4327/AB XXII. GP

Eingelangt am 08.08.2006
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0033-Pr 1/2006

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4409/J-NR/2006

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Aufgabe der Landwirtschaft in der Justizanstalt Asten bei Linz“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 5, 8 bis 10 :

Die „Justizanstalt Asten“ ist keine eigenständige Justizanstalt, sondern eine Außenstelle der Justizanstalt Linz. Es ist nicht beabsichtigt, den Landwirtschaftsbetrieb dieser Außenstelle an einen privaten Bauern zu übergeben. Eine Verpachtung von   Ackerflächen aus wirtschaftlichen und personellen Gründen wird aber erwogen.

Die Justizanstalt Linz erarbeitet derzeit mit dem Bundesministerium für Justiz eine Evaluierung mit wirtschaftlicher Bewertung der Auswirkungen einer Fortführung des Landwirtschaftsbetriebes der Außenstelle Asten. In diesem Zusammenhang wurde auch ein Gespräch mit einem an der Pachtung der landwirtschaftlichen Flächen Interessierten geführt, um die Voraussetzungen einer allfälligen Verpachtung zu erörtern. Ferner wurden Basisinformationen (etwa die Pachtpreise in der Region) bei der Landwirtschaftskammer für OÖ eingeholt. Die Wirtschaftlichkeitsbewertung ist bis dato noch nicht abgeschlossen.

Die Gründe, die gegen eine Weiterführung der Landwirtschaft in der Außenstelle Asten und für eine wirtschaftliche Evaluierung einer Verpachtung sprechen, sind vielfältig. Die wesentlichsten sind:

a)     Die personelle Ausstattung des Betriebes ist unzureichend. Die Mitarbeiter, Betriebsleiter und sonstigen dort eingeteilten Bediensteten sind Exekutivbedienstete, die dem Schicht- und Wechseldienst unterliegen. Aus diesem Dienst ergeben sich auch an Wochentagen Abwesenheiten, die sich aus der Nachtdienstleistung und aus Ersatzruhezeiten (in Folge Dienstleistung an Wochenenden) ergeben. Im Mitarbeiterstand der Justizanstalt Linz befindet sich kein Bediensteter, der einen Berufsabschluss als landwirtschaftlicher Facharbeiter aufweist. Der Landwirtschaftsbetrieb kann aber nur dann aufrecht erhalten werden, wenn sichergestellt ist, dass zumindest ein voll belast- und einsetzbarer Betriebsleiter sowie drei bis vier engagierte Mitarbeiter dafür zur Verfügung stehen. Die in Betracht kommenden Mitarbeiter sind in ihrer fachlichen Kompetenz nicht ausreichend in landwirtschaftlichen Fragen geschult bzw. ausgebildet.

b)     Für die Bedienung technischer Geräte fehlt den meisten Strafgefangenen sowohl die Ausbildung als auch die praktische Erfahrung. Daher werden schon jetzt zahlreiche Arbeiten mit landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten von Bediensteten der Außenstelle erledigt.

c)      Die fachliche Ausbildung von Insassen beim Betrieb von Maschinen und Geräten ist auch während der Haft nicht ausreichend möglich (z.B. selbständiges Bearbeiten eines Ackers mit dem Traktor) .

d)     Die Personalkosten stehen in keiner Relation zu den erwirtschaftbaren Erträgen, zumal die Preisgestaltung für landwirtschaftliche Güter immer stärker durch Großproduzenten bestimmt wird.

e)     In den Landwirtschaftsbetrieb wären in den nächsten ein bis zwei Jahren etwa 200.000 Euro für die Teilerneuerung des Maschinenparks zu investieren (Traktor, Miststreuer, Ackerfräse etc.). Den klimatischen Nachteilen im Gemüsebau könnte nur durch teure Anschaffungen von Folientunnels oder Glashäusern entgegen gewirkt werden.

f)        Das Engagement der Strafgefangenen für eine Beschäftigung in der Landwirtschaft ist niedrig, was sich negativ auf die Betreuung der Nutztiere und der Gemüsekulturen auswirkt. Angesichts der Arbeitsbedingungen, Staub-, Schmutz und Hitze bei Feld- sowie Geruchsbelästigung und Schmutz bei Stallarbeiten und der beruflichen Ausbildung und Berufsorientierung ist es nicht einfach, interessierte Mitarbeiter zu finden. Insassen haben nach ihrer Haftentlassung fast keine Möglichkeit, im Bereich der Landwirtschaft eine dauerhafte Beschäftigung zu erlangen.

g)     Das Vergrößern der Anbaufläche zur Erreichung einer entsprechenden Betriebsgröße durch Zupachtungen von Grundstücken würde eine weitere Kostensteigerung nach sich ziehen, wobei der Absatz der Produkte der jetzigen Palette nicht gewährleistet wäre.

