4415/AB XXII. GP
Eingelangt am 22.08.2006
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möglich.
BM für Justiz
Anfragebeantwortung
DIE BUNDESMINISTERIN
FÜR JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0035-Pr 1/2006
An den
Herrn Präsidenten des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 4412/J-NR/2006
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Illegales Glückspiel (Glücksspielangebote in Österreich) – Vollziehung des Glückspielgesetzes“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Die der Beantwortung zu Grunde liegenden Berichte der staatsanwaltschaftlichen Behörden beruhen auf - vom Bundesrechenzentrum zur Verfügung gestellten - Registerdaten. Die für die Beantwortung einzelner Fragen erforderliche manuelle Durchsicht sämtlicher Register und Verfahrensakten hätte bei den staatsanwaltschaftlichen Behörden einen unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand ausgelöst, weshalb ich um Verständnis ersuche, dass davon Abstand genommen werden musste. Es konnte daher nicht in allen wegen § 168 StGB angezeigten Fällen geklärt werden, ob sich der zu Grunde liegende Sachverhalt auf Kartencasinos und/oder Internetcasinos bezogen hat. Zudem sind Mehrfachzählungen von Anzeigen auf Grund von Verfahrensabtretungen bzw -rückabtretungen zwischen den Anklagebehörden nicht auszuschließen. In einigen Fällen legten die Staatsanwaltschaften ihren Antworten unterschiedliche Prämissen zu Grunde, wodurch es zu Abweichungen kommen konnte.
Zu 1:
Der Stand aktueller Verfahren auf Grund von Anzeigen gegen Verantwortliche von Karten- bzw. Internetcasinos gemäß § 168 StGB ergibt sich aus der nachstehenden Zusammenfassung:
|
Behörde |
Anzeigen |
Stand des Verfahrens |
|
StA Wien |
3 |
In einem Verfahren wurde die Anzeige erst kürzlich erstattet und sind Vortagebücher beizuschaffen; das zweite Verfahren befindet sich im Stadium gerichtlicher Vorerhebungen; das dritte Verfahren ist seit 2001 im Stadium der Hauptverhandlung und verzögert sich durch die Einholung mehrerer Gutachten. |
|
StA St. Pölten |
2 |
In einem Verfahren sind die gerichtlichen Vorerhebungen noch nicht abgeschlossen; in gerichtsanhängigen Verfahren wurde die Hauptverhandlung hinsichtl. eines Beschuldigten zur Durchführung diversioneller Maßnahmen vertagt. |
|
StA Korneuburg |
0 |
- |
|
StA Krems/Donau |
0 |
- |
|
StA Wr. Neustadt |
0 |
- |
|
StA Eisenstadt |
0 |
- |
|
StA Graz |
0 |
- |
|
StA Klagenfurt |
1 |
In diesem Verfahren sind die gerichtlichen Vorerhebungen noch nicht abgeschlossen. |
|
StA Leoben |
0 |
- |
|
StA Linz |
1 |
Das Verfahren befindet sich im Stadium der Hauptverhandlung, es wurde nunmehr ein Sachverständiger bestellt. |
|
StA Salzburg |
0 |
- |
|
StA Steyr |
0 |
- |
|
StA Wels |
0 |
- |
|
StA Ried/Innkreis |
1 |
Ein Antrag auf Bestrafung wurde bereits eingebracht. Zwischenzeitlich wurde ein Gutachten eingeholt und der Akt wegen einer Beschwerde des Beschuldigten dem Gerichtshof vorgelegt. |
|
StA Innsbruck |
2 |
Ein Verfahren wurde wegen unbekannten Aufenthaltes des Verdächtigen gemäß § 452 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt; im zweiten Verfahren wird der Ausgang eines gegen den Verdächtigen anhängigen Verfahrens abgewartet. |
|
StA Feldkirch |
1 |
Ein Rechtsmittelverfahren ist anhängig. |
Zu 2:
