4320/AB XXII. GP

Eingelangt am 07.08.2006
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

 

 

 

An den                                                                                               Zl. LE.4.2.4/0044-I 3/2006

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 3. AUG. 2006

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl.parl.Anfr.d.Abg.z.NR Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen

und Kollegen vom 13. Juni 2006, Nr. 4360/J, betreffend

Sicherheit des AKW Temelín

 

 

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen vom 13. Juni 2006, Nr. 4360/J, betreffend Sicherheit des AKW Temelín, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zunächst verweise ich auf meine Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 3507/J, in der ich mich bereits ausführlich zum KKW Temelín in der Tschechischen Republik geäußert habe. Die Rückverweisung des Antrags auf Kollaudierung des ersten Blocks des KKW Temelín an die erste Instanz durch das Prager Ministerium für Regionalentwicklung ist jedenfalls insofern zu begrüßen, als sie den Betreiber zu einer Neueinreichung veranlasst. Natürlich ist der Ausschluss von Umweltorganisationen und anderen „Verbänden“ aus österreichischer Sicht verfahrensrechtlich ein Rückschritt, festzuhalten ist jedoch, dass die Rückverweisung aus einer Reihe von Gründen erfolgte, die im Bescheid des Ministeriums für Regionalentwicklung ausführlich angeführt sind. Ich kann mich daher Ihrer Bewertung dieser Rückverweisung nicht anschließen.

 

 

 

 

Weiters halte ich fest, dass die grundsätzliche Position Österreichs, nämlich der Wunsch nach einem Ausstieg aus der Kernenergie und damit insbesondere auch der Wunsch nach der „Nullvariante“ für Temelín, nach wie vor aufrecht ist. Da die Tschechische Republik zu diesbezüglichen Diskussionen bislang nicht bereit ist, bleibt der Weg der Fortsetzung des Sicherheitsdialogs – ich betone das immer wieder – ohne jede Alternative.

 

Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

 

Mir ist eine derartige Aussage nicht bekannt. Die Vorsitzende des Staatsamtes für Nukleare Sicherheit der Tschechischen Republik hat vielmehr sowohl in ihrem Interview am 16. Jänner 2006 mit der Wirtschaftszeitung „Hospodarske noviny“ als auch in ihrem Interview vom 10. Mai 2006 mit der Tageszeitung „Mlada fronta Dnes“ erklärt, dass sie das KKW Temelín zwar für sicher im Sinne des Rechtsrahmens der Tschechischen Republik sowie der Anforderun­gen des Staatsamtes für Nukleare Sicherheit der Tschechischen Republik einstuft, jedoch noch Spielraum für weitere Verbesserungen sieht, der aus österreichischer Sicht selbstverständlich genützt werden muss. Ich füge hinzu, dass ich auf die aus österreichischer Sicht offenen Fragen wiederholt und mit Nachdruck hingewiesen habe, wobei eine weiterführende Behandlung dieser Fragen von tschechischer Seite bereits außer Streit gestellt wurde.

 

 

 

Zu Frage 2:

 

Wie bereits in meiner Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 3507/J ausgeführt, habe ich den Abschlussbericht der österreichischen Experten nicht nur veröffent­licht, sondern auch offiziell an den Außenminister der Tschechischen Republik übermittelt und auf die aus österreichischer Sicht offenen technischen Fragen verwiesen. Weiters habe ich mich sofort nach Ausstellung des erstinstanzlichen Kollaudierungsbescheides am 16. Dezember 2005 mit einem weiteren Schreiben an den Außenminister der Tschechischen Republik gewandt und mit dem Hinweis auf die in der „Vereinbarung von Brüssel“ fest­gelegten Rechte und Pflichten deutlich gemacht, dass trotz der von den Experten bestätigten Verbesserungen aus österreichischer Sicht zu bestimmten technischen Punkten weiterer Diskussionsbedarf besteht. Ich füge hinzu, dass ich auf diese offenen Fragen auch bei jedem persönlichen Kontakt mit Mitgliedern der Regierung der Tschechischen Republik verwiesen habe und verweise.

 

Zu Frage 3:

 

Ich gehe davon aus, dass die rechtliche Situation hinlänglich bekannt ist, der zu Folge die „Vereinbarung von Brüssel“ zwar einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik darstellt, jedoch diesbezüglich weder ein Schiedsgericht noch ein internationaler oder europäischer Gerichtshof angerufen werden kann. Ich erinnere daran, dass eine Verankerung im Beitrittsvertrag zwar in der „Vereinbarung von Brüssel“ jedenfalls zwischen Tschechien und Österreich explizit vereinbart war, letztlich jedoch völlig unerwartet von einigen der damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Union verhindert wurde. Im Übrigen erschiene angesichts der Faktenlage und der vorliegenden Expertisen der Nachweis einer allenfalls bislang nur teilweisen Berücksichtigung einzelner ganz spezieller technischer Aspekte der „Vereinbarung von Brüssel“ im Rahmen eines Gerichtsverfahrens insbesondere im Hinblick auf den Zeithorizont eines solchen Verfahrens als höchst ineffizientes Instrument zur Geltendmachung österreichischer Sicherheitsinteressen. Somit wäre in diesem Zusammenhang der Weg allfälliger gerichtlicher Schritte jedenfalls aus heutiger Sicht nicht zielführend. Daher gibt es bis auf weiteres auch keine Alternative zu der von mir forcierten und auch von tschechischer Seite zugesagten Fortsetzung des Sicherheitsdialogs. Ich füge hinzu, dass ich im Falle einer rechtsgültigen Kollaudierung eines der beiden Blöcke des KKW Temelín selbstverständlich in geeigneter Weise neuerlich auf die inhaltliche und rechtliche Position Österreichs verweisen werde.

 

Der Bundesminister: