4347/AB XXII. GP

Eingelangt am 10.08.2006
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-10.000/0024-I/PR3/2006     DVR:0000175

 

An den

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017   W i e n

Wien, am      August 2006

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4350/J-NR/2006 betreffend mangelnde Sicherheitseinrichtungen in der „Unterführung“ Wagram der HL-AG, die die Abgeordneten Heinzl und GenossInnen am 12. Juni 2006 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Frage 1:

Welche normativen Bestimmungen bezüglich sicherheitstechnischer Standards treffen über die für „Unterführungen“ im Eisenbahnrecht vorgesehenen Mindest-Sicherheitsstandards zu?

 

Antwort:

Der Pottenbrunnertunnel wurde dem Stand der Technik entsprechend auf Basis bspw. der HL-Richtlinien, der ÖBFV-RiLi A12, der EisbAV und der Ö-Normen Z 1000-1 und Z 1000-2 errichtet und ausgestattet. Ergänzend zu den mittels Bescheid baugenehmigten Maßnahmen wurden bei der Bauherstellung über Antrag der Österreichischen Bundesbahnen (Geschäftsbereich Netz) zusätzliche Maßnahmen wie beleuchteter Handlauf, lokale manuelle und fernbewirkte Aktivierungsmöglichkeit der Beleuchtung, Notruffernsprecher mit automatischer Standorterkennung an den Portalen und in Tunnelmitte, Stromentnahmestellen für
230 V bzw. 400 V in Abständen von ca. 100 m und die Möglichkeit zur fernbewirkten Freischaltung und Erdung der Tunneloberleitung installiert bzw. das Vorhalten manueller Erdungsvorrichtungen an den Portalen und die Lagerung von gleisgebundenen Transporthilfen (Rollpaletten) veranlasst.

 

Frage 2:

Wurden diese Standards in der Planung, dem Genehmigungsverfahren und der Bauausführung berücksichtigt?

 

 

Antwort:

Diese Standards wurden selbstverständlich in der Bauausführung berücksichtigt und bildeten damit auch die Grundlage für die Erteilung der Betriebsbewilligung.

 

Frage 3:

Entspricht die „Unterführung“ Wagram aus sicherheitstechnischer Sicht Ihrer Meinung zufolge dem Stand der Technik und dem Stand der Sicherheitstechnik?

 

Antwort:

Die Unterführung Wagram entspricht aus sicherheitstechnischer Sicht dem Stand der Technik und dem Stand der Sicherheitstechnik, zudem besteht hinsichtlich Ausstattung und Sicherheitsziel kein Unterschied zu vergleichbaren Neubautunneln mit einer Länge unter 1000 m.

 

Frage 4:

Wenn alle Standards berücksichtigt wurden: Halten Sie diese angesichts der Ergebnisse der Feuerwehrübung, in deren Verlauf aufgrund der Länge der „Unterführung“ und der daraus folgenden Dauer des Einsatzes im Gefahrenbereich einige Einsatzkräfte sogar ärztlich versorgt werden mussten, für ausreichend?

 

Antwort:

Der Standard des Pottenbrunnertunnels sowie aller vergleichbaren österreichischen Tunnel liegt deutlich über jenem vergleichbarer europäischer Tunnel. Die in dieser Frage angesprochene ärztliche Versorgung eines Feuerwehrmannes wurde notwendig, weil er beim Eindringen durch ein Wagenfenster mit angelegtem Atemschutz den Verbindungsschlauch zur Atemluftflasche knickte und dadurch die Versorgung mit Atemluft kurzzeitig unterbunden war.

 

Frage 5:

Die Errichtung des Tunnels Wagram wurde in einem aktuellen Rechnungshofbericht aufgrund von teilweise nicht gerechtfertigten Baukosten kritisiert. Warum wurde einerseits bei Sicherheitseinrichtungen dieses Bauwerks gespart wenn andererseits für offensichtlich ungerechtfertigte Aufwendungen Mittel vorhanden waren?

 

Antwort:

Die in der Anfrage angeführte Rechnungshofkritik ist nicht nachvollziehbar, vielmehr führt der Rechnungshof in seinem Bericht (Reihe Bund 2006/2) über die Prüfung der Vorhaben – Westbahn - Bauvorhaben Umfahrung Melk und Knoten Wagram – wie folgt aus:

 

„Der damaligen HL-AG ist es gelungen, die beiden Bauvorhaben Melk und Knoten Wagram im Wesentlichen innerhalb des geplanten Zeit- und Kostenrahmens zu realisieren.“

 

Weiters attestiert der Rechnungshof im vorgenannten Bericht, dass die HL-AG sehr gute organisatorische Voraussetzungen für die Abwicklung des gegenständlichen Bauvorhabens geschaffen hat.

 

Frage 6:

Sind Ihnen, Ihrem Ministerium und den zuständigen Organen der Aufsichtsbehörde die Ergebnisse der Übung bekannt?

 

Antwort:

Die Ergebnisse dieser Übung, die bereits im September 2004 stattfand, sind meinem Ressort selbstverständlich bekannt und dies wurde im übrigen auch in den - den Betriebsbewilligungsverfahren zugrunde liegenden - Unterlagen entsprechend dokumentiert.

 

Fragen 7 und 8:

Sind bereits Maßnahmen zur sicherheitstechnischen Nachrüstung des Tunnels Wagram, welcher derzeit als Unterführung eingestuft ist, in Planung oder bereits in Bauausführung?

 

Wenn dies nicht der Fall ist, welche Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Passagiere von Personenzügen in diesem Bereich und zur Gewährleistung praktikabler Rettungseinsätze im Unglücksfall werden Sie ergreifen?

 

Antwort:

Zum Zeitpunkt der Übung (September 2004) ausstehend gewesene Ausrüstungsmaßnahmen (z.B.: Ergänzung fehlender Rettungszeichen) wurden abgeschlossen, Erkenntnisse aus der Übung (z.B.: erweiterter Schulungsbedarf bei den ÖBB-Mitarbeitern bzw. den Feuerwehrkameraden) und Verbesserungen (z.B.: Lagerstelle der Rollpaletten) wurden umgesetzt und sind in den Unterlagen zur Betriebsbewilligung dokumentiert.

 

Aufgrund der Ausführungen zu den Fragepunkten 1 bis 5 ergibt sich, dass der Tunnel dem aktuellen Stand der Technik entspricht.

 

Alle erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen zum größtmöglichen Schutz aller Betroffenen sind umgesetzt.

 

Fragen 9 und 10:

Welche Mehrkosten beim Bau hätte die vorausschauende sicherheitstechnische Zusatzausrüstung verursacht, wenn der abgedeckte Teil um 5,01 Meter länger gewesen wäre und damit die Einstufung als Tunnel gegeben wäre (ohne die Baukosten für die Verlängerung des abgedeckten Teiles um die genannten 5,01 Meter)?

 

Welche Kosten wird die sicherheitstechnische Nachrüstung des Tunnels Wagram, welcher derzeit als „Unterführung“ eingestuft ist, verursachen?

 

Antwort:

Die „Unterführung“ Knoten Wagram wurde hinsichtlich Notbeleuchtung, Handlauf, Erdungsschalter zur Oberleitungsabschaltung, Löschleitung sowie Notruffernsprecher analog einem Tunnel ausgestattet. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass beim Bau der Unterführung Sicherheitseinrichtungen eingespart wurden.

 

Frage 11:

Wann gedenken Sie die Sicherheitsrichtlinie der EU umzusetzen und behördliche (!) Kontroll- und Überwachungsorgane einzusetzen?

 

Antwort:

Die Umsetzung erfolgt entsprechend den europarechtlichen Vorgaben unter Berücksichtigung des vorgegebenen Zeitrahmens.

 

Frage 12:

Wann wird der Bau der GZU St. Pölten (Streckenabschnitt zwischen Knoten Wagram und Knoten Rohr) in Angriff genommen?

 

Antwort:

Wie bereits in mehreren Anfragebeantwortungen dargelegt, reicht die Entscheidung auf Rückstellung der Güterzugumfahrung in das Jahr 2000 zurück. Ein dafür erstelltes externes Gutachten wies aus, dass bei Abdeckung der betrieblichen Kapazitäten im Bahnhof St. Pölten selbst, sowie im Einzugsbereich des Bahnhofes durch entsprechende Gleisumbaumaßnahmen die weitere Realisierung der GZU St. Pölten zurückgestellt werden kann, sodass die GZU erst in 10 bis 15 Jahren erforderlich ist. So wie auch in früheren parlamentarischen  Anfragebeantwortungen dargelegt, möchte ich neuerlich festhalten, dass, soferne im Zuge der Verkehrsentwicklung bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Notwendigkeit zur Realisierung der Güterzugumfahrung erkennbar wird, dieses Vorhaben im Rahmen der rollierenden Fortschreibung des Rahmenplanes entsprechend berücksichtigt wird, wobei nach heutigem Stand von Investitionskosten in der Höhe von rund 340 Mio. € auszugehen ist. Für den Bau der Güterzugumfahrung ist eine Zeit von ca. 6 Jahren zu veranschlagen.

 

Frage 13:

Wie hoch sind die zusätzlichen Kosten beim Bau des Bahnhofes St. Pölten sowie auf der Strecke Knoten Wagram – St. Pölten – Prinzersdorf – Knoten Rohr, die für Provisorien ausgegeben werden mussten und müssen, um den vollen Betrieb dieses Bahnhofes und dieser Strecke ohne die verkehrsentlastende GZU zu gewährleisten?

 

Antwort:

Die Knoten Rohr und Wagram sind fertig gestellt. Mehrkosten für allfällige Provisorien in diesen Bereichen sind nicht bekannt. Es verbleibt daher in weiterer Folge lediglich der Mittelteil der Güterzugumfahrung in einer späteren Umsetzungsphase. Es ist auch festzuhalten, dass der Umbau des Bahnhofes St. Pölten grundsätzlich zu einem späteren Zeitpunkt – nach Fertigstellung der GZU – möglich gewesen wäre, sodass bei der Bauablaufplanung sehr wohl eine verkehrsentlastende Wirkung der GZU berücksichtigt hätte werden können. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der vorgezogene Umbau des Bahnhofes St. Pölten nicht zuletzt auf das nachhaltige Drängen der Stadt St. Pölten und der Region zurückzuführen ist und naturgemäß zu Mehrkosten führt, die allerdings mangels eines realen Vergleichs mit anderen zeitlichen Ausbauszenarien kaum abschätzbar sind.

 

Frage 14:

Welche eisenbahnrechtlichen Genehmigungstatbestände aus dem Abschnitt Knoten Wagram – Bahnhof St. Pölten – Prinzersdorf – Knoten Rohr gehen von einer Verkehrsentlastung durch eine funktionsfähige GZU aus?

 

Antwort:

Sämtliche zwischen Knoten Wagram und Knoten Rohr genehmigten Projekte gehen von der Voraussetzung des Baues der GZU aus.

 

Mit freundlichen Grüßen