Die Darstellung enthält die ermittelten Anzeigen gemäß § 168 StGB gegen Verantwortliche von Karten- bzw. Internetcasinos im Jahr 2005, die anzeigenden Behörden und die damit befassten Staatsanwaltschaften :
|
Behörde |
Anzeigen |
Anzeigeerstattung durch: |
|
StA Wien |
3/5* |
teils Private, teils Abt III-5 des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) |
|
StA St. Pölten |
4 |
BMF, Amt der NÖ Landesregierung, BPD St. Pölten, Polizeiinspektion (PI) Amstetten |
|
StA Korneuburg |
0 |
- |
|
StA Krems/Donau |
1 |
Gendarmerieposten (GP) Horn |
|
StA Wr. Neustadt |
0 |
- |
|
StA Eisenstadt |
0 |
- |
|
StA Graz |
1 |
BMF |
|
StA Klagenfurt |
1 |
Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau bzw die zuständige PI sowie im Nachhang das BMF |
|
StA Leoben |
1 |
Abt III-5 BMF |
|
StA Linz |
1 |
Private |
|
StA Salzburg |
1 |
PI |
|
StA Steyr |
0 |
- |
|
StA Wels |
9 |
BMF, PI, Bezirkshauptmannschaft, Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte |
|
StA Ried/Innkreis |
3 |
BMF, Bezirkshauptmannschaft |
|
StA Innsbruck |
2 |
Private, PI Schärding |
|
StA Feldkirch |
1/3* |
Polizeidienststellen |
* Kartencasino/Internetcasino
Zu 3 und 5:
Unter „Einstellungserklärungen“ (Frage 5) werden in der Antwort Erklärungen gemäß § 90 Abs. 1 und § 412 StPO verstanden. Die Ergebnisse der Ermittlungen (inklusive der „Einstellungserklärungen“) auf Grund von Anzeigen gemäß § 168 StGB ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle:
|
Behörde |
Fälle |
Ergebnisse der Ermittlungen: |
|
StA Wien |
5 |
Soweit die Ermittlungen bereits abgeschlossen sind ergaben sie, dass in einem Fall der Tatbestand wegen zu geringer Einsätze nicht erfüllt war und in einem anderen Fall (welcher 2 Anzeigen betrifft) die österreichische Gerichtsbarkeit fehlt. In diesen Fällen erfolgte daher eine Zurücklegung der Anzeige gemäß § 90 Abs. 1 StPO. |
|
StA St. Pölten |
0 |
- |
|
StA Korneuburg |
0 |
- |
|
StA Krems/Donau |
1 |
Es wurde Strafantrag erhoben. |
|
StA Wr. Neustadt |
0 |
- |
|
StA Eisenstadt |
0 |
- |
|
StA Graz |
1 |
Die Anzeige wurde (im Jahr 2006) gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt. |
|
StA Klagenfurt |
1 |
Die Erhebungen sind noch nicht abgeschlossen. |
|
StA Leoben |
1 |
Der objektive Tatbestand war aufgrund des eingeholten Gutachtens nicht gegeben, die Anzeige wurde daher gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt. |
|
StA Linz |
1 |
Abtretung an die Staatsanwaltschaft Wien |
|
StA Salzburg |
1 |
Es wurde Strafantrag erhoben. |
|
StA Steyr |
0 |
- |
|
StA Wels |
3 |
Die Anzeigen wurden jeweils gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt. |
|
StA Ried/Innkreis |
3 |
Zwei Anzeigen wurde gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt, in einem Fall wurde Strafantrag erhoben. |
|
StA Innsbruck |
1 |
Das Verfahren wurde gemäß § 412 StPO vorläufig eingestellt, weil der Täter unbekannten Aufenthalts ist. |
|
StA Feldkirch |
1 |
Es wurde Strafantrag erhoben. |
Zu 4:
Diese Darstellung enthält ausschließlich Anzeigenzurücklegungen, die ohne weitere Erhebungen erfolgten.
|
Behörde |
Fälle |
Begründung der Zurücklegung: |
|
StA St. Pölten |
1 |
Das strafbare Verhalten war mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht nachweisbar |
|
StA Wels |
4 |
Der Tatbestand war nicht erweislich |
|
StA Ried/Innkreis |
2 |
Der Tatbestand war nicht erweislich |
Zu 6:
Beim Bezirksgericht St. Pölten wurden zwei Strafverfahren – zumindest teilweise – diversionell erledigt.
