4370/AB XXII. GP

Eingelangt am 14.08.2006
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Parlament

1017 Wien

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Brigid WEINZINGER, Freundinnen und Freunde haben am 19.6.2006 unter der Nummer 4385/J an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Bericht im Standard vom 12.6.2006 über die Anzeige einer Vergewaltigung“ gerichtet.

 

Zur gegenständlichen parlamentarischen Anfrage wird mitgeteilt, dass dieser Sachverhalt auch Gegenstand einer bei meinem Ressort anhängigen Volksanwaltschaftsbeschwerde ist. Die Erhebungen der Bundespolizeidirektion Wien zu den näheren Umständen sind noch nicht abgeschlossen, weshalb auf die konkreten Anschuldigungen gegen die einschreitende Beamtin insbesondere im Hinblick auf die widersprüchlichen Aussagen der Beamtin und der Betroffenen derzeit noch nicht eingegangen werden kann.

 

Die außerhalb dieser Erhebungen liegenden Fragen beantworte ich nach den mir vor-liegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Die Anwesenheit einer Vertrauensperson im Zuge einer Anzeigeerstattung wegen Vergewaltigung ist gemäß § 6 der Richtlinienverordnung auf Wunsch der Betroffenen möglich.

 

Zu Frage 2, 3 und 4:

Diese Fragen sind Gegenstand der angeführten Erhebungen.  

 

Zu Frage 5:

Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand ist keine Suspendierung vorgesehen.

 

Zu Frage 6:

Allfällige sonstige dienstrechtliche Maßnahmen hängen vom Ergebnis der Erhebungen ab.

 

Zu Frage 7:

Gemäß § 6 der Richtlinienverordnung ist die oder der Betroffene darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit der Beiziehung einer Vertrauensperson bei der Einvernahme besteht, es sei denn, dass dies auf Grund bestimmter Umstände die Aufgabenerfüllung gefährden würde. Gründe hierfür wären beispielsweise die aktive Behinderung der Befragung oder eine unverhältnismäßig lange Verzögerung der Einvernahme und einer damit verbundenen Vereitelung der Amtshandlung. 

Über die Anzahl der sehr selten angewendeten Maßnahme des Ausschlusses von Vertrauenspersonen bei einer Einvernahme kann keine Auskunft erteilt werden, da diesbezüglich keine separate Statistik geführt wird.

 

Zu Frage 8: 

Von Seiten des Bundesministeriums für Inneres werden keine Kosten vorgeschrieben. Inwieweit Krankenanstalten oder sonstige Institutionen Kosten vorschreiben ist mir nicht bekannt.

 

Zu Frage 9:

Nein.

 

Zu Frage 10:

Nach Aufnahme einer Niederschrift wird die betroffene Person aufgefordert sich diese durchzulesen und mit ihrer Unterschrift die Richtigkeit zu bestätigen. Verbesserungen können vorgenommen bzw. unrichtige Aussagen gestrichen werden.

Konkret wurden in der gegenständlichen Cause mehrfach handschriftliche Vermerke durch die Geschädigte vorgenommen.

 

Zu Frage 11:

Nach Beendigung der Sachverhaltsaufnahme wird den Geschädigten eine Broschüre betreffend die „psychosoziale und juristische Prozessbegleitung“ ausgehändigt. Selbstver-ständlich stehen die BeamtInnen für die Beantwortung von Fragen zu Verfügung.

 

 

Zu Frage 12:

Sowohl im Lehrplan der Grundausbildung (E2c) als auch in der berufsbegleitenden Fortbildung für Exekutivbedienstete wird auf diese Thematik besonderer Wert gelegt.

 

Für hauptamtliche Vortragende der Grundausbildung und der berufsbegleitenden Fortbildung werden verbindliche Lehrgänge mit universitärem Charakter abgehalten. Das Seminar „Opfer einer Straftat“ über den Umgang mit Opfern von Straftaten im Ausmaß von 40 Unterrichtseinheiten wird in Kooperation mit dem Verein „Weißer Ring“ und unter Einbindung von externen Experten durchgeführt. Das so vermittelte Wissen wird in den verschiedenen Unterrichtsfächern durch fächerübergreifende Behandlung dieser Materie vernetzt. Inhalt dieser Seminare, die unter der Leitung der Sicherheitsakademie bzw der Bildungszentren in den Ländern durchgeführt werden, sind: „der allgemeine Umgang mit Opfern, die rechtlichen Aufgaben und Verpflichtungen der Sicherheitsexekutive im Umgang mit Opfern, Gewalt in Beziehungen, Gewaltschutzgesetz, das Opfer im Strafprozess, der psychologische Umgang mit Opfern, die kriminalpolizeiliche Einvernahme von Opfern, die Wiedergutmachung und Opferentschädigung“.      

 

Zu Frage 13:

Vorträge von besonders geschulten Exekutivbediensteten des kriminalpolizeilichen Beratungsdienstes in Schulen behandeln dieses Thema (Schutz vor derartigen Miss-handlungen, Verhalten bei Anzeigen etc.) mit Jugendlichen in einer für diesen Adressaten-kreis speziell abgestellten Form. Die Einführung des Wiener „Grätzelpolizisten“, der den Kotakt zu den in seinem Rayon wohnenden Menschen intensiviert, ist eine weitere Maßnahme, die das Vertrauen zur Bevölkerung stärken soll und ev. vorhandene Vorurteile gegenüber der Polizei abzubauen bzw. zu beseitigen.

 

Die Regelung, dass Einvernahmen von Frauen, die Opfer von Misshandlungen durch männliche Täter wurden, grundsätzlich nur von Exekutivbeamtinnen vorgenommen werden und eine Vertrauensperson der Einvernahme beigezogen werden kann, dient primär der Überwindung von psychologischen Barrieren vor einer Anzeigeerstattung.

 

Im Falle von Verstößen gegen dienstrechtliche oder sonstige gesetzliche Vorschriften werden Exekutivbedienstete in diesen sensiblen Bereichen selbstverständlich gemäß den einschlägigen Bestimmungen rigoros zur Verantwortung gezogen.

 

 

 

Zu Frage 14 und 15:

Als Ressortleiterin bin ich ständig bestrebt das Vertrauen in den Rechtsstaat und den diesen garantierenden Einrichtungen zu erhalten und zu verbessern. Gerade in diesem sensiblen Bereich darf ich auf die umfassenden Maßnahmen im Aus- und Fortbildungsbereich ver-weisen.

 

Im Hinblick auf den beschrieben Sachverhalt wird nochmals darauf hingewiesen, dass das Erhebungsergebnis noch aussteht.