4381/AB XXII. GP
Eingelangt am 14.08.2006
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
GZ. BMF-310205/0061-I/4/2006
Herrn Präsidenten
des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrter Herr Präsident!
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4365/J vom 14. Juni 2006 der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen, betreffend Schäden für die österreichischen Steuerzahler und den Finanzplatz Österreich durch die Vorgehensweise der BAWAG und des ÖGB in Bezug auf Stiftungen, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Zu 1.:
Die überwiegende Anzahl der Gesellschaften und Sonderkonstruktionen wurde allein zum Zweck der Abwicklung der Sondergeschäfte sowie in weiterer Folge zur Verschleierung der angefallenen Verluste gegründet. Gelder wurden von einer Gesellschaft zur nächsten überwiesen und während die Ursprungsfirmen in der BAWAG Bilanz als potente und zahlungsfähige Kreditnehmer geführt worden sind, waren die an sie überwiesenen Gelder längst weitergeleitet und fehlte es daher an entsprechend werthaltigen Aktiva.
Zu 2.:
Die Rechtsformen in den zumeist als Off-Shore-Zentren einzustufenden Jurisdiktionen, in denen Sonderkonstruktionen errichtet worden sind, sind nicht mit den im österreichischen Gesellschaftsrecht definierten Gesellschaftsformen vergleichbar. Entsprechend dem derzeitigen Erkenntnisstand wurden neben Stiftungen auch GmbH-ähnliche Rechtsformen ("limited liability company“, abgekürzt Ltd) und Fonds verwendet. Eigentümerlose Rechtsformen, wie insbesondere Stiftungen, durchbrachen dabei den Konsolidierungskreis nach dem Bankwesengesetz und erleichterten die Verschleierung.
Zu 3.:
Eine aktuelle Auflistung der Sonderkonstruktionen – derzeit sind 120 bekannt – kann ich nicht geben, da die Prüfungen bei der BAWAG noch nicht abgeschlossen sind. Die Gesellschaften sind in sich verschachtelt bzw. wurden laufend Umgruppierungen vorgenommen, sodass auch aus diesem Grund eine aussagekräftige Darstellung nicht möglich ist. Es ist evident, dass genau dies das Ziel der Gründung der Vielzahl von Sonderkonstruktionen gewesen ist.
Zu 4.:
Derzeit finden neben der umfassenden Prüfung durch FMA und OeNB auch Erhebungen der Staatsanwaltschaft statt. Gemeinsames Ziel aller Prüfungen ist die lückenlose Aufklärung des gesamten Sachverhaltes und damit auch dieser Frage. Jedenfalls unbestritten sind die Stiftungen des ÖGB in Liechtenstein. Ich ersuche um Verständnis dafür, dass dies trotz der kooperativen Haltung der jetzigen BAWAG P.S.K. Führung aufgrund der bewussten und vorsätzlichen Verschleierungstaktik in der Vergangenheit, noch einen geraumen Zeitraum in Anspruch nehmen wird.
Zu 5.:
Ob der Steuerzahler durch steuerunehrliches Verhalten in diesen Sonderkonstruktionen geschädigt wurde, ist ebenfalls Gegenstand von Prüfungen. Aufgrund der Verpflichtung zur abgabenrechtlichen Geheimhaltung (§48 a BAO) kann ich dazu aber keine konkreten Angaben machen.
Eine Belastung des österreichischen Steuerzahlers durch die Sonderkonstruktionen unter Bedachtnahme auf die Haftung nach dem BAWAG P.S.K.-Sicherungsgesetzes in der Zukunft ist insoweit ausgeschlossen, als Ansprüche in- oder ausländischer Gemeinschuldner und Ansprüche aus dem Titel Schadenersatz gegen die BAWAG von der Haftung des Bundes nicht umschlossen sind.
Zu 6.:
Der BAWAG-Skandal war dem österreichischen Finanzplatz auf Grund seines weltweiten medialen Echos zweifellos nicht förderlich. Durch das rasche und entschlossene Handeln der Bundesregierung und die Stabilisierung der BAWAG P.S.K. konnte jedoch nachhaltiger Schaden erfolgreich abgewendet werden.
Mit freundlichen Grüßen