Zu 7:
Aufgrund einer Anzeige wurde jeweils beim Landesgericht Krems/Donau, bei den Bezirksgerichten Linz, Neumarkt und Bregenz eine Hauptverhandlung durchgeführt. Bei den Bezirksgerichten St. Pölten und Feldkirch wurden aufgrund zweier Anzeigen jeweils zwei Hauptverhandlungen durchgeführt.
Zu 8:
Vier der unter Punkt 7 angeführten Verfahren (je eines beim Landesgericht Krems/Donau sowie den Bezirksgerichten St. Pölten, Neumarkt und Bregenz) endeten mit einer Verurteilung zu einer unbedingten Geldstrafe. Insgesamt wurden sieben Personen verurteilt.
Zu 9:
In drei Verfahren wurden 2005 vier Personen in Ansehung des angefragten Deliktes freigesprochen. Die Freisprüche erfolgten jeweils aus Beweisgründen.
Zu 10:
Sieben Anzeigen wurden aus den verschiedensten Gründen (zB.: laufende Vorerhebungen, unbekannter Aufenthalt den Beschuldigten, Rechtsmittelverfahren) noch nicht erledigt.
Zu 11:
Die Darstellung enthält die Anzeigen gegen Gastronomen, Spielhallenbetreiber und Automateneigentümer sowie -pächter im Jahr 2005, die anzeigenden Behörden und die damit befassten Staatsanwaltschaften:
|
Behörde |
Anzeigen |
Anzeigeerstattung durch: |
|
StA Wien |
0 |
- |
|
StA St. Pölten |
0 |
- |
|
StA Korneuburg |
0 |
- |
|
StA Krems/Donau |
0 |
- |
|
StA Wr. Neustadt |
6 |
PI Neunkirchen |
|
StA Eisenstadt |
23 |
PI, Bezirkshauptmannschaft |
|
StA Graz |
0 |
- |
|
StA Klagenfurt |
2 |
Amt der Kärntner Landesregierung |
|
StA Leoben |
0 |
- |
|
StA Linz |
1 |
Bezirkshauptmannschaft Linz-Land |
|
StA Salzburg |
5 |
Amt der Salzburger Landesregierung, SPK Salzburg, GPK Taxenbach, GPK Schwarzach i. Pg., GPK Kaprun |
|
StA Steyr |
0 |
- |
|
StA Wels |
1 |
BMF |
|
StA Ried/Innkreis |
6 |
Bezirkshauptmannschaft |
|
StA Innsbruck |
14 |
BPD Innsbruck, PI St. Johann i.T., PI Fulpmes , PI Mutters, PI Hall i.T., PI Söll, PI Erpfendorf und PI Kirchberg (in diesem Fall auch durch die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel) |
|
StA Feldkirch |
4 |
Polizeidienststellen |
Zu 12 und 14:
Anzeigen gegen Gastronomen, Spielhallenbetreiber und Automateneigentümer sowie -pächter im Jahr 2005: Soweit aufgrund der Ergebnisse der Ermittlungen Erklärungen gemäß § 90 Abs. 1 bzw. § 412 StPO abgegeben wurden, handelt es sich um „Einstellungserklärungen“ im Sinne der Frage 14.
|
Behörde |
Anzeigen |
Ergebnisse der Ermittlungen: |
|
StA Wien |
0 |
- |
|
StA St. Pölten |
0 |
- |
|
StA Korneuburg |
0 |
- |
|
StA Krems/Donau |
0 |
- |
|
StA Wr. Neustadt |
0 |
- |
|
StA Eisenstadt |
4 |
Die Anzeigen wurden jeweils gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt. |
|
StA Graz |
0 |
- |
|
StA Klagenfurt
|
2 |
Eine Anzeige wurde gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt, im zweiten Fall wurde das Verfahren gemäß § 412 StPO vorläufig eingestellt. |
|
StA Leoben |
0 |
- |
|
StA Linz |
2 |
Die Verfahren wurden jeweils an andere Staatsanwaltschaften abgetreten. |
|
StA Salzburg |
3 |
Eine Anzeige wurde gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt und in den beiden anderen Fällen Strafantrag erhoben. |
|
StA Steyr |
0 |
- |
|
StA Wels |
1 |
Die Anzeige wurde gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt. |
|
StA Ried/Innkreis |
6 |
Vier Anzeigen wurden gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt, in den beiden anderen Fällen wurde Strafantrag erhoben. |
|
StA Innsbruck |
1 |
Die Anzeige wurde gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt. |
|
StA Feldkirch |
1 |
Es wurde Strafantrag erhoben. |
Zu 13:
Diese Darstellung betrifft ausschließlich Anzeigenzurücklegungen, die ohne weitere Erhebungen erfolgten.