Landwirtschaftliche Betriebe wurden seit den Fünfzigerjahren von der Strafvollzugsverwaltung mit dem Ziel betrieben, die Eigenversorgung der Justizanstalten mit landwirtschaftlichen Produkten zu einem günstigen Preis sicherzustellen und vorhandene landwirtschaftliche Hilfskräfte einzusetzen.

Heute, am Beginn des dritten Jahrtausends, haben sich Strafvollzug und Landwirtschaft jedoch grundlegend geändert. Einerseits sind die Preise für die landwirtschaftlichen Produkte deutlich gesunken, andererseits müssen auch im Strafvollzug immer stärker wirtschaftliche Überlegungen in den Vordergrund treten.

Auch die Beschäftigung von Strafgefangenen in landwirtschaftlichen Betrieben außerhalb der anstaltseigenen Landwirtschaft ist angesichts der fortschreitenden Technisierung und des Kostendrucks, der auf den privaten landwirtschaftlichen Betrieben lastet, eingestellt worden. Feldaufbereitung, Anbau, Düngung und Pflanzenschutz sowie die Ernte werden ausschließlich durch Maschinen erledigt. Stallarbeit fällt kaum an, weil die Fütterung automatisch verläuft und die Entmistung als Schwemmentmistung weitgehend ohne Personal durchgeführt werden kann. Durch den Kostendruck auf landwirtschaftliche Betriebe, die Betriebsstruktur (Familienbetrieb, Schweinemast, Schweinezucht, Futtermittelanbau) sowie die Mechanisierung über weite Teile des Betriebes werden kaum noch „Fremdarbeitskräfte“ eingesetzt.

Zu 6 und 7:

Es ist richtig, dass der Betriebsleiter des Landwirtschaftsbetriebes beabsichtigt, im Laufe des Jahres 2007 seine Versetzung in den Ruhestand zu bewirken. Der Arbeitsplatz des Betriebsleiters „Landwirtschaftsbetrieb Asten“ ist ein bewerteter Funktionsposten (E2a/FGr.1). Einer Betrauung eines anderen Mitarbeiters mit diesem Aufgabenbereich hat zunächst ein Ausschreibungsverfahren voranzugehen, so dass ein definitiver Nachfolger noch nicht bekannt sein kann.

Bei der Besetzung dieses Arbeitsplatzes wird in besonderem Maße auf Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Landwirtschaft, und zwar in den Bereichen Schweinemast, Getreide-, Feldgemüse- und Kartoffelbau sowie Hühnerhaltung, aber auch Dünge- und Pflanzenschutzmitteleinsatz, zu achten sein. Allein diese Voraussetzungen werden den Kreis der Bewerber voraussichtlich stark einschränken.

Zu 11 und 12:

In der Außenstelle Asten der Justizanstalt Linz werden seit dem Jahr 1999 ausschließlich Strafgefangene im gelockerten Strafvollzug angehalten. Der Beschäftigung bei Unternehmen im Sinne des § 126 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes (StVG) wird von der Leitung der Justizanstalt Linz großes Augenmerk geschenkt. Wenngleich sich die Beschäftigungssituation auch dort durch den wirtschaftlichen Wandel – niederschwellige Arbeiten werden in immer größerem Umfang in andere, vorwiegend osteuropäische Staaten ausgelagert – zunehmend anspannt, wird an diesem für die Anstaltswirtschaft der Justizanstalt Linz besonders wichtigen Beschäftigungszweig festgehalten und versucht, diesen weiter auszubauen. Zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung waren 20 sogenannte Freigänger bei zehn Unternehmen beschäftigt. Die Anstalt hat mit insgesamt 37 Unternehmen. Dienstverschaffungsverträge abgeschlossen. Zuletzt wurde ein Dienstverschaffungsvertrag mit der Fa. GSG Tankstellenbetriebs- u. Consulting GmbH, Linz, am 25. Juni 2006 abgeschlossen.

