4351/AB XXII. GP

Eingelangt am 10.08.2006
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

 

 

 

 

 

 

An den                                                                                               Zl. LE.4.2.4/0045-I 3/2006

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 8. AUG. 2006

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl.parl.Anfr.d.Abg.z.NR Mag. Brigid Weinzinger,

Kolleginnen und Kollegen vom 13. Juni 2006, Nr. 4361/J,

betreffend Hochwasservorsorge Österreich

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen vom 13. Juni 2006, Nr. 4361/J, betreffend Hochwasservorsorge Österreich, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu Frage 1:

 

In der Pressekonferenz am 10.3.2006 wurde vom Bundesminister für Finanzen und vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft das zusätzliche Gesamtinvestitionsvolumen für den Hochwasserschutz in den Jahren 2006 bis 2016 von insgesamt rund 720 Mio. € bekannt gegeben.

 

Bei Kapitel 60 werden aus Mitteln des Katastrophenfonds im Jahr 2006 15 Mio. € (davon 13 Mio. € für Interessentengewässer und Bundesflüsse sowie 2 Mio. € für Wildbach- und Lawinenverbauung) und entsprechender Kofinanzierung von Ländern und Interessenten bereitgestellt, sodass sich ein Investitionsvolumen von rund 28 Mio. € über das laufende Bauprogramm 2006 hinaus ergibt.

In den Jahren 2007 bis 2016 werden bei Kapitel 60 aus Mitteln des Katastrophenfonds  37 Mio. € zusätzlich pro Jahr bereitgestellt, davon 32 Mio. € für Interessentengewässer und Bundesflüsse und 5 Mio. € für Wildbach- und Lawinenverbauung.

 

Unter der Voraussetzung der entsprechenden Kofinanzierung durch die Länder und Interessenten wird ein Investitionsvolumen von rund 69 Mio. € jährlich über das laufende Bauprogramm hinaus umgesetzt.

 

Zu Frage 2:

 

Das wesentlichste Kriterium für die Aufstockung der Bundesmittel war eine Prioritätenliste der Länder, in die Projekte, die in den nächsten zehn Jahren vordringlich umgesetzt werden sollten, aufgenommen wurden. Vor allem aber wurden die bestehenden Hochwassergefährdungen unter Berücksichtigung der letzten Hochwasserkatastrophen und die volkswirtschaftliche Bedeutung einbezogen.

 

Zu den Fragen 3 bis 5:

 

Die Prioritätenreihung liegt in erster Linie bei den Ländern und wird dort auch (aufgrund von Hochwasserereignissen, Verzögerungen bei Bewilligungsverfahren, etc.) laufend aktualisiert. Die veröffentlichte Aufstockung der Budgetmittel wurde daher auf Grundlage einer langfristigen Prioritätenliste der Länder errechnet. Generell sind Prioritätenreihungen von Schutzvorhaben jedoch dynamisch zu führen, da Hochwasserereignisse oder die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Interessenten immer wieder zu einer Verschiebung der Umsetzungspriorität führen.  Daher wäre eine bundesweite Prioritätenliste allenfalls eine Momentaufnahme.

 

Zu Frage 6:

 

Die Kompetenz des Bundes bei der Prioritätensetzung ist im Wasserbautenförderungsgesetz (WBFG) und in den Technischen Richtlinien (RIWA-T) geregelt. Die Erstellung von generellen Planungen, von integralen Konzepten (Gewässerbetreuungskonzepten, Regionalstudien) und Gefahrenzonenplanungen werden in der Regel durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) veranlasst. Die daraus resultierenden Detailprojekte werden in der Folge fachlich überprüft und, sofern sie mit der einzugsgebietsbezogenen Planung im Einklang sind und auch den sonstigen Anforderungen entsprechen genehmigt.

 

Zu Frage 7:

 

Ein Grundsatz für Hochwasserschutz in Österreich ist „passive Maßnahmen vor aktiven Maßnahmen“, d.h. zunächst Aktivierung bestehender Überflutungsräume (soweit verfügbar) und erst in weiterer Folge und ausschließlich zum Schutz von Siedlungsraum die Ergänzung durch technischen Hochwasserschutz.