|
Behörde |
Anzeigen |
Begründung der Zurücklegung: |
|
StA Wr. Neustadt |
4 |
Der objektive Tatbestand lag nicht vor. |
|
StA Eisenstadt |
5 |
Der Tatbestand war nicht erfüllt bzw. nicht erweislich. |
|
StA Klagenfurt
|
2 |
1) Da die unbekannten Täter nicht ausgeforscht werden konnten, erfolgte die vorläufige Einstellung gemäß § 412 StPO. 2) Der UVS für Kärnten hatte im Verwaltungsverfahren rechtskräftig festgestellt, dass es sich bei dem angezeigten Spiel um ein Geschicklichkeitsspiel und nicht um ein Glückspiel handelte. |
|
StA Salzburg |
2 |
In einem Fall lag ein Verwaltungsdelikt vor; im zweiten Fall erfolgte die Zurücklegung der Anzeige im Hinblick auf § 34 Abs. 2 StPO. |
|
StA Ried/Innkreis |
2 |
Es lagen keine Glückspielautomaten vor bzw. konnte kein Schuldbeweis erbracht werden. |
|
StA Innsbruck |
9 |
Der Tatbestand war nicht beweisbar. |
|
StA Feldkirch |
1 |
Das Tatbild war nicht erfüllt (zu geringer Spieleinsatz). |
Zu 15:
Eine Anzeige wurde durch die Staatsanwaltschaft Innsbruck gemäß § 90c StPO diversionell erledigt.
Zu 16:
Die Tabelle enthält die aufgrund dieser Anzeigen durchgeführten Hauptverhandlungen (HV) und die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften.
|
Ankläger |
HV |
Strafgericht |
|
StA Wien |
0 |
- |
|
StA St. Pölten |
0 |
- |
|
StA Korneuburg |
0 |
- |
|
StA Krems/Donau |
0 |
- |
|
StA Wr. Neustadt |
0 |
- |
|
StA Eisenstadt |
10 |
bei den Bezirksgerichten Eisenstadt (1x), Neusiedl a. See (7x) und Oberwart (2x) |
|
StA Graz |
0 |
- |
|
StA Klagenfurt |
0 |
- |
|
StA Leoben |
0 |
- |
|
StA Salzburg |
2 |
Bezirksgericht St. Johann und Zell a. See |
|
StA Steyr |
0 |
- |
|
StA Wels |
0 |
- |
|
StA Ried/Innkreis |
0 |
- |
|
StA Innsbruck |
3 |
Bezirksgericht Hall. i.T., Kitzbühel und Innsbruck |
|
StA Feldkirch |
3 |
Bezirksgericht Feldkirch (2x), Bezirksgericht Bregenz |
Zu 17:
In 13 Verfahren wurden 16 Personen verurteilt. Dabei wurden zwei bedingt nachgesehene Freiheitsstrafen und 14 Geldstrafen (davon drei bedingt nachgesehen) verhängt.
Zu 18:
In sechs Verfahren wurden acht Personen freigesprochen. Die Freisprüche erfolgten aus Beweisgründen.
Zu 19:
Da einigen Behörden nur Daten für das Jahr 2005 zur Verfügung standen, konnten möglicherweise nicht alle Verurteilungen des Jahres 2004 erfasst werden. Die nachfolgende Aufstellung erfolgt nach Landesgerichtssprengeln:
|
Landesgerichtssprengel |
rechtskräftige Verurteilungen |
noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Verfahren |
|
LGSt Wien |
0 |
1 (2000) |
|
Landesgericht Eisenstadt |
8 (2004) / 9 (2005) |
0 |
|
Landesgericht Salzburg |
2 |
1 |
|
Landesgericht Ried/Innkreis |
0 |
2 |
|
Landesgericht Innsbruck |
3 |
0 |
|
Landesgericht Feldkirch |
0 |
1 |
Ob und welche Strafanzeigen im Einzelnen auf den „Aktionstag der Finanz“ zurückgingen, konnten die Staatsanwaltschaften nicht mehr mit vertretbarem Aufwand ermitteln.