Die Bemühungen, sogenannte Freigänger (§ 126 Abs. 3 StVG) bei Unternehmen zu beschäftigen, werden im Wesentlichen durch den Kommandanten der Außenstelle Asten wahrgenommen. Auf Grund seiner Kontroll- und Aufsichtsfunktion (er überprüft die Anwesenheit der Freigänger an ihren Arbeitsplätzen) besucht er in unregelmäßigen Abständen jene Unternehmen, zu denen vertragliche Verbindung besteht.

Neben der Beschäftigung außerhalb der Anstalt wird auch versucht, Betriebe in die Außenstelle Asten zu bringen. An derartigen Aktivitäten wären aufzulisten:

Die Fa. Tyrolux Energie & Recycling GmbH konnte durch Überlassung eines Teiles der landwirtschaftlichen Gerätehalle und durch Abschluss eines Dienstverschaffungsvertrages (2004) an die Außenstelle Asten gebunden werden. Das Unternehmen hat in der Außenstelle eine Zweigniederlassung gegründet und sich verpflichtet, jährlich mindesten 8.000 Arbeitsstunden für Gefangenenarbeitskräfte abzurufen.

Die Fa. Lenze Antriebstechnik, Asten, konnte im Jahr 2005 gewonnen werden, Teile der Produktion, die sich zur Auslagerung eignen, an die Justizanstalt Linz, Außenstelle Asten, zu vergeben. Zur Zeit läuft diese Produktion als Produktionsspitzenabdeckung für das Unternehmen. Durch die Hereinnahme des Unternehmens sind bis zu vier Arbeitsplätze entstanden.

Die Donauwell GesmbH beschäftigt sich mit der Produktion von Verpackungen aus Pappe und Karton. Das Unternehmen konnte im Jahr 2005 dazu gewonnen werden, Aufträge, die sich zur Bearbeitung durch wenig Geübte eignen, an die Justizanstalt Linz, Außenstelle Asten, auszulagern. Vorwiegend werden Verpackungen für die Möbelindustrie (sog. Eckschoner für Tischplatten) bzw. die PC-Branche (Verpackungskartons für Laptops) hergestellt. Die Hereinnahme des Unternehmens bringt je nach Auftrag bis zu 10 Arbeitsplätze.

Derzeit ist die Justizanstalt Linz mit der Fa. C & A ModegesmbH in geschäftlichen Kontakt getreten, um Sortierarbeiten durch die Außenstelle Asten zu übernehmen. Die Anzahl der zu beschäftigenden Insassen soll sich zwischen 5 und 10 bewegen. Ein Vertragsabschluss ist im Zeitpunkt der Anfragebeantwortung noch nicht erfolgt.

Zu 13:

Der Aufwand für den Betrieb der Außenstelle Asten übersteigt den Warenwert der dort produzierten landwirtschaftlichen Erzeugnisse.

Zur Lebensmittelversorgung durch die Landwirtschaft darf erläuternd ausgeführt werden:

Das in der Landwirtschaft produzierte Schweinefleisch wird über die Justizanstalt Garsten einer weiteren Veredelung zugeführt. Die der Justizanstalt Linz verrechneten Preise können mit den am freien Markt üblichen Preisen für Produkte gleicher Art und Güte nicht mithalten. Auszugsweise darf dazu angeführt werden:

Produkt

Preis JA Garsten

Preis am freien Markt

Extrawurst

3,93 / kg

1,99/kg – AGM

Wiener                                  

4,39/ Kg

3,54/kg – AGM

Krakauer

6,36/kg

3,26/kg – AGM

Frankfurter 

6,17/kg

4,54/kg – AGM

Schweinefleisch Kl. I.

4,50/ kg

4,19/kg – AGM

Schweinefleisch Kl. II

3,90/kg

3,79/kg – AGM

 

Die durch die Landwirtschaft produzierten Gemüsesorten werden in Anlehnung an die Preise der freien Produzenten gestaltet. Die Produktion der Landwirtschaft der Außenstelle Asten hinkt auf Grund klimatischer und struktureller Nachteile (Fehlen von Glashäusern etc.) dem Angebot am freien Markt nach.

