblich, sodass eine entsprechende
Förderung notwendig ist. Mit dem Ökostromgesetz, BGBI. I Nr. 149/2002 und der
darauf basierenden Einspeisetarif-Verordnung, BGBI. II Nr.508/2002 wurden bun-
desweit einheitliche Rahmenbedingungen für einen Bestand sowohl der Elektrizi-
tätserzeugung aus erneuerbaren Energieträgern als auch der umweltfreundlichen
Kraft-Wärme-Kopplung im voll-liberalisierten Markt geschaffen. Damit wird einerseits
der Fortbestand solcher Anlagen garantiert, andererseits lösen die festgesetzten
Tarife entsprechende Investitionsanreize für den weiteren Ausbau von Anlagen aus,
die auf Basis von Wind, Wasserkraft, biogener Energieträger usw. sowie auf dem
Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung umweltfreundlich Strom erzeugen. Man darf aber
auch nicht vergessen, dass diese Förderungen von den Endverbrauchern, das sind
neben der Industrie, dem Gewerbe und Transportunternehmen auch die Haushalte,
finanziert werden müssen. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ökologischen
Aspekten sowie Impulsen für die Wirtschaft und den Belastungen der Endver-
braucher ist durch die getroffene Regelung gelungen.


Antwort zu Punkt 25 der Anfrage:

Die Inländerbehandlung ist nicht zwingend. Jeder Staat hat es selbst in der Hand,
inwieweit er Marktzugang und Inländerbehandlung gewährt. Dies gilt auch für die
Finanzierung oder die Förderung der Nahversorgung.

Antwort zu den Punkten 27 und 28 der Anfrage:

Diese Sorgen sind insoweit sowohl nicht nachvollziehbar, als auch unbegründet, als sie
auf Missverständnissen über den wirklichen Inhalt des GATS beruhen.

Antwort zu den Punkten 29 bis 32der Anfrage:

Die Transparenz ist durch das Informationsangebot, das weit über jenes früherer
GATT bzw. WTO - Runden hinausgeht, voll gewährleistet. Hier sind die vom Bun-
desministerium für Wirtschaft und Arbeit, der EK und der WTO auf ihren Homepages
zur Verfügung gestellten Informationen ebenso zu nennen wie Informationsveran-
staltungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit und die bereits erwähnte
Einbindung der Sozialpartner bzw. von Interessensvertretern. WTO-Informationsver-
anstaltungen mit Parlamentariern haben am 28.3.2001, 9.10.2001, 7.6.2002,
24.1.2003 und am 14.2.2003 stattgefunden. Am 26.6.2002 habe ich im EU-Unteraus-
schuss über die Dienstleistungsverhandlungen informiert. Auch auf die bereits er-
wähnte Enquete am 28.2.2003 darf in diesem Zusammenhang noch einmal hinge-
wiesen werden.

Antwort zu den Punkten 33 und 34 der Anfrage:

Selbstverständlich  wird  es  auch  in Zukunft weitere  Informationsveranstaltungen
geben.


Antwort zu den Punkten 35 und 36 der Anfrage:

Ein Verhandlungsstopp ist wegen der flexiblen Struktur des GATS, aufgrund welcher
jedes WTO-Mitglied selbst entscheidet, für welche Bereiche und wieweit es Marktzu-
gang und Inländerbehandlung gewährt, nicht zielführend. Ein Stopp würde überdies
Österreich daran hindern, seine Interessen im Dienstleistungsbereich in der WTO in
wirksamer Weise zu vertreten.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Auswirkungen der GATS in verschiede-
ner Hinsicht laufend überprüft werden. Auch in diesem Zusammenhang ist das
Arbeitspapier des WTO-Sekretariats WT/CTE/W/218 vom 3. Oktober 2002 zu erwäh-
nen, in dem die Umweltauswirkungen geprüft werden.