Zu 20 und 21:
Eine Einziehung und Verwertung ist nach § 408 Abs. 2 StPO grundsätzlich möglich ist. Ob und wann diese Maßnahmen im Einzelfall angewendet wurden, konnte mit vertretbarem Aufwand nicht mehr ermittelt werden.
Zu 22:
Grundsätzlich fällt die strafrechtliche Beurteilung konkreter Sachverhalte in die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaften bzw. der unabhängigen Gerichte, deren Ansicht ich nicht präjudizieren will. Aus den bloßen Aussagen „In 15 Sekunden sind 10 Euro verspielt“ oder „Bis zu einem Einsatz von 4,50 € bewegt sich absolut nichts am glitzernden Apparat“ lässt sich eine verlässliche und seriöse Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit gemäß § 168 StGB nicht ableiten.
Was die Frage anlangt, ob die wiedergegebenen Einsätze als „geringer Betrag“ im Sinne des § 168 Abs. 1 StGB anzusehen sind, so bestehen dazu zwischen Lehre und Rechtsprechung gewisse Auffassungsunterschiede. Nach herrschender Meinung ist bei Spielen, bei denen bereits ein Spielvorgang über Gewinn und Verlust entscheidet (z.B. üblicherweise bei einem Glücksspielautomaten) der Einzeleinsatz als Beurteilungsmaßstab heranzuziehen. Während die Rechtsprechung den Einzeleinsatz von 10 S (0,73 Euro) als geringfügig betrachtet, wird im Schrifttum auch eine deutliche Überschreitung dieses Wertes noch als vertretbar angesehen.
Zu 23:
Die Auffassung ist – in dieser Allgemeinheit und jedenfalls für den Anwendungsbereich des gerichtlichen Strafrechts – nicht zutreffend. Gemäß § 168 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer ein Glücksspiel – also ein Spiel, das ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist, oder ein ausdrücklich verbotenes Glücksspiel – veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spiels veranstaltete Zusammenkunft fördert, um sich oder einem anderen daraus einen Vermögensvorteil zu verschaffen.
Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung gilt als Veranstalter eines Glücksspiels derjenige, der einem bestimmten oder unbestimmten Kreis von Interessenten Gelegenheit zur Beteiligung am Spiel gibt. Entscheidend ist daher das Verschaffen der Spielgelegenheit für ein Publikum. Dies kann beispielsweise auch durch das organisierte Zusammenwirken mehrerer Veranstalter geschehen, wenn der Automatenaufsteller (Eigentümer oder Pächter der Geräte) und ein Gastwirt, der die Spielgewinne durch Gasthausleistungen abgilt, zusammenwirken. In diesem Fall wäre auch die Strafbarkeit des Automateneigentümers als Veranstalter eines Glücksspiels im Sinne des § 168 Abs. 1 StGB zu prüfen.
Ein Glücksspiel fördert, wer ein bevorstehendes oder schon im Gange befindliches Glücksspiel unterstützt; d.h. einen physischen oder psychischen Beitrag zum Spiel leistet. Üblicherweise leistet man eine solche Förderung eines Glücksspiels durch Bereitstellen eines Spielgerätes wie Karten oder auch Glücksspielautomaten. Stellt der Eigentümer oder Pächter eines Glücksspielautomaten einem Gastwirt oder Club einen solchen Apparat zur Verfügung, so kann darin eine Förderung der zur Abhaltung eines Glückspiels veranstalteten Zusammenkunft im Sinne des § 168 Abs. 1 StGB erblickt werden.
Zu 24:
Ich gehe davon aus, dass sich Staatsanwaltschaften bei der Beurteilung der Strafbarkeit gemäß § 168 StGB von herrschender Lehre und Rechtsprechung leiten lassen. Zur Unterscheidung zwischen einem Glücksspiel und einem straffreien Geschicklichkeitsspiel kommt es danach darauf an, ob die abstrakte Steuerbarkeit kausaler Gegebenheiten eine rationale Gewinnerwartung begründen kann. Bei dieser Beurteilung ist auf die durchschnittlichen Fähigkeiten der zur Teilnahme am Spiel zugelassenen Personen abzustellen (vgl. Kirchbacher/Presslauer, WK-StGB² § 168 Rz 4). Ob nun bei einem Spiel überwiegend persönliche Eigenschaften wie Geschick, geistige Fähigkeiten und Kenntnisse, körperliche Kraft und Ausdauer udgl. der am Spiel beteiligten Teilnehmer oder vorwiegend der Zufall den Spielausgang bestimmen, muss stets am konkreten Einzelfall geprüft werden. Häufig kann diese schwierige Frage nur durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden. Überwiegt bei einem Spiel die Geschicklichkeitskomponente, so ist der Tatbestand des § 168 StGB nicht erfüllt.
Zu 25:
Ja. Die Abschöpfung der Bereicherung nach § 20 StGB betrifft Vermögensvorteile, die durch eine mit Strafe bedrohte Handlung, also tatbestandsmäßiges und rechtswidriges (auch nicht schuldhaftes) Verhalten erlangt oder für deren Begehung empfangen wurden. Da die Abschöpfung der Bereicherung kein Verschulden voraussetzt und deshalb keinen Strafcharakter hat, wirkt die Abschöpfung gegen jeden, der unmittelbar bereichert worden ist.
Zu 26 bis 29:
Selbstverständlich wird die derzeitige Entwicklung im Bereich des illegalen Glücksspiels vom Bundesministerium für Justiz beobachtet, weshalb auch – im Rahmen der interministeriellen Arbeitsgruppe – analysiert wird, warum Anzeigen nach § 168 StGB zurückgelegt werden bzw. Freisprüche ergehen. Von den Ergebnissen dieser Evaluierung, die derzeit noch nicht abgeschlossen ist, wird das weitere Vorgehen abhängen. Das Anliegen der Mitarbeiter meines Ressorts in dieser Arbeitsgruppe bestand eben darin, erst auf Grund einer Analyse der Einstellungs- bzw. Freispruchgründe gegebenenfalls Änderungen des Tatbestandes vorzuschlagen.
Der von o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred Burgstaller in der Richterzeitung 2004, Seite 214 bis 225 publizierte Aufsatz zum Thema „Grundfragen des Glücksspielstrafrechts“ ist eine wichtige Grundlage für eine allfällige Novellierung des § 168 StGB, lässt jedoch keine unmittelbare Notwendigkeit zur Ergreifung von legislativen Maßnahmen erkennen. Ich werde daher nach Vorliegen eines Schlussberichts der Arbeitsgruppe die Angemessenheit des Strafrahmens beurteilen.
Ergänzend weise ich darauf hin, dass § 168 StGB mit den Betrugstatbeständen der §§ 146 ff StGB echt konkurrieren kann, nämlich dann, wenn durch Manipulationen (z.B. Manipulationen an einem Glücksspielautomaten, gezinkte Karten udgl.) der Ablauf des Spiels beeinträchtigt wird. Im Fall eines solchen betrügerischen Gewinnspiels – mit entsprechenden Vermögensschäden – sind die qualifizierten (höheren) Betrugsstrafdrohungen heranzuziehen.
Inwieweit eine Änderung des Glücksspielgesetzes eine Verfolgung des illegalen Glücksspiels effizienter gestalten könnte, kann ich mangels Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz (vgl. § 60 GSpG) zur Vollziehung dieses Gesetzes nicht beantworten.
Zu 30 und 31:
Bei diesen vom Bundesministerium für Finanzen geschilderten Hunderennen („Greyhounds-Hunderennen“) wäre – soweit anhand der vorliegenden Angaben erkennbar – echte Konkurrenz der Tatbestände des § 168 StGB und des Betruges gemäß §§ 146 f StGB zu prüfen.
Zu 32 bis 34:
Mangels Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz für den Vollzug des Glücksspielgesetzes bzw. weil Regelungen über die gewerbsmäßige Vermittlung und den Abschluss von Wetten aufgrund sportlicher Ereignisse in die Regelungskompetenz der Länder fallen, kann ich zu diesen Fragen nicht Stellung nehmen.
Zu 35 und 36:
Die im Rechtsgutachten von Univ.-Prof. Dr. Herbert Wegscheider, Univ.-Ass. Dr. Oliver Plöckinger und Dr. Franz Leidenmühler zur Frage der Strafbarkeit des Anbietens von Glücksspielen im Internet vertretenen Meinungen stehen grundsätzlich nicht im Widerspruch zu vom Bundesministerium für Justiz vertretenen Auffassungen.
Zu 37:
Das Bundesministerium für Justiz ist für allfällige gesetzliche Regelungen in diesem Bereich nicht zuständig. Deren Vorbereitung obliegt vielmehr dem Bundesminister für Finanzen oder den zuständigen Ämtern der Landesregierung, denen ich nicht vorgreifen kann und will.
Zu 38:
Grundsätzlich ändert die zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs nichts an dem Umstand, dass der Glücksspielcharakter eines Spieles stets im Einzelfall zu prüfen ist. Ich werde den Ergebnissen der Arbeitsgruppe nicht vorgreifen, sodass für eine Weisung im angesprochenen Sinn derzeit kein Anlass besteht.
Zu 39:
Eine Registerabfrage sowohl „Novomatic“ als auch „HTM (Hotel- und Tourismusmanagement GmbH)“ betreffend ist hinsichtlich eines allfälligen Amtshaftungsverfahrens mit der Beklagten Partei „Land Niederösterreich“ negativ verlaufen.
Zu 40 bis 43:
Ich verweise auf die Beantwortung der Fragen 32 bis 34.
Zu 44:
Ob eine „Umgehung der einschlägigen Vorschriften des Glücksspielgesetzes“ vorliegt, bzw. inwieweit eine solche (auch) die Strafverfolgung gemäß § 168 StGB beeinflusst, ist Aufgabe der zu Punkten 26 bis 29 erwähnten Evaluation, von deren Ergebnissen das weitere Vorgehen abhängen wird.
Hinsichtlich § 168 StGB merke ich jedoch an, dass die Vermutung einer „Umgehung der einschlägigen Vorschriften … des StGB“ nicht nachvollziehbar ist. Zuletzt wurden im Jahr 2000 18, im Jahr 2001 45, im Jahr 2002 26, im Jahr 2003 31, im Jahr 2004 8 und im Jahr 2005 18 Personen (auch) nach § 168 StGB verurteilt.(Diese Zahlen betreffen ausschließlich Verurteilungen, bei denen § 168 StGB als führendes Delikt für die Strafbemessung herangezogen und nicht etwa durch die Strafdrohung eines andere Delikts, z.B. Betrug, verdrängt wurde.) Angesichts dieser Zahlen kann von dem in der Anfrage erwähnten „Nichtvollzug“ dieser Strafbestimmung wohl keine Rede sein.
Zu 45:
Fragen der Harmonisierung des Wett- und des Glücksspielwesens auf europäischer Ebene fallen nicht in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz.
Zu 46:
In die Gerichtssachverständigenliste sind drei Sachverständige mit dem Fachgebiet „Automaten und Feuerzeuge“ und der sachlichen Beschränkung „Spielautomaten“ eingetragen:
Peter Lang (Eintragung: Landesgericht Wiener Neustadt)
Fachgebiete:
„Glücksspiel“ mit der Einschränkung „Geschicklichkeits- u. Glücksspiele in Form von Karten-, Würfel-, Brett und Roulettspielen“,
„Automaten und Feuerzeuge“ mit der Einschränkung „Spielautomaten und jegliche Art von automationsunterstützten Spielen auf Automaten, Computer und Spielkonsolen“,
„Informations- und Privatdetektivwesen“ und
„Vergnügungsunternehmungen, Tanzschulen“ mit der Einschränkung „Organisieren und/oder Abhalten von Glücks- und Geschicklichkeitsspielen“.
Helmuth Paar (Eintragung: Landesgericht Klagenfurt)
Fachgebiet:
„Automaten und Feuerzeuge“ mit der Einschränkung „Musik- und Spielautomaten“.
Ing. Peter Mares (Eintragung: Handelsgericht Wien)
Fachgebiet ua.:
„Automaten und Feuerzeuge“ mit der Einschränkung „Spielautomaten, Warenausgabeautomaten und Feuerzeuge mit elektronischer Zündeinrichtung“.
Zu 47:
Suchtpräventive Maßnahmen fallen nicht in den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Justiz, weshalb ich der Beurteilung der zuständigen Stellen nicht vorgreifen möchte.
August 2006
(Maga. Karin Gastinger)