Im Jahr 2005 betrug der Aufwand an gekauften Lebensmittel 110.516,05 Euro. Ergänzte man diesen Aufwand um den Warenwert der bei sogenannten internen Lieferanten (das sind jene Lieferanten, die sich aus Betrieben anderer Anstalten, aber auch der Landwirtschaft der Außenstelle Asten zusammensetzen), so würden die Ausgaben für Lebensmittel insgesamt 204.850,30 Euro betragen haben. Der Wert der Lebensmittel, die direkt aus der Landwirtschaft Asten zur Verarbeitung in die anstaltseigenen Küchen geliefert wurden, belief sich im Jahr 2005 auf 8.421 Euro. Der Aufwand, der sich für den Betrieb der Landwirtschaft ergibt, betrug im Jahr 2005 54.817,11 Euro. Der für die Landwirtschaft angeführte Aufwand bezieht sich ausschließlich auf Sachaufwendungen, Personalkosten – das ist die weitaus teuerste Position - sind darin nicht enthalten.

Soweit in dieser Frage „die Versorgung der Angestellten der Außenstelle Asten“ angesprochen wird, ist dazu festzustellen, dass diese Versorgung über den Betrieb der Beamtenküche der Justizanstalt Linz geführt wird. Diese soziale Einrichtung wird vom Gewerkschaftlichen Betriebsausschuss der Justizanstalt Linz betrieben. Die Beschaffung von Lebensmitteln erfolgt ausschließlich bei externen Lieferanten. Die Landwirtschaft der Außenstelle Asten ist nicht Lieferant der Betriebsküche. Dementsprechend können Mehrkosten in diesem Bereich nicht anfallen.

Zu 14 und 15:

Am 17. Juni 2006 waren insgesamt 61 Insassen beschäftigt und zwar:

Arbeitgeber

Anzahl   Insassen

Fa. Schachinger, Spedition

4

Fa. Pumberger, Sägewerk

1

Fa. Fröschl, Autoaufber.

1

HBLA Wels

1

HUAK

1

Kaserne Ebelsberg

1

Fa. Lenze

3

Fa. Purkart, Metallgew.

1

Fa. Schuster, Metallgew.

3

Fa. Sonnenhaus

1

Landwirtschaft Asten

15

Justizanstalt (Hausarbeiter)

7

Wäscherei

1

Unternehmerbetrieb Lenze

2

U-Betrieb Donauwell

3

Anstaltsküche Asten

6

Justizanstalt Vw-Trakt

1

Ausbildung extern

1

U-Betrieb Tyrolux

4

Hauswerkstätte Asten

4

 

 

Erläuterung der Arbeiten:

Schachinger Spedition:

Lagerarbeiten und Kommissionierungsarbeiten 

Pumberger Sägewerk:

Sortierung von Sägegut

Fröschl:

Aufbereitung von Fahrzeugen aller Art

HBLA Wels:

Malerarbeiten

HUAK:

Rasenmähen, Strauchschnitt, einfache Hilfsarbeiten bei der Gebäudeerhaltung

Kaserne Ebelsberg:

Rasenmähen, Strauchschnitt, einfache Hilfsarbeiten bei der Gebäudeerhaltung

Lenze Antriebstechnik:

Montage von Halbfertigteilen (in der Außenstelle)

Lenze Antriebstechnik:

Montage von Halbfertigteilen, Lagerarbeiten (im Unternehmen)

Purkart:

Reinigen und Entgraten von Gussteilen

Schuster:

Reinigen und Entgraten von Gussteilen, Schleif- und Lager arbeiten

Sonnenhaus:

Bürohilfsarbeiten im Baugewerbe

Tyrolux:

Entsorgung von Leuchtstoffröhren – Zuführung von Röhren in die Entsorgungsmaschine, Transport v. Altstoffen

Hausarbeiten:

alle Arbeiten die zur Aufrechterhaltung des Betriebes der Außenstelle erforderlich sind, insbesondere Reinigungsarbeiten

Landwirtschaft Asten:

Betreuung der Nutztiere, Jäten von Unkraut, Einlagern von Stroh, Ernten von Gemüse, Reinigen geernteter Gemüsesorten

Küche:

Zubereitung der Kost für die Insassen der Außenstelle

Wäscher:

Reinigung von Wäschesorten der Insassen

Hauswerkstätte:

alle Arbeiten, die zur Aufrechterhaltung des Betriebes der Außenstelle erforderlich sind, insbesondere die Betreuung der haustechnischen Anlagen sowie die Pflege des nicht zur Landwirtschaft gehörenden Areals.

 

 

. August 2006

 

(Maga. Karin Gastinger)