 

Zu Frage 8:

 

Dazu liegen keine einheitlichen Daten für ganz Österreich vor.

 

Zu den Fragen 9 und 10:

 

Die Speisung der budgetären Bereitstellung der Bundesmittel für den Hochwasserschutz des BMLFUW erfolgte bis dato ausschließlich aus dem Katastrophenfonds. Die Finanzierungsquellen der Länder und Interessenten sind nicht im Kompetenzbereich des Bundes (BMLFUW). Zukünftig (ab 2007) ist die Speisung von Budgetmitteln auch aus der „Ländlichen Entwicklung“ vorgesehen. Der Anteil ist derzeit noch nicht abschätzbar, da das österreichische Programm für die Jahre 2007 bis 2013 noch durch die Kommission genehmigt werden muss.

 

Zu Frage 11:

 

Der österreichische Vorschlag für die Einbeziehung des Hochwasserschutzes in die Ländliche Entwicklung gründet sich auf die Verordnung (EG) Nr. 1698/2000 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Der Artikel 57 ermöglicht Investitionen im Zusammenhang mit der Erhaltung, Wiederherstellung und Verbesserung des natürlichen Erbes. Da die Verhandlungen über den österreichischen Vorschlag aus europarechtlichen Gründen zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht aufgenommen werden konnten und daher auch kein genehmigtes Programm vorliegen kann, ist eine Beantwortung des quantitativ orientierten Teiles der Fragestellung noch nicht möglich.

 

Zu Frage 12:

 

GEWÄSSERBETREUUNGSKONZEPTE

 

 

 

 

Titel

Gewässerstrecke

Länge (km)

Fertigstellung

 

 

 

 

Ach

Mühlheimer Ache samt Zuflüsse

100,0

2001

Alm

Mündung in die Traun bis Scharnstein

25,0

2004

Antiesen

Antiesen, gesamter Verlauf

50,0

in Bearbeitung

Bezauerbach

Mündung bis WLV

5,0

2004

Dornbirnerach, Fließgewässerinventar

Dornbirnerach, Oberlauf mit Zubringern

30,0

1992

Dornbirnerach/Schwarzach

Dornbirnerach mit Nebengewässern im Rheintal

40,0

in Bearbeitung

Drau, Oberlauf

Drau, Lienz bis Sachsenburg

60,0

1996

Fuschler Ache

Fuschler Ache, Gde. St. Lorenz (OÖ)

8,5

2000

Gail

Gail, Ursprung am Kartitscher Sattel bis Mündung in die Drau bei Villach

120,0

1996

Gailitz

Bilaterales GBK (Italien-Österreich;
7,6 km auf österr. Staatsgebiet)

22,6

2001

Glan

Glan, von Klagenfurt bis Feldkirchen

65,0

in Bearbeitung

Gurk

Gurk, Reichenau bis Mündung in die Drau

137,0

in Bearbeitung

Isel

Isel, Matrei bis Lienz

23,9

1990

Ill

Ill, gesamter Verlauf

50,0

in Bearbeitung

Kainach

Kainach, gesamter Verlauf

55,0

1999

Krems, OÖ

Krems, Inzersdorf bis Wartberg (OÖ)

9,8

1994

Krems, NÖ

Krems, gesamter Verlauf (NÖ)

20,0

1995

Kriechbach

Kriechbach, Gde. Regau (OÖ)

7,0

2000

Lafnitz

Lafnitz, Dobersdorf bis Heiligenkreuz

12,2

1992

Lavant

Lavamünd - Reichenfels

45,5

in Bearbeitung

Leitha Verbandsbereich I

Leitha Abschnitt 1, Gattendorf bis Staatsgrenze

15,0

1993

Leitha Verbandsbereich II

Leitha Abschnitt 2, D.Haslau bis Wasenbruck

47,0

1995

Leitha Verbandsbereich III

Leitha Abschnitt 3, Seibersdorf bis Ebenfurth

18,0

in Bearbeitung

Leitha Verbandsbereich IV

Leitha Abschnitt 4, Haderswörth bis Eggendorf

20,2

1994

Lammer

Golling bis Abtenau

20,0

in Bearbeitung

Liebochbach

Liebochbach, Ursprung bis Lieboch

23,0

1991

Mattig

Mattig einschl. Schwemmbach

60,0

2000

Möll

Möll, gesamter Verlauf

74,0

in Bearbeitung

Mur, Grenzstrecke

Mur-Grenzstrecke (mit Slowenien)

34,5

2000

Pulkau

Mündung in die Thaya bis Pulkau

32,0

2002

Raab, Burgenland

Raab, burgenländischer Abschnitt

12,0

2004

Raab, Steiermark

Raab, steirischer Abschnitt

32,0

2004

Obere Salzach

Salzach von Taxenbach bis Wald

56,0

1999

Salzach Grenzstrecke, wasserwirtschaftl. Rahmenuntersuchung (WRS)

Salzach, von Saalachmündung bis Inn

60,0

2002

Schwarzach (Defereggenbach)

Schwarzach von Seebachalm bis Isel

26,0

2000

Schwarzaubach

Schwarzaubach von Mündung bis km 22,2

22,2

1995

Strem, Oberlauf

Strem, Kemeten bis Bocksdorf

15,0

2003

Strem, Unterlauf

Strem, Rauchwart bis Luising

29,5

1996

Thaya

Thaya, Drosendorf bis Ursprung

40,0

1997

Tiebel

Tiebel, Teuchelb. bis Ossiacher See 

18,5

1999

Traisen, Unterlauf

Traisen, Wilhelmsburg bis Donau

35,5

1999

Traisen, Oberlauf

Traisen, Ursprung bis Wilhelmsburg

35,0

in Bearbeitung

Obere Traun

Traun in OÖ von Koppentraun bis Ebensee

46,0

2005

Ybbs Unterlauf

Ybbs von der Donau bis Amstetten

14,0

2000

Ybbs Mittellauf

Ybbs von Amstetten bis Kematen

16,0

in Bearbeitung

Zaya

Zaya von Gnadendorf bis Ebersdorf

25,0

2003

 

Zu Frage 13:

 

Aus den bestehenden und in Planung befindlichen Gewässerbetreuungskonzepten ist eine einheitliche Ermittlung des Retentionsraumpotentials nicht möglich.

 

 

Zu Frage 14:

 

Gefahrenzonenpläne des Flussbaues sind fachliche Unterlagen über die durch Überflutungen, Vermurungen und Rutschungen gefährdeten Gebiete sowie über jene Bereiche, die für Schutzmaßnahmen freizuhalten sind oder für die eine besondere Art der Bewirtschaftung erforderlich ist. Sie dienen als Grundlage für Alarmpläne sowie für Planungen, Projektierungen und Gutachten. Sie können im Rahmen von schutzwasserwirtschaftlichen Grundsatzkonzepten oder eigenständig erstellt werden.

 

Gefahrenzonenpläne stellen die Art und das Ausmaß der Gefahren bei Eintritt des Bemessungsereignisses unter Berücksichtigung der Geschiebe- und Wildholzführung dar. Als Bemessungsereignisse sind Hochwasserabflüsse mit einer 100-jährlichen Eintrittswahrscheinlichkeit zu verstehen. Hierbei werden Auswirkungen aus Gefahrenmomenten wie Flussverwerfungen, Ufer- und Dammbrüchen, Geschiebeeinstößen, Flächenerosionen und Erosionsrinnenbildungen, Rutschungen, Verklausungen, Wasserstauen, Grundeis- und Eisstoßbildungen, Qualmwasseraustritten usw. ersichtlich gemacht. Hochwassergefährdungen aus derartigen Gefahrenmomenten werden auch dann ausgewiesen, wenn sie nicht aus HQ100-Abflüssen entstehen, aber vergleichbare oder größere Auswirkungen haben. Darüber hinaus wird der Gefahrenbereich bei Überschreiten des Bemessungsereignisses bis HQ300 einschließlich des dadurch ausgelösten Versagens schutzwasserbaulicher Anlagen dargestellt.

 

Die Erkundung der Gefahrenursachen erfolgt unter Berücksichtigung der geologischen, hydrogeologischen, hydrologischen, meteorologischen, klimatischen und biologischen Verhältnisse sowie der landeskulturellen und der übrigen anthropologischen Einflüsse. Auf den jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse wird Bedacht genommen. Methodik und Genauigkeit werden in jedem Einzelfall nach den örtlichen Bedürfnissen festgelegt. Die Berücksichtung der Wirksamkeit baulicher Anlagen hat die Beurteilung des Standes der Technik zur Voraussetzung.

 


Zu Frage 15:

 

Im Falle der Änderung der Bearbeitungsgrundlagen oder ihrer Bewertung ist der Gefahrenzonenplan an die geänderten Verhältnisse anzupassen. Solche Änderungen können insbesondere sein: Geänderte Raumnutzung, durchgeführte wasserbauliche Maßnahmen sowie neue Ergebnisse der Erkundung des Naturraumes.

 

Die Veranlassung zur Durchführung eines Gefahrenzonenplanes erfolgt in der Regel auf Wunsch der Gemeinde und bei Bundesflüssen auf Veranlassung der Bundeswasserbauverwaltung.

 

Zu Frage 16:

 

Das Informationssystem HORA wurde auf neuesten hydrologischen Datengrundlagen erstellt.

Die Auswertung von Hochwasseranschlaglinien verschiedener Auftrittswahrscheinlichkeiten ist der Kartendarstellung von HORA zu entnehmen. Darüber hinaus gibt es noch umfangreiche fachliche Informationen unter der Internetadresse www.hochwasserrisiko.at.

 

Zu Frage 17:

 

Die hydrologischen Grundlagen sind bestehende Datenkollektive (Pegelaufzeichnungen etc.). Die Berücksichtigung des Klimawandels ist bei keinen Modellen möglich, da die Modelle derzeit keine regionalen bzw. lokalen Prognosen zulassen, die für die Gefahrenzonenplanung erforderlich wären, sondern nur sehr globale Aussagen beinhalten. Darüber hinaus ist aus den derzeitigen Modellen auch erkennbar, dass in einigen Teilen Österreichs die Niederschläge in den nächsten hundert Jahren deutlich abnehmen werden. 

 

Zu Frage 18:

 

Die Schäden aus den Ereignissen 2002 wurden Österreich weit mit etwa 3,1 Mrd. €, jene aus 2005 mit (derzeit) etwa 600 Mio. € geschätzt. Betreffend der Schadenshöhe des Marchhochwassers 2006 (derzeitige Schätzungen gehen von einem Schaden zwischen 50 – 100 Mio. € aus) und des Hochwassers im nördlichen Waldviertel liegen noch keine konkreten Daten vor.

 

 

 

 

Zu Frage 19:

 

Schadenspotentiale werden derzeit ausschließlich bei Projekten im Rahmen von Kosten-Nutzen-Untersuchungen durchgeführt. Für Landeshauptstädte liegen dem BMLFUW keine diesbezüglichen Untersuchungen vor, wobei Linz und Wien durch ihre Situierung an der Wasserstraße Donau in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie liegen.

 

Zu Frage 20:

 

Für Projekte ab einer bestimmten Förderhöhe besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Kosten-Nutzen-Untersuchung. Danach werden auch die Österreich weiten Prioritäten festgelegt. Für die im Rahmen der Bund-Länder-Einigung prioritären Schutzwasserbauprojekte wurde nicht für alle Projekte eine derartige Kosten-Nutzen-Untersuchung erstellt. Diese erfolgt in der Regel erst mit Detailprojekterstellung und unter Berücksichtigung einer entsprechenden Variantenuntersuchung.

 

 

Der Bundesminister: